#1
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#2
cf: Serenno

Mittlerweile war die Woche vergangen, von welcher Gavin in seiner ersten Kontaktaufnahme an den imperialen Geheimdienst gesprochen hatte und somit war der Zeitpunkt gekommen wieder einmal Kontakt mit ihm aufzunehmen. Er und Ria hatten schon vor einer ganzen Weile Serenno verlassen, denn auch wenn das Risiko gering gewesen war, dass das Imperium auftauchte, so war es besser gewesen absolut kein Risiko einzugehen und mehr oder weniger genau so schnell wieder zu verschwinden, wie sie auch gekommen waren. Gavin hatte ein kleines Geschenk auf Serenno hinterlassen, welches in darüber informieren sollte, sollte das Imperium doch auftauchen, aber es hatte keinen Muckser von sich gegeben. Das bedeutete wohl, dass das Imperium nicht aufgetaucht war. Warum es nicht aufgetaucht war, darüber konnte Gavin lediglich Vermutungen anstellen und ehrlich gesagt war es ihm auch persönlich egal warum sie es nicht getan hatten. Sollten sie doch machen was sie wollten oder nun, vielleicht doch besser nicht.

Gavin war irgendwie froh, dass außer ihm nur Ria hier war und somit eine Person, vor der er nicht jemand bestimmtes sein musste. Vor der er nicht vorgeben musste alles im Griff und somit keine Sorgen zu haben. Etwas, das er bei seiner Crew zwar auch nicht musste, aber trotzdem irgendwie doch immer tat. Natürlich war ihm klar, dass sie ihn jedes Mal aufs Neue durchschauten, dass Jace und Tasha immer sehr genau wussten was in seinem Kopf vor sich ging und das manchmal mit einer erschreckenden Präzision und dennoch konnte er in ihrer Anwesenheit einfach nicht aus seiner Haut. Er hatte es versucht, schon viele Male, aber es gelang ihm einfach nicht. Es war nicht so, dass er Angst hatte vor ihnen Schwäche zu zeigen oder Angst davor hatte sich zu blamieren, es war – Vielleicht hatte er einfach unbewusst die Vorstellung, dass wenn er mit Optimismus ans Werk ging, er es für alle anderen einfacher machte. Nachdem er das Geschäft und die Kontakte von seinem Vater übernommen hatte, hatte er sich nach und nach aus den alten Geschäften seines Vaters herausgezogen und sich anderen Aufgabengebiete zugewandt. Gebiete, von denen er immer gedacht hatte, dass von ihnen ein geringeres Risiko für ihn und seine Crew ausging. Dass es sie nicht inmitten eines Fadenkreuzes bringen würde und jetzt waren sie doch genau dort gelandet. Er hatte sie dahin gebracht und somit war es seine Pflicht sie dort auch wieder heraus zu bringen. Sie sollten nicht unter den Entscheidungen leiden, die er vor Wochen getroffen hatte, als er sich auf einen Deal mit der Neuen Republik eingelassen hatte. Er hätte auf seinen Instinkt hören und die Finger davon lassen sollen, denn kein Job der als einfach bezeichnet wurde war es auch. Meist waren es genau die einfachen Jobs, die einen in größte Gefahr brachten und dennoch hatte er zugesagt. Er hätte abbrechen können, als er bemerkt hatte, dass es sich bei seinem Ziel um Corellia handelte, aber er hatte es nicht getan, weil er nicht einer der Sorte Schmuggler sein wollte, die gleich beim ersten Anzeichen von Probleme ihr Wort brachen. Weil er die absolut bescheuerten Vision besaß, dass Schmuggler und Regierungen nebeneinander koexistieren konnten. Und wohin hatte es ihn geführt? Jede seiner Entscheidungen die er getroffen hatte und die sie nach Corellia geführt hatten, jede seiner Entscheidungen die er auf Corellia selbst getroffen hatte… Allesamt waren sie falsch gewesen. Er glaubte jetzt die richtigen zu treffen, aber der Zweifel nagte an ihm. Ständig fragte er sich selbst, was wohl sein würde, wenn nicht eine seiner letzten Entscheidungen die richtige gewesen war. Wenn sie alle die falschen gewesen waren. Aber dann dachte er an Ria, an Tasha und an Jace. Wenn nicht für sie, für wen sonst sollte er sein Bestes versuchen?

Gavin schüttelte die hinderlichen Gedanken ab und konzentrierte sich auf das was jetzt vor ihm lag. Eine Nachricht an den imperialen Geheimdienst zu verfassen.
„Hier spricht Gavin Benett und wie versprochen kontaktiere ich sie nach Ablauf einer Standardwoche“, sprach er mit ruhiger Stimme und einem Gesichtsausdruck der absoluten Ruhe. „Ich muss zugeben ein wenig erstaunt zu sein, dass man keinen Einsatztrupp nach Serenno geschickt hat um mich zu ergreifen. Nach allem was man so über Direktorin Ysard hört, hätte ich es ja geradezu erwartet. Natürlich nicht gerade ein imperiales Großaufgebot, so kann ich selbstverständlich verstehen, dass man die diplomatischen Beziehungen zu Großadmiral Zsinj nicht gefährden möchte, aber überhaupt niemanden? Ich weiß gerade nicht ob ich mich darüber freuen oder ob ich mich dadurch gekränkt fühlen soll.“ Gavin neigte mit leicht nachdenklichem Blick den Kopf auf die Seite und fuhr sich mit den Fingern am Kinn entlang und registrierte für sich, dass er sich dringend mal wieder rasieren sollte. Er hatte nicht daran gedacht, weil sein Kopf mit anderen Dingen voll gewesen war, aber wieso hatte Ria ihn nicht daran erinnert? Gefiel es ihr vielleicht und sie hatte deswegen nichts gesagt? Mit einem schweren Seufzen brach Gavin den Gedankengang ab und blickte wieder gerade aus auf seinen nicht vorhandenen Gesprächspartner.

„Wie dem auch sei, sie stimmen mir gewiss zu, dass diese Form der Verhandlung bisher, besonders in Anbetracht der Umstände, nicht besonders produktiv ist. Ich bin mir sicher, dass sie dem Handel gerne noch eigene Bedingungen hinzufügen wollen. Ebenso wie sie mit Sicherheit noch Fragen oder gar Bedenken haben. Ich verstehe dies natürlich vollkommen und möchte ihnen daher den Vorschlag eines persönlichen Gesprächs unterbreiten“, sagte Gavin mit wohlwollendem Tonfall.
„Allerdings“, Gavin unterbrach sich selbst mit einem kleinen Lächeln. „Bestehe ich darauf dieses mit Direktorin Ysard persönlich führen zu dürfen. Es mag in ihren Ohren durchaus dreist und vermessen klingen, aber bei einem Handel, bei dem so vieles auf dem Spiel steht, der von solcher Relevanz ist, möchte ich diese Verhandlungen nur ungern mit einem unbedeutenden Agenten führen. Ich müsste alles was er von sich gibt in Frage stellen. Mir die Frage stellen, ob er denn überhaupt befugt ist derartige Versprechen zu geben. Ob er wirklich im Interesse des Imperiums agiert oder ob er nicht viel mehr seine eigenen Interessen verfolgt. Ordnungsgemäße und insbesondere rechtmäßige Verhandlungen sollten demnach auch in ihrem Interesse liegen.“

Gavin war sich absolut darüber im Klaren, dass er hier mit dem Feuer spielte. Einem Feuer das ihn vollständig vernichten konnte und wohl auch tun würde, sobald sich die Gelegenheit bot. Aber er hatte keine andere Wahl als hoch zu pokern.

„Zusammen mit dieser Nachricht übermittel ich ihnen den Kode und die dazugehörige Frequenz um mich persönlich erreichen zu können. Da ich ihnen unnötigen Aufwand und Kosten ersparen möchte, weise ich sie allerdings gleich daraufhin, dass eine Verfolgung und Überprüfung der Verbindung nicht von Nöten ist. Ich werde mich dort nicht persönlich befinden. In 3 Standardtagen wird der Kode und die Frequenz aktiviert und bleibt es für die nächsten 5 Standardtage. Wenn ich in diesen fünf Tagen nichts von ihnen höre, gehe ich davon aus, dass sie nicht länger an Verhandlungen interessiert sind. Bis dahin – Lang lebe das Imperium.“ Gavin beendete die Aufzeichnung und schloss die Augen. Diese Sachen waren anstrengend und machten müde. Noch mehr, als er so oder so schon war. Er war sich sicher, dass er das letzte Mal vor der Sache auf Corellia richtig geschlafen hatte, aber er würde wohl erst wieder in Ruhe finden können, wenn er seine Freunde in Sicherheit wusste oder er tot war. Auf dem selben Weg wie auch seine erste Nachricht, fand auch diese Nachricht ihren Weg zum imperialen Geheimdienst und so wie nach der ersten Nachricht ebenfalls, setzte er gemeinsam mit Ria seinen Weg weiter fort. Dieses Mal jedoch würde ihn sein Weg zurück zu seiner Crew führen.
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#3
“Habe ich bereits erwähnt, dass ich diese ganze Sache für eine wirklich dumme Idee halte?“ Ria hatte sich noch einige Sekunden schweigend und völlig regungslos verhalten, auch nachdem Gavin die Aufzeichnung beendet hatte. Während der Aufzeichnung hatte sie noch nicht einmal gewagt zu atmen. Sie konnte nicht leugnen, dass sie unter Spannung stand, auch wenn sie in den vergangenen Tagen jede Möglichkeit genutzt hatte, um etwas für sich und ihrer beider Wohlbefinden zu tun, sofern dies die Situation eben zugelassen hatte.
“Ich weiß, ich bin die letzte, die dir da in dieser Sache reinreden kann und sollte, aber ich möchte zu Protokoll geben, dass ich da wirklich meine Bedenken habe, ob man sich tatsächlich an irgendwelche Abmachungen halten wird.“ Ria konnte nicht zählen, wie oft sie diese Bedenken in den vergangenen Tagen geäußert hatte und dabei zwar stets betonte, wie egal es ihr ja war, was Gavin mit seinem Leben anstellte und es ihr ja nur um das Leben der anderen ging, aber dies war genauso gelogen, wie die Aussage, die sie ihrem Bruder gegenüber getätigt hatte, als dieser sie vor wenigen Tagen kontaktiert hatte. Das war aber auch wieder typisch. Vergleichsweise lange hatte er sich nicht gemeldet und ausgerechnet dann, wenn sie es am allerwenigsten gebrauchen konnte, musste er sich natürlich melden. In solchen Momenten glaubte sie tatsächlich, er würde ihr nachspionieren, obwohl das vollkommener Unsinn war.

“Hör mal,“ begann sie, gefolgt von einem leisen Seufzen, bevor sie an ihn herantrat. “Ich bin mir sicher, dass du dir das alles gut überlegt hast und sämtliche Gedankengänge durchgespielt hast, aber ich traue ihnen nicht. Und ihre Zurückhaltung in dieser Situation und dieses ganze Vorgehen – oder nicht-Vorgehen – macht mir ehrlichgesagt mehr Sorge, als sonst etwas. Erst wird ein riesiger Trubel veranstaltet und dann plötzlich ist ihnen die ganze Sache egal?“ Sie schüttelte den Kopf und strich sich die gewohnt störrische Haarsträhne hinter das Ohr zurück. Vielleicht hatte es irgendwann in ihrem Leben einmal eine Zeit gegeben, in der sie nicht so skeptisch und negativ dem Imperium gegenüber war, aber wenn, dann waren diese Zeiten lange vorbei. Sehr lange. Zu sehr hatte sie unter ihnen gelitten. Nicht direkt, niemals war ihr direkt Schaden zugefügt worden, aber einen ihrer Brüder hatten sie auf dem Gewissen und somit indirekt auch Schuld am frühzeitigen Tod des Vaters. Soviel stand für Ria fest. Ganz davon zu schweigen, dass sie mittlerweile weit genug herumgekommen war, um der Propaganda des Imperiums nicht mehr blind auf den Leim zu gehen. “Was haben wir jetzt also vor? Willst du tatsächlich einfach nur abwarten und schauen was passiert?“ Das war ja eine Option, die sie nicht so recht glauben wollte, auch wenn diese zumindest ein weiteres Risiko recht gering halten würde. Aber hatten sie tatsächlich jemals die sichere Tour gespielt? Andererseits wäre dies vielleicht der richtige Zeitpunkt, um damit zu beginnen oder zumindest das vorsichtige Vorgehen der vergangenen Tage fortzusetzen.
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#4
Gavin drehte sich auf dem Stuhl in Richtung Ria und sah sie einen Moment lang einfach nur an, ehe er sich mit dem Oberkörper nach vorne sinken ließ, sich dann mit beiden Händen über das Gesicht fuhr und anschließend über den Kopf. „Ich habe nie behauptet, dass es eine gute Idee ist“, sprach er mit ruhiger, aber doch ein wenig müder Stimme. Diese ganze Angelegenheit zerrte an ihm und auch wenn er es nur zu gerne überspielte, wie schwer die ganze Sache auf seinen Schultern lastete, so gelang ihm dies immer weniger. „Es ist lediglich die Idee gewesen, welche zumindest eine geringe Chance auf Erfolg versprochen hat.“ Und ja, es war wirklich nur eine Idee gewesen und in keinster Weise ein Plan. Ein Plan besaß eine Struktur, eine feste Vorgehensweise, festgelegte Parameter, doch hier basierte alles auf purer Reaktion und der Hoffnung zumindest ein wenig den Verlauf beeinflussen zu können. Hoffnung. Der große Leitspruch der damaligen Rebellenallianz und etwas, das sich die Republik noch heute fett auf ihre Fahnen schrieb, auch wenn sich ihre Maßstäbe mittlerweile gewaltig geändert hatten.

Gavin lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück und sah zu Ria hinauf, welche auf ihn zugetreten war. Hätte ihm vor wenigen Wochen jemand gesagt, dass sie gemeinsam Zeit in einem Schiff verbringen würde, hätte er diese Person ausgelacht und doch taten sie gerade genau das. Andere Umstände wären ihm und mit Sicherheit auch ihr lieber gewesen, aber das Schicksal hatte eben seinen eigenen Kopf.
„Für ihr Verhalten fallen mir drei Gründe ein“, sprach Gavin und verschränkte leicht die Arme vor der Brust. „Erstens – Sie haben jemanden auf uns angesetzt und sind sich sicher uns bald zu haben. Zweitens – Sie haben Maßnahmen eingeleitet die mir das Leben zur Hölle machen werden und sie brauchen sich demnach nur zurücklehnen und beobachten wie es mich vernichtet und Drittens – Sie gehen davon aus, dass ich das Ding schon lange nicht mehr habe und nur versuche sie über den Tisch zu ziehen.“ Gavin erhob sich von seinem Platz, ging um den Stuhl herum und stützte sich nun mit den Unterarmen auf der Rückenlehne ab. „Und mein Instinkt sagt mir, dass in diesem Falle alle drei Gründe zutreffen.“ Seufzend richtete sich Gavin wieder auf und gab dem Stuhl einen kleinen Schubs, so dass er sich anfing zu drehen, während er anfing langsam auf und ab zu gehen. Es half ihm zwar nicht beim Nachdenken, so wie das vielleicht bei anderen sein mochte, sondern es war einfach nur der Unruhe zu verdanken, die er einfach nicht mehr los wurde. Vermutlich würde sie auch noch eine ganze Weile anhalten, selbst wenn diese Angelegenheit ein gutes Ende finden sollte.

„Was das Erste angeht, das ist der Grund warum wir uns von Jace und Tasha getrennt haben und nie lange an einem Ort verweilen. Immerhin habe ich keine Ahnung wen sie als Spürhund eingesetzt haben“, erklärte Gavin in gesenkter Stimme. „Was Zweitens angeht … Nun der Boss hat zwar deutlich klar gemacht, dass er mir nicht aktiv helfen wird, aber ich hoffe dennoch, dass die Organisation Informationen aufgeschnappt hat und sie mir nicht vorenthalten wird.“ Es war nicht so, dass er nicht auch über eigene Informationsquellen verfügte oder sich Zugang zu Informationen verschaffen könnte, aber das war alles mit Risiken verbunden. Risiken, die er zum aktuellen Zeitpunkt einfach nicht eingehen konnte. Jede Kontaktaufnahme, jede Landung, jeder Systemeintritt konnte seinen Aufenthaltsort verraten und das galt es unter allen Umständen zu verhindern. Natürlich wusste er nicht, ob man ihm im HQ überhaupt Gehör schenken würde oder ob er es überhaupt noch kontaktieren konnte. Alles was ihm blieb war die Hoffnung, dass er es konnte. Es fiel schwer positiv zu denken, aber wenn er es nicht weiterhin tat, dann würde der Misserfolg garantiert sein.

„Tja und was Drittens betrifft“, meinte Gavin und kurz fingen seine Mundwinkel an zu zucken. „Bis wir uns wieder mit Tasha und Jace treffen sind es ein paar Tage hin und somit ausreichend Zeit, um sich einen Plan auszudenken. Außer…“ Gavin vollendete den Satz an dieser Stelle nicht, sondern blieb in Rias Nähe stehen, legte seine Finger um ihr Handgelenk und zog sie zu sich. Er legte von hinten einen Arm um ihre Taille und hielt sie fest, aber nicht so fest, dass sie sich nicht ohne große Schwierigkeiten herauswinden konnte, wenn sie es vorhatte. „Außer natürlich“, fing Gavin wieder an und seine Stimme klang deutlich leiser und vielleicht auch ein klein wenig rauer. „Dir fällt etwas Besseres ein wie ich diese Zeit verbringen kann.“ Dieses Mal zuckten nicht nur seine Mundwinkel, sondern auf seinen Lippen hatte sich ein deutlich erkennbares Lächeln gelegt. Nun, vielleicht nicht nur ein Lächeln, sondern auch ein Grinsen. Aber so war er eben und das wusste Ria ganz genau.
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#5
Ria schwieg, während Gavin anfing mögliche Gründe für das Verhalten des Imperiums aufzuzählen. Er sah müde aus, auch wenn er sich alle Mühe gab sich nichts anmerken zu lassen, aber sie kannte ihn lange und gut genug, um gewisse Dinge eben einfach zu erkennen. Das galt wahrlich nicht für alles, aber es waren die kleinen Dinge, die ihn oftmals womöglich gänzlich unbewusst, verrieten.
Tief in ihrem Inneren verfluchte sie ihn und den Umstand, dass er sie in diese ganze Angelegenheit hineingezogen hatte, aber auf der anderen Seite war er viel zu sehr bewusst, dass sie ihn wahrscheinlich noch mehr verflucht hätte, wenn er sie nicht kontaktiert hätte und etwas geschehen wäre. Nicht dass sie glaubte eine unglaublich große Hilfe zu sein, aber zumindest... war er nicht alleine.
Hör auf damit, ermahnte sie sich selbst und ließ sich zu einem unwirschen Kopfschütteln hinreißen, als könnte sie diesen Gedanken damit zum Verstummen bringen.

Obwohl sie ihn nicht für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen gelassen hatte und obwohl sie ihn lange und gut genug kannte, kam seine plötzliche Berührung und sein Griff so unerwartet, dass sie ihm aus Reflex eine ordentliche Ohrfeige verpasst hätte, wenn er nicht eben genau diese Hand - ob Zufall oder nicht - umgriffen gehalten hätte. Der Ruck ihrer Hand führte somit lediglich dazu, dass sich seine Finger lösten. Für einen Augenblick, der ihr unendlich lange vorkam, aber wahrscheinlich tatsächlich kaum mehr als ein Augenblick war, funkelte sie ihm entgegen.
"Wage es nicht, hörst du? Wage. Es. Nicht." Mit jedem ihrer letzten Worte stieß sie ihren Finger fester gegen seine Brust, allerdings weiterhin ohne sich aus seinem Griff um ihre Taille zu winden. Sie war so unglaublich wütend auf ihn. Nicht nur wegen der aktuellen Situation, in der sie sich befanden, sondern wegen all der Dinge in der Vergangenheit, die einfach nur schrecklich schief gelaufen waren. Am meisten wütend war sie allerdings auf sich selbst und ihre Gefühle, die sie einfach für ihn hatte, so sehr sie diese auch zu verleugnen und unterdrücken versuchte. Es waren seine Augen und dieses Grinsen, was stets irgendetwas in ihr auslöste, während es ihren Bruder in den Wahnsinn trieb und regelrecht aggressiv machte.

Ria senkte seufzend den Blick und ließ es einfach geschehen, dass ihr Kopf gegen seine Schulter sank. Welche Rolle spielte es schon und in diesem Augenblick, diesem einen Moment in dieser Situation, die ungewollter nicht sein konnte, tat es einfach so unglaublich gut. Für diesen einen, winzigen Moment schien einfach nichts anderes eine Rolle zu spielen. Beinahe unwillkürlich und ohne dass sie es selbst aktiv so gewollt hätte, schlossen sich ihre Arme um ihn. Nur für einen Augenblick. Nur... ein Augenblick.
"Ich hasse dich," murmelte sie gegen seinen Hals, verharrte aber einen weiteren Moment in ihrer Position, ehe sie sich mit einem hörbaren Schnauben zumindest wieder so weit von ihm löste, dass sie ihn anblicken konnte.
"Wir werden einen Weg finden, um diese Angelegenheit alle wohlbehalten, glücklich und zufrieden zu überstehen, denn ich werde ganz sicher nicht zulassen, dass du dem Imperium in die Finger gerätst, denn WENN hier irgendjemand dir für irgendetwas den Hintern aufreißt, dann bin ICH das." Oder ihr Bruder, der sich wahrscheinlich freiwillig gemeldet hätte, um Gavin aufzuspüren, wenn sie in dieser ganzen Angelegenheit nicht drinhängen würde. Jetzt aber hielt selbst er Augen und Ohren offen, um mögliche Informationen zu bekommen, die ihnen unter Umständen weiterhelfen würden.
"Und wenn ICH mit dir fertig bin, sind Jace und Tasha an der Reihe und wenn DANN noch etwas von dir übrig bleibt, kann sich das Imperium darum kümmern." Es war ein Grinsen, das sich auf ihren Lippen abzeichnete, ehe sie wie beiläufig mit den Schultern zuckte. "Du siehst, realistisch betrachtet hat das Imperium nicht den Hauch einer Chance auch nur eine Haarsträhne von dir abzubekommen." Leicht tätschelte sie ihm die Wange. Wenn es nur tatsächlich so einfach wäre...
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#6
Gavin konnte einfach nicht anders, als noch breiter zu Grinsen, als sie ihre Worte damit unterstrich, ihm mit dem Finger gegen die Brust zu stoßen, auch wenn es am Ende äußerst unangenehm wurde. Immerhin hatte sie das Talent jedes Mal genau dieselbe Stelle zu treffen. Aber Ria besaß eben eine außergewöhnliche Treffsicherheit und er bewunderte sie dafür. Etwas, das er ihr, wenn er so nachdachte, wohl nie gesagt hatte. Hatte er überhaupt irgendwann einmal zu ihr gesagt, dass er sie bewunderte? Ihr gesagt was es war, das ihn an ihr so faszinierte? Vermutlich hatte er es nicht getan. War es ihm bei jeder anderen leicht gefallen und das waren Frauen gewesen die – Nun ja, einfach nur Mittel zum Zweck gewesen waren – War es ihm bei Ria nie gelungen. Da war immer eine unsichtbare Grenze gewesen, die er sich nie getraut hatte zu überschreiten und immer, wenn er das Gefühl gehabt hatte kurz davor zu stehen diese Grenze einfach zu vergessen, hatte er sich aus dem Staub gemacht. In seinen Augen war es ein Wunder, wie es wohl kein zweites in dieser Galaxis geben würde, dass sie ihn nicht auf der Stelle erschossen hatte. Niemand hätte es ihr wohl verübeln können.

Es tat gut ihre Arme um sich zu spüren und die Wärme die ihr Körper ausstrahlte, auch wenn es ihm vor Augen führte, was wirklich in dieser Sache auf dem Spiel stand. Wenn es nur ihn betreffen würde, dann hätte er wohl schon längst eine Entscheidung getroffen. So aber war es alles andere als einfach die richtige Entscheidung zu treffen, sofern es überhaupt eine richtige Entscheidung in dieser Sache gab. Wenn man ehrlich war, dann hatte er nur die Wahl das kleinere Übel zu wählen und selbst das war nicht garantiert.

Als sie ihren Kopf gegen ihn lehnte und ihm sagte, dass sie ihn hasste, lehnte er seine Wange gegen ihren Kopf und murmelte ein leises: „Und ich liebe dich dafür.“ Es war eine vollkommen ungeplante Reaktion gewesen und war eindeutig aus dem Moment heraus entstanden, denn in all den Jahren die sie sich schon kannten, in all der Zeit in der sie sich näher gekommen waren, hatte es nicht einen Moment geben, an dem ihm derartige Worte über die Lippen gekommen waren. Er hatte unheimlich viele Worte gefunden, um ihr zu sagen, was sie für ihn war, aber dieses Wort hatte er immer tunlichst vermieden. Und jetzt, wo es doch verwendet hatte fragte er sich selbst, warum er es nicht schon früher gesagt hatte. Warum er ein Wort vermieden hatte, was letzten Endes genau das ausdrückte was er fühlte. Die ganze Zeit gefühlt hatte und wovor er, wenn er ehrlich war, stets davon gelaufen war.

Gavin räusperte sich und tat so, als hätte dieser Moment gerade überhaupt nicht stattgefunden und sah sie einfach nur aus seinen braunen Augen an, während sie ihm schilderte wie die Sache ablaufen würde. Es war eine Vorstellung, die ihm doch tatsächlich ein Lachen entlockte. „Hmmm“, kam es nachdenklich über seine Lippen. „In dem Fall sollte ich mich wohl doch besser der Republik ausliefern.“ Er neigte den Kopf leicht zur Seite, während er Ria weiter ansah. „Ich werde dann zwar für eine lange, eine sehr lange, Zeit hinter Gittern sitzen“, sprach er weiter und strich ihr mit dem Zeigefinger eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Aber ich wäre dann zumindest vor euch sicher. Immerhin ist mir mein Hintern heilig.“
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