#41
Es war kein Test, der die Bestie erwartete, sondern ein Bestiarium. Ein Zoo ihrer eigenen Grausamkeiten, welcher die Mauern und Gitter geschaffen hatte, die sie unsichtbar umschließen mussten. Immer wieder fand die dunkle Seite mit ihrer falschen Freiheit willfährige Monster, die aus eigenem Sturz hinab, geformt wurden. Und so konnte auch ein Gehege für ein Tier, welches ohne Sicht und in Gefangenschaft erwachsen, eine ganze Welt sein. Korriban wollte Reahs Gehege sein, welches ihre eigene böse Eitelkeit offenbarte. Sie war eitel und kannte nur ihre eigene aus Stein geschlagene Weltsicht. Es lag Ironie darin, dass sie diesen Ort verdammte und den sandigen Stein herausbröselte. Dabei war sie doch selbst schon lange hinter dicken Mauern eingeschlossen. Doch hier lag auch etwas anderes, hinter dem kalten Zorn des Windes und den unruhigen Geistern des Staubes, die heulend ihren Abstieg besangen. Alles oder Nichts; Leben oder Sterben verdichtete sich zu einem Zustand, um die Bestie mit brüchiger Wahrheit zu füttern oder sättigenden Lügen. Ihre Pein pulsierte in den Wänden als sie die Hallen betreten hatte. Die gehörte Stimme, eine Erinnerung, verschwand mit dem heraufziehenden Geruch von faulendem Fleisch, welcher beißend in die Nase strömte. Der Geruch wollte sie ganz einnehmen; verdammte den kratzenden Staub und die Asche dieses Ortes zu einer Nebenfigur, die sich gleichsam unvermindert die bittere Luft dieses Tempels teilen mussten.

Die Treppe trug sie sicher, wenn auch kleinere Steinchen mit jedem Schritt hinab rollten, ihr vorweg. Etwas lebte noch. Etwas krauchte in den Wänden, da sich ein Schatten neben und hinter ihr formierte, über die Wand mit den alten Bildern vergangener Herrschaft geschmückt, sauste, ohne feste Gestalt zu haben. Der Schatten sprach nicht, offenbarte sich nicht, sondern wuchs nur, mit jedem Herzschlag ihrer selbst. Das schwarze Bild entpuppte sich bald nicht nur als Spiel kümmerlicher Lichter. Tonlos wurde der Raum, gab dem fauligen Geruch seinen angestammten Platz. Eiterte ihr Stumpf? War die Wunde entzündet, die ihr zugefügt worden war? Doch der Verband lag fest um das entstellte Fleisch und zeigte nur die üblichen Flecken von altem Blut. Kälte machte sich breit, eine andere, die sie schon kannte aber nicht dem Vesperum gehörte, den sie töten wollte. Diese frostige Kälte streichelte den Geruch, der ihn nun fest in den Nacken schlug. Es war ein Atmen, ein festes Atmen. Der Schatten begann Gesichter in den Wänden zu formen, die alle diesen Gestank aus augenlosen Gesichtern abstießen. In der kalten Luft des Abstiegs waren die Spuren der Atmung als stehender Nebel noch zu erkennen, während sich alte Kristalle in Anwesendheit eines Machtnutzers entfachten, um ihr ein schimmeriges Licht zu sein. Nur einen kleinen Schimmer bot ihr dieser Tempel, um zu erblicken, was sie nicht klar formte. Die Gesichter, unzählge Gesichter aus der schwarzen Masse des Schattens, drängten sich aus der Wand, um zu atmen. Hörte sie einen Herzschlag? Ein heftiger Herzschlag echote an ihren Ohren vorbei, drückte gegen ihren eigenen Puls an, bis sie bemerken konnte, dass es ihr eigener Herzschlag war. Das Pochen wurde lauter, verband sich mit ihr, und die Schritte waren leise, trotz der groben Stiefel, die sie trug. Der Gestank war nicht mehr nur bitter, sondern brannte in der Nase, als der Staub vor ihr herabsank und eine kleine Kennlinie im diesigen Licht bildete. Es schien fast so als ob ein Nebel in diesem Tempel herrschte. Die dunkle Kreatur zog sich hinter ihr zusammen, nahm eine klarere Form an und Reah konnte nun entlarven, was unter dem Schwarz lag: sie selbst. Die Gesichter verließen die Gestalt und eine schwarze Wand folgte dem monochromatischen Spiegelbild, welchem ebenfalls eine Hand fehlte, doch dafür schien es Zähne zu haben, die wie lange schwarze Dornen aus dem Mund schnellten, um Reah zu verletzen. Spiegel-Reah griff mit ihrer letzten Hand nach der absteigenden Reah, während sie mit ihrem bestienartigen Mund zubeißen wollte. Die schwarze Wand schien den Rückweg zu versperren, während diese Bestie eine gleiche Bestie trieb. Die Hand der Kreatur berühte die nicht mehr - und niemals gewesene - Sith, als sich die Krallen tief in ihr Fleisch gruben, bis Blut aus der Schulter quoll.
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#42
Der faulige Gestank dessen, was vom Leben übrig blieb kroch in ihre Nase, als sie in das Mausoleum der Finsternis herabstieg. Hier lag nur noch der Tod, nur noch die von Seelen verlassenen Körper längst verstorbener Wesen würden sich im Herzen dieser Nekropole finden und Reah konnte nicht behaupten, überrascht zu sein. Als sie Sedrael mitteilte, dass diese Welt ein Grab war, meinte sie es auch so. Es stellte sich nicht die Frage ob ein Individuum hier ein Ende fand, sondern wie und, natürlich, was danach von ihm übrig blieb. Tod war der normale Weg des Verlustes, wenn etwas aus dem Leben verschwand und somit eine abrupte Änderung der gängigen Umstände eintrat. Einige Dinge waren schon in Bewegung: die plötzliche Trennung zweier Seelen, die nicht länger hinausgezögert werden konnte - es war dabei gar nicht wichtig gewesen, nicht wirklich wichtig, was sie einander vorwarfen, welche Erwartungen sie sich gegenseitig stellten und ihr jeweiliges Scheitern in den Augen des Anderen. Das Geschehnis verlangte nach einer Veränderung, die logisch damit einhergehend auch eintrat und sie nun auf unterschiedliche Pfade führte. Vorerst. Nicht ewig, irgendwann würden sich die Pfade wieder kreuzen. Es war weniger Hoffnung, als tatsächliche Gewissheit.
Dunkelheit war in einem gewissen Rahmen stets kalkulierbar und wenn sie von den Sith ausging, auf einen groteske Art sogar berechenbar. Korriban würde seinen Spaß daran haben, Sedrael in die Schatten hinabzuziehen, daran zweifelte sie nicht und ein solches Ereignis mochte es sein, dass ihr verriet, wo die Jedi sich am Ende befinden mochte. Ihr Geist, so fragmentiert er auch sein mochte, war noch immer sensibel für die Macht und sie würde es bemerken, wenn das wenige Licht aus dieser dunklen Welt verschwand und sich das Schwarz noch um einen Akzent verfinsterte. Auch dies war keine Frage des "ob" sondern des "wann". Sedrael würde fallen, denn auf dieser Welt brauchte es dafür nichts anderes als Zeit. Ihre Trennung spielte demnach gar keine entscheidende Rolle, nicht in diesem Bezug. Reah wollte und würde sie nicht vor der dunklen Seite schützen. Sie musste es selbst tun, selbst wollen oder sehen und akzeptieren, dass im Kern kein Wesen besser war als der der Schatten im Grab. Die dunkle Jedi schob diesen Gedanken beiseite, löschte ihn aus ihrem Gehirn. Nein. Es ging nicht um besser, dies war kein lächerlicher Wettstreit, bei dem sie einander irgendetwas beweisen mussten - ein Wesen konnte nur sein, was es war. Nicht mehr und nicht weniger und vielleicht, wenn Sedrael sich selbst erkundete, in sich ging und dort in den Untiefen ihres Geistes herumwühlte, dass fand was durch jahrelange Zurückhaltung ausgesperrt wurde, vielleicht würde sie dann Antworten auf Fragen erhalten, die Reah ihr verwehrte. Wesen waren nicht so verscheiden, nicht so anders. Urinstinkte waren beinahe gleich und jedes Individuum, gleich welcher Spezies besaß sie.

Der ekelerregende Gestank des Pesthauchs, den ihr das Maul der Tiefe entgegen blies nahm immer mehr zu und Reah war einen Moment lang unsicher, ob es ihr Verstand war, der die abscheulichen Schattenspiele auf den Wänden projizierte, hervorgerufen durch dieses Miasma der Verwesung, oder aber, ob die Dunkelheit hier tatsächlich etwas konkretes zu formen versuchte, der Wunsch, sich eine eigene Gestalt zu geben. Was es auch war, sie kam nicht umhin einen Moment lang fassungslos stehen zu bleiben und in die entsetzlichen Gesichter zu starren, die sich an der Wand entlang bildeten. Augenlose Fratzen, wie sie nur in abgründigen Albträumen vorkamen so fremdartig und verstörend, dass ihr Pulsschlag mehr und mehr zunahm. Eine Gefühl der Angst, dass sie nicht näher definieren konnte überkam sie und rang mit ihr über die Kontrolle ihres Geistes. Zitternd nahm sie ihre Hand und schlug flach gegen des schreckliche Phatombildnis. "Falsch!", donnerte der Schatten, dessen Hand die Fratze passierte und nur auf kalten Stein traf.
Fahles Licht glimmte auf und erleuchtete den vor ihr liegenden Pfad. Nun war es sogar mit bloßem Auge zu erkennen: dieses übelriechende Leichenaroma, dass sich wie dichter Nebel sammelte, offenbar fest dazu entschlossen, ihr jegliche Sinne zu rauben. Ihr Herzschlag erhöhte sich weiter, einen Moment lang schien er laut genug zu sein, um von den Wänden reflektiert zu werden, doch das war es nicht. Etwas formte sich. Etwas konkretes, greifbares. Ihre Angst wandelte sich binnen Augenblicken zu Vorsicht, nun, als sie eine konkrete Bedrohung wittern konnte. Nicht menschlich, nichts wirklich lebendiges und doch existierte es, schien sich an Reahs eigener Dunkelheit laben zu wollen und daraus zu entwachsen und in diesem Moment konnte sie nichts tun, außer abzuwarten und auf der Hut zu sein.

Nach einigen weiteren Schritten, wirbelte die dunkle Jedi herum und erblickte zu ihrem entsetzten nicht etwa die gewohnte Dunkelheit eines alten Mausoleums, sondern eine beängstigend dicke Schattenwand, die alles Licht zu verschlingen schien. Sollte dies die alles verdorrende Schlackespur symbolisieren, die sie durch die Galaxis zog? Oder hatten sich die Wesenheiten, die dieser Welt innewohnten nur an dem gelabt was sie war und daraus eine verzerrte Wirklichkeit erzeugt? Was es auch sein mochte, die wahre Abartigkeit lag einige Meter vor ihr, verdeckt unter einem beinahe schon teerartigem Überzug dichtester Schwärze, der sich nun langsam lüftete und die Kreatur darunter zum Vorschein brachte. Vielleicht hätte sie es nicht überraschen sollen, ein bestimmter Teil von Reah hätte damit rechnen müssen, dass sie sich hier nun selbst sah. Nein, nicht ganz, diesem Ding, dieser erbärmlichen Kreatur, die aus der Nacht erwuchs fehlte etwas entscheidendes. Es war nur ein seelenloses Konstrukt, erdacht und erschaffen von gottlosen Geistern uralter Sith, die das Leben pervertierten. Dieses Ding, war nicht mehr als eine Art Vornskr, der in einem Labor gezüchtet worden war, einzig mit dem Ziel, bestimmte Merkmale zu verstärken. Nur, dass am Ende nichts mehr von der eigentlichen Wildheit, dem eigentlichem Geist und Wesen des Geschöpfes mehr übrig blieb.
Doch trotz allem schien sie ihre Paralyse nicht abschütteln zu können und musste beobachten, wie diese Kreatur sich tatsächlich erhob und zum sofortigen Angriff ansetzte - eine Aggressivität, die sie in diesem Moment selbst überraschte und unvorbereitet traf. Ihre Füße traten instinktiv einen Schritt zurück, sie schüttelte den Gedanken ab, dass ein Sturz auf diesen Stufen ihr geringstes Problem sein dürfte, angesichts dessen, was nun aus den Schatten herausgekrochen war. Reah konzentrierte sich, sah, wie die Abscheulichkeit mit geöffnetem Maul, dass Reihen dornenartiger Zähne entblößte ihr entgegen kam und ordnete dieses Merkmal ihres entstellten Feindes als größte Bedrohung ein - wenn es sich festbiss, war sie verloren. Ihre Augen blitzten herüber zur Hand, die dem Maul voran kam, wohl, um die Beute an der Flucht zu hindern und es sollte ihr Recht sein - Reah hatte hier nicht vor davonzulaufen und das bedeutete, dass ihr eine Möglichkeit blieb. Sie atmete aus, wartete, dass sich die krallenartige Hand in ihr Fleisch schlug und der Schmerz den Körper erfasste, doch sie wusste was zu tun war, es konnte Schmerzen, ihre Beine konnten beginnen zu zittern, wenn der Rest des Körpers wusste, was zu tun war. Reahs eigene Hand schnellte hervor und drückte den Unterkiefer der Kreatur in die Höhe, der sich nun nicht mehr dazu imstande sah, die Zähne in ihr Fleisch zu schlagen. Ihr Körper hingegen drängte sich dicht an den Leib der Kreatur, nutzte ihn als Stütze für ihre unter dem Schmerz nachgebenden Beine und legte ihren Kopf auf der Schulter des Wesens ab, welcher der Kreatur nun den direkten Zugriff auf ihren Arm verwehrte. Auf obskure Art mochte es beinahe wirken, wie eine Umarmung liebender - zweierlei, dass zusammengehörte, das zusammen sein musste - und irgendwo mochte ein Teil dessen sogar zutreffen. Reah nahm sich zusammen, während beißende Fäulnis in ihre Nase stieg, packte den Kiefer fester und kanalisierte die Macht in ihrem Arm. Es brauchte vermutlich gar nicht so viel, irgendwo war es nur ein netter kleiner Trick, nichts besonderes wie ein beschworener Machtblitz, nicht das gurgelnde Geräusch eines Totgeweihten, der dem Würgegriff erlag. Es war das einfache Prinzip eines kleinen Stoßes, eines Impulses mit der Macht, das beinahe jeder vermochte zu vollbringen, der mit den Künsten der Jedi vertraut war. Doch auf dieser Distanz mochte dieser Machtimpuls reichen den Schädel der Kreatur zurückzuwerfen, ihn zu überstrecken und den Halswirbel zu brechen. Reah zögerte nicht länger und entließ den Impuls aus ihrer Hand, als sie noch einmal ruckartig nach oben stieß.
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#43
Wenn die Welten des Lebens müde wurden, wurden sie das, was Korriban heute war. Es war das Echo einer vergangenen Bosheit und einer vergangenen Lebenskraft, die einst hier hauste. Leben war auf Korriban immer ein Fremdkörper, mal geduldet und mal vertrieben aber es war immer etwas Besonderes an diesem Ort. Leben war hier kostbar, denn alles andere war tot. Und so war auch Reah Nigidus, in ihrer wilden Biesthaftigkeit, ihrer monströsen Ungeziemtheit, etwas Besonderes. Die Welt hungerte nicht nach ihrem Tod aber wollte auch nicht ihr Leben ertragen. Denn diese Welt war schlicht müde, über die ganzen Kriege, die Gewalt und wollte schlicht strafen, was nur Verkleidung der Macht war. Leben war nur eine Hülle für einen Willen. Der Wille des Bestie hatte sich geteilt, war zersplittert an sich selbst und zeigte sich nun in dieser lieblosen Umarmung aus der ewigen Gewalt. Die Kralle wollte sich tiefer ins Fleisch graben, tat es auch. "Wir alle waren einmal etwas anderes," sagte das Schattenmonster, während Reahs eigene Hand hervor schnellte und gegen den Unterkiefer des Monsters drückte, der sich nun nicht mehr dazu imstande sah, die Zähne in ihr Fleisch zu schlagen.

Es sprach, während die Dornenzähne aus ihrem Mund fielen, um wie Maden auf Reahs Arm zu kriechen. Kleine schwarze Würmer brachen aus den Zähnen, dampfend und zischend, gruben sie sich in die Haut, bohrten sich hungrig hinein. Schattenreah lachte lustlos, als die Macht den Kopf in die Höhe überstreckte, dann zerfiel der beißende Handgriff und das Monster fiel zurück, ab von der wahren Reah. Der Körper zuckte noch einen Moment am Boden, während er die Treppenstufen hinab rutschte. Mit jeder Stufe schienen Knochen zu brechen, immer wieder ein solches Geräusch, bis das tote Monster am Ende der Treppe angelangt war. Dort löste sich es in einem kräftigen Machtblitz auf, der schlicht in den Boden einschlug und die Schattenwesenheit verschwinden ließ. Nur der faulige Gestank blieb. Die Würmer auf ihrem Arm fanden sich nun unter der Haut wieder, krochen hinauf zur Schulter, weiter zum Herzen. Doch dann passierte etwas. Anstatt weiter durch das Fleisch zu fressen, hielten sie inne und verfielen in einen schwarzen Ton. Farbe füllte die Fresskanäle. Ein Zeichen entstandt, ein okkultes Gemälde auf ihrer Haut, welches sie mit einem Mal segnete. Die Linien waren gezackt, mal lang und mal kurz und ihr ganzer Arm schien davon betroffen. Bei einem genauen Hinsehen konnte sie es erkennen. Es waren Namen, verbunden in schwarzer Linie. Die Namen waren nicht klar, niemals ganz ausgeschrieben, nicht einmal präzise aber jedes ihrer Opfer fraß sich in die Haut, wollte dort bleiben und sich abbilden aber nicht alle konnten verweilen. Der Schatten war nun in ihr. Aus den endlosen Namen, welche in fremder Schriftsprache dort lagen, war der Name einer Person, die sie kannte: Carrigan Rae. Er war der einzige Name, welcher in klarer Schrift und Sprache erkennbar war.

Die dunkle Wand hinter ihr zog sich noch enger zusammen, wollte immer noch nicht weichen, während sie sich beständig herabdrängte. Reah musste und sollte weiter gehen. Ihre Erlösung lag nicht mehr oben, sondern unten. In der Grotte dieses Tempels würde sie das finden, was sie suchte. Der miefige Dunst lockte sie nun mit anderen Gerüchen. Parfüme, Rosendüfte und Gesänge erschallten vom Untergrund, der dezent bebte. Stimmen, viele Stimmen, die sich unterhielten und lachten. Der faulige Gestank trat willfährig in den Hintergrund, als Reah aus dem Augenwinkel erkennen konnte, dass sie sich nicht mehr im Tempel befand, da die Treppe entschwunden war. Sie stand an einem Portal des imperialen Palastes, welches verschlossen war und durch sie geöffnet werden musste. Ein großes konventionelles Portal mit zwei großen Schwingtüren, beschlagen mit Gold und wertvollen Hölzern. Hinter ihr war nur diese Schattenwand. Ihre Schulter war immer noch verletzt, blutete vorsichtig unter den Krallenspuren der vergangenen Bestie. Das Zeichen der Würmer pochte etwas aber blutete nicht.
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#44
Als die verquere Spiegelexistenz ihr Worte entgegen blies, schmeckten sie hohl und fadenscheinig, plump und inhaltslos. Natürlich waren sie einmal etwas anderes gewesen, dies war die Konstante der Galaxis, des Kosmos: Veränderung, immer und immer wieder. Metamorphose war ein essenzieller Teil dessen, was notwendig war um in diesen feindseligen Weiten, zu denen sich wiederum das Universum gewandelt hatte, zu überleben. Darin lag keine schreckliche Erkenntnis, es war der natürliche Weg eines jeden Lebewesens, dass sich bestrebt sah, sich selbst am Leben zu halten. Manche waren darin zweifellos erfolgreicher als andere. Reah hatte sich dieser Anpassung lange widersetzt, versucht, vor langer Zeit sich auf Byss dagegen zu erwehren, bis die Toxine der Dunkelheit in ihrem Blut schließlich Überhand nahmen und ihren Körper und Geist einem Giftschock gleich völlig aus der Bahn warf. Seit dem, war sie lediglich darin bestrebt damit zu leben, wollte es auch weiterhin so handhaben - mal mehr, mal weniger erfolgreich. Ging es ihr um einen Beweis? Den Lehren der Jedi eines Tages zeigen zu können, dass ein Leben in der Dunkelheit nicht nur von Angst und Hass getrieben sein musste? Ein Stück weit, vielleicht, doch in erster Linie versuchte sie selbst nur wieder einen seelischen Ausgleich zu schaffen - irgendwie zumindest. Ein Unterfangen, dass bisher nur von mäßigen Erfolg gekrönt war - immerhin hatte sie Sedrael nicht getötet, noch nicht, besaß aber immer noch den instinktiven Beißreflex nach allem, was sie zu bedrängen versuchte, was schlechte Erinnerungen hervorrief, wo sie Schuld und Versagen sah. Demnach musste ihr Pfad dahin führen, wieder etwas anderes zu werden, nicht das, was sie einmal sah - Reah konnte Bilder neu zusammensetzen, Werte und Wünsche formen, aber nicht das reparieren, was in der Vergangenheit in tausende Teile zerbrochen war. Sie musste das Dunkel nicht nur ertragen, sondern beherrschen können - nicht so wie die Sith oder die Narren, die sie nachzuahmen versuchten, sondern von Wesen, jenseits der dominierenden Philosophien. Solche Gestalten waren rar gesät, höchst gefährlich und eine Kontaktaufnahme mitunter schwierig und doch wusste sie um Kulte und Religionen, in den äußersten Winkeln der Galaxis. Vielleicht, vielleicht wäre nach Korriban, sollten sie hier überleben, hier irgendwie entkommen können, die nötige Zeit sich einer dieser Spuren zu widmen und zu sehen, wohin ein solcher Pfad sie bringen mochte. Eines war in diesem Moment sicher, sie musste sich wandeln, der pervertierten Finsternis widerstehen können, welche die Sith ihr entgegenschleuderten oder Vesperum und seine Schergen würden die Oberhand behalten. Und wer sollte ihn dann aufhalten? Skywalker? Die Republik? Laien, die nicht wussten mit wem oder was sie es zu tun hatten?

Ein widerliches Kribbeln ließ sie hochschrecken, als sich die Augen der dunklen Jedi weit öffneten und entsetzlich mit Ansehen musste, wie die scharfen Zähne der Monstrosität herabfielen und darauf hässliche Maden hervorbrachen, die sich in ihr Fleisch zu fressen begannen. Ihr Griff fiel von der Kreatur ab, als ihre Ohren ein kurzes Knacken registrierten, dass signalisierte, dass das Genick der Abscheulichkeit offenbar gebrochen war. Reahs Körper glitt am Monster vorbei, dass nun hart auf die Stufen aufschlug und seine lange Reise in den Abgrund antrat. Sie selbst lag auf den Treppen, während Muskelkrämpfe ihren Arm durchzuckten, sie ihn auf den Boden entlang schabte, um dieses ekelerregende Gefühl abzuschütteln, dass sich mehr und mehr in ihr ausbreitete. Voller Abscheu bemerkte die dunkle Jedi, dass die Würmerbrut weiter durch ihren Körper streifte, sich m Fleisch fett fraß und weiter nach oben kroch, in zum Herzen, das wie wild vor Aufregung und Todesangst schlug, doch nichts gegen die aus der Verwesung geborene Bedrohung ausrichten konnte.
Dann stoppte es, fiel von ihr ab. Reahs Magen krampfte sich zusammen und sie kam nicht umhin sich ob der eben erlebten Abartigkeit zu übergeben. Beinahe erwartete sie, die widerlichen Wurmkreaturen würden mit der Magensäure wieder heraus gespült werden und zu ihren Füßen landen, doch dem war nicht so. Stattdessen blieb nur ein kribbelndes Gefühl zurück, dort, wo die Maden ihr Werk verrichtet hatten. Ihre Beine zitterten unsicher und geschwächt, als sie sich wieder zur Gänze erhob und in den gähnenden Schlund blickte, in dem die Spiegelkreatur gefallen war. Dann richteten sich ihre Augen auf den Arm, oder auf das, was im fahlen Licht dieses Korridors zu erkennen war. Fremdartige Zeichen fanden sich darauf, aber doch stellenweise vertraut. Sie erinnerten grob an das wirre Gekrakel, dass Thules ländliche Bevölkerung als hässliches Aurabesh zu verkaufen versuchte und mehr noch an einige Schriften aus dem Buch der Sith, welches Vesperum ihr einst gegeben hatte. Tatsächlich zu lesen vermochte Reah dies aber nicht. Weder hatte sie je ein Interesse daran entwickelt sich näher mit ihrer Heimatwelt zu befassen, noch hatte sie das ominöse Buch je näher studieren wollen und so blieb das Schriftbild ein mysteriöses Rätsel, dass sich nun auf ihrer Haut fand. Ein Fluch? Alte Sithmagie? Sie wusste es nicht und selbst wenn, konnte sie nichts dagegen ausrichten. Nur ein Name ließ sich klar erkennen: Carrigan Rae, doch war es kein Name, der in ihr eine Erinnerung weckte, keinen, den sie schon einmal gehört oder von dem sie gelesen hatte. Der Name der Wesenheit in dieser Gruft? Vielleicht. Oder es spielte gar keine Rolle - für den Moment konnte sie es ohnehin nur hinnehmen.

Reah sah sich um, während sie sich mit einer Hand an der Wand stützte. Die dichte Schwärze hinter ihr, zog sich immer weiter zusammen, während sich ein Teil von ihr fragte, was wohl geschehen mochte, wenn sie einfach in sie hinein schritt. Würde der Schatten sie verzehren? Oder war das Gebilde so massiv wie eine Felswand? Überwinden, es riskieren, konnte sie sich allerdings nicht, wollte es stellenweise auch gar nicht. Reah wollte etwas finden, das Geheimnis dessen lüften, was auf dem Grund dieser Krypta lag. Ihr Gefühl verriet ihr, dass es nicht genau das war, was sie suchte, nicht Ludo Kressh, doch offenbar hatte etwas, oder sie selbst gewollt, dass sie hier eintrat. Letztlich mochte es wirklich der eigene Wille Reahs gewesen sein - ihre Aktionen hatten sie hergeführt, auf diesen Planeten und auch in dieses Grab. Sie hatte nach der größten Finsternis gesucht und war bereitwillig in sie hineingeschritten.
"Weiter...?", murmelte sie der Schattenwand undeutlich entgegen, erwartete aber nicht ernsthaft eine Antwort. So setzte sie nun also ihre Schritte vorsichtiger und bedächtiger, einen vor den anderen, während ihre Hand an der Mauer entlangglitt. Je tiefer der Weg sie herabführte, desto mehr schien der faulige Gestank zu verschwinden, der die Gruft zuvor dominiert hatte. Es lag nun eine gewisse Süße in diesem finsteren Korridor, der hinunter zum Herzen dieser Düsternis führte: Aromen von Rosen, von Parfümen, wie sie wohlhabende Damen verwendeten. Sie konnte nicht sagen, dass es ihr behagte. Es hatte stets etwas unangenehmes, unechtes, machte die Luft schwer und reizte die Atemwege. Es war nichts anderes als der Pesthauch der Dekadenz, welchen man so oft am imperialen Hof fand, dort, wo im diesigen Dunst der Aromen Falschheit und Lüge das Geschehen beherrschten. Nichts anderes als der Pfuhl einer selbst ernannten Elite, die zu sehr an ihrem erbärmlichen Leben, Geld, Macht und Einfluss hingen und sich nicht darüber erheben konnten. Männer wie Tiggellinus und Corno, Abschaum wie die Tagge-Familie oder Adelshäuser der Tepasi und Kuati.
Es überraschte sie nicht einmal wirklich hier nun, am Ende des Weges auf dieser verdrehten Welt ein Tor zum imperialen Palast vorzufinden - irgendwo hatte sie es sich nun sogar gewünscht, gehofft, dieses Geschmeiß, dass ganze Gesellschaften vergiftete, einmal so vorzufinden, dass sie wehrlos waren, man ihnen nur noch die Herzen herausreißen musste und sie in ihrem Blut ertranken. Ihr Schritte wurden wieder schneller, das Herz von Zorn und Adrenalin angepeitscht, der illusorischen Hoffnung ergeben ein weiteres Geschwür aus der Galaxis herausreißen zu können. Reah dachte in diesem Augenblick nicht einmal lange darüber nach und streckte ihren Arm nach vorn, um die Tür aufzustoßen und diese Hallen der Schande zu betreten.
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#45
Es war eine makabere Show. Ein Horror, der sich abzeichnete und aus ihren eigenen Taten ausgeboren war. Diese Show bot ihr alles, nur keine wirklichen Antworten. Es war der vergebliche Versuch einer alten Macht auf einen verbohrten sowie unfähigen Willen einzuwirken, der nur sich selbst als Herrin akzeptierte. Die Massen an Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, verloren sich in dem Gefüge aus Albtraum, Wahn und Wirklichkeit. Dieser Totentanz der Vergangenheiten und Möglichkeiten wollte nicht weichen. Ja, es gab nur ein weiter. Es ging immer nur weiter, bis man selbst nicht mehr weiter konnte und tot war. Wesen fürchteten Reah, mieden das Monster, welches sie war und doch war dort mehr in ihr, als nur diese fatale Grausamkeit. Ihre Bestienhaftigkeit war hier nur Verkleidung, denn die wahre Gefahr war nicht ihre Grausamkeit, sondern die falsche Wahl. Es gab kein Zurück und nichts mehr zu genießen.

Die Sterne leuchteten hier nicht mehr. Es wurde dunkel, bevor sich die Portale öffneten. Die schweren Portale durch ihre Kraft von sich gestoßen, fielen nach Innen, als die Düfte stärker wurden. Die Fassade aus Schwarz brach vor ihren Augen ein und gab tatsächlich eine Festhalle des Palastes frei. Menschen und Kreaturen jeglicher Herkunft schienen zu feiern. Soldaten, Politiker und Zivilisten reihten sich auf, bildeten kleine Gruppen, vor einer errichteten Bühne, hinter der zwei Banner der Republik von der Raumdecke hingen. Die Soldaten trugen Uniformen der republikanischen Streitkräfte. Die Gruppen schienen ausgelassen, sogar überaus fröhlich und auf den großen Tischen des Saales waren Speisen angerichtet. Neben verschiedenen Alkoholika und Getränken. Eine kleine Kapelle spielte verschiedene klassische Stücke zur Untermalung dieser Festivität. Unweit ihrer Position standen ein paar Jedi in Roben, die sich ebenso unterhielten. Darunter auch Luke Skywalker, der mit einem breiten Lächeln zu Reah Nigidus blickte und sie herein winkte. Ein republikanischer Admiral trat auf Reah zu, die in einem desolaten Zustand wirkte, nachdem sie erbrochen hatte. Ihr noch funktionierender Arm war durch die Kralle verwundet, indem sie die Schulter vorerst offengelegt hatte, der Knochen schimmerte aus dem gerissenen Fleisch, und auch ihre gesamte Erscheinung war mehr dem Tode nahe als dem Leben, doch beachtete der Admiral dies nicht. Ebenso wenig, wie ihren Armstumpf. "Vielen Dank," sagte er und entfernte sich dann mit seinem Glas Wein in der Hand, um mit einer Gruppe zu sprechen. Reah war im Palast willkommen. Sie konnte einige Gesprächsfetzen vernehmen, wenn sie den Raum betrat.

"Vesperum ist tot," sagte eine Zivilistin in einem wertvollen Abendkleid, während sie mit einem Soldaten sprach. "Ja, besiegt," antwortete dieser und nickte dann Reah zu, die durch unsichtbare Hand hinein geschoben wurde. Die dunkle Wand schloss sich hinter ihr. Nun waren auch die Düfte geklärt. Es waren die feinen Herren und Damen, die wundervollen Speisen und das Aufgebot dieses Abends. Die Gäste tranken, feierten scheinbar den Sieg über Vesperum und somit auch über das Imperium. Coruscant war gefallen. Doch etwas stimmte nicht. Etwas wollte nicht passen. Die Figuren bewegten sich unnatürlich und schemenhaft, verhuschten in der Zeit und doch waren sie realer als alles andere, was Korriban bisher geboten hatte. Die Lüge war wohl nicht als Lüge konzipiert. Etwas zeigte sich hier, was möglich war und durchaus in einer anderen Zeit Realität sein konnte. Die Dimensionen schienen sich zu überlappen. Reah konnte etwas spüren, eine Kälte und auch Wärme, die sie gleichermaßen umgaben und in Intervallen um ihren Körper flossen. Die seltsamen Zeichen und der lesbare Name flimmerten in einem kräftigen Violett, mit jedem Intervall, was über ihren Körper floss. Die Festivität schien sie nun zu ignorieren, da sie mit ihrem fatalen Akt der Siegesfeier beschäftigt waren. Auch Luke Skywalker, oder dessen Abbild, hatte die Winkbemühungen eingestellt, verharrte still in seiner Gruppe. Reah musste weiter. Es war ihre Show. Hier allein für sie.
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#46
Es war nicht dass, was sie erwartet hatte, als die Palasttüre aufschwang und ihre Augen als erstes die großen republikanischen Banner erblickten, die von der Saaldecke herabhingen. Der Zorn verrauchte in einem Moment der Verwirrung, wenn nicht das Ereignis eintrat, dass sie erwartet hatte. Was für ein irrsinniges Szenario sollte das sein? Der sonst so tot und unlebendig wirkende imperiale Palast, glich nun einer fröhlichen Festhalle, gefüllt mit unzähligen ausgelassen Feiernden verschiedenster Spezies, die unabhängig von Rang und Namen, sich am Niedergang des Imperiums ergötzten. Sie erblickte einen Mann, der sie zu sich herüber winkte und identifizierte ihn unverkennbar als Luke Skywalker, dem vielleicht letzten Jedi, der sich tatsächlich noch mit der Idee eines ritterlichen Beschützerordens verbunden fühlte. Sie bemerkte wie ihre Beine schwächer wurden, wie die Wunden, die das obskure Monstrum ins Fleisch gerissen hatte, ihren Tribut forderten, sich eine Welle der Erschöpfung breitmachte, als das Bewusstsein versuchte sich abzuschalten. Doch Reah erlaubte es nicht, konnte ihrem Leib hier und jetzt eine solche Pause nicht gestatten, sondern musste sich konzentrieren, zusammenreißen und achtsam bleiben. Sie redete sich ein, dass dies hier nicht schlimmer war als Byss oder die Konditionierungsversuche durch den IGD, ließ sich von der unnachgiebigen Sturheit treiben, dass hier nicht das Ende liegen konnte, nicht jetzt, wo sie eine Aufgabe für sich sah, wo sie nun wusste, dass Vesperum gestoppt werden musste.
Ein Teil von ihr, jener Teil, der den sparsamen Rest ihrer eigenen Jedi-Vergangenheit repräsentierte, fand in diesem Augenblick sogar gefallen an der einladenden Geste Skywalkers, nicht nur, weil er in dieser Finsternis ein Licht war, sondern, weil er eine Gemeinschaft repräsentierte, weil er mit dieser kleinen Geste anbot, wieder Teil von etwas Größerem zu sein. Doch der größere Teil von ihr wusste auch darum, dass selbst er sie nicht so nehmen konnte, wie sie war, dass auch seine Gemeinschaft Reglungen unterworfen war, denen es sich anzupassen galt, denen man sich unterwerfen musste, so, dass es schlussendlich keinen Platz geben würde. Wunschträume waren eben nichts anderes als das, die Wirklichkeit war stets komplizierter und selbst wenn nicht, so wollte sie doch kein Teil vom dem hier sein: von dieser Republik, überhaupt Teil eines politischen Systems, wieder als Spielball und Haustier einer Macht habenden Person zu enden. Nein, noch einmal wollte sie sich nicht einsperren und anleinen lassen. Reah entschied selbst und nicht irgendwer oder irgendetwas über sie: dies war ihr Leben und ihre Freiheit gehörte nur ihr ganz allein.

Doch vermochte sie auch nicht den Schleier der Illusion zu zerreißen, der sich ihr hier bot, so wusste Reah doch nicht wo oder wie sie ihn packen sollte, wie sie dieses Schauspiel der Unwahrheit dazu zwingen konnte, die falsche Maske abzulegen und zu zeigen, was dieser Ort wirklich war. Es konnte leicht sein, eine solche Projektion zerfallen zu lassen, wenn sich nur ihr Ankerpunkt finden würde, der Teil, der sie mit Energie speiste, sie aufrecht erhielt, doch dessen sanfter Puls in der Macht den Ausgangspunkt verriet. Nur, gab es so etwas hier nicht. Es schien vielmehr eine andere Welt zu sein, ein absurdes Traumbild vielleicht, dass nur in ihrem Kopf war, dem sie aber nicht entrinnen konnte, weil es für Reah unmöglich schien, sich selbst auszuschalten. Doch in ihren Wunschträumen mochte es zwar einen toten Vesperum geben, doch einen Gedanken an eine siegreiche Republik hatte sie bislang noch nicht verschwendet und dazu gab es auch keinen Grund. Der Kampf der Republik gegen das Imperium war ein politischer, weltlicher Konflikt, zu dem sie keinen besonderen Bezug aufbauen konnte, der sie auch nicht maßgeblich interessierte weil es für Wesen wie Vesperum letztlich auch keine Rolle spielte, ob sie sich Kaiser, Kanzler oder Staatschef nannten. Für ihn konnte alles Mittel zum Zweck sein und letztlich mochte der Grund, warum er das zerfallende Imperium erwählt hatte auch nur jener sein, dass sich seine Ziele mit einem totalitärem Regime leichter würden durchsetzen lassen, als in einer Bewegung,deren demokratische Elemente es erschwerten.
Ein republikanischer Admiral, den Reah aus Geheimdienstberichten als Firmus Nantz erkannte kam unerwartet zur ihr, bedankte sich und verließ sie alsbald wieder mit einem Glas Wein in der Hand, ehe die perplexe Frau entgegnen konnte "Wofür?". Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sich das letzte Mal jemand bei ihr bedankt hatte und auch jetzt fiel es ihr schwer zu verstehen, warum sich überhaupt jemand bei ihr bedanken sollte. Sollte diese hier gezielte Szenerie etwa ihr Werk sein? Sie, als Henkerin des letzten dunklen Lords der Sith? Selbst wenn das einmal geschehen mochte, würde sie das nicht zu einer Heldin machen, sie würde es auch gar nicht wollen, hätte gar kein Interesse an solchen Feierlichkeiten sondern wäre nur zufrieden, zufrieden, dass eine Bedrohung für jegliches Leben in der Galaxis ausgelöscht worden war, zufrieden vielleicht, dass als das, was sie einst in den Abgrund gerissen hatte, fortan in Trümmern lag, unfähig sich je wieder zu regenerieren. Aber konnte Vesperums Tod überhaupt das Ende sein? Sedrael hatte auch von einer zweiten Person gesprochen, etwas, dass noch ungesehen in den Schatten verborgen lag. Konnte es nicht letztlich sein, dass selbst Vesperum, der sich als dunkler Lord der Sith inszenierte, in Wirklichkeit nur Schüler war? So wie Vader letztlich nur der Schüler Palpatines war? Der wahre Meister mochte hier das tatsächliche Übel sein und der Imperator nicht mehr als Symptom, dessen Tötung nur einen temporären Ruhezustand schaffen konnte, solange die Ursache, die Wurzel des Übels noch existierte.

Als ihr Blickfeld sich wieder Schärfte, sie sich wieder genug konzentrieren konnte, einen Schritt vor den anderen zu setzen, konnte Reah weitere Gesprächsfetzen auffangen. Bürger und Soldaten der Republik, die den Tod Vesperums hoffnungsvoll befeierten, sich gegenseitig versicherten, dass der Imperator tatsächlich tot war. Aber dem war nicht so, nur weil dieses famose Trugbild es ihr so krampfhaft einzureden versuchte, wurde es nicht zur Wirklichkeit. Ihre Augen fokussierten sich auf das Ende des Feiersaals, dorthin, wo sie dem Trubel dieser Gemeinschaft, dem sie nichts abgewinnen konnte, zu entkommen versuchte. "Nein, ist er nicht!", murmelte die dunkle Jedi leise zu sich selbst, wollte dem, was sich ihr hier präsentierte unter keinen Umständen nachgeben. Ihre Arbeit war noch lange nicht beendet und dieser Wunschtraum einer befriedeten Galaxis vermochte ihre Rastlosigkeit dahin gehend nicht einzudämmen. Sie hatte eine Aufgabe, musste immer noch das finden, dass Vesperum selbst hier vor wenigen Monaten suchte.
So wenig, wie sie selbst den Feierlichkeiten eine Beachtung schenkte, so schien es nun auch mehr und mehr umgekehrt der Fall zu sein, mochte es nun sein, dass das Trugbild von selbst zerfiel oder weil es ihr nun doch irgendwie gelungen war, es aus ihren Kopf zu bannen. Stattdessen vernahm sie ein steigendes Wechselspiel zwischen Wärme und Kälte, Feuer und Eis,die sich stets in Waage hielten, die seltsamen Schriftzeichen bei jedem Impuls, den sie abgaben, in violettem Schimmer aufleuchten ließen. Mochte dies nun ein Signal sein, dass sich das unvermeidliche Ende näherte? Das nun, hinter all dem, das zum Vorschein kam, was sie tatsächlich gesucht hatte? Oder war es letztlich nur der Geist, das Echo einer uralten Wesenheit, die dieses Schauspiel der eigenen Unterhaltung wegen betrieb? eine schwere Vorstellung, keine, die Reah so akzeptieren konnte oder wollte. Dies hier wirkte bedeutungsschwerer, wichtiger, als ein einfacher Schrecken, den ihr längst toter Sith-Lord einjagen wollte. Vielleicht war es ein Szenario von der Macht selbst geschaffen und wenn, was mochte es dann bedeuten? Sie sah die Macht nicht als etwas an, dass einen eigenen freien Willen besaß, sondern, dass durch Umstände und Entscheidungen immer erst geformt werden musste, bevor es Auswirkungen zeigte. Mochte dies dann bedeuten, dass alles, was hier geschah nur etwas war, dass sie irgendwie selbst ausgelöst hatte? Die dunkle Jedi wusste keine Antwort darauf, wusste nicht einmal, ob eine solche Antwort ihr einen tatsächlichen Mehrwert bringen würde. Sicher war nur, dass jede Aktion ein Echo in die Macht entließ, doch was aus diesen Echos wurde, war stets ungewiss.
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#47
Die Melodien der Kapelle wurden elektronischer, surrealer und plätscherten in elektronischen Rythmen dahin. Nicht laut aber auch nicht leise. Die elektrischen Verzerrungen waren verstellt, verzogen und langatmig. Sie bildeten einen Echo im Raum, welches unpassend wirkte. Immer wieder setzte der Ton aus und eine lautlose Stille nahm Gestalt an. Auf das Murmeln der dunklen Jedi reagierten die Anwesenden mit schweigen, bis schließlich Mon Mothma auftrat. Sie betrat die Bühne, geleitet von Admiral Ackbar, der direkt neben ihr stand. Die Staatschefin der Republik lächelte trocken aber aufrichtig in die Menge, die sich in einem beständigen Strom in Richtung Bühnenaufbau bewegte. Die Banner der Republik schienen in einem stillen Zug zu wehen, der aus einer unerklärlichen Richtung strömte. Luke Skywalker begab sich mit seinen Jedi ebenso in Richtung Bühne, um sich der wartenden Menge anzuschließen, die Reah zurückgelassen hatte. Reah war abgegrenzt, getrennt von der Menge, die sich vor ihr aufbaute und gaffend zu Mon Mothma blickte.

Noch schoben sich ein paar Gestalten hinter dem Rücken der dunklen Jedi vorbei. Das Flimmen auf ihrer Haut, die Zeichen schienen sich einem Hologramm gleich zu erheben, und umspielten ihre Erscheinung in einem violetten Schimmer. Die Zeichen lösten sich von der Haut, auch der besondere Name, den sie lesen konnte. Die Zeichen begannen um Reah zu kreisen, in einem Tanz, der von der elektronischen Musik getragen wurde. Die Zeichen versammelten sich Schneeflocken gleich und brummten im Rythmus der immer lautloser werdenden Musik. Dann verschwanden die Zeichen in einem Akt der Selbstopfers im Boden, zerschellten auf dem Marmor in Milliarden kleine Splitter, die grell leuchteten. Gesichter schienen sich im Boden zu spiegeln. Viele Gesichter. Sie drängten sich gegen den Boden, der nun einem Glas gleich durchsichtig war. Es waren Gesichter, die sie kannte und auch verdammt hatte. Selbst Tiberius Vaash presste sich gegen das magische Glas, während sein Gesicht Agonie zeigte und schließlich folgte auch Sedreal, die weinend mit beiden Händen gegen das Glas schlug, es aber nicht brechen konnte. Urplötzlich rissen schwarze Hände die Erinnerungen herab, in ein rotes Feuer, einer fremden Hölle, bis der Boden wieder den marmorhaften und undurchsichtigen Glanz erhielt. Kälte verdrängte das Feuer, welches auf ihrer Haut keine Wärme mehr kannte. Doch etwas war dort. Luke Skywalker drängte sich aus der Menge an Zuschauern, die auf die Eröffnung einer Rede wartete. "Die Gefahr liegt in dir, fürchte dich nicht," lächelte der Jedi Meister ihr entgegen und deutete auf die Menge, die sich nicht teilte und es doch plötzlich tat. Mon Mothma deutete auf Reah Nigidus: "Kehre um!" Luke Skywalker trat wieder in die Menge, die sich kreisförmig um Reah schloss und eine Mauer aus Personen bildete. Die Mauer wurde immer enger, da sie immer näher traten und der dunklen Jedi kaum eine Fluchtchance ließen. "Vesperum ist gefallen aber nicht durch die Hand einer dunklen Jedi," erklärte Mon Mothma, die nun offenbarte das Reah im Zentrum des Interesse stand, indem sie immer wieder auf die dunkle Jedi zeigte. "Dank gebürt allein Reah, nicht der Bestie in dir. Die Bestie muss verdammt werden." Die Menge stimmte ein: "Die Bestie muss verdammt werden." Der Boden bebte. Es donnerte als der Marmor des Bodens Risse bekam. Luke Skywalker schien nicht mehr gefasst und hatte sein Lächeln verloren. Auch zwei Tränen flossen über seine Wangen. Etwas geschah. Der Boden tat sich unter ihr in einem kreisförmigen Abgrund auf. Die Bodenplatten fielen schlicht hinab und Schwefel drang in ihre Nase, kurz bevor sie abstürzte. Luke Skywalker sprang vor und wollte ihr noch seine Hand reichen, doch es gelang nicht mehr. Im letzten Blick sah sie noch seine rettende Hand, doch der Sturz hatte bereits begonnen. Reah Nigidus fiel in eine Hölle hinab, während Rauch ihren Blick verstellte. Ihre Wunden brannten im Schwefeldunst, der sich ins verletzte Fleisch legte.

Sie schlug auf. Doch etwas veränderte sich. Die Realität zerbrach und eine alte Welt erhob sich. Eine bekannte Örtlichkeit erhob sich um sie, wie von fremder Hand in den Felsen geschlagen. Es war das Gefängnis, die Grotte, die sie kannte und die der IGD benutzt hatte, um sie zu brechen. Es war exakt die gleiche Zelle, das Loch, der schwarze Abgrund, den Isard und ihre Agenten benutzt hatten. Es war der Ort, der sie erst zu Nigidus gemacht hatte. Sie befand sich wieder in dieser Zelle, ohne Licht und nur mit den Kratzspuren ihrer panischen Fluchtattacken. Überall um sie herum waren ihre Spuren erkennbar, wie sie mit ihren Fingernägeln an den Wänden herumgekratzt hatte. Sogar Blutspuren waren zu erkennen, die sich in weiten Streifen über das Mauerwerk zogen. Eine schwere Tür versperrte den Ausgang, war verriegelt und war ebenfalls mit Spuren beschlagen, die Reah dem Metall zugefügt hatte. Die Bestie war vielleicht immer noch im Kerker, dem sie eigentlich entkommen wollte. War ihre ganze Reise bisher nur eine wahnhafte Einbildung gewesen? Sie trug keine Zeichen mehr aber immer noch die Wunden; und auch ihre Schulter schmerzte erheblich. Die Tür öffnete sich langsam. In einem schimmernden Licht, geschützt von zwei Schattentruppen, stand Traggis mit einem Vibroschwert in der Hand. "Objekt hat sich erneut selbst verletzt," stellte der dieser beamtisch fest und hob mit der nicht scharfen Kante seiner Waffe den Armstumpf an, um diesen zu betrachten. "Selbst abgebissene Hand scheint gut zu verheilen," setzte er nach, bevor er zurücktrat und sich die Tür wieder schloss. Sie war wieder allein in der Grotte.
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#48
Unruhe machte sich im Raum breit, aussetzende Töne immer mehr surreal wirkender Musik, die dem Ambiente einen unregelmäßigen Rhythmus gaben. Schläge in einem kranken Herzen gleich, das hin und wieder zuckte, sich wandte, aber nicht mehr richtig zu funktionieren wusste. Es kam einer Ankündigung gleich, einer konkreten Vorahnung, dass der Schleier der Scheinheiligkeit bald zerbrechen mochte und darunter zum Vorschein kam, was wirklich war. Oder doch nur sein konnte? Wie tief mochte dieses Labyrinth falscher Bilder und Illusionen wohl reichen? Wo befand sie sich überhaupt, wo war sie wirklich? Und wichtiger: was tat sie wirklich? Gedanken, die bestrebt waren, aus diesem Gefängnis sich windender Zerrbilder zu befreien, letztlich aber gegen undurchdringliche Mauern krachten und nicht in die Freiheit gelangen konnten. Aber dieses mal lag es nicht an ihr. Es war nicht Reah, die sich versuchte in diesem Albtraum zu halten, sondern etwas, dass sie partout nicht gehen lassen wollte, etwas, dass sie mit verkehrter Wahrheit zu füttern versuchte. Vielleicht so weit, bis sie nicht mehr unterscheiden konnte, was wahr war und was nicht. Sollte da die Lehre hinter diesem faulen Zauber sein? Das Wahrheit nicht die Rolle spielte, die viele Personen ihr beimaßen? Letztendlich bestimmte die Handlung, was geschah, das Tun als solches. Ob jemand Recht hatte, ob er die Wahrheit sprach, war für ein Ego für belang, zählen tat am Ende aber nur das Ergebnis, dass sich daraus ergab. Doch wenn da Handeln nun nur falscher Fantasie entsprach, so, wie es hier den Anschein machte, dass war es schlussendlich nicht existent, nie dagewesen und es gab kein Resultat, keine Errungenschaft, die einer Feier würdig wäre, die die Stilisierung einer Einzelperson als Heldin rechtfertigte. Was sollte das irre Bildnis also sein? Ein Versuch Gier zu erwecken, dass zu werden, was sich hier nun vor ihr abzeichnete? Reah besaß kein Interesse daran, die Galaxis sollte tun und lassen was sie wollte, ihr ging es nur darum ihren Fehler auszumerzen, als sie Vesperum erlaubte von hier zu entkommen.

Ihr Blick glitt hoch zur Bühne, auf der sich die hohen Herrlichkeiten jener Republik, die in dieser Wirrnis das Imperium vernichten konnten, nun anschickten sich aufzureihen, so stumpf, so stoisch, in Regeln und Zwänge gepresst, dass der Kontrast zum militaristischen Staat nur in der farbenfrohen Darstellung lag, sie sonst aber eben so ans Protokoll gefesselt schien, wie alles andere vor ihr. Unflexibler Transparistahl und doch so fragil und zerbrechlich, traf man nur den richtigen Bruchpunkt. Mothma betrat die Szene, selbsternannte Staatschefin, Regentin dieser Eroberung. Zweifel krochen durch das faule Fleisch, dort, wo die widerlichen Würmer sich gemästet hatten und ließen die dunkle Jedi finster zur Bühne emporblicken. Dies war politisch, fühlte sich instrumentalisierend an, wie ein Hündchen, dass man an eine neue Leine zu legen versuchte, die sie nicht wollte. Reah trat instinktiv zurück von diesem Podium, diesem Sammelsurium von Hüllen, dass ihr versuchte etwas einzureden, dass sie nicht wollte, dessen sie sich erwehrt hatte - man legte sich nicht mit Isard an, nur um sich vor den Karren einer dubiosen Gegenbewegung spannen zu lassen. Sie wollte sich abwenden, gehen von dieser verqueren Darstellung, als sich die ominösen Zeichen auf ihrer Haut lösten, begannen, von purpurnen Schimmer umgeben, sie zu umkreisen, einem Bannkreis gleich, der den Dämon daran hindern sollte, die Flucht zu ergreifen. Doch der Tanz endete so abrupt, wie er begonnen hatte, als sie abfielen, eintauchten in das Reich des kalten Bodens, darin versanken und wohl ihr Geheimnis preisgaben. Ihre Augen verfolgten einzelne Zeichenreihen, die unnatürliche Abbilder jener Gesichter projizierten, die offenbar einst ihrer Hand erlagen. An einige konnte sie sich erinnern, nicht auf eine Weise, die sie reumütig oder sentimental werden ließ, aber ihr Hirn schaffte es noch, sie grob Orten und Umständen zuzuordnen. Manche leichter als andere, so zum Beispiel das Abbild des Flottenadmirals Vaash, der bei Atrisia als Blitzableiter für all den Hass und Zorn diente, der das Imperium in ihr hervorrief. Er hatte sterben müssen, als Symbol, als williger Diener dieses Reiches, der sich nicht darüber erheben konnte, der stoisch dem folgte, was ihm aufgetragen wurde, dem jeder Mut fehlte. Hatte sie ihm eine Chance gelassen? Nein. Denn er hatte seine Chance viele Jahre lang gehabt, hat gewusst, hätte wissen müssen, welche Übel er beschwor, freisetzte und sich ihnen dauerhaft willig unterwarf. Ein feiger Mann, der sich hinter seinem einstigen Ruhm verkroch, seiner vermeintlichen Größe hinterherrannte, die er nicht mehr einholen konnte. Vaash war schon ausgehöhlt, bevor sie ihm den Schädel zertrümmert hatte. Ein brutaler Tod, für einen nicht minder brutalen Mann.
Carrigan Rae versank im Boden, der unbekannte Name, der seltsamerweise in verständlicher Schrift gehalten war und formte, zu ihrem entsetzen, das Antlitz Sedraels zu ihren Füßen. Falschheit. Korribans illusorisches Konstrukt entlarvte sich am Ende doch stets selbst, verstand den subtilen Ansatz nicht, verstand die Wesen nicht, die auf dieser Welt wandelten, sondern antwortete nur mit diffuser, willkürlicher Dunkelheit, geformt aus Fragmenten, die neu zusammengesetzt keinen Sinn ergaben. Sedrael war nicht tot, definitiv nicht. Verwundet vielleicht, aber nicht tödlich und hätte sie die Sephi tatsächlich töten wollen, wäre es auch geschehen. Doch was ihr Verstand nicht begreifen konnte, war Carrigan Rae, der Name, der nicht zu dem passte, den sie bereits kannte. Stimmen rissen sie aus ihren Gedanken, Worte vom Podium herab, die sie aufblicken ließen, dieses mal jedoch feindselig, selbst Skywalker gegenüber, nun, wo Körper und Verstand im Einklang waren, wussten, sich für den Moment sicher waren, dass auch dies alles nur eine illusorische Konstruktion war. "Lüge.", zischte die dunkle Jedi und ballte die Hand zur Faust, willens, die Trugbilder zu zerreißen, die nicht mehr konnten, als hohle Urteile über sie zu sprechen. Aber der Vollstrecker fehlte, es gab kein Richtschwert, nichts, dass diesem Haufen das Recht, die Möglichkeit gab, ihr Urteil zu vollstrecken. War es überhaupt eines? Oder war es nur ein hohler Wunsch danach, das bisschen von ihrer Seele, dass noch ein vollständiges Bild ergab, herunter zu reißen? Verdammung, Verbannung, Zerteilung des Wesens war keine Lösung, kein Ansatz - es war Spott. Körper und Geist waren nicht immer im Einklang, aber doch gehörte es dazu, war ein Teil von ihr, ein Teil, an den sie sich noch klammern konnte, festkrallen, dass ihr verriet, das sie irgendwo, immer noch sie selbst war. Entartet vielleicht, verdreht, aber doch fassbar. Es war stets mehr, als nichts mehr zu besitzen, einer Drohne gleich zu warten, dass etwas ihrem Leben wieder Sinn einhauchte, ganz wie ein Droide, der nach einer Speicherlöschung neu programmiert wurde.
Der Schatten trat fest auf den Boden und ging voran - sollten diese Trugbilder und jene, die sie schufen erfahren, wer wen verdammte oder war die Lösung der Republik, die Lösung Skywalkers auch nur jene alles zu zerstören, dass sie nicht verstanden? Der Boden bekam Risse, bröckelte, während der Abgrund alter Tage aufbrach, sich daran machte alles wieder zu verschlingen, was er einst hervorgebracht hatte. Die uralte Tiefe, die Welten unterspülte und alles mit sich nahm, was an der Oberfläche nicht mehr zu existieren wusste und wenn dies nun war, was Korriban wollte, so gab es an dieser Stelle ohnehin nichts mehr als dieses Schicksal zu akzeptieren. Sollte es enden wo es begann, fernab von nebulösen Lügen und Wirklichkeiten. Nur allein mit sich und Dunkelheit. Tiefster Dunkelheit, die den Blick auf alles versperrte, was echt oder falsch war.

Und so sollte es sein: wieder hier, der Ort des Ursprungs. Dieselbe stickige Luft, die durch ihre Lungen strömte, das Atmen schwer machte. Dieselbe schwärze an den Wänden, in dessen Ecke der Schatten instinktiv kroch, aus dessen Ecke heraus er furchtsam und doch hoffnungsvoll zugleich in Richtung der Tür schaute. Ein Teil der sich wünschte, dass sie sich öffnete, ein Teil, der hoffte, dass es nie geschehen mochte und ihr Augen, die starr und doch leblos dem Schloss entgegen blickten. Mal ging es auf, dann schloss es sich wieder, doch sie sah die Person nicht, hörte die Worte nicht, wollte sie vielleicht auch gar nicht hören, während die Lippen unruhig aufeinander lagen, zitterten - ängstlich, zornig, verzweifelt zugleich. Irgendwann übermannte die Unruhe ihren Geist und die dunkle Jedi begann an den Wänden entlang zu kriechen, stoppte immer wieder und tastete mit der Hand nach etwas, vielleicht einem Luftzug, einem schmalen Spalt, der verriet, dass die erdrückende Dunkelheit über und unter ihr nicht doch alles war, was übrig blieb. Aber es gab nichts, so, wie es nie etwas gegeben hatte, egal wie oft sie suchte. Sie wusste, dass sie sich hier nicht wehren konnte, dass sie aus diesem Gefängnis nicht aus eigener Kraft befreien konnte, selbst wenn ihr Verstand den Umstand, der sie hergeführt hatte, nicht mehr klar zuordnen konnte. Es war Korriban und doch nicht, war real und doch nur Trugbild - der Mahlstein des anhaltenden Schwindels zermalmte die Sinne, ließ sie in einem Gefängnis ureigener Ängste zurück, aus dem es kein entkommen mehr gab.
Wie viel Zeit vergangen war, vermochte Reah nicht mehr zu sagen, doch letztlich zerbrach etwas in ihr, ließ den Körper apathisch auf die Seite, der sich nur noch zusammenkrümmte und stoisch die Wand anstarrte. Egal wie sie den Würfel des Irrsinns vor ihrem geistigen Auge drehte, es gab kein zurück von hier, nicht für sie, nicht für irgendwen. Würde es enden, wenn sie einfach die Augen schloss? Doch gehorchten sie nicht, von Furcht gelähmte Lider blieben offen. Der Leib drehte sich auf den Rücken, blickte nun der gähnenden Finsternis der Decke entgegen oder war es nur wieder der Abgrund, in den sie starrte? Zeit und Raum waren hier so relativ, dass es keinen Unterschied machte. Warten auf das Ende, den Untergang, darauf, dass das Ding kam, sich den letzten kleinen Teil von ihr holte und die leblose Hülle beiseite warf. Ein feuchter Schimmer bildete sich in ihren Augen, als der Körper entschied sich jene Ängste und Schwächen einzugestehen, die der stolze Verstand so verzweifelt zu begraben versuchte.
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#49
→ von: Einöde von Korriban (S. 8)

Ein Weg, am Ende der Welt letztlich. Zwischen zwei hoch aufragenden, braunen Felsreihen schlängelte sich ein Korridor, eine Zuflucht vor der stärker brennenden Hitze einer aufsteigenden Sonne. Die Schlange des Weges zischte immer wieder, wartete im Untergrund des bequemen Schattens, als der Wind Dutzende Meter oben über die Felsreihe fegte und Sandkörner gegen eine Seite der Felsen prasseln ließ. Irgendwann senkte sich der Weg hinab, offenbarte den Blick in ein großes Tal, das sich um die Felsen schlang und in dessen Mitte der große Schlund eines Abgrunds in die Tiefe führte. Ein Heulen aus der Schwärze des Grunds, unklar, ob ein bloßes Klagen der Luft oder ein absonderliches Tier, das sich hunderte Meter unter der Oberfläche am Unlicht speiste.

Über dem Unlicht blickte die Sephi hinab in den Abgrund, der sich auftat und der nicht endete. Neugierig schob sie einen Stein mit einem Fuß in die Leere, doch er wurde lediglich vom Nichts verschlungen und hinterließ niemals ein Geräusch. Was mochte ein kleines Objekt schon gegen die Dunkelheit ausrichten können? Es verschwand darin, wurde selbst ein Teil davon, wenn auch nicht richtig – sondern nur, weil die Abwesenheit von Licht dafür sorgte. Doch selbst mit Licht bestrahlt würde er dort unten liegen bleiben und nie wieder zu dem werden, was er einst gewesen war. Sobald es fort war, fand er sich wieder in der sorglosen Umarmung des Abgrunds; bis zur nächsten Störung. Sedrael betrachtete das Loch vor sich eine Zeit lang, vielleicht zu lang. Aber der Ort hatte etwas Faszinierendes, gerade auf einer Welt wie dieser. Es war nicht einfach nur eine Wolke der Dunkelheit, der Schatten abseits des Lichts. Vielmehr schien es so als pulsiere sie bereits in sich selbst, funkelte, glitzerte. Beinah lebendig. So anders als der kalte, tote Kadaver, der die Dunkelheit sonst war. Wo sonst Licht Bedingung für die Existenz von Leben war und dafür sorgte, dass es weiter leben konnte, schien es hier genau das Gegenteil zu sein. Es war eine eigentümliche Erfahrung, wenn auch ein Rätsel, das sehr lange zu entschlüsseln benötigen würde. Aber es sprach auch, teilte mit ihr dieses Wissen, nämlich, dass sie ganz nahe an ihrem Ziel, nahe an Reah war. Auch wenn irgendetwas an ihr nicht stimmte, anders schien als sonst. Was war es? Abwesenheit? Apathie? Der Tod, ohne wirklich tot zu sein? Ein Frösteln zuckte durch Sedraels Körper und auf einmal spürte sie eine zwingende Eile, die schiere Notwendigkeit, sich weiter zu bewegen, dort hin. Zu ihrem Glück fühlte sie ihre Beine und ihre Muskeln wieder besser, in ihrem Kopf pulsierten die Adern wild, spürbar. Das Medikament verdrängte alle weiteren Gedanken, ließ sie funktionieren, wenn auch ihr Blick einem Tunnel glich und sie abseits des Fokus Schlieren wahrnahm. Dennoch hatte sie nicht mehr diesen Eindruck, sich voranschleppen zu müssen wie auf ihrem Weg zurück in das Lager, schwankte nicht mehr und auch die wackeligen Beine wirkten standfester, jedenfalls für den Moment. Wenn das Mittel abklang, hatte sie keinen Zweifel daran, dass sich das rasch wieder änderte. Sie verließ das Heulen des Abgrunds unter ihr, blickte auf das in Stein gehauene gewaltige Tor zu ihrer Linken. Ein Monument, würdig denen eines altertümlichen Königs, oder vielleicht eines Despoten, Tyrannen. Möglicherweise auch ein Mausoleum, die letzte Ruhe für Dinge, die Vergangenheit bleiben und niemals wieder entdeckt werden sollten. Und dennoch, war es, wie es sein musste. Der Zwang, den sie verspürte und sie dorthin lenkte, war der Ruf der Macht; wie eine Hand, die sie sanft am Oberarm nahm und in diese Richtung führte. Kaum war sie durch das große, geöffnete Tor geschritten, schienen seltsame Zeichen auf den Wänden entlang einer Treppe, die in eine große, vor Dunkelheit kaum erkennbare Haupthalle zu führen schien, aufzuleuchten – nichts, was sie bislang gesehen hatte und so wie es aussah auch nichts, was sie so bald wieder sehen würde. Sie verengte die Augen, während sie weiter die Stufen hinab trat, blickte die Symbole an Wänden und schließlich auch an der Decke an, die sich wie ein feines Gespinst adernartig durch das Gemäuer zu arbeiten schien. Die seltsamen Runen glommen vibrierend, schimmernd, dunkelblau bis gesättigt lila. Ein finsteres, kaltes und beinahe totes Licht, das nur wenig Strahlkraft besaß und nicht viel des Weges beleuchten konnte. Sie strich mit der Hand über eine leuchtende Fläche, doch nichts. Kalt wie die Wand, rauer als Stein. Faszinierend auf seine ganz eigene Art, wenn auch schier künstlich und gleichermaßen abstoßend. Doch dann landete einer ihre Schritte in der Leere anstelle auf einer Stufe. Sie verlor sofort das Gleichgewicht, als ihr Fuß keinen Halt auf der zu erwartenden Stufe fand, stattdessen herabsank und ihren außer Balance geratenen Körper mit sich hinunterriss. Reflexartig suchten ihre Hände nach Halt am Rande des Lochs, nicht völlig erfolgreich, doch rasch genug, um zumindest Geschwindigkeit aus dem Fall zu nehmen, so dass sie eine Ebene tiefer nur mit der Schulter gegen die Wand prallte, ehe sie seitwärts auf dem Boden ankam und dort ächzend liegen blieb. Klirrend landete der gespitzte Metallstab auf dem Boden neben hier, wo er kurz umhertanzte und vereinzelte Lichtsplitter matt reflektierte.
„Verfluchte Sterne…“, knurrte sie auf dem Boden mit zusammengebissenen Zähnen. Ein Loch in einer Treppe? Wer konstruierte diesen Mist? Irgendwoher strich wenigstens Licht aus mehreren Ritzen zwischen verwitternden, schiefen Steinen in der Wand hindurch, von denen einige kleinere herausgebrochen waren und nutzlos in Schutt lagen. Es war nicht viel Licht, doch wenigstens genug, um zumindest den Raum grob überblicken zu können. Sie spürte einen seltsamen Geschmack auf ihrer Zunge, vielleicht Staub, kleine Kieselsteinchen, spuckte auf den Boden, um das unangenehme Gefühl in ihrem Mund loszuwerden. Und jetzt? Langsam raffte sie sich mit verstaubter, immer noch zerschlagener Robe wieder auf, ihr Blick richtete sich instinktiv zunächst nach oben, dann auf die unebene, schiefe Wand darunter. Vermutlich war es möglich, wieder hinauf zu klettern, mit etwas Geschick jedenfalls mochte es machbar sein. Dann aber stach irgendetwas in ihr Hirn, ließ sie auf der Stelle einfrieren, wissend, dass es nicht der richtige Weg. Etwas anderes war hier, in ihrem Rücken. Die so ureigene Furcht den Schrecken in der Dunkelheit, die sich ungeschützt von hinten heranpirschten, wie das Kind, das in jedem Schatten seines Zimmers dämonische Wesen wähnte. Ihre blauen Augen wanderten langsam nach links in ihren Augenwinkel, kurz lähmte die Angst dieser wuchtigen Erkenntnis ihren Körper völlig, erst nach einigen Momenten, in denen sie nur ihre eigenen raschen, lauten Atemzüge hörte, drehte sie sich vorsichtig und ohne rasche Bewegung herum. Irgendetwas lag dort in den Schatten, lebte, ein wenig zumindest. Ein… Mensch. Rote Flüssigkeit glitzerte an der Wand in der Nähe, frisch offenbar, einige Spritzer verteilt am Boden. Sedrael blinzelte ein paar Mal mit geöffnetem Mund, näherte sich mit trägen Schritten dem Menschenkörper vorsichtig. Erst dann setzte die Erkenntnis ein.
„Was… Reah?“, keuchte sie überrascht, auch wenn sie vielleicht gar nicht derart überrascht davon sein sollte. Aber dieser Nebel, der in ihren Kopf sickerte, machte das Denken anstrengender, komplizierter, als wollte er jeden Gedanken zerfasern. Sie schob sich weiter in Reahs Nähe, die dort regungslos auf dem Rücken lag und in Richtung der Decke starrte. Ein Blick, der völlig ins Nichts ging, unfixiert. Die Sephi blieb kurz stehen, als müsse sie diese Beobachtung noch einmal genauer bestätigen, aber nichts änderte sich. Ungezählte Sekunden später stolperte sie über Deckenschutt und abgeplatzten Mörtel, versuchte den pochenden Schmerz in ihrer Schulter zu ignorieren, den sie jetzt überraschenderweise doch spürte und der ihr den Schädel zermarterte. Ihre Knie versagten schließlich den Dienst, vielleicht auch in dem Moment, weil dort, so verstörend der Anblick war, doch zum ersten Mal wieder irgendetwas Vertrautes lag, etwas, das dieser Planet sonst nicht feilbieten konnte. Die Anspannung flutete aus ihrem Körper hinaus, kein… phantasiereiches Dämonenwesen, bloß… Reah. Trotz allem. Nur Reah. Wie auch immer das bereits ein Fortschritt sein konnte. Sie kroch weiter, bis ihre weiße Hand den Körper berühren konnte. Er war warm, zerbissen von dunklen Mächten, die danach zu greifen suchten, aber etwas war noch dort unter der Hülle. Ihre Hand packte das Kinn der Frau, drehte den Hals in Sedraels Richtung, so dass die scheinbar toten Augen sie ansehen mussten.
„Reah!“, nuschelte sie, mehr oder weniger verständlich, klopfte mit den Fingerspitzen der anderen Hand mehrfach gegen die Wange ihrer Begleiterin, eine Reaktion einfordernd, mit jedem Mal mutiger und etwas fester, um das Wesen aus seinem Delirium zu lösen, aus der Schockstarre, in die sie hier gefallen war, vielleicht weil sie tatsächlich gefunden hatte, was sie gesucht hatten – um festzustellen, dass sie es niemals hätten finden sollen.
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#50
Es war ein Grab. Reahs eigene Worte hallten von den Wänden ihrer gedanklichen Festung zurück und zerstörten jeden kleinen Schimmer der Zuversicht. Ein Dunkel ohne Zwietracht, ohne Feigheit und Verrat - nur ein pechschwarzer Nexus,der alles verschlang und die kümmerlichen Kadaver zurück ließ. Und doch war sie hergekommen. Freiwillig hinabgestiegen in dieses Mausoleum der Schatten, dieses Gefängnis. Ein Teil von ihr, jener derzeit größer werdende Teil, der sich dem Trotz, der sich gegen alles und jeden richtete gegenüberstellte, wisperte, dass im Eingeständnis der Schwäche, der Niederlage, eine gewisse Art der Erlösung zu finden war. Die flüsternde Stimme in ihrem Hirn versprach, dass die dunkle Jedi ihr bestes gegeben hatte und es schlussendlich nicht ausreichte. Doch nun war der Kampf vorüber. Es gab keinen Grund mehr aufzustehen, es noch einmal zu wagen. Sie sollte sich mit der Endgültigkeit dieses Schicksals abfinden, akzeptieren, dass alsbald göttlicher Wahnsinn diese Galaxis dominierte, weil die Insassen der unzähligen Planeten beherrscht werden wollten. Der Widerstand war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und selbst die neu formierte Gegenregierung machte nur einen geringen Unterschied. Den Spezies dieser Galaxis dürstete es nach Sklaverei und Knechtschaft, sie brauchten Meister, Direktoren und Imperatoren, die ihnen einen Weg vorgeben konnten, ein Ziel zeigen, dass sie erreichen konnten. Widerstand ohne Ziel ist zwecklos, heißt es oft aber so viele hatten vergessen, dass es einst die Freiheit war, die sie erkämpfen wollten und nun zu Grabe trugen.

Das Grab der Freiheit mochte so ähnlich sein wie dieser Ort, eine unscheinbare Grube, ein unauffälliges Loch abseits der bekannten Wege, wo es niemand bemerken würde, wenn ein Leichnam darin entsorgt würde. Sie verging in der Masse, wie das Salz der Meere - es blieb stets ein seichter Geschmack im Munde zurück, doch von Mal zu Mal wurde er schwächer, bis er irgendwann gar nicht mehr ins Gewicht fiel und seine Besonderheit zu Boden sank, in tiefste Tiefen, hinfort getragen von gar mächtiger Unterspülung immerwährender Gezeiten. Die Wesen dieser Galaxis hatten vergessen wie sich Freiheit anfühlte, sie waren faul geworden und hatten sich mit den kargen Resten begnügt, die ihnen nach unzähligen Gesetzen und Reglements noch übrig blieben. Doch selbst diese Reste wurden immer winziger, bis sie bald zur Gänze dem Nichts weichen würden. Es mochte ein besonders schlechter Scherz der Macht sein, ihr diese Erkenntnis an einem Ort zu schenken, der diesem "Nichts" so nah war und in einem Zustand, der mehr vom Tode als vom Leben kündete. Aber das machte den Gedanken dennoch nicht unwichtig, sie musste... nur überleben. Irgendwie. Feuer für das schwarze Öl, dass die Galaxis durchtränkt hatte. Wasser, um Asche und Schlacke hinfortzuspülen. Licht, um den Keim, der unter der Korrumpierung lag, zum wachsen zu bringen.
Ein Sinnbild. Ein Schlüssel für ein Schloss, für die eigene Herzkammer und alles was darin lag. Weggesperrt, verschlossen und gut versteckt vor den Einflüssen der grässlichen Welt. Ysanne Isard, welche die Hexe verbrannte, sie verdammte aus dem Pandämonium der Zwietracht, zu welchem sich das Imperium verdreht hatte. Das Wasser aus dem Traum, der endlose Ozean, dessen Tiefen mit Freiheit gelockt hatten und natürlich das Licht, hier auf Korriban. Für Wesen wie Reah, welche die Dinge aus einer anderen Perspektive sahen war dieser finstere Ort, an dem die Schatten über die Wände huschten, Balsam für die Seele. Nicht weil es sie heilte oder ihr Gemüt erhellte, sondern weil die Dunkelheit der wachen Welt stets ein Hort der Ruhe und Gelassenheit war, eine Möglichkeit nachzudenken und sich selbst zu finden. Natürlicher Schatten war ebenso wenig boshaft wie die brennenden Sonnen von Tatooine. Sie hatte es nur vergessen. Es verwechselt mit der Finsternis, die in den Innereien des Geistes brütete und schwelte. Der leere Blick wurde klarer, das innere Auge reflektierte Gedanken und Ereignisse und begann damit sie neu zusammenzusetzen, anders zu betrachten. Reah musste nicht mehr sein, was sie einmal war, sie konnte nun jederzeit Facetten, derer sie überdrüssig wurde, ablegen, damit beginnen, sich neu zu finden und anders zu orientieren. Es bestand kein Grund mehr für alte Muster, die Meister und Imperatoren waren fort. Es gab an diesem Ort nur noch sie und das, was sie wollte oder nicht wollte. Vielleicht lag hierin ein Problem: für die dunkle Jedi war es schwer geworden eine Wahl zu haben, Optionen zu besitzen. Wenn sich mehrere Pfade auftaten war es schwierig einen auszuwählen, es kam beinahe einer Überforderung gleich, die sie frustrierte.
Ein Jedi lernte in solchen Fällen sich von der Macht leiten zu lassen, aber Reah hörte der Macht schon lange nicht mehr zu. Die Jahre im Imperium glichen eher einem Dialog mit sich selbst von dem die dunkle Jedi dachte, dass es die Macht wäre oder zumindest sein könnte - obgleich sie sich letztlich nur im Kreis gedreht hatte und keinen Schritt weiter gekommen war. Sie blinzelte für einen Moment, ehe sich die Lider wieder weit öffneten und gegen die Schwärze der Felsdecke starrten. Das Problem war so simpel wie unumstößlich, ließ sich in drei kleinen Worten zusammenfassen und ward aus eigener Kraft nicht zu lösen: Stolz und Sturheit. Die Banalität dieser persönlichen Macken rang ihr beinahe ein Lachen ab.

Etwas kam näher. Eine vertraute Präsenz und Reah versuchte ihren geschundenen Leib zu einer Regung zu animieren. Sie scheiterte. Der Geist, oder ein bestimmter Teil davon, mochte in diesem Moment vollkommen wach und klar sein, vermochte allerdings nicht, diesen Lebensfunken auf den Rest des Körpers zu übertragen. Die dunkle Jedi spürte eine Hand an ihrem Kinn und wie ihr Kopf sich neigte, doch mehr durch die Macht, als durch ein tatsächliches Gefühl. Sie wusste, dass jemand physisch nach ihr griff, obgleich kein Nerv zu reagieren vermochte. Ein dumpfes Pochen wiederholte sich auf der Wange und ihre Augenlider waren das erste, dass den Weckruf erhört hatte. Nach einigen Schlägen zuckten sie merklich, bis aus dem Zucken ein stetiges Blinzeln wurde und ihre Augen begannen die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie sah die Welt wieder wie sie war: das schwarz als schwarz, bis sich in den Schatten, so unmittelbar vor ihr, klare Umrisse abzeichneten. Dort war sie, nun hier in der Finsternis weiß wie Schnee. Reah reagierte nicht sofort, wartete auf mehr Schläge als notwendig gewesen wären, um sie zurückzuholen.
Irgendwann streckte sie ihren Arm empor, an dessen Ende sich eine zittrige Hand gen Sedraels Gesicht reckte, kurz davor aber stoppt und die Finger wieder locker krümmte, als hätte sie Angst das Bildnis anzufassen, als könnte das Trugbild der Illusion zerfallen, wenn sie es nur berühren würde, obwohl sie doch so sicher war, dass dies kein Traum war. "Nur zu. Mach weiter." nuschelte die dunkle Jedi, denn die Sephi hatte allen Grund dazu. Vielleicht sollte es so sein, musste es so sein: Reah die von ihrem Zorn und Hass auf die Galaxis, auf das Schicksal, dass diese Galaxis für sie ersonnen hatte abließ und Sedrael ihm einmal nachgab. "Es..." begann sie quälend und gebrochen nach Worten zu suchen, Worten die sie kannte und doch so lange schon nicht mehr genutzt hatte, "...tut mir Leid. Für die Toten auf der Krankenstation." Ein einsames Schluchzen verband sich mit den Worten, als sie die Bilder noch einmal im Geiste passieren ließ. Es war sinnlos, dumm und über alle Maßen unnötig die Medi-Station über Firrerre auszuradieren. Ein Akt primitivster Bösartigkeit, aus einer niederen Laune heraus, einer Lust auf Blut. "...für die auf dem Planeten..." Und so sinnlos ging das Morden weiter. Wo das Todessiegel doch ohnehin schon auf der Welt prangerte, warum noch jene Abschlachten, die dort verweilten? Woher der Drang, das Verlangen nach Gewalt und Blut? Eine Frage, auf die sie keine Antwort fand. "...und für die Auslöschung von ganz Firrerre." Das große Finale, die Ausrottung der gesamten Welt. Sie hatte entschieden, dass eine Welt, auf der die intelligente Spezies an einer unheilbaren Seuche litt alles in allem keine Lebenswerte Welt mehr war und sie faktisch aus der Galaxis getilgt, zusammen mit jedwedem primitiveren Leben. "Ich hatte eine Wahl. Ich habe gewählt. Ich bin Schuld. Kein Imperator, keine Direktorin, kein Inquisitorius. Ich habe das entschieden. Nur ich allein." Sie atmete ruhig ein und aus, spürte den kratzenden Staub Korribans in den Lungen und ließ die Augen auf Sedraels Gesicht ruhen. "Sprich dein Urteil."
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