#31
“Möchten Sie eine Tasse Kaf?“
Die fremde Stimme riss Hanaar aus seinen Gedanken, er blinzelte kurz und schaute einige Wimpernschläge verdutzt in Richtung der Sekretärin, schließlich hatte sein Verstand die profane Frage verarbeitet und er nickte zustimmend: “Mit etwas Jhen-Honig, wenn Sie haben. Ansonsten schwarz, bitte.“ Die Frau verschwand in einem Nebenraum, der Hanaar bisher nicht aufgefallen war. Einige Minuten später erschien sie mit einem kleinen Tablett, auf dem auffallend liebevoll eine Tasse Kaf angerichtet stand. Daneben lag ein kleines Gebäckstück, da der Löffel fehlte, schien es keinen Jhen-Honig zu geben. Der Admiral nahm die Tasse vorsichtig entgegen, ließ das Gebäckstück aber auf dem Tablett liegen, er machte sich nichts daraus. Genüsslich trank er einen Schluck und musste feststellen, dass der Kaf vorzüglich schmeckte. Mit der Tasse am Mund blinzelte er der Frau zustimmend entgegen, wunderte sich dann aber, dass sie nicht zurück an ihren Platz ging. Im Gegenteil, sie blieb stehen und schaute nervös zwischen Hanaar und der Tür hin und her, so als würde sie jeden Moment ein Kommando des Geheimdienstes erwarten, welches ihr einen schwarzen Sack über den Kopf stülpt, um sie dann aus dem Raum zu ziehen. Einen kurzen Augenblick huschte ein absurder Gedanke durch den Kopf des Admirals und vor seinem geistigen Auge sah er sich im Todeskampf verkrampft auf dem Boden liegen, neben sich der verschüttete Rest des vergifteten Getränks, das hysterische Lachen der Frau im Hintergrund. Der Gedanke verschwand wieder ohne Spuren zu hinterlassen und so trank Hanaar einen weiteren Schluck und stellte die Tasse dann neben sich auf einen kleinen Beistelltisch.
“Kann ich etwas für Sie tun?“, fragte er höflich. “Nun ja, vielleicht...“, druckste die Sekretärin; scheinbar lag ihr etwas auf dem Herzen und nun fasste sie den Mut – oder versuchte es zumindest – dies dem Admiral mitzuteilen. Dieser wiederholte seine Frage, diesmal aber gesellte sich ein leicht genervter Unterton dazu. Die Frau warf einen letzten Blick zur Tür, atmete dann tief ein und platze schließlich mit der Antwort heraus. “ Mein Name ist Tanera Pencron.“ Sie ließ die Worte einige Augenblicke wirken und erwartete offensichtlich eine Reaktion von Hanaar, dieser blickte sie aber nur fragend an. “Ja? Sehr erfreut“, antwortete er etwas irritiert, was der Dame nicht unbedingt Sicherheit verschaffte, trotzdem ließ sie sich nur kurz aus dem Konzept bringen und sprach dann unverblümt weiter. “Mein Bruder Zuros Pencron diente unter Ihrem Kommando an Bord der Dominator.“ Nun endlich konnte Hanaar den Namen zuordnen, wie immer merkte er sich vor allem die Namen der Schiffe, weniger die der Personen, aber dadurch konnte er trotzdem den Zusammenhang feststellen und bemerkte augenblicklich, was für eine unangenehme Situation dies werden könnte. Er war kein Diplomat und schon gar nicht gut darin, das Gemüt einer Ehefrau – oder was auch immer diese Dame war – eines gefallenen Offiziers zu beruhigen. Zwar war es eine seiner Aufgaben, die Mitteilungen über die Verluste zumindest höherrangiger Offiziere an die Familienmitglieder zu schreiben, doch für ihn war dies immer mehr eine persönliche Bilanz, weniger eine emotionale Notwendigkeit. Hanaar überlegte, wie er nun darauf reagieren konnte und entschied sich für eine hohle Phrase. “Ja, ich erinnere mich...“, log er, “...ein tapferer Offizier.“. Die Antwort schien aber Wirkung zu zeigen, denn die Frau entspannte sich etwas. Hanaar schaute sie an, sie war zierlich gebaut, nicht sonderlich hübsch, aber auch keinesfalls hässlich. Eine unscheinbare Person mit kurzen dunklen Haaren und braunen traurigen Augen. Die schmalen Lippen verzogen sich zu einem angedeuteten Lächeln. Sie trug keine Uniform – der typische Fall einer Angehörigen, die aus „Dankbarkeit“, aber auch aus Sicherheitsgründen im Dienste des Imperiums blieb; mit genug Arbeit, um nicht auf falsche Gedanken zu kommen, aber in einer Position, die kein allzu großes Risiko oder gar größere Verantwortung mit sich brachte.
“Vielen Dank“, antwortete sie in einem sanften Tonfall, der bei Hanaar für Gänsehaut sorgte, “Er war mein Bruder. Ich dachte... als Sie hier aufgetaucht sind und weil Sie mir ja damals persönlich die Nachricht über meinen Verlust übermittelt haben... also... vielleicht könnten Sie mir sagen, wie er gestorben ist?“ Die aufrichtige Bitte, so naiv sie auch war, sorgte bei Hanaar für ein unbekanntes Gefühl, es war wie eine warme Flut, die sein Innerstes durchlief, einen kurzen Augenblick lang hatte er das Bedürfnis aufzustehen und die Frau schützend, aber auch tröstend in den Arm zu nehmen. Das Gefühl wich aber schnell wieder der kühlen Berechnung eines Admirals, der alles im Leben als eine Art Kampf empfand und stets bemüht war, mit taktischem Denken die für ihn vorteilhaftesten Optionen zu evaluieren. Vorsichtig taktierte er und nahm der doch sehr emotionalen Situation etwas von ihrer Schärfe, indem er die Frau direkt ansprach: “Offengestanden, Tanera, gibt es da nicht viel zu berichten.“ Er trank den letzten Schluck aus seiner Tasse und stellte sie dann behutsam ab, während er weitersprach. “Ihr Bruder hat tapfer gekämpft und starb bei der Erfüllung seiner Pflicht im Dienste einer höheren Sache. Sein Tod leitete unseren Sieg ein.“ Hanaar hielt es für klüger, die Tatsache zu verschweigen, dass er die Dominator seinerzeit opferte, um mit dem Rest seiner Flotte entkommen zu können. “Halten Sie sein Andenken mit Stolz in Ehren.“.
Letztlich, so musste Hanaar nüchtern feststellen, waren seine Worte nichts weiter als leere Hülsen, die man auch auf jeden anderen Offizier anwenden konnte, nichts weiter als eine Floskel und eigentlich auch kein großer Unterschied zu dem, was er sonst den Angehörigen als Nachricht sendete. Trotzdem schienen die Worte Tanera zu beruhigen, sie nickte und kämpfte augenscheinlich mit den Tränen, doch sie schaffte es, sie zu unterdrücken. “Vielen Dank“, presste sie leise hervor, nahm dann die leere Tasse und verschwand damit im Nebenraum, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Genau in dem Moment tauchte Flottenadmiral Vaash auf und rauschte an Hanaar vorbei mit der knappen Aufforderung, ihm zu folgen. Er wirkte gestresst und Hanaar fragte sich, ob dies mit ihm in Zusammenhang stand oder purer Zufall war. Der Admiral stand auf und nahm seine Tasche, kurz warf er einen Blick zu dem Nebenraum und sah, wie Tanera wieder auftauchte. Sie lächelte ihm kurz zu, er nickte freundlich und begleitete Vaash dann in sein Büro. Ohne weitere Verzögerung oder etwas zu sagen folgte er der Aufforderung sich zu setzen, er lehnte seine Tasche neben sich an den Stuhl, nahm seine Mütze ab und suchte eine adäquate Möglichkeit sie abzulegen, als er keine fand, legte er sie auf die Tasche und machte es sich im Stuhl bequem.
“Ich grüße Sie, Admiral, freut mich, Sie wieder gesund zu sehen.“, bemerkte er mit ernsthafter Höflichkeit. Gute Offiziere waren immer nützlich und trotz völlig unterschiedlicher Vorgehensweisen und gelegentlicher Differenzen gehört Vaash, laut Meinung von Hanaar, ganz ohne Zweifel dazu. Die Tür schloss sich hinter den beiden Männern und augenblicklich wich der ungewohnt emotionale Zustand, der aus dem Gespräch mit Tanera resultierte, dem gewohnt sachlichen und kühlen militärischen Miteinander.
“In der Tat“, bemerkte Hanaar zustimmend, als Vaash ihm erklärte, dass es „Dinge zu besprechen gab“. Er blickte dem Flottenadmiral in die Augen und erwartete mit Spannung das, was nun folgen würde.
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#32
Hanaar Varpasi hatte Platz genommen. Vaash hatte diesen Offizier noch einen Moment lang angeblickt, um sich ein Bild über diesen Mann zu machen. Man kannte sich aber wusste wenig vom anderen. Vaash kannte die militärischen Erfolge und auch die Personalakte, sofern sie nicht eingeschränkt war. Der feste Blick seines Gegenübers verhieß, dass er ein sachliche Person war, die wenig auf Höflichkeiten oder emotionales Buhei wert legte und diese nur dem militärischen Protokoll nach abfeierte, wie eine Kanonade. Auch wusste Vaash, dass Varpasi eher Bluthund und Kriegsknecht war, denn wirklich ein taktierender Gentleman. Er ahnte bereits, dass diese Zusammenarbeit schwierig werden würde, da beide unterschiedliche Ehrbegriffe hatten. "Es war ein langer Weg," meinte der Alte vielsagend zu den Glückwunschen zu seiner eigenen Gesundheit. Er konnte nicht wissen, was Tiberius Vaash alles durchgemacht hatte. Allein die letzte Unterredung mit Isard hatte etwas eröffnet, was sich nicht mehr so einfach verschließen ließ. Etwas geschah in diesem Reich, was sich seiner Kontrolle entzog. Ferner rechnete der alte Admiral damit, dass er nun vom Geheimdienst beobachtet wurde. Das Büro war sicherlich verwanzt und seine Leitungen angezapft, so dass er nicht wirklich offen sprechen konnte. Vaash musste seine Worte auf das übliche Sachgespräch beschränken, um Isard keine weitere Munition gegen ihn zu geben. Er machte sich keine Illusionen über seinen aktuellen Lebensumstand. Auch schien Ishin Il-Raz einen Narren an ihm gefunden zu haben. Alles schien unfassbar kompliziert, so dass Vaash jetzt auch nicht die Laune hatte, einem fast fremden Offizier seine aktuelle Lebensgeschichte zu erzählen und einzelne Punkte zu erklären, warum er so lange ausgefallen war. Es war eine Mischung aus Furcht und Frustration, die seine Wortwahl kurz hielt. Im Zweifel stand er allein mit diesen Sorgen und Ängsten. So war es immer. Die Bürde seines Amtes lag nicht nur darin, Flotten zu führen, sondern auch mit dem Apparat "Imperium" auszukommen. Auch wenn er sich selbst als unpolitisch sah, so war doch auch seine Arbeit mit gewissen Politiken verknüpft. Er konnte sich nie ganz davon freimachen. Immerhin war auch er verantwortlich für den aktuellen Zustand des Staates. Tiberius Vaash hatte Vesperum möglich gemacht. Eine Tatsache, die mal Fluch und mal Segen war. Vaash hatte gehandelt und Politik gemacht. Etwas, was er sich heimlich vorhielt, denn eigentlich sollten Offiziere keine Politik betreiben und schlicht dienen.

Vaash diente inzwischen wieder aber eine Zeit lang war die Ambition zur Korrektur im Imperium größer gewesen. Das Imperium war alles und am Ende würde man ihn daran messen, was er für seine Sache erreicht hatte. Das Imperium lebte vom Militär und in diesem Bürgerkrieg umso mehr. Die Waffen waren immer lauter als die Stimmen in einem Senat oder einer Verwaltung. "Wo fangen wir an?" - der Alte sortierte ein paar Pads vor sich, um das passende Gerät für den Admiral vor sich zu finden. "Ich denke, dass wir die üblichen Floskeln übergehen können," knatterte der alte Mann, während er das Pad anhob. Dieser Tag war wirklich anstrengend und nun musste er auch noch diese unangenehme Tätigkeit übernehmen. "Sie wurden degradiert," versuchte er freundlich zu formulieren und scheiterte. Mit einer fast geworfenen Handbewegung schleuderte er Varpasi das Pad mit dem Beschluss zu. "Ihr neuer Rang ist Admiral," sagte der Alte und zog aus einer Schublade ein Kästchen mit einem neuen Rangabzeichen hervor, welches er dieses mal vorsichtiger anbot, so dass es Varpasi mit einer einfachen Bewegung annehmen konnte. "Ich muss das alte Rangabzeichen einziehen," erklärte Vaash mit einem Nicken. "Es ist keine leichte Aufgabe, einen erfahrenen Kollegen und Kameraden zu degradieren aber das Oberkommando hat diesen Beschluss gefasst," rechtfertigte sich der Alte, um nicht ganz herzlos und kalt seinem Gegenüber zu erscheinen. Immerhin war er der Mann der Soldaten und dieser Ruf war nicht ohne Grund entstanden. Er kümmerte sich aufrichtig um die Belange seiner ihm unterstellten Soldaten. "Sie brauchten wohl ein Bauernopfer," teilte Tiberius Vaash eine Vermutung laut mit. Es war auch kein Geheimnis, dass das Oberkommando auch politische Erwägungen traf und gelegentlich Offiziere abstrafte, um einen Sündenbock für das Scheitern von Operationen zu finden. Einer musste Schuld sein und es war immer einfach einen zuständigen Kommandeur abzustrafen als den Stab selbst. Es wurde auch erwartet, dass jeder Offizier dies akzeptierte und als Teil des Dienstrisikos begriff. Es war immerhin besser als gehängt zu werden. Zumal eine Degradierung in den Ebenen, in denen sich Varpasi und Vaash bewegten, selten wirkliche Einbußen zur Folge hatten. Wenn sie wirklich versagt hätten, würden sie hingerichtet. In diesem Bürgerkrieg gab es nur noch Sieg oder Tod. Das Oberkommando ließ keinen Zweifel mehr daran. Vaash missfiel dies zwar aber er hatte keine Wahl. Er war mit diesem System verbunden und ein Ende des Systems wäre wohl auch ein Ende des Tiberius Vaash. "Ferner muss ich ihnen mitteilen, dass sie mir als Admiral unterstellt wurden," sagte Vaash.

"Sie übernehmen den Sternzerstörer Valor mit zwei Geschwadern und bilden zusammen mit der 12ten Flotte meine Kampfgruppe. Wohl ein Testlauf, um zu prüfen, ob man ihnen bald wieder eine eigene Flotte zuteilen wird."Er deutete auf das Pad, welches Varpasi wohl in Händen hielt. "Weitere Details stehen in der Mitteilung." Dann beugte sich der Alte zurück, seufzte und öffnete eine große Schublade unter dem Schreibtisch. Darin befand sich eine Flasche Wein, welche geöffnet war, und zwei Gläser. Mit einem Satz holte er die Flasche Rotwein hervor, ebenso die Gläser und schenkte beiden ungefragt ein. Schließlich nahm er das Glas auf und zeigte mit der freien Hand auf das Glas, welches nun vor Varpasi stand. "Ich nehme an, dass sie diesen Wein schätzen werden," meinte der Alte mit einem salzigen Lächeln. Der alte Raumbär roch am Glas und wollte sich einen Atemzug Pause gönnen. Mit einer eleganten Kippbewegung führte er das Glas zum Mund, um einen genüsslichen Schluck zu trinken. Ein Hauch Entspannung fand sich, als der Geschmack seinen Gaumen füllte. "Sehen sie es als Einstand unserer neuen Zusammenarbeit." Er setzte das Glas ab, behielt es jedoch in seinen Händen und wurde dann wieder ernster in seiner Mimik. Gleich würde er die Operationsdetails besprechen müssen und auch die dubiose Planung vom Großadmiral. Ishin Il-Raz, dieser furchtbare Gnom, ruinierte ihm wirklich diesen Tag. Nicht einmal Isard hatte so viel Frustration hervorgerufen.
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#33
Es sind diese kurzen Schatten emotionaler Vorahnungen, die den Geist durchströmen. Zu schnell um den Sinn zu erfassen aber prägend genug um zu wissen; Etwas liegt in der Luft.
“In der Tat, ein langer Weg“ wiederholte er monoton eher auf seine eigene Situation bezogen, er beobachtete und versuchte seine Lage zu verifizieren, irgendwas ging vor, nur was? Das Gefühl formierte sich in seinen Gedanken langsam zu einer unumstößlichen Tatsache für die es ironischerweise bisher noch keinen wirkliche Ansatz gab. Doch dann, völlig unvermittelt wie ein Schlag in die Magengruppe wurde sein Intuition plötzlich Realität.
“Degradiert?“ fragte er ungläubig, während Vaash ihm das Datenpad zuwarf. Es rutschte sich einmal um die eigene Achse drehend über den glatt polierten Tisch und blieb beeindruckend nahe am Rand liegen. Hanaar blickte es mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Ekel an und nahm es schließlich vorsichtig auf so als wäre es ein zappelndes und höchst ekelhaftes Tier, welches ihn jederzeit anspringen könnte. Er überflog den Inhalt ohne die Worte zu lesen, vielmehr nutze es das Pad als Schutzschild, eine Möglichkeit etwas Zeit zu schinden um sich auf die aktuelle und für ihn neuen Bedingungen einzustimmen. Zu seiner Überraschung keimte keine Frustration auf, keine Wut und kein Unverständnis – im Gegenteil.
Hanaar legte das Pad zur Seite und nickte wortlos während er sich seine Rangabzeichen von der Brust nahm um sie vor sich auf den Tisch zu legen. Der neue Umstand brachte eine gewisse Ironie mit sich. Eigentlich war er hier her gekommen um sich eigenständig wieder in den Dienst zu befördern, er wollte seine Reputation nutzen um sich aus dem „wohlverdienten Urlaub“ zu verschieden, nun das wurde ihm jetzt abgenommen auch wenn es anders verlief als erwartet. Trotzdem, er war ein pragmatisch denkender Mensch und besaß genug Erfahrung um sich von solchen Rückschlägen nicht gänzlich aus der Ruhe bringen zu lassen und so nickte er schließlich zustimmend, als Vaash ihm seine Vermutung mitteilte. “So scheint es wohl“ sprach er ruhig, während er die neuen Abzeichen an seiner Brust befestigte. “Wir alle tragen wohl auf unterschiedliche Art und Weise die Last von Eriadu“ er zielte damit auf die Verletzungen von Vaash, allerdings ohne es irgendwie abwertend zu meinen. Es war eine simple Feststellung, immerhin war dies das imperiale Militär, kein gönnerhafter Kumpelverein wie die republikanische Flotte wo Versagen mit einer neuen Chance belohnt wurde. Das Imperium tolerierte keine Fehler und in dem Sinne war die Degradierung von Hanaar noch ein glücklicher Umstand.

“Es wird mir eine Ehre sein.“ und das meinte er völlig Ernst. Tatsächlich, wenn Hanaar offen zu sich selbst darüber sinnierte, brachte ihm die neue Situation auch einige Vorteile. Es bot die Möglichkeit sich selbst zu beweisen, dass er es sinnbildlich noch drauf hatte, ohne dabei die volle Verantwortung tragen zu müssen und es hätte schlimmer kommen können. Flottenadmiral Vaash war ein erfahrener Soldat, auch wenn Hanaar in vielen Dingen den direkteren Weg wählte und vielleicht auch bereit war ein größeres Risiko einzugehen, so war Vaash doch zweifellos ein ausgezeichneter Stratege, der seinen Beruf verstand. Erneut nahm er das Pad und laß diesmal konzentriert seine neuen Befehle. Er notierte sich gedankliche die wichtigsten Punkte und blickte auf, als Vaash eine Flasche Wein aus einer Schreibtischschublade zog. Hanaar lächelte kurz und nahm dann das gefüllte Glas, er trank einen Schluck und ließ den Wein langsam die Kehle herunter wandern “Ein guter Jahrgang“ stellte er anerkennend fest. “Auf eine gute Zusammenarbeit, Admiral.“.
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#34
Das eine Wort, dieser eine Name, rief die alten Narben herauf, die in Vaash schlummerten. Eriadu war nicht nur eine Niederlage gewesen, sondern auch ein seelischer Bruch. Als Varpasi dieses Wort aussprach, zuckten kaum merklich die Augen des alten Mannes, der sich erinnerte. Dieser Konflikt, der inzwischen ein allumfassender Krieg war, nahm ihm Stück für Stück seine einstige Zuversicht. Es gab nichts mehr, was sich zu halten lohnte aber dennoch hielt Vaash an allem fest. Es gab keinen Grund, keine Möglichkeit, zurückzukehren zu der alten Welt, die er innerlich herbei sehnte. Die alte Republik war tot. Das Imperium starb und doch war da ein letzter Funke im Schießpulver, der die Waffen feuern ließ. Es gab noch einen zornigen Widerstand gegen das einfache Vergehen. Ein Eid erforderte Tapferkeit. Und vor der Geschichte war Tapferkeit ein Kriterium, das man später bewunderte. Nein, er war nicht bereit für seine alten Ideen unzählige zu opfern oder seine eigene Familie aber er war bereit seinem Leben noch einmal Gewicht zu geben. Die Republik rückte näher heran. Die Grenzen waren nicht mehr fest und an vielen Fronten kämpften alleinstehende Verbände einsam um eine Entscheidung. Vaash wollte diesen Verbänden nicht nur Beispiel, sondern echte Entlastung sein. Das war es, was ihn nach Eriadu zusammen gehalten hatte. Nicht die Wahnsinnigen sollten herrschen, sondern die Tapferen und Mutigen. Während die Gierigen und Korrupten flohen, konnten die Tapferen stehen und beweisen, was ein Imperium war. Es war der Triumph eines freien Willen gegen die Ungerechtigkeit. Die Republik wollte mit Terror einen Staat stürzen, der mit Sicherheit seinen Untergang selbst beschworen hatte aber mit ähnlicher Sicherheit konnte sie für Vaash nicht die Antwort sein. Beide Systeme waren faulig. Man musste sich schlicht für eine Seite entscheiden. Tiberius Vaash hatte sich für seine Seite entschieden, ohne alles gut zu heißen. Unter anderen Umständen wäre er sogar ein guter republikanischer Offizier geworden aber seine Eidstreue und seine Sehnsucht nach Ehre verblendeten ihn und machten einen Seitenwechsel unmöglich. Man verließ seinen Lehnsherren nicht im Angesicht einer Übermacht. Es war ehrlos und als ehrloser Narr wollte er nicht sterben. Lieber als treuer und tapferer Narr, der im falschen Glauben an das Gute kämpfte. "Eriadu war nicht nur eine Niederlage, Admiral. Es war und ist ein Symbol," meinte der Alte nüchtern, der seine Narben wieder in sich verschloss, während ein paar Zeilen mit einer Hand in sein Terminal tippte, um den Vorgang zu vermerken, dass er Varpasi degradiert hatte. "Bürokratie," sagte er dazu, während er seinen Kopf zum Holoschirm drehte, um zu lesen, was er geschrieben hatte. Er sprach das Wort abwertend aus aber vermittelte damit, dass er dazu gezwungen war. Als Flottenchef war es nun mal auch seine Aufgabe gewisse Personalangelegenheiten zu klären und schriftlich zu fixieren. Schließlich beendete er seine Arbeit am Terminal, wandte sich wieder zum Admiral. "Ehre findet sich in einem ehrbaren Leben. Ich erwarte Tapferkeit und Treue, Admiral. In der Operation, die ich ihnen gleich eröffnen werde, werden wir besonders darauf angewiesen sein," erklärte Tiberius Vaash, der bemerkte, dass sein Gegenüber bereits das Weinglas aufgenommen hatte und bereits einen Schluck zu sich genommen hatte. Er selbst hob sein Gruß nach den Worten zum Gruß an. "Auf eine gute Zusammenarbeit," wiederholte der Flottenadmiral, bevor er das Glas leerte, um es im Anschluss neben dem Terminal abzustellen.

"Ja, nicht ganz günstig diese Flasche," scherzte der Alte mit einem fürsorglichen Lächeln und stand dann auf, um einen Holoprojektor unweit von Varpasi anzuwerfen. Hierzu drückte er einen Schalter an der Wandkonsole. Ein paar Sekunden später wackelte der kreisrunde Projektor an der Decke brummend, wohl ein älteres Modell, bis er dann laut klickend ansprang und ein Planetensystem zeichnete. Vaash stand daneben und zeigte auf das System und sagte dann in sachlicher Tonlage: "Das ist Atrisia, besser bekannt als die Gemeinschaft von Atrisia, ein System, welches seine Tributzahlungen an das Imperium eingestellt hat. Es reagiert bis zum heutigen Tag nicht auf Anforderungen und Wünsche des Oberkommandos, der Administration oder des Thrones selbst." Kurz blickte er auf die Hauptwelt, die im System mit einem blinkenden Dreieck markiert war. Danach blickte er wieder zu Varpasi.

"Unsere erste Aufgabe ist es, die Tribute einzufordern und im Zweifel den Welten ein Ultimatum zu stellen. Die Wahl des Zwanges unterliegt mir, da ich die nötige Freigabe vom Thron erhalten habe," setzte er dann fort, wobei er mit einer Fernbedienung, die er der Wandkonsole entnahm, an Atrisia heran-zoomte. "Die Welt wird derzeit von einer Person, namens Marrtus Tching regiert. Er selbst bezeichnet sich als Großkönig und ist dem Imperium einst treu gewesen. Der Umstand diverser Niederlagen scheint ihm jedoch die Chance eröffnet zu haben, die Tribute einzubehalten. Aufgrund der Wertigkeit dieser Welt und der herausgehobenen Stellung in unserer militärischen Historie, kann ein Ausscheiden der Gemeinschaft von Atrisia nicht geduldet werden. Ihre Loyalität muss erneut gesichert gewerden, da ansonsten weitere Tributsysteme ausbrechen könnten. Atrisia besitzt kaum eine nennenswerte Verteidigung. Der Nachrichtendienst geht von einer kleinen Flotte an Korvetten aus mit einigen Staffeln an Z95-Sternenjägern," erklärte Vaash den Hintergrund zur Mission, so knapp, wie möglich, bis er mit einem schnellen Tastendruck ein anderes System einblendete.

"Unsere nächste Aufgabe wird es sein, nach Beschaffung und Aufnahme entsprechender Güter, die Befestigung von Denon zu unterstützen. Denon wird Frontwelt werden, da Druckenwell auf Dauer nicht zu halten ist. Denon ist als Abnutzungskampf für die Republik geplant. Wir sollen Trägerschiffe eskortieren und Material transportieren. Auch werden wir frische Truppen aufnehmen, die verlegt werden. Atrisia dient hier als Dock und Sammelpunkt, auch um dieser Welt Nahrung zu entnehmen, um sie Denon zu zuführen," sprach er, während er mit der Fernbedienung den Zoom auf Denon legte. Man sah bereits einige Einblendungen und kleinere symbolisierte Schiffe, die Material anlandeten. "Teile der Versorgungsflotte liefern bereits vorgefertigte Befestigungen und stationäre Waffen an, Admiral," meinte er, bevor er den Projektor deaktivierte und die Fernbedienung wieder in die Konsole steckte, bevor er sich wieder auf seinem Sitz niederließ. Er verschränkte die Arme vor der Brust: "Fragen, Admiral?"
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