#31
„Ich bin eben immer für eine Überraschung gut“, meinte Gavin und hob in einer Manier die Hände, als wäre er selbst über diesen Fakt erstaunt und hätte keine Ahnung, woher er kam. Mit einem dankbaren Nicken nahm Gavin den Schraubenschlüssel entgegen und verschwand wieder in dem Loch, aus welchem mittlerweile sämtlicher Rauch verschwunden war. „Nun, das ist ein interessanter Vorschlag, allerdings hat die Sache einen Haken. Die Überlebenschancen würden weitaus weniger gut stehen, als in dem vorliegenden Fall.“ Und das war die Wahrheit. Allerdings konnte es auch daran liegen, dass Tal'ana keinen Blaster in der Hand gehalten hatte, so wie die meisten Imperiale es taten. Dazu kam, dass Imperiale dazu neigten erst zu schießen und dann zu fragen. Es war demnach abzuraten sich vor sie hinzustellen und ihnen die ungeschönte Meinung ins Gesicht zu sagen. Zumindest nicht, wenn man vorhatte auszureden. Ja, er wusste selbst, dass er sich ein bisschen mehr daneben verhalten hatte, als nur übers Ziel hinausgeschossen, aber man musste ja bei einer Entschuldigung nicht gleich sein ganzes Pulver verschießen. Es war immer gut, noch etwas in der Hinterhand zu haben, sollte ein derartiger Fall noch einmal auftreten. Er war Schmuggler und ein guter Schmuggler behielt seine Trümpfe stets so lange in der Hand wie nur eben möglich. Wer sein Deck sofort offen legte spielte mit gezinkten Karten und hatte durch diese Fehlentscheidung bereits verloren.

„Du hörst es sicherlich nicht gerne, aber ich würde mir an deiner Stelle keine besonders große Hoffnung machen dein Schiff jemals wieder zu sehen“, kam es wieder aus der Luke, gefolgt von dem Geräusch von aneinander reibenden Metall. Ein ziemlich unangenehmes Geräusch, aber es ließ sich leider nicht vermeiden. „Sie haben bereits auf Corellia nach dir gefahndet und mit einer galaktisch großen Wahrscheinlichkeit dein Schiff mittlerweile konfisziert. Entweder es wird verschrottet oder aber sie nutzen es für ihre Zwecke.“ Das Schiff zurück zu holen wäre absoluter Wahnsinn, genau so wie die ganze Mission auf Corellia Wahnsinn gewesen war. Dazu kam, dass man nicht wusste, wohin sie das Schiff gebracht hatten. Selbst wenn es noch immer auf Corellia stehen würde, wäre es unerreichbar. Noch einmal würde es keinem von ihnen gelingen auf Corellia zu landen, ganz abgesehen davon, dass er Corellia so schnell nicht wiedersehen wollte. Das jetzt hatte für die nächsten Jahre ausgereicht. Außerdem war er gewiss nicht so leichtsinnig wegen einem Schiff auf einer imperialen Welt zu landen, nicht solange ihm das auf den Fersen war. Wenn er das vorhatte, dann könnte er bei der Hexe von Isard auch gleich an die Türe klopfen.

„Glaub mir, die Hauptleitung zu treffen würde auch keinen großen Unterschied mehr machen“, kam es seufzend aus der Luke und im nächsten Moment tauchte Gavin wieder auf. „Ein Schildgenerator komplett ausgefallen und der zweite läuft mit viel Glück noch auf ungefähr 20% Leistung. Das untere Zwillingsgeschütz ist weg, der Hyperraumantrieb hat einen gewaltigen Schlag weg und mit viel Glück überleben die Stabilisatoren noch eine Landung, aber mit Sicherheit keinen Start mehr. Dazu kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch Schäden an der Außenhülle, die ich aber von hier aus nicht beurteilen kann. Anders ausgedrückt – Begegnen wir jemanden, sind wir geliefert.“ Die Legacy war nie für die Offensive, sondern schon immer für die Defensive gedacht gewesen. Jetzt aber war die Verteidigung nur noch ein Witz und das solange, ehe sie es geschafft hatten, irgendwo zu landen und das Schiff zu reparieren. Allerdings würde er dafür jede Menge Teile benötigen und die ließen sich nicht an jeder Ecke finden. Er hatte nur eine Wahl und die gefiel ihm nicht wirklich, auch wenn sie ihm durchaus gefiel.

„Übrigens ein feiner Zug von dir Stillschweigen zu bewahren“, meinte Gavin und kletterte aus der Luke. Er wischte sich den Dreck von den Sachen, auch wenn es dadurch nicht gerade besser wurde und hielt dann Tal'ana die Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. „Und du brauchst auch nicht so tun, als würdest du nicht wissen, wovon ich spreche – Ich kenne meine Crew sehr gut.“ Immerhin waren Jace und Tasha mehr als nur seine Crew. Sie waren seine Familie.
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#32
Tal hob zu Gavins ‚überraschender‘ Bemerkung eine Augenbraue, aber verbat sich jeden weiteren Kommentar. Sie hatten einen Waffenstillstand, den die Twi’lek nicht aufs Spiel setzen wollte. Waren unfreiwillige Verbündete – aber mehr auch nicht. Da waren sich die beiden Schmuggler einmal einig. Obwohl Tal mit ihrer ehemaligen Crew großes Glück gehabt hatte, so hatte sie doch eines in ihrem Beruf gelernt: Man fand nur selten Freunde und auch ein lebensgefährliches Ereignis schweißte nicht für immer zusammen. In ihrer Profession war Vertrauen genau so kostbar wie die Ware, die man unter der Hand verkaufte. Gavin konfrontierte sie mit einer weiteren unbequemen Wahrheit, die Tal sich schon längst bewusst gemacht hatte. Trotzdem stach es nicht weniger, sie noch einmal von jemand anderem zu hören. „Captain, an deinen Motivationsansprachen musst du echt noch arbeiten“, sagte die Rutian mit bitterem Lächeln und leckte sich über die Zähne. „Ich muss wohl noch einmal von vorne anfangen. Wenn es ein Leben nach Corellia gibt.“ Sie wollte Gavin nicht ihr Herz ausschütten. Falscher Ort, falscher Zeitpunkt, falsche Person. Was sie in der Messe zu ihm gesagt hatte, war schon persönlich genug gewesen. Und nicht er hatte ihr von seiner tragischen Verbindung mit diesem Planeten erzählt, also gab es in dieser Hinsicht keine Geste, die erwidert werden musste.

Wirklich daran arbeiten!“ Ihre Worte klangen wie ein unausgesprochener Fluch, den Tal aber in ihren Gedanken nachholte. Fierfek. Immerhin hatte er nichts Negatives über den normalen Antrieb gesagt. Sie konnten also zumindest durchs Weltall trudeln, bis ihnen entweder ein Schiff oder ein Planet begegnete. Leiche Beute in jeder Hinsicht. Wenn sie nicht einfach vorher dahinschieden, weil die Lebenserhaltung den Geist aufgab. Als der Captain wieder aus der Luke kletterte, war er großzügig mit Dreck gesprenkelt. Da half es auch nicht viel, dass er versuchte, ihn von seiner Kleidung abzuwischen. Überrascht blickte die Twi’lek zu ihm hinauf. Nicht nur, weil er ihr eine schmutzige Hand zum Aufstehen anbot. Sondern vor allem, weil er anscheinend wusste oder zumindest ahnte, was sich zwischen ihr und Tasha in der Messe zugetragen hatte. Tal nahm sein Angebot mit leichtem Lächeln an und zog sich mit seiner Hilfe wieder auf die Beine. Wenn er nicht gerade mit dem Kopf durch die Wand wollte, war der Mensch nicht auf den Kopf gefallen.

„Jeder hat seine Geheimnisse. Nur weil ich eines von deinen kenne, muss ich nicht darüber tratschen – schon gar nicht, wenn du es mir nicht selbst erzählt hast. Gab genug Aufregung in letzter Zeit.“ Tal wog ab, ob sie etwas über seinen Vater sagen sollte. Aber Beileidsbekundungen brachten sie in dieser Lage auch nicht weiter und Gavin hatte sehr klar gemacht, wie viel er von Gefühlsduselei hielt. Mit einem Seufzen verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Also, Karten auf den Tisch. Wie stehen unsere Chancen? Sind irgendwelche Planeten in der Nähe, auf denen man die Legacy notlanden und reparieren könnte?“ Tal wusste noch immer nicht, in welchem Quadranten sie sich befanden. Möglichst weit weg von Corellia konnte überall sein. Sie hatte beim Sprung in den Hyperraum flüchtig einige Koordinaten gesehen – andere Dinge waren wichtiger gewesen – aber konnte nicht einschätzen, wo sie wieder in den normalen Raum zurückgefallen waren. Es stand nicht gut, so viel war sicher. Doch Gavin wirkte immerhin nicht so, als hätte er alle Hoffnung fahren lassen – oder verbarg es gut genug. Es musste zumindest irgendeine Aussicht auf Erfolg geben.
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#33
„Wäre es dir lieber, ich würde dir die Sterne vom Himmel lügen?“, entgegnete Gavin mit leicht fragendem Blick. „Dir irgendeine Geschichte auftischen, die in keinster Weise der Wahrheit entspricht? Ich meine, was hättest du davon, außer dass du die Situation weniger ernsthaft betrachten würdest, als sie betrachtet werden sollte.“ Gavin sah Tal'ana noch immer mit fragendem Blick an. Sicherlich gab es Situationen, in denen eine etwas geschönigte Geschichte sicherlich von Vorteil war, aber in diesem Fall sah er es eher als Nachteil. Je bewusster jedem die Lage war, in der sie sich gerade befanden, desto geringer das Risiko, dass jemand eine vorschnelle Entscheidung traf. Hier ging es immerhin gerade um ihrer aller Überleben und solche Sachen gehörten garantiert nicht schön geredet. Wenn es jemand unbedingt schön reden wollte, dann sollte er es tun, aber er würde es nicht. Er hatte noch nie viel davon gehalten irgendwelche Geschichten zu erfinden, außer es hatte sein müssen und das musste es, zugegeben, sehr häufig in seinem Leben sein. Allerdings waren das stets irgendwelche Jobs gewesen, denen er nachgegangen war und bei denen die Wahrheit mehr als nur kontraproduktiv gewesen wäre. Da hatte man tief in die Trickkiste greifen müssen oder eben so einige Sterne vom Himmel holen. Aber das hier war keiner dieser Jobs, also blieb er bei der Wahrheit.

„Weißt du, es gibt da draußen“, mit der Hand deutete er irgendwo in Richtung freien Raum. „Genug Personen, die dir erzählen, was du nicht alles sein kannst und was du nicht alles werden kannst. Die dir Hoffnungen in deinen Kopf pflanzen und dir deine glorreiche Zukunft in den buntesten Farben schildern, obwohl sie genau wissen, dass es nie so kommen wird. Du glaubst daran und dann, wenn es nicht so kommt, bist du enttäuscht und fragst dich, warum du so viel Zeit damit vergeudest hast, etwas hinterher zu laufen, das du niemals erreichen wirst. Zeit, die du in so viele andere Dinge hättest investieren können. Dinge, die dir mehr gebracht hätten, als einer Utopie hinterher zu jagen.“ Gavin setzte sich langsam in Bewegung, denn ihm war gerade eine Idee gekommen. Nicht gerade eine gute Idee, aber die Einzige, die ihm in diesem Moment überhaupt gekommen war. „Ich meine, es ist doch dein Leben und du willst doch dein Leben leben und nicht irgendein knallbuntes Phantasiegebilde eines anderen. Aber dafür muss man lernen die Dinge zu nehmen wie sie sind, egal wie ungern man sie auch hören mag. Man kann nur mit den Dingen arbeiten, die man sicher kennt. Nicht mit Möglichkeiten oder Eventualitäten.“ Er hatte diese Lektion schon als Kind lernen müssen, so hatte sein Vater ihm nie die Chance gelassen, auch nur einen Gedanken an etwas anderes, als die Fakten zu verschwenden. Keine einfache Kindheit, aber eine lehrreiche und eine, die ihm jetzt als Erwachsener mehr als nur sehr gut zu Gute kam. Vermutlich hätte er kein Jahr überlebt, wenn er nicht durch die harte Schule seines Vaters gegangen wäre. Wenn sein Vater ihn nicht immer wieder auf den Boden der trockenen Fakten zurückgeholt hätte, sondern zugelassen hätte, dass er mit seinem Kopf zwischen den Sternen hing.

„Sie stehen schlechter als erwartet, aber besser als befürchtet“, beantwortete Gavin ihre Frage, indem er sie eigentlich überhaupt gar nicht beantwortete. Aber er würde niemals alle Karten auf den Tisch legen, außer er würde damit gewinnen. Hier war es zwar kein Spiel, aber Spielerverhalten legte man eben nicht ab. „Jedenfalls was die Chancen der Legacy angeht. Und was die Planeten angeht – um ehrlich zu sein – ich habe keine Ahnung wo wir uns aktuell befinden.“ Und das war nicht einmal gelogen. Er hatte die Legacy aus dem Hyperraum fallen lassen und sich direkt wieder an die Reparaturen begeben. Sie hatten die höhere Priorität erhalten, denn was half es einem zu wissen, wo man sich gerade befand, wenn einem das halbe Schiff um die Ohren flog? „Ich kann dir nur sagen, dass wir uns irgendwo zwischen Corellia und Kessel befinden, wenn dir das hilft.“ Jetzt, wo das meiste notdürftig geflickt war, hatte er die Ruhe heraus zu finden, wo exakt sie sich auf dieser Strecke befanden und welche Planeten in der Nähe waren, die sich dafür eigneten, das Schiff zu landen und zu reparieren. Sicher war zwar, dass der Huttenraum ziemlich nahe sein musste, aber das war nicht gerade ein Eck, in dem man sich blicken lassen sollte. Man konnte ja nicht gerade behaupten, dass die Hutten auf seinen Boss besonders gut zu sprechen waren.

Sie hatten mittlerweile den Navigationsbereich vor dem Cockpit erreicht und Gavin richtete seinen Blick auf Jace.
„Kannst du eine Nachricht an sie übermitteln?“
„Ich halte das für keine gute Idee.“
„Danach hab ich nicht gefragt. Also Ja oder Nein?“
„Wenn ich die Nachricht über das HQ tunnel, dann sollte ich das hinbekommen“, antwortete Jace mit zweifelndem Blick. „Aber warum ausgerechnet sie? Solltest du nicht besser ihm eine Nachricht schicken?“
„Jace, ich halte das auch für keine gute Idee, aber es ist die Einzige, die ich gerade habe“, antwortete Gavin mit einem Seufzen und ließ sich neben Jace auf den Stuhl sinken. „Er wird uns wohl kaum einen Schlepper schicken und uns nach Hause holen, wenn ich ihm erzähle, dass wir auf Corellia dem Imperium eine wichtige Fracht unterm Arsch weg geklaut haben, uns eine Schlacht mit einem Schwarm TIE's geliefert haben und der Captain eines Sternzerstörers uns seine Degradierung zu verdanken hat.“ Gavin drehte den Stuhl so, dass er seine Beine auf das kleine Geländer legen konnte, welches den Bereich hüfthoch umgab. „Er wird vielleicht an den einen oder anderen Fäden ziehen, seine Reputation in die Waagschale werfen und uns damit die eine oder andere Gestalt vom Hals halten, aber ich bezweifle, dass er seine Finger tiefer in die Angelegenheit steckt. Du kennst ihn doch genau so gut wie ich. Wir haben uns die Suppe eingebrockt und deswegen müssen wir sie auch selbst wieder auslöffeln.“ Nachdenklich fuhr sich Gavin mit der Hand über den Kopf. Nein, ihm gefiel die Idee wirklich nicht, aber er war gerade auch nicht unbedingt in einer Situation, in der er viel Auswahl hatte. Er vertraute ihr, auch wenn ihr Verhältnis durchaus durchwachsen war und Vertrauen war in dieser Lage einfach eine unabdingbare Notwendigkeit. „Wir können auch keinen Raumhafen ansteuern und das Schiff zur Reparatur in die Werft geben, solange wir das Ding im Frachtraum liegen haben und nach ihr“, mit dem Kopf deutete Gavin in Tal'anas Richtung. „Auf sämtlichen imperialen Kanälen gefahndet wird. Du kennst die Leute deren Lieblingskanal das ist.“ Sicherlich waren seit ihrem Abflug von Corellia nicht mehr als 3 Stunden vergangen, aber die Fahndung nach der Twilek lief ja bereits, als sie sie noch auf dem Planeten gewesen waren. Genug Zeit also für einen Kopfgeldjäger Wind von der Sache zu bekommen.
„Und wenn du ihm nicht alles erzählst?“, fragte Jace und ernte dafür allerdings erst einmal nur ein zweifelnden Blick von Gavin.
„Was schätzt du“, meinte er und drehte grinsend seinen Kopf zu Jace. „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er in dem Moment, in den wir in den Hyperraum gesprungen sind, schon von der Sache wusste?“
„Ok ok“, seufzte Jace und verzog das Gesicht. „Ich setz mich schon dran, aber es kann einen Moment dauern.“
„Ich renne dir nicht weg“, grinste Gavin und sah wieder zu Tal'ana, die keine Ahnung hatte, von wem Jace und er gerade gesprochen hatten. Nun eine Person würde sie, sofern es funktionierte, ja kennenlernen, doch was die andere Person anging, da war es besser sie erfuhr nicht, um wen es sich handelte.

Aber ganz offenbar hatte Tal'ana kein Interesse daran etwas zu sagen, doch bevor Gavin auch nur ein Wort in ihre Richtung sagen konnte, meldete Jace auch schon, dass die Leitung stand. Gavin war zugegeben ein wenig überrascht, wie schnell auf einmal alles gegangen war, andererseits arbeitete e auch nur mit den Besten zusammen. Mit einer Hand griff er nach dem Kom und überlegte für einen kurzen Moment, wie die ganze Angelegenheit am sinnvollsten anging.
„Hier ist der egoistische, corellianische Bastard mit dem Einfühlungsvermögen eines thyfferianischen Gundarks“, fing er die Nachricht an ohne auch nur für einen winzigen Moment das Gesicht zu verziehen. „Der sich letztens, wie immer eigentlich, wortlos verpisst hat, um dieser – du weißt schon welcher – Diskussion aus dem Weg zu gehen und mich würde es nicht wundern, wenn du die Nachricht an dieser Stelle schon beendest. Glaube mir, hätte ich eine andere Wahl, hätte ich mich bei dir gewiss nicht gemeldet.“ Aus den Augenwinkel heraus nahm er Jace wahr, der ihn mit großen Augen ansah und den Kopf schüttelte. „Ok, hat sich jetzt reichlich falsch angehört und deswegen lasse es mich erklären, bevor du es in den falschen Hals bekommst“, setzte Gavin seinen Monolog mit einem Seufzen fort. „Ich stecke in der Scheiße, dieses Mal wohl so richtig tief und ich bin wohl bald der begehrteste Mann in der Galaxis. Jeder will mich haben und nebenbei eine Menge Credits damit verdienen. Ich will dich da eigentlich absolut nicht mit reinziehen und ich kann verstehen, wenn du die Nachricht direkt löschst“, brach Gavin erneut mit einem Seufzen ab. Sich bei ihr zu melden und um Hilfe zu bitten, fühlte sich einfach nicht richtig an. Er konnte sich nicht einmal erklären warum. „Die Legacy hat einiges abbekommen und benötigt dringend das eine oder andere Ersatzteil, aber ich kann aus Gründen, die ich dir hier nicht sagen kann, keinen Raumhafen anfliegen. Wenn ich es tue, dann ist alles vorbei“, sprach Gavin weiter und fuhr sich mit der Hand kurz über das Gesicht. „Wenn du uns helfen willst, dann wäre ich dir dankbar und wenn du dich dagegen entscheidest, dann kann ich es verstehen.“ Gavin legte das Kom auf den Schoß und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Jetzt blieb ihnen nichts anderes übrig als zu warten, ob sie reagieren würde oder nicht.
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#34
"Und dann hat dieser stinkende, grunzende Gamorreaner doch tatsächlich versucht mich über den Tisch zu ziehen! Mich! Kannst du dir das vorstellen?" Schnauabend warf sie den Kopf in den Nacken und drehte sich in ihrem Pilotensessel so weit zur Seite, dass sie ihre Füße auf dem Sitz des leeren Co-Piloten Sessels ablegen konnte. Am anderen Ende der Verbindung lachte Areyn, was dazu führte, dass Rias Augenbraue ein Stück nach oben ruckte. "Lachst du mich gerade aus? Du hast wohl vergessen, dass..."
"Nein, ich lache dich nicht aus. Würde ich niemals wagen. Ich kann mir nur denken, dass er diesen Versuch bereut hat, was?"
"Darauf kannst du deinen nächsten Gewinn verwetten. Dieser Stinker quiekt jetzt ein paar Tonlagen höher... wenn du verstehst, was ich meine. Und ich wage zu bezweifeln, dass er noch einmal versuchen wird eine derartige Nummer abzuziehen. Er war wohl der Meinung, ich wäre ein leichtes Opfer für seine Betrügerei, nur weil ich eine Frau bin." Sie schnaubte verächtlich und warf dabei nur flüchtig einen Blick auf die Anzeige des Autopiloten, der allerdings nach dem letzten Ausfall einige Tage zuvor wieder normal zu funktionieren schien. Nun der Transporter war eben auch nicht mehr der jüngste.
"Dennoch hast du jetzt ein unerledigtes Geschäft auf der Liste und das macht sich nicht besonders gut in deiner Statistik."
Ria hörte ihn ganz genau. Diesen neckenden Unterton in der Stimme ihres Bruders und sie wusste, dass er dabei wohl schelmisch vor sich hin grinsend in seinem Sessel saß. Immerhin hatte sie ihn oft genug in dieser Pose erlebt.
"Keine Sorge. Ich werde die Ware schon los. Nur eben nicht an denjenigen, der sie hätte bekommen sollen. Woher die Credits am Ende des Tages kommen, ist schließlich egal, nicht wahr? Das hast du selbst immer gesagt."
"Aber du sollst deine Kunden dabei nicht verprellen."
"Mach ich ja gar nicht. Ich lass mich nur nicht verarschen. Und von SO einem schon gar nicht. Außerdem musst du dich gar nicht beschweren, denn immerhin hatte ich den besten Lehrmeister der ganzen Galaxis, nicht wahr?"
"Wenn ich gewusst hätte, dass du den Spruch irgendwann gegen mich verwendest, hätte ich ihn niemals ausgesprochen."
"Tja, zu spät." Ria drehte sich leicht mit dem Sessel, ohne dabei ihre Füße vom Co-Piloten Sitz zu nehmen. Sie war sich bewusst, dass sie im Grunde sehr jung war, um alleine in ihren Kreisen zu agieren, aber sie hatte tatsächlich - und das glaubte sie wirklich - den bestmöglichen Lehrmeister gehabt. Sie bewunderte ihren Bruder, auch wenn sie ihm das niemals derartig deutlich sagen würde, aber sie war sich sicher, dass er es dennoch wusste - tief in seinem Inneren.
"Tu mir einfach nur den Gefallen und pass auf, dass du nicht irgendwann an den Falschen gerätst. Dafür hast du ja schon immer ein ausgeprägtes Talent besessen. Apropos... was macht deine letzte falsche Wahl?"
Ria verdrehte die Augen. War ja klar, dass Areyn früher oder später damit anfangen würde, weil er es einfach immer tat.
"Keine Ahnung," antwortete sie schulterzuckend und sprach dabei sogar die Wahrheit. Sie wusste es nicht. Und sie wollte es auch gar nicht wissen. Oder... vielleicht doch. Aber nicht wirklich. Doch. Im Grunde schon. Und wenn es nur dafür war, um sich dann aufregen zu können.
"Na gut. Wenn irgendetwas ist, du weißt wie du mich erreichen kannst."
Ria nickte schweigend, bevor ihr in der nächsten Sekunde bewusst wurde, dass Areyn sie ja gar nicht sehen konnte. "Ich weiß. Keine Sorge. Ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen."
"In Ordnung. Sehen wir uns, wie verabredet, in zwei Wochen?"
"Sicher. Ich muss mir schließlich den Gewinn unserer Wette bei dir abholen." Sie hörte sein Seufzen und grinste. Womöglich hatte er wohl gehofft, sie hätte es in der Zwischenzeit vergessen, aber etwas derartiges vergaß sie nicht. Nicht wenn jemand ihr Geld oder einen Gefallen schuldete und schon gar nicht, wenn eine gewonnene Wette mit ihrem Bruder der Hintergrund war.
"Bis dann. Pass auf dich auf, Kleine."
"Ich bin nicht..." begann sie empört mit einer Antwort, bevor sie realisierte, dass Areyn die Verbindung bereits beendet hatte.

Mit aufgeplusterten Wangen verschränkte sie die Arme vor der Brust, bevor sie die Luft entweichen ließ und sich wieder den Anzeigen der Geräte widmete. Unter den jetzigen Bedinungen würde sie noch einige Stunden brauchen, bis sie Balmorra erreichen würde, wo sie schnell etwas abholen sollte. Vielleicht sollte sie diese Zeit nutzen, um das Chaos im Lieferraum zu beseitigen? Oder sie konnte ein klein wenig Schlaf nachholen. Oder sich Gedanken darüber machen, welche Reparaturen als nächstes anstanden und deren Kosten einmal durchkalkulieren, bevor es am Ende das böse Erwachen gab. Oder sie konnte...
Eine eintreffende Nachricht unterbrach sie in ihren Überlegungen und ließ sie schwerfällig durchatmen. An manchen Tagen, artete ihr Job wirklich in Stress aus. Was war denn nun schon wieder? Die wenige Begeisterung über die eintreffende Störung, schwang augenblicklich in etwas anderes um, kaum dass sie die Stimme vernahm, die durchkam. Wut. Ja, sie war wütend. Verdammt wütend sogar. Und die Art der Nachricht machte es nicht unbedingt besser. Oh sie wollte.... sie wollte....

"Du hast echt Mut, dich jetzt - und SO - zu melden. Und mach dir keine falschen Hoffnungen, die Bezeichnung eines Gundark ist noch viel zu gut für dich." Sie hatte seine Nachricht ignorieren wollen, hatte ihn genauso im Regen stehenlassen wollen, wie er es so perfekt konnte, aber selbst zum ignorieren war sie zu wütend auf ihn. Und verletzt. "Ich sollte dich einfach eiskalt auflaufen lassen, denn nichts anderes hast du verdient und das weißt du hoffentlich. Und es ist eine bodenlose Frechheit, dass du jetzt ankommst und um Hilfe bittest. Andererseits..." sie schwieg einen Moment und legte nachdenklich den Kopf schief, bevor sie fortfuhr, "zeugt es vielleicht von wahrer Verzweiflung, dass du dich ausgerechnet bei MIR meldest, nachdem du einfach - mal wieder - verschwunden bist. Es ist immer das selbe. Immer. Aber eines sage ich dir: das ist das letzte Mal. Das letzte Mal!" Egal für was. Aber das schlimme war, dass sie ihn einfach nicht hängen lassen konnte. Nicht so. Nicht wenn er wirklich derart tief in der Scheiße steckte, wie er es sagte. Wahrscheinlich würde sie ihn noch nicht einmal dann wirklich hängen lassen können, wenn er nur halb so tief drinsteckte, auch wenn sie sich innerlich dafür schon wieder verfluchte. Sie seufzte schwer und schwieg einen Moment, in dem sie überlegte, was jetzt wohl die richtige Reaktion wäre, obwohl es hier wohl keine richtige Reaktion gab. "Also... was hast du getan und wo steckst du?" Sie würde es bereuen, das wusste sie. Aber hier ging es auch ein wenig um Ehre. Und gegenseitigem Vertrauen und dass er sich in einer Notsituation - wie auch immer diese tatsächlich aussehen mochte - ausgerechnet an sie wendete, zeugte doch davon, dass zumindest dieses zwischen ihnen vorhanden war. Wenn auch nur auf einer beruflichen Ebene, aber alles andere spielte in diesem Augenblick wohl auch eher eine untergeordnetere Rolle. Aber um zu wissen, ob und wie sie ihm helfen konnte, musste sie zuerst einmal wissen, worum es überhaupt ging und ob er, beziehungsweise die Legacy, auch nur ansatzweise in ihrer Reichweite war.
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#35
Gavin sah ein wenig gedankenverloren an die andere Wand, während er in seinem Kopf die unterschiedlichsten Szenarien durchspielte, die ihm gerade alle so in den Sinn kamen und vollkommen gleich, welches er auch durchspielte, sie endeten alle auf die mehr oder weniger selbe Art und Weise. Ein Ende, welches er zumindest seiner Crew ersparen wollte. Er hörte das Knacken im Kom und rechnete schon fast damit, dass es jemand aus dem HQ war, der den Auftrag hatte ihm die Hölle heiß zu machen oder um ihm die Nachricht zu übermitteln, dass er draußen war. Auch wenn niemand wusste, dass er zu dieser Gruppe gehörte, so war er dennoch zu einem Risiko geworden, wenn man überlegte, wie überzeugend so eine imperiale Befragung sein konnte. Da war man schnell bereit Dinge zu zugeben, von denen man selbst noch nie zuvor etwas gehört hatte. Wenn er nicht mehr dazu gehörte, dann war auch die Organisation außen vor und es gab keinen Grund zu behelligen. Gavin glaubte zwar, so ganz tief und weit in seinem Inneren, dass er nicht so weit gehen würde, ihn raus zu werfen, aber sicher war in diesen Tagen wohl gerade nichts mehr. Doch dann war es Rias Stimme, welche aus dem Kom trat und in jeder anderen Situation hätte sich jetzt wohl ein zufriedenes Grinsen auf seine Lippen geschlichen, weil er es wieder einmal geschafft hatte, doch in dieser Situation zuckte nicht einmal ein einziger Muskel in seinem Gesicht. Er nahm das Kom und hielt es sich ans Ohr.

„Ich stimme dir in allen Punkten zu“, antwortete er nach einer Weile mit ruhiger Stimme und erntete dafür, von Jace einen verwunderten Blick. „Und ja, mich solltest du eiskalt auflaufen lassen, aber Tasha und Jace haben dieses Schicksal nicht verdient.“ Gavin schloss kurz die Augen und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. Wie immer wenn er ernsthaft über etwas nachdachte. „Ich weiß, dass ich dein Vertrauen eigentlich gar nicht mehr verdient habe“, sprach er weiter und seine Stimme klang ein wenig müde. „Und ich nicht wiedergutmachen kann, was ich verbockt habe.“ Gavin machte eine Pause und hielt noch immer die Augen geschlossen. Es war gar nicht so einfach dieses Gespräch zu führen, aber es war so wohl einfacher, als wenn sie ihm in genau diesem Moment gegenüber gestanden wäre. „Aber wenn ich dir eines an dieser Stelle mit absoluter Sicherheit versprechen kann ist, dass es wirklich das letzte Mal sein wird“, kam es dann, nach einer längeren Pause, wieder von Gavin, der nach Jaces Geschmack viel zu ernst geklungen hatte und ihm nun kurzerhand das Kom aus der Hand nahm, bevor er das Gespräch noch tiefer in den Sand setzen konnte.
„Hör zu Ria“, war es nun Jace, der sich bei ihr meldete. „Ich schicke dir die Koordinaten, sobald wir einen Platz gefunden haben und dann erkläre ich dir auch alles.“ Es war einfach nicht sicher jetzt über ihre genaue Position oder darüber, was passiert war, zu sprechen. Nicht bei dieser Form der Kontaktaufnahme. „Und bis dahin hast du nichts von uns gehört“, meinte Jace und warf einen kurzen Blick zu Gavin. „Pass auf dich auf Kleines.“ Jace brach die Verbindung ab, legte das Kom auf das Panel vor sich und drehte sich zu Gavin um.

„Ich habe keine Ahnung, was für ein abstruser Plan sich in deinem Kopf gebildet hat und vermutlich will ich es auch gar nicht wissen, aber ich weiß, dass mir dein Ton eben nicht gefallen hat“, wandte er sich mit ernster Stimme an seinen Captain. „Und besonders nicht diese Sache mit 'letztes Mal'. Ganz besonders das nicht. Was auch immer du dir hier oben“, mit dem Zeigefinger tippte Jace Gavin mehrfach gegen die Stirn, „Überlegt hast – Vergiss es wieder und zwar ganz schnell. Haben wir uns da verstanden?“ Es war Jace anzusehen, dass er gerade nicht in der Stimmung zu Diskussionen war und somit war es lediglich ein resigniertes Seufzen was Gavin von sich gab. Vermutlich war der Zeitpunkt wirklich nicht besonders geeignet für derartige Diskussionen, aber irgendwann würden sie darüber diskutieren müssen, egal ob es ihnen passte oder nicht. Irgendwann würden sie eine Entscheidung treffen müssen, denn sie würden nicht ewig vor allem und jedem davonlaufen können. Erneut seufzend erhob sich Gavin von seinem Platz. „Sobald du einen günstigen Schattenhafen gefunden hast schick ihr die Koordinaten. Ich werde mich derweil weiter darum kümmern, dass wir die Landung an einem Stück überstehen.“ Es war wohl das Beste, wenn er zurück an die Arbeit ging. Dort hatte er genug Dinge auf die er sich konzentrieren musste, so dass er gar keine Möglichkeit hatte, sich über andere Dinge den Kopf zu zerbrechen. Die Zeit würde noch kommen und vielleicht kam er dann auf nützlichere Ideen als die, die ihm bisher in den Sinn gekommen waren.

Tbc: Nal Hutta
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