#1

Ithor


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#2
In die eigenen Gedanken versunken starrte Tiberius Vaash auf seinen Arbeitstisch. Es fiel ihm schwer, seine Gedanken zu fokussieren, auf diese neue Aufgabe. Nicht nur, dass er das Kommando über ein Werft-neues Schiff erhalten hatte, sondern viel mehr war die Lage desolat. Der Sternzerstörer, welcher nun seiner Flotte vorstand, hieß Pandora; nach einer uralten Sage, die im Kern Kindern als Märchen erzählt wurde. Alles an Bord dieses Schiff war neu, poliert und hatte noch keinen Kampf gesehen. Auch viele Mitglieder der Mannschaft waren ebenso neu in Dienst gestellt, so dass viele Abläufe noch sehr langsam waren. Dieses Schiff war noch nicht bereit für die Schlacht, die kommen sollte. Vaash war nicht zufrieden mit seiner eigenen Situation und der seiner Flotte. Vieles war in letzter Zeit nicht zu seinen Gunsten verlaufen; vieles war schlicht fatal verlaufen. Auch der weiterhin bestehende Auftrag, am Holofilm des Großadmirals mitzuwirken, flankiert durch die Aufgabe, Ithor gegen den Verräter Grunger zu halten, erwies sich als Untergangsbefehl. Vaash glaubte nicht daran, positiv bewertet in die Geschichte einzugehen. Er glaubte nicht einmal mehr daran, seiner eigenen Familie unter die Augen treten zu können. Zu viele Entscheidungen, aus Stolz und Eifer, hatten ihn immer weiter auf einen Abgrund zugeführt. Dabei waren seine Absichten stets durch einen tiefen Wunsch nach einer Wiederherstellung einer stabilen Ordnung gekennzeichnet gewesen. Einer staatlichen Ordnung, die Gerechtigkeit und Progression versprach. Etwas, woran er glauben wollte. Und doch war nicht mal mehr viel von diesem Glauben übrig. Das Imperium war leer an Idealen. Nicht einmal der Wahnsinn, einen Vesperum auf den Thron zu setzen, konnte das erretten, was Vaash aus Prägung und Erziehung anstrebte: eine bürgerliche Ordnung. Im Kern begann Vaash den Eifer der Rebellion zu bewundern, die aus dem Nichts, einen Staat, wie das Imperium, in diesen Zustand gebracht hatten. Die Perspektive des Admirals war die eines alten Mannes, der viele Schlachten und Kriege gesehen hatte und sich eigentlich nur noch Frieden wünschte: einen bleibenden Frieden in einer gerechten Ordnung. Doch eine gerechte Ordnung stand nicht in Aussicht. Noch immer war die sogenannte Republik eine Diktatur aus wenigen Anführern, das Imperium ein Scherbenhaufen, zusammengehalten durch die grausame Authorität des neuen Imperators und seiner perfiden Propaganda und jeglicher Versuch einer kleiner Reform am Verlauf der Geschichte durch Vaash scheiterte. Vaash fühlte sich verloren. Nicht nur die Erfahrung mit der Inquisitorin, sondern auch die Erfahrung der Macht des Vesperum, ließen ihn besorgt zurück, denn egal, was er tat, es änderte nichts am Ausgang. Die Galaxis versank im Chaos dieses endlosen Bürgerkrieges, der einfach nicht enden konnte. Selbst wenn er einseitig kapitulieren sollte, würde der Krieg weitergehen. Und ein Tiberius Vaash war zu stolz, um sich selbst auszuliefern, in der festen Gewissheit, schändlich hingerichtet zu werden, für das Verbrechen, einem Imperator auf den Thron verholfen zu haben. In gewisser Hinsicht fand er das Urteil, welches Daro Zen über ihn verhängt hatte, zu treffend. Auch die Erfahrung mit der Inquisitorin erschien Vaash als seltsam passend, denn er hatte den Teufel hereingelassen. Der Admiral war ausgeliefert und konnte seiner eigenen Rolle nicht entkommen; verdammt dazu, weiterhin die Schlachten dieses Abgesanges zu schlagen. Natürlich durchschaute Tiberius Vaash die Lügen des Imperiums, aber fürchtete im Gleichklang die Lügen der Republik, denn eines wusste er mit Sicherheit, aus einer tiefen Abneigung gegenüber der sogenannten Politik, dass Politiker stets zum eigenen Machtgewinn logen und jeden Vorteil nutzten. Ein Soldat folgte der schlichten Wahrheit, dass er für sein eigenes Tun nicht verantwortlich war, sondern auf Befehl anderer agierte und diese im Sinne eines größeren Wohls agierten. Inzwischen wusste er, dass man als Soldat schlicht Befehle befolgte, weil jede andere Entscheidung mit einem Schmerz der Erkenntnis verbunden war, dass man doch verantwortlich war. Vaash fragte sich tatsächlich, was Freiheit für einen Soldaten bedeuten konnte, wenn man selbst niemals frei war. Hier an diesem Abgrund, bei Ithor, in einen sinnlosen Kampf gestellt, mit der klaren Absicht diesen auch zu führen, fühlte sich jeder Gedanke falsch und leer an, wie die Aufgabe und sein Rang. Er war Admiral einer Flotte, Vorgesetzter und Verantwortlicher für viele Tausende, in einem Konflikt, der nur noch Leben kostete. Wenigstens konnte er als der untergehen, der er sein wollte: ein Mann seiner Soldaten. Leider konnte er sie nicht alle retten. Nein, Vaash war bereit, alles zu opfern, um kämpfend unterzugehen, für das Imperium, so leer und bedeutungslos es auch geworden war. Sein Eid war erneuert worden und der letzte Verrat hatte nicht die gewünschte Veränderung gebracht. Es hatte nichts geändert, so dass für diesen Mann Treue schlussendlich die einzige Wahl war. Überleben um jeden Preis war bedeutungslos, wenn alles andere bedeutungslos war. Dieser Krieg war alles, was er noch hatte. Bald sollte sein neuer Offizier eintreffen: Acchetia. Noch immer war das Gespräch präsent, was Vaash mit diesem Offizier geführt hatte. Der Admiral wollte dieses Gespräch wieder aufgreifen, wenn Cassio Acchetia, Vizeadmiral, eintraf, um mit einem Geschwader der 12ten Flotte unterstellt zu werden. Eine gewisse Ironie lag darin, dass Vaash nun Acchetia befehlen würde, in einer ähnlichen Situation, wie Eriadu. Ein gemeinsamer Untergang, fast versprochen vom Schicksal. Ein zynisches Lächeln huschte über seine Lippen. Diese Galaxis war wirklich seltsam.
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#3
Es war ein ereignisarmer Flug. Cassio hatte sein neues Geschwader, das 441. Kampfgeschwader, studiert – oder besser gesagt zu studieren versucht. Die Konzentration war ihm schwer gefallen, zu viele Gedanken waren ihm in den Kopf geschossen. Auch wenn er bereits seit längerem wusste, dass dieser Auftrag wohl kein gutes Ende nehmen konnte, so war dieser dennoch bislang nur eine Abstrakte gewesen – etwas in der Zukunft. Nur war das, was letztens noch Zukunft war, nun in der Tat zur Gegenwart geworden. Dadurch waren die Buchstaben immer wieder verschwommen und erst nach einiger Zeit hatte Cassio realisiert, dass er bereits seit einiger Zeit durch das Flimsi gestarrt hatte. Die Vorstellung, das Haus auf Anaxes nie wieder selbst sehen zu können, war nur schwer zu ertragen. Nicht dass er besonders oft dort gewesen war in den letzten Jahren. Aber darum ging es nicht. Es war schlichtweg die Unausweichlichkeit und das Wissen, dass es einfach nicht mehr passieren würde. Vermutlich war es feige gewesen, seine Tochter Chalya nicht in die Details dieser Unternehmung einzuweihen und sich stattdessen nur relativ normal von ihr zu verabschieden. Doch im Endeffekt würde das den Abschied nur erleichtern. Für beide. Cassio wusste, dass er für sie seit Jahren schon kaum so etwas wie ein guter Vater gewesen sein dürfte, vermutete aber, dass diese letzte Entscheidung von ihm dem wohl noch am nächsten kommen würde. Erstaunlicherweise war ihm der Moment des Abschiedes von ihr sogar leichter gefallen als erwartet. Sicherlich auch wegen eben dieser Feigheit, doch war dieser Moment so schnell vorüber gewesen, dass er kaum Zeit gehabt hatte, ihn wirklich zu umfassen. Er später, gerade jetzt in der Fähre, hatte er mehr Zeit dazu gehabt, was es weitaus schwerer gemacht hatte als in dem Moment selbst.

Dabei konnte Cassio nicht sagen, dass er wegen all dem wütend war, in irgendeiner Form. Tatsächlich war da mehr Leere und Resignation vor dem, was offenbar geschehen würde – jedenfalls erkennbar für jeden, der die erwartete militärische Ausgangslage kannte. Er hatte nicht erwartet, jetzt bereits über sein Leben resümieren zu müssen, sondern sich darüber schlussendlich nie konkrete Gedanken gemacht. Es schien nie ein relevantes Thema in seinen Gedanken gewesen zu sein. Wozu auch? Coruscant war alles in allem wohl der im Moment sicherste Planet der Galaxis. Mittlerweile. Aber selbst während der Schlacht über dem Planeten gegen die Schiffe des Vesperum hatte Cassio sich weitaus weniger als Zielscheibe gefühlt, sondern wie üblich als ein relativ passiver Teilnehmer dessen, was passiert war. Nun war das in gewisser Weise auch jetzt wieder der Fall. Doch der Unterschied war, dass es schlussendlich bisher immer schien als würde es im Anschluss eben auf die eine oder andere Weise weitergehen. Das würde nicht voraussichtlich aber nicht der Fall sein. Beziehungsweise, es ging sicherlich weiter, aber nun einmal nicht für ihn. Cassio war kein gläubiger Mensch, vielleicht auch weil er sich nie damit befasst oder damit konkret konfrontiert gewesen war – ein Heilsversprechen im Nachleben erschien zwar eine angenehme Vorstellung, ihm jedoch als rationalem Zahlenmenschen mehr Wunschvorstellung denn zu erwartende Realität.

Cassio wusste, dass er nicht gut aussah. Sein Spiegelbild hatte er in den letzten Tagen mehr als Abzug seiner selbst betrachtet, auch wenn er nicht wusste, woran es konkret lag. Er hatte den Eindruck, sein Gesicht erschien ihm eingefallener als sonst, vielleicht auch waren die Augenringe stärker ausgeprägt als gewöhnlich. Andererseits war vieles davon vielleicht auch bloße Einbildung und sein Blick war vernebelt von den unangenehmen Gedanken, die ihm jetzt – und umso mehr, je näher er dem Schiff kam – bewusster und bewusster wurden. Trotzdem hatte Cassio sich die Mühe gemacht und sich so penibel wie stets rasiert, auch die Frisur so sitzen zu lassen wie eh und je. Doch im Endeffekt fühlte er sich matt und energielos und sah wohl einfach auch entsprechend aus. Der sonst eher klare, analytische Blick wirkte trüb, vielleicht etwas ziellos.

Mit der Schirmmütze zwischen Arm und Körper geklemmt trat er in das Arbeitszimmer des Flottenadmirals, nachdem man ihn durch die Sicherheitsbereiche hatte passieren lassen. Mit den lauten Schritten der Stiefel trat er nur ein paar Schritte in den Raum hinein, blieb aber in angemessenem Abstand vor dem Tisch, an dem er den Flottenadmiral sitzen saß, stehen, blickte sich kurz, nur für ein, zwei Sekunden übersprungshaft in dem Raum um, ehe er seinen Blick wieder auf seinen Vorgesetzten zurückzwang.
„Ich grüße Sie, Admiral“, sagte er mit etwas leiserer Stimme als man sie sonst von ihm kannte und deutete mit seiner Hand einen Salut vor seinem Kommandeur an.
„Mein Geschwader meldete mir während des Fluges, dass es sich an der vorgegebenen Gemarkung nahe der Nav-Boje positioniert hat. Mein Stellvertreter erwartet meine Ankunft vor Ort für weitere Instruktionen.“
Es war Cassio nicht mitgeteilt worden, weshalb Vaash Wert darauf gelegt hatte, ihn vor seiner Ankunft persönlich zu sprechen, aber es war auch nichts, was dem Vizeadmiral unangenehm war. Seit der Feier im Imperialen Palast hatte Cassio mit dem Flottenadmiral keinen Kontakt mehr gehabt, aber zumindest konnte er über Vaash sagen, dass er sich um einen guten Umgang mit seinen Untergebenen bemühte und es sicherlich weitaus üblere Befehlshaber gab, unter denen er hätte dienen können. Insofern empfand er es durchaus als nicht unglückliche Fügung. Ein Teil von Cassio war aber überrascht gewesen, dass Tiberius Vaash als Befehlshaber mit der Verteidigung des Grenzgebietes zu Grunger beauftragt worden war. Aber andererseits ergab die Wahl des Oberkommandos dann wiederum Sinn, wenn man sich vor Augen führte, dass es zwischen den beiden jedenfalls eine gewisse Vorgeschichte gab. Das Oberkommando musste dann aber wirklich großes Vertrauen in Vaash setzen und von dessen Loyalität wohl geradezu restlos überzeugt sein, ansonsten hätte diese Wahl auch potentiell gefährliches Potential für eine Fraternisierung. Oder war genau das schlussendlich der abschließende Test für den Flottenadmiral?

Cassio kannte Grunger wiederum noch aus den Besprechungen im Oberkommando – eigentlich ein vernünftiger Mann, hatte er zumindest stets gedacht. Von all den Abspaltungen war die von Grunger vermutlich die überraschendste und vielleicht auch die bitterste für das Imperium gewesen. Denn Grunger hatte letztlich nie wie ein Mann mit übermäßigen politischen Ambitionen gewirkt, war enorm angesehen innerhalb der Streitkräfte – selbst jetzt noch. Die Abspaltung Grungers war eine offene Wunde, die für viele noch immer unerklärlich war. Und nicht zuletzt galt er auch als einer der fähigsten Schlachtenlenker des Imperiums. Zweifellos hatte auch Vaash einen guten Ruf, was seine Kapazitäten und Kompetenzen anging, doch würde Cassio selbst in einem gleichwertigen Aufeinandertreffen der beiden gleichwohl seine Wette auf Grunger abschließen. Vermutlich hatte Grungers Ansehen innerhalb des Imperiums noch nicht übermäßig stark gelitten, weil dieser eingefrorene Konflikt noch keine imperialen Leben gekostet hatte – oder zumindest nichts, was dem Imperium bekannt geworden wäre. Es mochte sein, dass sich Grunger mit kleineren imperialen Verrätern aufhielt, aber zwischen dem Imperium selbst und Grunger hatte es bislang noch keine kriegerischen Handlungen gegeben – gelegentlich Grenzübertritte, Spähposten, was sich gerade in letzter Zeit deutlich verstärkt hatte. Das war immer ein gefährliches Anzeichen dafür, dass irgendetwas in der Luft lag. Doch Cassio zweifelte nicht daran, dass ein großer Teil der Sternenflottenoffiziere noch immer der Hoffnung anheim hing, dass Grunger nicht auf seine Brüder feuern lassen und er stattdessen irgendwie wieder ins Reich zurückkehren würde. Das waren sicherlich Wunschvorstellungen – aber unmöglich schien in diesen Zeiten wohl ohnehin nicht mehr viel. Cassio konnte sich indes nicht vorstellen, dass eine Person wie Grunger vor einer Regierung von Vesperum und Pestage das Knie beugte. Und in gewisser Weise war die Frage von Ursache und Wirkung wohl noch ungeklärt – ob also die Umwälzungen innerhalb des Imperiums nach Endor der Auslöser für Grungers Abspaltung waren oder ob nicht umgekehrt die Abspaltung Mitauslöser für die Umwälzungen war. Vermutlich überschnitt sich beides und am Ende würden die Geschichtsschreiber niederlegen, welche Version Bestand hatte.

Vermutlich wäre ein Herrscher Grunger aus Cassios Sicht sogar ein besserer Herrscher als alle, die zuvor auf dem imperialen Thron gesessen hatten – stolz, sicherlich, doch alles in allem umsichtig und rationalen Argumenten zugänglich. Streng, doch keine Neigung zu übermäßiger Grausamkeit. Doch schlussendlich war Verrat etwas, das kein Reich akzeptieren und unbestraft lassen konnte und eine Person für den Rest ihres Lebens bemakelte. Und doch saß in gewisser Weise auch in diesem Moment ein Verräter auf dem imperialen Thron, weil andere Verräter es ihm ermöglicht hatten. Cassio blickte auf den alten Vaash hinab, einer derer, die den Umsturz unterstützt hatten. Die Trennlinie zwischen Loyalität und Verrat am Imperium schien nicht mehr immer eindeutig zu sein.
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#4
Die Geschichte hatte nur eines bewiesen, dass sich Konflikte immer wiederholen würden. Immer wieder würden sich Parteien erheben, die übereinander herfielen, in der närrischen Hoffnung im Recht zu sein. Vaash war sich dessen inzwischen schmerzlich bewusst geworden, dass er an der Lage nichts ändern konnte. Auch er war nur eine Figur von vielen, die in diesen Zeitgeist des Krieges fielen. Ob nun Kanzler, Könige oder Kaiser, Imperatoren oder Kriegsherren, niemand konnte sich dieser Wahrheit entziehen, dass Konflikt vielleicht der einzige Motor der Geschichte war. Niemand hatte bisher einen gerechten und stabilen Frieden geschaffen, der einen Ausgleich zwischen allen widerstreitenden Faktoren schaffte. Tiberius Vaash musste erst alt werden, um zu begreifen, dass das Unterfangen mit bloßer Stärke und staatlicher Authorität Frieden zu schaffen, gescheitert war. In seiner Sehnsucht nach einer stabilen Ordnung, einer bürgerlichen Galaxis, geordnet durch eine starke Verfassung und einen starken Imperator. Dieser Imperator war tot. Beseitigt vom ewigen Konflikt, den das Imperium beenden wollte aber auch an diesem galaktischen Unterfangen gescheitert war. Sie waren gescheitert. Allesamt. Ihre Gesetze waren leer, folgten nicht einer objektiven Betrachtung, sondern Gesinnung. Ihre Welten verbrannten in Fanatismus und Eifer, gegen einen Untergang anzukämpfen, der bereits in der Vergangenheit gesetzt war. Vaash dachte an seine Heimat. Carida. Eine Welt weit entfernt und doch stets ein geheimer Begleiter des imperialen Offiziers, welcher nach Außen das Ideal lebte, das Imperium als Heimat zu betrachten aber im Herzen war er Caridaner. Eine Welt, inbrünstig geschliffen durch harte Gezeiten und steinige Atmosphäre aber auch voller Schönheit mit endlosen Wiesen, Steppen und großen Ozeanen, die gelegentlich durch Eisberge durchsetzt waren. Eine Welt, die fern einer komplexen Schönheit war aber in ihrer einfachen Struktur eine eigene Ästhetik besaß. Vaash hatte viele Welten gesehen aber keine Welt war so wie Carida; die Welt, auf der er aufgewachsen war. Es lag ein gewisser Trost darin, dass diese Welt noch nicht vollens vom Krieg erfasst war aber auch dies war nur noch eine Frage der Zeit, da eine der wichtigsten Sturmtruppen-Akademien auf ihr lag. Doch daran wollte der Admiral jetzt nicht denken. Nicht jetzt. Es gab größere Aufgaben, die mitunter genauso bedeutungslos waren, wie der Versuch, das Imperium zu einen. Leer und dennoch perfekt waren die Instrumente und Abläufe der militärischen Struktur, der er hier vorstand. Befehl gab ihm Sicherheit, auch wenn Vaash längst begriffen hatte, dass Befehle nicht Verantwortung ersetzen konnten. Etwas, woran er selbst glaubte. Man trug Verantwortung. Nicht nur für sich und die eigenen Entscheidungen, sondern auch, wie diese auf andere Personen Einfluss hatten. Er hatte einen Kaiser gemacht. Tiberius Vaash, getreuer Soldat des einstigen Imperators Palpatine, hatte eine Entscheidung getroffen. Einst eingesetzt als Kommandeur einer mächtigen Flotte und mit imperialen Dekret über Byss ausgestattet, um dort auf Befehl des ersten Imperators zu warten, hatte sich entschieden, einem Mann zu glauben, der ebenso einen Befehl vorweisen konnte. Einen Befehl, ein Schriftstück, welches ihm Authorität über das Imperium verlieh, um einem unbekannten Wunsch des Palpatine zu dienen. Vaash hatte geglaubt, dass dieser Mann mit der Lösung des Problems der zusammenbrechenden Obrigkeit beauftragt worden war; von Palpatine höchstselbst. Doch mit der Zeit wurde Vaash klar, dass diese verliehene Authorität auch nur eine Interpretation war. Er wollte es glauben, weil die Zeit des Wartens ihn mürbe gemacht hatte. Vaash wollte daran glauben, dass Vesperum als Retter eingesetzt war, ein möglicher Nachfolger, welcher das Imperium des ersten Imperators retten würde. Denn in Wahrheit konnte Vaash nicht ohne Befehl und Auftrag sein. Ein Mann, dessen vermeintliche Ehre nur im Dienst lag, brauchte einen aktiven Dienstherren, der Befehl und Anweisung ausgab, um nicht der Erkenntnis zu erliegen, alleinig verantwortlich für das eigene Leben und sein eigenes Schicksal zu sein. Vaash glaubte nicht an ein mächtiges Schicksal aber an staatliche Macht. Doch diese Macht war erodiert und zusammengebrochen, weil jedes Ideal, welches Vaash mit einem hochgelobten Imperium verknüpft hatte, mit Palpatine tot war. Es gab nur noch Verrat, Gewalt und Konflikt. Er war alt und sehnte sich nach einem Ende, welches nicht alles zertreten würde, was von der alten Ideen geblieben war.

Der Feind wurde gesichtslos. Als Palpatine noch lebte, waren die Feinde Piraten, Verbrecher und die Rebellion; alles greifbare Feinde, die alle aus bürgerlicher Sicht Abweichler und Störer waren. - Aber nun mit dem schleichenden Zusammenbruch aller Strukturen war kein klares Feindbild brauchbar, haltbar und einsetzbar. Es gab keine Sicherheiten mehr. So gab es auch nichts mehr zu verlieren oder zu gewinnen. Man war einfach nur da, eingesetzt in einer Funktion und fern der Heimat. Diese Heimat vermisste er jetzt umso schmerzlicher. Die Familie, von der sich Vaash wiederholt verabschiedet hatte. Dieser Abschied war immer wieder schwer. Er wurde sogar immer schwerer, weil die Pflicht die Liebe tötete. Distanz schuf Misstrauen, Sehnsucht und eigenen Schmerz, den jeder Soldat mit sich selbst ausmachen musste. Die traurige Gewissheit, dass jeder Abschied nicht immer ein Wiedersehen bedeutete, war der Fluch dieser Zeit. Tiberius war versuchte nicht daran zu denken, es zu verdrängen aber scheiterte.

Wenigstens war er ehrlich gewesen und hatte seiner Familie aufrichtig und klar vermittelt, was der Dienst am Imperium bedeuten konnte. Sein Andenken war ihm wichtig, so dass er nicht als feiger Vater und Großvater entfliehen wollte, sondern aufrecht davonschreiten, mit der Familie im Herzen. Sie sollten sich an ihn als ehrlichen und tatkräftigen Mann erinnern, welcher seinen Idealen und seiner Pflicht folgte. Merkwürdig war dies, da Vaash selbst nicht immer seinen eigenen Ideal gerecht wurde. Es war der einsame Wunsch eines Mannes, der ein langes Leben geführt hatte und bereits das Ende sah. Ein Ende, welches näher rückte und nahezu unvermeidbar war. Eine Ironie lag darin, dass zwei mögliche Tode durch eine unbestimmbare Macht abgewendet worden waren: sein Absturz mit der Veneratio bei der Schlacht von Eriadu und der tätliche Angriff dieser furchtbaren Hexe von Nigidus. Er hatte überlebt, sich immer wieder, auch mit Hilfe von anderen, ins Leben zurückgekämpft. Ein Tiberius Vaash schien durch das Schicksal, wenn er daran glauben würde, unbesiegbar. Selbst in einem aussichtslosen Kampf siegte Vaash und schaffte immer noch einen Impuls in die Welten zu entsenden. Es war einem Wunder gleich, dass dieser Mann so vieles überlebt hatte und noch immer an den Fronten dieser wirren Zeit stand. Etwas ließ ihn nicht gehen. Auch ließ er sich selbst nicht gehen. Viele waren Gefangene dieser Zeit aber dieser Offizier besonders.

In Gedanken übersah der Admiral die Nachricht in leuchtend blauer Schrift auf dem schwarzen Display (poliert und strahlend) seines Tisch-Terminals seines Arbeitsplatzes in seinem Bereitschaftsraum. Sein Adjutant hatte gemeldet, dass Acchetia eingetroffen war. Doch Vaash war nicht ganz im Moment, denn noch immer waren die Gedanken schwer, denn dieser Krieg kostete auch Aufmerksamkeit und Fokus. Erst durch den Ton der lauten Schritte wurde Vaash aus seinen eigenen Gedanken gerissen. Ohne Mütze, welche auf einem kleinen Stuhl unweit lag, dem sogenannten Alarmstuhl, blickte Vaash den Kameraden an. Es dauerte einen Augenblick bis Vaash realisiert hatte, dass dieser Mann tatsächlich gekommen war. Der Flottenadmiral nahm den angedeuteten Salut seines nun mehr untergebenen Soldaten mit einem Nicken an und sprach dann knapp: "Willkommen auf der Pandora, dem neuen Flaggschiff der Zwölften." In dieser Sekunde wurde ihm bewusst, dass die Flotte in großen Teil vollkommen neu zusammengestellt war; auch wenn er die Berichte gelesen hatte aber erst, wo er es wirklich vor einer anderen Person aussprach, erhielt diese Idee Wirklichkeit. Sein Schiff war neu. Die Flotte war weitgehend neu und auch alles andere war so seltsam verschwendet. Die leisere Stimme des Vizeadmirals war Vaash nicht entgangen, so beäugte er diesen neuen Offizier in seinen Reihe für winzige Sekunden, ohne das dies unangenehm geriet, da Vaash eine väterliche Ausstrahlung besaß. "Sehr gut, " nahm der Admiral den kurzen Bericht des Geschwaderschefs an und stand dann auf. Er griff zu einem Schrank, unweit und aus Metall, um diesen zu öffnen. Vaash nahm zwei Gläser hinaus, stellte diesen jeweils nebeneinander vor sich und holte zum Abschluss eine mächtige Kristallkaraffe heraus, welche scheinbar mit einer schimmrig-bläulichen Flüssigkeit gefüllt war. Ohne eine Frage zu stellen, schenkte der Admiral in beide Gläser ein und stellte die Karaffe mit einem lauten Geräusch daneben. "Bedienen Sie sich, Acchetia", sagte die trockene aber weiche Stimme des alten Sternenfahrers. Vaash selbst griff nach einem Glas und setzte sich dann wieder auf seinen unbequemen Stuhl. "Wir haben einige Dinge zu besprechen," vermittelte der Flottenchef nüchtern und trank einen ausgiebigen Schluck von der bläulichen Flüssigkeit, die einen süßlichen Duft besaß aber auch nicht wenig Alkohol.

"Ich habe später auch ein Dienstessen der Kommandooffiziere in der Offiziersmesse angesetzt. Sie sollen sich alle kennenlernen," erklärte der Vaash und lächelte salzig und machte eine Geste, dass auch Acchetia sich setzen konnte. Der Rahmen war weniger förmlich, wie es unter ranghohen Offizieren unter sich üblich war. Vaash lehnte sich dezent zurück, schob mit einer hektischen Bewegung zwei Pads zur Seite und stellte das Glas ab. Die Deckenbeleuchtung flackerte kurz, so dass seine Augen unmerklich zuckten und die Pupillen sich kurz schlossen und wieder erweiterten. Tiberius Vaash war neugierig, was Acchetia dachte, was diesen Mann bewegte und inwiefern er sich in die Reihen von Offizieren anreihen konnte, die unter ihm dienen. Kameradschaft war Vaash wichtig. Etwas, was man nicht erzwingen aber erlernen konnte, indem man eine Person schlicht hineinführte und die charakterlichen Fähigkeiten förderte. Vaash war gespannt, welche Fähigkeiten Acchetia tatsächlich besaß, denn bis dato hatte er einen schlechten Eindruck von ihm. Er hielt ihn für einen kalten, zögerlichen Bürokraten ohne jedes Herz für andere. Dabei war Herz der wichtigste Faktor für eine gesunde Moral. Man musste für seine Leute einstehen, tapfer handeln und agieren. Diese Tapferkeit entsprang nicht aus Fanatismus, sondern aus ehrlicher Hingabe zu den Kameraden, jenen Leuten, die mit und für einen dienten. Ein Kommandeur musste aus Vaash Sicht der erste und letzte Kämpfer der gemeinsamen Sache sein. Dies musste Acchetia jetzt im persönlichen Gespräch beweisen. Es war ein Test, inwieweit, welche Aufgaben Acchetia in der Flotte zugeteilt worden und welche Befehle sein Geschwader von Admiral Vaash erhalten würden.
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#5
Es fiel Cassio schwer, den Flottenadmiral anzublicken – den Mann von objektiv durchgehend höherem Dienstgrad, welcher seine Flotte in weiten Teilen in einer Operation verloren hatte, die Cassio selbst planen musste. Vaashs Blicke waren ein ewiger Stachel, der stach, sobald er den alten Mann ansah. Ob beabsichtigt oder nicht, die reine Anwesenheit des Mannes und seiner Existenz schien Cassio aus dessen Sicht zu tadeln, wohlweislich, dass dieser ihm mit Sicherheit eine erhebliche Verantwortung für das, was über Eriadu geschehen war, einräumen mochte. Nun war diese Niederlage eine Kette aus vielen Gliedern gewesen; und dennoch. Andere Glieder waren hier soeben nicht anwesend.

Erst als der Flottenadmiral aufstand, schoben sich Cassios Augen wieder in dessen Richtung, beobachteten etwas skeptisch, was dieser trieb. Offensichtlich war Gegenstand davon, die Unterhaltung angenehmer zu gestalten, indem der ältere Mann zwei Gläser einschenkte und auch ihm eines davon auf dem Tisch hinstellte. Da selbst auf die Distanz vergleichsweise rasch der Geruch davon in Cassios Nase stieg, schloss er auf ein erstaunlich starkes Getränk, auch wenn er es selbst nicht einzusortieren wusste. Nach der Geste des Flottenadmirals trat Cassio etwas zögernd vor und umschloss das freie Glas mit seiner Linken, während er auf dem Stuhl Platz nahm, nickte dankend.
„Sicherlich, ja“, entgegnete Cassio zunächst und nickte erneut, dieses Mal mehr aus Verständnis. Natürlich würde es zwischen den beiden viel zu besprechen geben. Sie beide hatten zuletzt in gewisser Weise den letzten Abgesang des Imperiums auf der Gala miterlebt und nun mochte sich die Frage stellen, wie man von diesem Standpunkt aus weiterzumachen gedacht. Er hob daraufhin sein Glas vom Tisch. Anders als sein Gegenüber nippte er jedoch zunächst nur kurz daran, ehe er es wieder abstellte. Nun, vermutlich indem man einfach weitermachte. Und funktionierte, wie die Maschine, die man im Getriebe des Imperiums eben ausschließlich darstellte.

Als Vaash aber fortgefahren war und stattdessen wohl auf etwas ganz anderes anspielte, änderte sich Cassios Gesichtsausdruck sichtlich. Ihm war eine gewisse Irritiertheit ins Gesicht geschrieben, die dafür sorgte, dass er seinen Vorgesetzten jetzt doch für eine Zeit lang musterte. Ein Dienstessen mit den anderen Offizieren der Flotte? Das erschien ihm erstaunlich überflüssig für das, was hier eigentlich erwartet wurde. Er legte daher auch seine zweite behandschuhte Hand an das Glas, umstrich das Behältnis so an der Seite für einen Moment. Einen Augenblick lang ließ er die Stille so im Raum hängen, ehe er zu einer Antwort ansetzte.
„Machen Sie sich wegen meiner Versetzung keine Umstände, Admiral“, sagte er dann schließlich, sein Blick wieder etwas härter und abgeklärter - eher wieder wie im letzten Gespräch der beiden miteinander.
„Wenn ich zwischen Ihnen und mir offen sein darf, bin ich an einem Kennenlernen der anderen Offiziere nicht interessiert. Ich bin mir meiner Aufgabe hier wohl bewusst.“
In einem seltenen Moment hoben sich Cassios Mundwinkel kurz an, was der ganzen Aussage einen durchaus zynischen Unterton zu geben wusste; etwas, für das Cassio eher weniger bekannt war, auch wenn es schon in ihrem letzten Gespräch ein paar Anhaltspunkte dafür gegeben hatte.
„Falls Sie meine Anwesenheit dort für erforderlich halten, füge ich mich dem natürlich, entgegnete er dann noch nach einer Weile, um nicht den Eindruck bei seinem Gegenüber zu erwecken, dass er dessen Befehlsgewalt nicht respektierte. „Ansonsten möchte ich aber den Wunsch äußern, eher mein Geschwader vor Ort zu inspizieren.“

Cassio kratzte sich an der linken Augenbraue, etwas länger als notwendig schien, was zweifelsfrei auf eine gewisse Nervosität oder Anspannung zurückzuführen sein musste. Als er das erkannte, lehnte er sich mit dem Glas in der anderen Hand in seinem Stuhl zurück und blickte den Admiral aus dieser Position erneut an.
„Ist Ihre Erholung gut verlaufen?“, fragte er etwas tonlos, aber es wirkte dennoch nicht wie eine Floskel. Das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten, war Vaash noch an den Hoverstuhl gebunden gewesen – aufgrund seiner Verwundung in der Schlacht von Eriadu. Von der neuerlichen Verletzung des Admirals hatte Cassio selbst keine Kenntnis, sie war dem älteren Kommandeur auch nicht anzumerken. Fraglich war aber wohl, ob Vaash selbst die Frage auf seine alte oder seine neue Verletzung beziehen würde.
„Leutnant Maryll hatte erwähnt, Sie im Lazarett besuchen zu wollen.“
Cassio verschwieg den Teil, dass sie versucht hatte, ihn zu überreden, den Flottenadmiral persönlich im Lazarett zu besuchen, dachte aber für einen Moment jetzt nochmals darüber nach. Schlussendlich hatte er ihr den Besuch gestattet, tatsächlich hatte er aber nicht weiter verfolgt, ob sie es schlussendlich auch getan hatte, aber in Anbetracht der Vorgeschichte der beiden war davon auszugehen.
„Ich war ehrlich gesagt erstaunt, dass Sie so rasch wieder in den regulären Flottendienst versetzt worden sind.“
Die gescheiterte Operation Festung war jetzt etwa ein halbes Jahr her; sicherlich genug Zeit für eine Regeneration, doch eine unmittelbare Versetzung an einen potentiellen und erwarteten baldigen Brennpunkt war nicht unbedingt der Platz für Personen, die gerade aus dem Lazarett entlassen worden waren. Häufig boten sich hier Patrouillen- und Wachdienste im Hinterland als Schutz vor kleineren Überfällen durch mutigere Piraten oder einzelne Kleinverbände der Republik an, um eine Person wieder an den regulären Dienst zu gewöhnen, ehe die Verlegung an einen kritischeren Punkt der Front vorgenommen wurde.

Es mochte mehrere Hintergründe für diese Entscheidung geben. Doch Kallice war kompetent – Cassio erwartete bei seiner Nachfolge keine Entscheidungen, die nicht nachvollziehbar oder rational wären. Der schlechtmöglichste Hintergrund war wohl der, dass es kaum mehr Alternativen oder anderweitige vergleichbare Reserven in der Flotte gab und daher bereits jetzt alles entgegengeworfen wurde, um keinen Boden mehr preiszugeben, weil nun jedes verbliebene Stück des Imperiums bereits überlebensnotwendig war. Diesen Eindruck hatte Cassio zuletzt in seiner Position zwar noch nicht von der militärischen Lage gehabt; indes war seine Einsicht nun seit seiner Entlassung seit einiger Zeit auch nicht mehr die gleiche wie zuvor. Klar war, dass der hintere Rand praktisch verloren war und es auch mittelfristig keine realistischen Bestrebungen geben konnte, dies in irgendeiner Form zu ändern. Es war bedauerlich, aber derzeit war das Optimum wohl, dass man versuchte, das zu halten, was man derzeit hielt. Die Rüstungskapazitäten sprachen noch immer deutlich für das Imperium, doch die Vorstöße der Republik in die Expansionsregion waren besorgniserregend. Es half nichts, über große Werften zu verfügen, wenn diese keine Rohstoffe mehr aus den äußeren Regionen erhielten. Vermutlich waren die Lager zum jetzigen Zeitpunkt noch gut gefüllt, aber es erschien fraglich, ob dies auf Dauer aufrechterhalten bleiben konnte, wenn die Ressourcen aus den Randgebieten nicht mehr eintrafen. Die verstaatlichten Großwerften mochte das weniger treffen, doch gerade Kuat konnte das potientiell und auf Dauer wirtschaftlich erheblich schaden, wenn die Produktionskapazitäten brach lagen, weil nicht mehr produziert werden konnte. Allerdings zweifelte Cassio daran, dass die Kuati das sehenden Auges hinnehmen würden. Dafür waren sie zu clever. Was indes nicht bedeuten musste, dass es das Beste für das Imperium im Sinn hatte.
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#6
Es war bemerkenswert, dass eine solche Situation eine gewisse Normalität aufwies. Es war das Gespräch zweier Menschen, die durch Pflicht und Beruf zusammengekommen waren. Unter anderen Umständen wäre dieses Gespräch sicherlich ein normales Dienstgespräch gewesen aber im Anbetracht der zu erwartenden Ereignisse gewann es an herausgehobener Bedeutung. Der wärmende Alkohol schmeckte im Munde des Flottenadmirals nach. Insbesondere das starke Eigenauroma der seltene Früchte, die für diesen Likör verarbeitet worden waren. Vaash erlaubte sich nur wenig Luxus aber nach Eriadu hatte das erlösende Genussmittel Einzug in sein Leben erhalten. In gewisser Hinsicht war dieses Getränk, neben anderen Alkoholika, der einzige Luxus. Auch der Bereitschaftsraum war recht schlicht und strahlte in klarer Metalloptik, wirkte insofern steril und makellos. Noch waren noch nicht einmal Tritt- und Gebrauchsspuren auf den Bodenplatten ersichtlich. Die zynische Reaktion des Vizeadmirals missfiel Vaash. Nicht, dass er ihn nicht verstand aber sich der Kameradschaft zu entziehen oder zumindest den Versuch zu unternehmen, erschien dem alten Raumbären als Frevel am Dienst selbst. Wenigstens hatte Acchetia am angebotenen Drink genippt. Eine Tatsache, die Vaash beachtete und wertschätzte. Es waren die kleinen Zeichen eines zivilisierten Zusammenlebens, welche er erhaltern wollte. Und musste. Ansonsten blieb Vaash nicht mehr viel, außer seinem Kommando, seiner Familie und seine kümmerlicher Versuch ein positives Andenken in der Geschichte zu hinterlassen.

"Sie werden am Dienstessen teilnehmen," stellte der Flottenadmiral klar. Seine Stimmlage machte unmissverständlich klar, dass Acchetia folgen musste. Auch wenn der Vizeadmiral den Versuch unternommen hatte, dem versteckten Befehl freundlich und höflich zu entkommen, ohne die Authorität sichtbar anzugreifen. Vaash duldete diese Flucht nicht. Der strenge Blick des Altgedienten fiel auf Acchetia. Dort verweilte der Blick einen langen Atemzug. "Ihr Geschwader kann noch ein paar Stunden ohne Sie auskommen," fügte Vaash, erneut um einen freundlichen Ton bemüht, an. "Diese Teilnahme ist obligatorisch. Sie müssen die anderen Kommandooffiziere kennenlernen. Jedoch eine Person von besonderer Stellung dürfen Sie bereits in wenigen Minuten kennenlernen," sagte der Admiral und nannte die Person nicht näher. Vielleicht mochte Vaash Andeutungen und Geheimnisse aber eher mochte er es, wenn sich Personen selbst vorstellten und sich selbst ins Spiel brachten. Ein Militär musste für sich selbst sprechen und stehen können. Eine Tugend, die Vaash lebte. Man wich vor keiner Aufgabe zurück und nahm eine Position ein.

Er räsuperte sich, als Acchetia seinen Gesundheitszustand ansprach. Es fiel ihm schwer darüber sprechen. Ein wiederholtes Räuspern vermittelte Unsicherheit, da der sonst so tapfere Admiral diesen Punkt gerne umschiffen wollte. Wieder waren dort diese Phantomschmerzen.

Diese Schmerzen, die durch das finstere Dunkel waberten, welches seine Vergangenheit verdunkelte. Nicht nur der Angriff der Hexe hatte Spuren hinterlassen, sondern auch der Absturz bei der Schlacht von Eriadu. Viel mehr schmerzte der verletzte Stolz und auch die Verluste an gutem Leben. Niemand konnte diese tapferen Soldaten ersetzen. Vaash hatte seine Position verteidigt, seine Befehle ausgeführt und war nicht gewichen aber hatte dadurch viele ihm loyale Personen enttäuscht und verloren. Er hatte sich selbst enttäuscht, auch wenn er viele Leben gerettet hatte und die Todesschwadron in seiner Schuld stand. Denn die dortigen Offiziere hatten sich persönlich bei Vaash bedankt und ihn als einen der besten Offiziere des Reiches gelobt. Doch dieses Lob war wie Gift. Es ätzte in seinem Herzen, denn ein guter Offizier hätte seine Ziele ohne derartige Verluste erreicht. Kein Umstand erlaubte derartige Verluste, auch wenn viele dies anders sahen. Für Vaash waren diese Meinungen ohne Bedeutung, denn alleine die Geschichte mochte urteilen, welcher Preis aufgewogen werden konnte. Er hustete und griff hektisch nach dem Glas, um dieses in Eile in seinen Rachen zu gießen. Ein wohliges Brennen kündigte eine baldige Wirkung an. Mit einem dumpfen Ton schnellte das Glas zurück auf den Arbeitstisch.

"Entschuldigen sie meine folgende Offenheit," antwortete Vaash deutlich ernüchtert und sagte dann nur ein Wort: "Beschissen". Es gab kein besseres Wort, um seinen Umstand und seine Gesundheit zu beschreiben. Er fühlte sich derartig und tat in der Tradition der alten Raumfahrer keine Umschweife, um diese auch zu benennen. Natürlich hätte Vaash ein weniger anstößiges Wort wählen können und in seiner Position auch sollen aber es war ihm egal. Vieles war inzwischen egal und wenigstens ein bisschen Ehrlichkeit sollte nicht durch Höflichkeit erstickt werden. Immerhin musste er niemanden darum bitten, offen zu sprechen. Er konnte als ranghöchster Offizier einfach und niemand würde ihn dafür bestrafen. Noch nicht. "Maryll war dort. Ich habe ihre Holokarte vorgefunden," erklärte Vaash aber konnte sich nicht genau erinnern, denn sein Zustand damals war katastrophal und eher nahtod als vollens am Leben teilnehmend. Nur dank diverser imperialer Fachärzte konnte er überleben. Dennoch blieb diese versteckte Gewissheit, dass es nicht nur die Ärzte waren. Ein Gefühl von Wärme, Erleichterung und Hoffnung war in der Ferne greifbar aber löste sich im zornigen Stolz des gescheiterten Vaash auf. "Ich habe noch gelegentlich Schmerzen. Nicht alle Wunden sind vollens verheilt. Viele Narben bleiben, auch wenn man diese nicht auf Anhieb sieht, Acchetia," donnerte der Raumbär tief durch die Nase Luft holend. Es war ehrlich und er wollte seinen neuen Untergebenen nicht im Unklaren lassen.

"Doch die Ärzte haben mir eine ausgezeichnete Medikation ohne sinneseinschränkende Nebenwirkungen verschrieben. Auch das galaxis-beste Bacta steht mir zur Verfügung. Das macht mich wohl im Sinne des Oberkommandos dienstfähig." Auch für Vaash war es überraschend gewesen, sofort wieder in Dienst gestellt zu werden. Er selbst fasste es als Versuch auf, ihn gerecht an der Front zu entsorgen, damit willfährige Fanatiker im Kern um Vesperum sein konnten. Hier an der Front konnte er wenigstens das tun, was er am besten konnte: eine Flotte führen. Politik, insbesondere in der Nähe des imperialen Throns, lag ihm nicht und dort zerstörte er sicherlich mehr als, als er richtig machte. Das Oberkommando wollte wohl zeitnah seine Fähigkeit fern vom Thron wissen. Vaash konnte dem nur zustimmen, obwohl er etwas vermessen daran glaubte, dass der Imperator höchstselbst diesen Einsatz für ihn vorgesehen hatte, um ihn vor Il-Raz zu retten. Eine versteckte Hilfe, um der Schande zu entkommen, als Posterheld zu dienen. Ein Soldat, wie er, gehörte an die Front, um dort den Tod zu verdienen. Diese makabere Idee würde zu Vesperum passen, der selbst im Tod eine Erlösung sah. Er würde es als Rettung sehen, elendig in einem desolaten Kampf unterzugehen. Ein zynisches Grinsen huschte über Vaashs Gesicht. "Ich denke, dass das Oberkommando seine Gründe hatte," sagte Vaash vielsagend und legte dann beide Hände vor sich auf die Tischplatte.

[Bild: sloane.png]
Ein leises Piepen auf der Konsole kündigte eine Person an. "Ah!" Vaash lächelte nun ehrlicher, deutlich weniger zynsich, da seine Aufmerksamkeit fort von den tristen Gedanken gelenkt wurde. Es geschah ihm recht, dass man sich wieder Aufgaben zuwenden konnte. Tiberius Vaash war stolz und dieser Stolz erlaubte einen schnellen Fokus fort von sich auf Aufgaben, die seinem Andenken dienen konnten. "Unser erster Gast eingetroffen. Ihre neue Kameradin und gleichrangige Offizierin," sagte Vaash, um dann ein weiteres Glas aus dem Schrank neben sich zu holen. Er stellte es ab und goss ein. Danach betätigte er zwei Tasten auf der Konsole und nur wenige Sekunden später öffnete sich die Durastahltür zischend. Eine Frau in der Uniform der Flotte und den Rangabzeichen eines Vizeadmirals stand dahinter. Sie trat mit einem militärischen Schritt ein und grüßte vorbildlich.
"Vizeadmiral Sloane des 192ten Geschwaders meldet sich wie befohlen," sagte sie mit fester Stimme und Vaash nickte ihr zu, bevor er den Gruß aufmerksam erwiderte.
"Willkommen," grüßte Vaash und deutete dann mit einer einfachen Handgeste auf Acchetia. "Darf ich vorstellen: Vizeadmiral Acchetia des 441ten Kampfgeschwaders," übernahm der Altgediente und Ranghöchste die Vorstellung. Sloane blickte mit einem neutralen Blick zu Acchetia, da sie diesen nur als Stabschef kannte und nicht mit seinem Fronteinsatz gerechnet hatte. Schreibtischleute waren ihr zuwider.
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#7
Der Flottenadmiral machte klar, dass er auf Cassios Anwesenheit bei dem Dienstessen in der Tat bestand. Das empfand der ehemalige Stabschef als durchaus überraschend. Es war beinahe verdächtig deutlich. Hätte Cassio wirklich etwas zu verlieren gehabt, wäre ihm diese erzwungene Einladung vermutlich seltsam und geradezu verschwörerisch vorgekommen. Schließlich sah er selbst nicht den geringsten Sinn darin, aber seine Anwesenheit war gleichwohl als zwingend erforderlich angesehen. Vielleicht war Cassio aber auch nur von der Nähe zu den vielen Ränkespielen der politischen Elite im Reich paranoid geworden. Vermutlich sagte es auch schon sehr viel über die letzten Jahre aus, wenn man in dieser Geste Vaashs zunächst sofort eine Falle oder sonst eine Form von negativen Hintergedanken vermutete. Aber wahrscheinlich war es eben immer so, ob nun Imperium oder Republik oder wie auch immer sich die Menschen miteinander sozialisierten. Es gab Rancors und es gab Nunas. Schlussendlich musste man sich immer entscheiden.

Auf die klare Anweisung hin nickte Cassio lediglich. In der derzeitigen Situation hatte er keine Alternativen, sich dem zu entziehen und musste es dann wohl hinter sich bringen, auch wenn er sich nicht als übermäßig gute Gesellschaft herausstellen würde – für die, die das nicht eh schon wussten. Aber Cassio hatte auch kein Interesse daran, mit all diesen Leuten Bekanntschaften zu schließen. Wozu auch? Stimmten die Kräfteverhältnisse zu Grunger annähernd, war vermutlich ein Drittel davon binnen weniger Tage gefallen. Er stellte fest, dass ihn das beinahe zu erheitern wusste. Die sinnlose Sozialisierung von Menschen, die von anderen ohnehin nur für die Schlachtbank vorgesehen waren. Wenn er darüber nachdachte, musste er wohl zugeben, noch immer einen völlig anderen Blick auf das Kriegsgeschehen zu haben als die Personen, mit denen er sich nun umgeben musste. Schlussendlich hatte wohl keiner von ihnen je im Stab gedient und daher einfach keine Vergleichsmöglichkeit, doch aus Cassios Sicht war all das, was hier war – der Sternenzerstörer, das Geschwader, die Flotte – eben immer noch primär Material. Alles hier wirkte für ihn wie aus der Froschperspektive. Er fand keinen Bezug dazu, wollte er aber auch gar nicht. Es brachte nichts, jetzt noch irgendwelche Tugenden zu lernen. Dann wiederum war aber auch nachvollziehbar, dass keiner dieser Offiziere wirklich von seinem Schicksal wusste. Ithor und die anliegenden Sektoren waren praktisch ohne Kämpfe seit der Niederlage über Endor gewesen. Vermutlich rechnete ein großer Teil der Soldaten und Offiziere nicht damit, dass sich dies wirklich in nächster Zeit ändern könnte. Vielleicht nicht einmal Vaash. Und vielleicht kam es am Ende auch ganz genau so.

Natürlich war Cassio bewusst gewesen, dass die Frage auf den Gesundheitszustand eine potentiell schwierige war. Nichtsdestotrotz schien es wie ein Gebot der Höflichkeit, sie dennoch zu stellen. Der Admiral machte rein optisch keinen besonders schlechten Eindruck, aber dies konnte in der Tat täuschen. Cassio kümmerte sich nicht um die saloppe Wortwahl seines Gegenübers, schien darauf auch nicht in irgendeiner Form nach außen hin Anstoß zu nehmen. Schlussendlich war auch Cassios gelegentlich grober Umgang kein Geheimnis, weshalb er hierin kein Problem sah. Umso weniger in privater Atmosphäre. Stattdessen nickte er also Vaash auf dessen Antwort hin grimmig zu, die Augenbrauen ein Stück nach unten gezogen.
„Ich verstehe gut, was Sie meinen.“
Etwas stach in Cassios Herzen, führte zu einem kurzen Moment innerer Desorientierung, als er das sagte. Narben vermochten sich in vielerlei Hinsicht zu bilden, äußerlich wie auch innerlich. Nun verstand Cassio wenig von körperlicher Verwundung – er hatte, vielleicht abgesehen von der Schlacht von Coruscant, eigentlich nie in Gefahr gestanden, körperlich verletzt werden zu können in seiner Dienstzeit. Der Militärsperrbezirk des Zentrums war mit dem Palast der vermutlich am besten geschützte Komplex des gesamten Imperiums. Doch es gab andere Formen der Verwundung – jeder davon war gemeinsam, dass sie mit Verlust einhergingen. Damit kannte er sich gut aus. Noch besser jedoch mit Verdrängung. Während er zunächst nur zögerlich genippt hatte, leerte Cassio anschließend das restliche Glas in einem Zug, verzog im Anschluss kurz die Lippen und sah dann zu Vaash hoch.
„Wahrscheinlich tragen wir am Ende dieses Krieges alle unsere Narben, jeder auf seine Art.“

Schließlich wurde die Unterhaltung durch das Erscheinen einer weiteren Person vorzeitig unterbrochen. Als die Frau in den Raum hineintrat, stellte Cassio das Glas wieder auf dem Schreibtisch ab und erhob sich kurz und überließ seinem Vorgesetzten zunächst das Wort, bis dieser ihn in direkt einbezog. Er sah Sloane einen Moment lang ohne weitere Regung an, ihren Blick zu deuten versuchend.
„Admiral Sloane“, entgegnete er dann ebenso distanziert und nickte knapp, machte überdies aber keine Anstalten, sich mit der Frau ansonsten zu beschäftigen, so dass er sodann auch wieder auf seinem Stuhl Platz nahm und erwartete, dass sie sich auf dem Stuhl daneben niederließ. Es war in der Tat auffällig, dass gerade in den letzten Monaten mehr und mehr weibliche Flottenoffiziere in höhere Positionen strebten – Sloane, Zen, mit Cassios Stellvertreterin und nun Nachfolgerin Kallice war jetzt sogar eine Frau Flottenstabschefin. Dies wäre vor einigen Monaten vermutlich nicht in dieser Form möglich gewesen – es zeigte aus Cassios Sicht aber auch, dass das imperiale Offizierskorps in der Tat ausgedünnt sein musste. Die Sternenflotte war nicht unbedingt dafür bekannt, es Frauen leicht zu machen, vermutlich war es hier sogar schwieriger als andernorts. Die Vorbehalte schienen eher willkürlich aufgetaucht zu sein – doch im Endeffekt würden vermutlich die nächsten Monate zeigen, wie viel davon der Wahrheit entsprach. Gelegentlich konnten sich Krisen auch für manche zu Chancen entwickeln.
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#8
Die Kriegsmaschine drehte sich unaufhörlich weiter. Vaash war nicht mehr nur Zahnrädchen des Krieges, sondern auch Schwungrad; ohne dies wirklich zu wissen. In klarer Absicht versuchte der Altgediente, seine Prinzipien zu vertreten, auch wenn dieser Krieg, alles Schlechte beförderte. Vaash versuchte einen militärischen Anstand zu erhalten und zwang auch andere dazu, sich zumindest an zivilisierten Gepflogenheiten zu beteiligen. Auch wenn diese Gepflogenheiten im Angesicht der willkürlichen Grausamkeit dieses Konfliktes lächerlich erscheinen mochten. Der Admiral klammerte sich an seine sogenannten bürgerlichen Werte, die vielleicht nicht verantwortlich für diesen Krieg waren aber mit Sicherheit den Herrschenden in die Hände gespielt hatten. Trotz seiner Fähigkeiten konnte Vaash nicht auf seiner Rolle ausbrechen und gab sich, selbst gewählt, der Illusion hin, dass es noch etwas bedeutete, hier an diesem Tisch zu sitzen. Er blendete all jene Willkür aus, die auch ihn erwartete. Eine gezielte Salve aus mehreren Schiffsbatterien konnte sein Leben, wie das tausender anderer, auch jederzeit beenden. Es war die Illusion der Kontrolle, dass man einen Konflikt und eine militärische Auseinanderung schlussendlich kontrollieren konnte. Doch niemand kontrollierte ein Schlachtfeld vollens: dort regierte viel mehr der Zufall. Es war die Hybris all jener, die sich in Machtpositionen befanden, dass sie glauben mussten, jenes Schicksal wäre beherrschbar. Keine Uniform, keine Religion, kein hoffnungsvoller Wunsch, hatte je den Blaster gestoppt. Tod war für einen Soldaten oft nur einen Herzschlag entfernt. Vaash wusste das, denn er hatte es selbst gespürt und erlebt. - Und doch glaubte er noch immer an die militärische Illusion des beherrschbaren totalen Krieges; des kontrollierten Konfliktes zwischen Armeen und Flotten. Dabei war längst allen Fraktionen die Kontrolle entrissen, vermutlich hatte sie es sie auch nie gegeben. Jeden Tag, auf den hunderten Schlachtfeldern, starben Tausende, im Schlamm und im All selbst; der Kampf war überall und einige hatten nur noch den Luxus, dass dieser Kampf noch nicht unmittelbar bei ihnen war.

Auch Grunger war ausgeliefert. Dieser furchtbare Hass, der diese Galaxis zerfrass und auch die Träger der selben Ideen und Uniformen, gegeneinander brachte. Vaash wusste das. Dieser Mann wusste vieles und hatte bereits in einem Leben mehr Geschichte erfahren, als viele andere, und doch, war er geblendet durch seinen militärischen Stolz.

Vaash hatte den Untergang der alten Republik erlebt, den Aufstieg des Imperiums und nun diesen furchtbaren Bruderkrieg. Eine Ironie lag darin, dass Vaash als Soldat bereits ein politisches System mit abgewickelt hatte, jenes der Republik. Vielleicht fiel es ihm deshalb so schwer, dass Imperium aufzugeben und einfach zu seiner Familie zurück zu kehren. Am Ende war auch dies egal. Der Tod war der natürliche und dauerhafte Dienstschluss eines Soldaten. Es war sicher, dass Vaash mit hoher Wahrscheinlichkeit, seinen Tod, wie viele andere, in einer der vielen Schlachten finden würde. Höchstwahrscheinlich würde er, wie viele andere, durch einen Treffer der Brücke ins kalte All hinausgerissen, um dort unter großer Pein zu ersticken. Daran dachte man nicht. Daran wollte man nicht denken und doch war es die reguläre Realität eines Raumkampfes, dass man nicht immer den gnädigen und schnellen Tod fand, sondern oft ein brutales Ende. Vaash hatte all dies erlebt, war dennoch dem Tod von der Schippe gesprungen und lebte noch immer. Unter seiner Führung starben unzählige Soldaten aber ebenso viele wurden gerettet. Vielleicht waren deshalb die zivilen Gepflogenheiten Vaash so wichtig, denn sie erinnerten an etwas, was zu selten Platz fand: Menschlichkeit. Sie waren etwas, aus einer besseren Zeit, an die man sich erinnern musste, um nicht in dieser grausamen Barbarei zu vergehen.

Vaash rang mit sich, Acchetia nicht mit seinem durchdringendem Blick anzustarren, während sein Gegenüber einen Satz sprach. Zum Glück wich der ehemalige Stabschef mit seinem Blick aus. Dies erleichterte es Vaash, die Emotion zu verdrängen, die ihn gefangen hielt. Schließlich sprach Acchetia wieder mit erhobenem Haupt und schloss für beide sicherlich passend ab. Vaash wollte nicht mehr über diesen Punkt sprechen, da die Gewissheit dieser Narben sicherlich kein positives Thema war, und auch mit Sicherheit nicht sachlich genug für ein Dienstgespräch zwischen Offizieren. Jederzeit wollte man nicht an seinen eigenen bedeutungslosen Untergang erinnert werden. So austauschbar sie beide waren, der Krieg machte da keine Unterschiede, waren auch diese Narben nicht von Bedeutung. Nichts war wirklich von Bedeutung für einen Soldaten, der so unweigerlich in diese Lage geworfen worden war. Vaash klammerte sich an die Funktion, seine Aufgabe, welche im Sturm dieser Zeit, schwierig bis unmöglich zu erfüllen war. Dennoch gab ein Tiberius Vaash nicht auf, denn im Angesicht dieser Zeit, zeigte sich die Werte von Kampfgeist, Kameradschaft und Loyalität, etwas, was er sich selbst beweisen musste. Vielleicht waren es die einzigen Werte, die Vaash sicher vertreten konnte, wenn auch die Loyalität stets zeitgebunden war; an die imperiale Sache. Der Flottenadmiral nickte langsam, fast andächtig, wie unter Ketten gehalten.

Nachdem sich Sloane und Accethia bekannt waren, zumindest diese rudimentäre Vorstellung vorgenommen worden war, sprach Vaash mit leicht erhobener Stimme, damit beide ihm sicher zuhören würden. Es war die Stimme eines Anführers, die man hören musste, da sie nicht schrie aber auch nicht leise war; sie war beständig aber auch nicht fordernd, sondern viel mehr einnehmend und verständlich. "Wir haben eine nahezu unausführbaren Auftrag vom Oberkommando erhalten. Ebenso wünscht der Thron einen Sieg," erklärte Vaash und blickte abwechselnd zwischen Sloane und Acchetia hin und her. "Setzen Sie sich, bitte," forderte der Flottenadmiral auf. Sloane nickte ernstlich, fast mechanisch und setzte sich zackig auf den anderen freien Stuhl. "Bedienen Sie sich ruhig, Sloane", sagte Vaash fürsorglich und unterbrach für diese Sekunde seinen Vortrag. Ehe er wieder ansetzte, blickte er zu Acchetia, und versuchte dessen Gesichtsausdruck zu deuten. "Wir sollen und müssen den wertgeschätzten Admiral Grunger stellen, sofern dieser zum Angriff übergeht. Nach Geheimdienstinformationen steht ein Angriff jedoch unmittelbar bevor," ließ er den Satz wirken und verweilte dann einen Atemzug lang. Eine Aufgabe, die nicht nur militärisch schwer war, sondern auch persönlich. Grunger und Vaash kannten sich. Beide waren gemeinsam ausgebildet worden und hatten sogar eine lose Freundschaft aufrecht erhalten, während ihrer Kadettenzeit. Es war verrückt, dass dieser Krieg gerade diese beiden gegeneinander stellte. "Das Oberkommando rechnet mit einem Einsatz seines Schlachtschiffes Aggressor und einer kleinen Flotte. Die genaue Flottenstärke ist unbekannt," sprach der Flottenadmiral weiter. "Sie beide führen zwei wichtige Geschwader an und ihnen beiden wird ein wichtiger Teil der Strategie auferliegen." Er deutete jeweils mit einer Handgeste auf Sloane und dann auf Acchetia."Dazu später mehr," brach er ab, denn noch war in ihm keine Idee gereift, wie er tatsächlich vorgehen sollte. "Ich möchte von ihnen wissen, wie sie die Lage beurteilen und wie sie persönlich zu diesem Befehl stehen," erklärte Vaash. "Sprechen sie ganz offen. Ich höre zu und versichere ihnen, dass nur ich zuhören werde," sagte er und gab damit zu verstehen, dass der ISB und der IGD hier keinen Zugriff hatten und alle Worte, die in diesem Raum gesprochen wurden, auch hier bleiben würden. Vaash hatte ein ehrliches Interesse an der Meinung seiner Offiziere. Mitunter halfen ihre Worte, ihn zu einer Strategie zu bewegen. Auch wollte er sich noch etwas Zeit geben, diese Lage zu beurteilen. Irgendwie musste er es schaffen, diesen furchtbaren Bruderkrieg zu entscheiden und gleichsam (imperiale) Leben zu verschonen.
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#9
Zunächst ohne weitere Reaktion nahm Cassio das von seinem Vorgesetzten Gesagte zur Kenntnis. Prinzipiell waren dies für ihn keine neueren oder gar überraschenden Informationen – abgesehen vielleicht davon, dass Vaash zwei Geschwader diesbezüglich als übermäßig wichtig bezeichnete. Aber dabei mochte es sich auch um übertriebene Höflichkeit handeln, denn aus sein strategischer Sicht war das wohl letztlich kaum als mehr anzusehen. Zwei Geschwader gegen einen Supersternenzerstörer? Schwerlich vermittelbar. Als der Flottenadmiral schließlich nach ihrer Einschätzung der Lage fragte, zeigte sich zum ersten Mal in der steinernen Miene Cassios so etwas wie Beunruhigung. Er verlagerte sein Gewicht ein Stück weit in dem Stuhl, was ihm einen etwas unruhigen Eindruck verlieh. Sein Blick fiel derweil mit in Falten gelegter Stirn auf Admiral Sloane neben ihm, die jedoch für ihn in dieser Situation nicht zu lesen und einzuschätzen war. Cassio war Besprechungen auf dieser Ebene schlechterdings nicht gewohnt, fühlte sich daher unwohl dabei. Dies umso mehr, da er innerhalb des Stabs und der damit verbundenen Stellen wusste, wem er welche Dinge wie mitteilen konnte und bei welchen Personen eine gewisse Grundvorsicht angebracht war. Dieses Wissen fehlte ihm letztlich sowohl für Vaash, insbesondere aber auch für Sloane. Der Stab und die Operationsabteilungen waren im Schnitt weitaus weniger politisiert und ideologisch aufgeladen als die Frontkommandeure, die vor Ort von ihren Truppe Inbrunst und Fanatismus verlangen mussten, weil es dort ums Leben oder ums Sterben ging und zweifellos der einzelne Soldat darin zumindest eine gewisse Form von Sinn erkennen musste, um dies auch akzeptieren zu können. Das war jedoch kein Thema und auch kein zulässiger Betrachtungswinkel im gesamtstrategischen Verteilungsmechanismus der Flotte. Cassio entschied sich daher zunächst für eine eher objektivierende Darstellung seiner Einschätzung anhand der übergeordneten Sachlage.
„Wenn die letzten Schätzungen des Geheimdienstes, die ich im Zentrum noch lesen konnte, weiterhin zutreffen, ist die Beurteilung der Lage relativ eindeutig“, sagte er schließlich und blickte mit dem Glas in einer Hand, in der Luft haltend, in den Raum hinein.
„Abseits vom Säbelrasseln gehe ich nicht davon aus, dass jemand im Stab ernstlich mit einem Sieg rechnet, bevor Grunger in die Kolonien vorstößt. Jedenfalls nicht, falls uns nicht ein eigenes Schlachtschiff gestellt wird. Aber ich zweifle daran, dass Tigellinus uns die Whelm überträgt und dafür Azure Hammer Command schwächt.“
Ganz zu schweigen davon, dass es politisch schlichtweg nicht durchsetzbar schien, ohne Anaxes und den gesamten Azur-Sektor bloßzustellen und ihnen einen weiteren Bedeutungsverlust vor Augen zu führen. Großadmiral Tigellinus war politisch klug genug zu wissen, dass man sich das nicht leisten konnte. Die Whelm konnte nur im Sinne einer Präsenzflotte in der Nähe von Coruscant verbleiben – andernfalls entblößte man nicht nur den Azur-Sektor, sondern praktisch einen großen Teil der nördlichen Kernwelten, einschließlich Coruscants. Nein, mit der Whelm konnten sie nicht rechnen. Die Annihilator wartete als Kommandoschiff indes im Süden der Kernwelten, um gegebenenfalls auf einen dortigen Durchbruch der Republik in den Kern reagieren zu können. Und die Intimidator… nun, diese war von der Bildfläche verschwunden und alle Versuche, Kontakt nach Koornacht herzustellen, waren gescheitert und kein Spähschiff war von dort zurückgekehrt. Auch hier musste daher vermutet werden, dass auch dieses Schiff verloren war. Oder noch schlimmer, Teil eines weiteren, unbekannten Abtrünnigen, der damit direkt Coruscant würde bedrohen können. Noch ein Grund mehr, weshalb die Präsenz der Whelm absolut erforderlich war. Wenn sich Black Sword Command wirklich in Gänze abgespalten hatte, war das ein Desaster – weitaus größer noch als die Niederlage über Eriadu, wenn auch weniger publik und daher weniger öffentlichkeitswirksam. Aber dass in einem gesamten Regionskommando die Lichter ausgegangen waren, war in jedem Fall mehr als nur besorgniserregend; ganz gleich, was konkret dahintersteckte.

Das bedeutete aber nun einmal beinahe zwingend, dass der vermutliche Feind Grunger ein Schlachtschiff besaß und Vaashs Flotte nicht – was rein taktisch zur Folge hatte, dass Grunger praktisch mit dem Äquivalent von etwa zwei Flotten angreifen würde und im absoluten Idealfall Vaash gerade eine dagegen setzen konnte. Und das auch nur für den Fall, dass der militärische Geheimdienst korrekt lag mit seiner Beurteilung, dass Grunger aufgrund seiner Lage in der Galaxis auf Dauer nicht mehr als eine Flotte würde unterhalten können. Besonders gut war die Informationslage über Grunger indes explizit nicht gewesen.
„Aber um Sieg geht es hier wohl auch nicht, zumindest zunächst. Ich denke, unsere Befehle sind auch so relativ klar zu verstehen. Wir können mit zwei Geschwadern kein Schlachtschiff schlagen. Und vermutlich nicht einmal mit dem Rest der Flotte. Das wird auch niemand erwarten. Wir stellen den Prellbock dar – wir sollen den Angriff abschwächen, damit der Feind in den Kolonien oder im Kern geschwächt gestellt und von unserer dann überlegenen strategischen Reserve besiegt oder vertrieben werden kann.“
Ohne ihn zu sehen, konnte Cassio den Blick von Admiral Sloane zu seiner Seite beinahe spüren. Soweit er wusste, hatte Sloane nicht im Stab gedient, sondern war ein – durchaus – Vorzeigeoffizier für die Frontlinie. Sicherlich mochte dies zu verschiedenen Blickwinkeln führen, zumal solche Frontlinienoffiziere aus der Sternenflotte, die noch lebten, Niederlagen ohnehin nicht gewohnt waren. Das konnte womöglich noch immer ein gewisses Manko der Flotte darstellen: die mangelnde Vorstellbarkeit, die Galaxis nicht mehr nach Belieben dominieren und auf alle Bedrohungen unmittelbar reaktiv agieren zu können, weil dafür die Präsenz nicht mehr vorhanden war. Wo früher vielleicht einzelne Schiff oder kleinere taktische Elemente verloren gegangen waren, war sich dennoch jeder bewusst, dass es sich dabei im schlimmsten Fall um eine taktische Niederlage, nicht jedoch um eine nachhaltige strategische Niederlage handeln würde, da unstreitig war, wer die Kontrolle innerhalb der Galaxis innehatte. Das vermochten auch kleinere Siege der Rebellen nicht verändern – die imperiale Reaktion nach der Niederlage über Yavin hatte Bände gesprochen. Aber diese Gewissheit gab es nach Endor nun nicht mehr und Cassio war sich nicht darüber im Klaren, ob diese Botschaft an der Front bei aller bizarrer Propaganda wirklich auch angekommen war. Viele der Abspaltungen imperialer Teilverbände mochten weder bekannt noch geglaubt werden, konnte er sich zumindest vorstellen. Die imperiale Propaganda hatte sich schwerpunktsmäßig immer auf die Rebellion konzentriert – selbst als Grunger zum Sturz der imperialen Regierung aufgerufen hatte.

Cassio glaubte daher nicht daran, dass Truppe und Bevölkerung wirklich auf einen größeren imperialen Bruderkrieg eingestellt waren – Vesperum mochte damals Glück gehabt haben, dass sein Feldzug gegen das Reich einen enorm günstigen Zeitpunkt gehabt und zudem nur kurz angehalten hatte, wodurch nicht übermäßig viel Blut vergossen wurde. Das hatte aber auch gezeigt, wie wenig das Reich sich damals hatte vorstellen können, dass sich Imperiale wirklich ernsthaft militärisch gegen andere Imperiale richten würden. Und das galt nicht nur für das Reich, sondern durchaus auch für Cassio als Person. Es war damals unerhört gewesen, als Vesperum seine Waffen auf die eigenen Männer gerichtet hatte. Mittlerweile war es das nicht mehr.
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#10
Für einen Moment versank der Altgediente in Gedanken. Ein Luxus, den er sich leisten musste, da dieser Moment des unbedarften Friedens, der in diesem Büro herrschte, nur kurzweilig war. Der Konfikt, den sie hier besprachen, würde alsbald mit aller Macht zurückkehren und jegliche Kontrolle übernehmen, so dass keine freie Wahl mehr Bestand, seinen Gedanken Freiheit zu erlauben. Auch wollte Vaash nicht unbedacht antworten, da er wusste, dass die Anwesenden auf seine Führung bauen mussten. Sloane nutzte diese Pause des Flottenadmirals, um ihre eigene Position zu vertreten.

"Admiral Acchetia,"
sprach sie ihn direkt an, während sie mit dem viel zu bequemen Stuhl haderte, der ihr unpassend weich erschien. Ihre Haltung war selbst in dieser Sitzgelegenheit aufrecht und fast übermäßig diszipliniert. Sie gab sich nicht der Bequemlichkeit preis, die dieser Stuhl anbot, sondern leistete Widerstand, da aus ihren Augen, Bequemlichkeit zu Stillstand führte. Sloane stand niemals still, war immer gefasst und musste in dieser Männerdomäne stets zwei Schritte weiter sein, um nicht auf einen unbedeutenden Posten verbannt zu werden. Es gab leider immer noch genug Nichtsnutze, die Talent nicht erkannten und sich lieber an sexistischen Ideen festhielten, die aber kein Reich zusammenhielten, sondern nur den eigenen Stolz. Sie war dankbar dafür, dass Vaash ihr eine Gelegenheit gegeben hatte, sich erneut zu beweisen. Sloane wusste davon, dass Vaash ihre Akte angefordert hatte und auch für sie vorgesprochen hatte, um sie in seine Flotte aufzunehmen. Sie wollte den alten Mann nicht enttäuschen, auch wenn er sicherlich, wie viele andere, auch Bedenken an der Führungsstärke einer Frau haben würde. Alte Ideen starben nur sehr langsan aber sie starben. Sloane war sich gewiss, dass Vaash, anders als andere, Kameradschaft und Talent höher bewertete, als Geschlecht und Erscheinung.

Dennoch, trotz aller Dankbarkeit, war sie eine eigenständige Person und würde sich nicht hinter dem großen Namen verstecken, sondern für sich selbst sprechen und einen Standpunkt für sich selbst vertreten, auch ohne Erlaubnis oder Gewähr eines großen Admirals. Das Imperium, ihr geliebtes Imperium, war in Gefahr, und da dürfte man sich keinerlei falsche Freundlichkeit erlauben. Disziplin und eisener Wille waren das einzige, was nun wirklich zählte und Sloane hatte von beidem ausreichend. "Ich teile Ihre Bewertung, dass niemand mit einem Sieg durch uns rechnen wird. Wir sollen mit Sicherheit den Vorstoß verlangsamen, um einen Gegenschlag vorzubereiten," gab sie höflich aber sehr bestimmt eine Zusammenfassung dessen wieder, wie sie ihren Amtskollegen verstanden hatte aber macht mit ihrem kalten Gesicht deutlich, dass sie wenig davon hielt.

"Dennoch ist die Lage nicht so fatal, wie Sie jetzt darstellen möchten. Wir haben eine frische Flotte zur Verfügung, moderne Schiffe, nahezu frisch vom Stapel gelaufen und hungrige Besatzungen, die alle bereit sind, für unsere Sache zu kämpfen. Kampfgeist ist etwas, neben Moral, was viele Feinde unterschätzen," führte Sloane aus und blickte Acchetia dabei ernüchtert an, da dessen Gesichtsausdruck ihr persönlich missfiel. In ihren Augen gab sich dieser Mann mit Fakten zufrieden, hatte keinerlei Vision und hatte sich schlicht mit dem Untergang abgefunden, den diese Prellbock-Strategie verlangte. - Sloane war nicht gewillt, einfach so unterzugehen, ohne ihren Auftrag, ihren wahren Auftrag, zu erfüllen: das Imperium zu schützen. "Ihre Bewertung ist korrekt, wenn wir diese Prellbock-Strategie annehmen und genauso konventionell umsetzen, so dass der Feind mit Sicherheit unseren Widerstand zerbersten wird, weil er deutlich mehr Feuerkraft besitzt," sagte sie und blickte dann zu Vaash, der gerade seine Hand nachdenklich an sein Kinn gelegt hatte und seinen Seebärenbart ebenso nachdenklich streichelte.

"Wir müssen von unseren Lehren abweichen, mehr improvisieren, und Grunger nicht auf die erwartete Weise stellen, sondern in eine Falle locken. Ihn glauben lassen, einen sicheren Sieg zu erringen und dann heimtückisch zuschlagen, nämlich dort, wo er schwach ist. Eine alte Weisheit sagt, dass man den Feind nicht dort stellt, wo er stark ist, sondern dort, wo er schwach ist. Grunger wird sich auf ein gewöhnliches Gefecht vorbereiten, vermutlich sogar einen längeren Konflikt mit imperialen Kräften vermeiden wollen, da sein Ziel klar der Kern ist und gerade davon müssen wir ihn abhalten," erklärte sie ihre militärischen Vorstellungen und erlaubte sich dann eine kleine Emotion, idnem sie folgenden Satz fast abschätzig plärrte: "Dieser Verräter darf unter keinen Umständen seine Majestät oder auch nur eine loyale Welt gefährden." Doch so schnell diese hasserfüllte Emotion gekommen war, war sie auch wieder verschwunden, da sich Sloane stets zu beherrschen suchte, um sich selbst keine offene Flanke zu geben. "Ich glaube, dass wir nicht nur über den Untergang unserer Geschwader reden sollten, sondern über echte Möglichkeiten zu siegen," meinte Sloane und schlug dabei leicht auf die linke Lehne ihres Stuhles. Tiberius Vaash nickte und erhob dann selbst seine Stimme, während er seine Hand vom Kinn sinken ließ.

"Ich stimme Ihnen zu, Sloane aber gleichzeitig ist Acchetias Bewertung korrekt, so dass wir eine missliche Lage vorfinden aber der Geheimdienst möchte uns aushelfen und bereitet, nach eigener Aussage, gerade eine Entscheidungsvorlage vor, die uns möglicherweise aus unserer Lage befreien könnte. Leider weiß ich nicht, was diese ... Leute ... vorbereiten und ob wir es tatsächlich durchführen können oder durchführen wollen," erklärte der Veteran fast fürsorglich. Er traute dem Geheimdienst nicht. Nichts, was dieser tat, war wirklich zu durchschauen und diente nicht immer dem Interesse der Flotte oder war gleichbedeutend ehrenvoll.

"Mein Plan sieht bis jetzt eine Strategie eines brutal vorgetragenen Sturmangriffes eines Geschwaders vor, um bei Bedarf, die Führungsschiffe zu binden und auszuschalten. Im Nachgang soll durch einen nahen Hyperraumsprung ein Geschwader herangeführt werden, welches dem Angreifer in den Rücken fällt und Raumjäger entsendet, um Feindschiffe im Nahkampf zu binden. Wenn es die Lage erfordert, werde ich mit zwei Schiffen ein riskantes Manöver ausführen, welches im Kern ein Rammmanöver in die Antriebssektion des Schlachtschiffes sein wird. Unter schwerem Beschuss werden die Schilde, die meistens in diesem Bereich durch die Ionenströme des Antriebs geschwächt sind, aufbrechen und einem Sternzerstörer ein kurzes Fenster erlauben, durch eine Rammattacke den Antrieb schwer zu beschädigen, so dass mit etwas Glück, ein kapitaler Schaden entsteht und einen weiteren Vorstoß mit diesem Schiff vorerst unmöglich macht. Falls dies gelingen sollte, wird sich die restliche Flotte zurückziehen und Verstärkung anfordern," stellte Vaash seinen waghalsigen Plan vor, von dem er selbst nicht glaubte, dass er wirklich gelingen konnte aber er war unorthodox für einen konventionellen Militär, wie Vaash. Sloane hob die Hand, da sie Vaash nicht unterbrechen wollte. Dieser nickte ihr zu, so dass sie ihre Stimme erhob:

"Mutig aber noch zu bieder, Admiral. Warum nicht ein gezielter Vorstoß der gesamten Flotte in den Kern der Feindaktivität? Umschließen wir doch Grungers Flaggschiff, so dass seine Flotte nicht ihr volles Potenzial gegen uns richten kann, weil sie ansonsten auch ihn treffen würden. Aus dieser Umschließung können wir Rammmanöver ausführen und bei Bedarf sogar Enteroperationen gegen das Flaggschiff einsetzen, um wichtige Bereiche zu besetzen oder zu zerstören. Wir müssen agieren, wie ein Virus, welches ein System befällt. Ich habe geeignete Offiziere, welche diese Enteraktionen ausführen können. In der Hitze der Schlacht sind solche Ladungen möglich, da die Punktverteidigung mit Jägerabwehr vollkommen ausgelastet ist," entgegnete Sloane, die fast energisch wirkte.

Vaash hörte zu aber überließ für einen Augenblick Acchetia das Feld, da ihn auch dessen Meinung zu Sloanes Ideen interessierte, bevor er selbst ein Urteil abgab.
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