#31
Firrerre - Alte Stadtmauer

Tausende Nadeln durchbohrten den Wurm, der sich aufbäumte, schrie, wie von Sinnen durch die schattigen Katakomben ihrer Seele irrte, als unbarmherzige Lichtpfeiler diesen Ort durchstießen, die Gänge hell erleuchteten, durch die sie sonst, so einsam, so allein schritt, ohne den Weg vor ihr zu erkennen. Doch war es dumm anzunehmen, das gleißende Geschenk des Himmels, das sie erhielt, als Licht und Dunkelheit sich berührten, bestünde nur aus Gnade. Der Aspekt der Verderbnis, der bereits so viel ihrer Person dahingerafft hatte, kannte andere Wege. Er konnte sich dort verstecken, wo der lichte Augenblick nicht hinfiel und die Schatten noch düsterer wurden. Und vielleicht war dieses Wesen nicht annähernd so heilig wie sie glaubte, doch vom Ursprung des Abgrunds aus, dem finsteren Schlund alter Tage, konnte selbst ein schwaches Glimmen wie eine Sonne wirken und sie blenden, sie wenige Momente vor dem Dunkeln schützen und eine kleine Kerze entzünden. Allzu lang könnte das Lichtlein nicht glimmen, die Schatten würden es liebevoll umarmen, sanft ersticken und für sich beanspruchen und dann würde es die Inquisitorin vergessen. Dies war das großzügige Geschenk der Dunkelheit: das Delirium, das nicht verhindert werden konnte. All der verbreitete Schrecken, all das Leid - sie würde es vergessen. Es käme irgendwann einmal einer Geschichte gleich, von der sie zwar gehört hatte, aber keineswegs direkt involviert war. Die dunkle Seite schaffte eine Parallelwelt zur Flucht, denn sie wollte nicht, dass ihre Gefäße an sich selbst zerbrachen und vergiftete deren Geist mit Surrealität. Sie schaffte die Illusionen von Frieden, von Erlösung, aber keine echten. Dunkelheit umarmte das Licht und brachte es aus ihrem eigenen Zentrum hervor. Sie war ein grausamer Drache, von Wahnsinn und Verzweiflung gequält, der sich selbst in den Schwanz biss, sich selbst verschlang, bis nichts mehr blieb außer der großen Leere.

Die schöne Berührung endete viel zu plötzlich. Der Frieden fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus, die Kerze im Herzen flackerte nervös, als der finstere Sturm wieder aufkam. Ungläubige Augen blickten auf ihre Hand. Warum? Sie kannte die Antwort, sie war offensichtlich. Denn so wie das Licht in sie hereinfiel, überkamen die Schatten die Sephi und es bedurfte nicht erst den Wechsel ihrer Hautfarbe um dies zu verdeutlichen. Aber Reah war egoistisch, sie wollte nicht, dass es aufhörte, versperrte sich vor der Einsicht, dass es nur zu ihrer beiden Untergang führen würde. Vielleicht. Der Schatten hatte die Hand weit vor sich ausgestreckt, als wolle er sie noch einmal ergreifen, noch einmal in der Glorie baden, wohl wissend, darin zu ertrinken, sich wieder zu verlieren, nur auf eine andere Art und Weise. Die Inquisitorin stolperte einen Schritt vorwärts, sie konnte das Geschöpf nicht erreichen, es hatte sich ihrer verschlossen. Kälte und Einsamkeit überkamen sie erneut, das dichte Dornengestrüpp der Verzweiflung wucherte erneut um ihr Herz herum, trieb die Spitzen wie Widerhaken hinein.

"Hilfe...", mit scheinbar letzter Kraft fiel das kleine, das so vage und unbedeutend erscheinende Wort aus ihrem Mund. Das war ihre Antwort, das war der Grund ihres Hierseins, zumindest jener, an den sie tatsächlich glauben konnte. Sie brauchte Hilfe - es klang banal und war doch weit zu komplex, als es in Worte fassen zu können. Sie konnte ihn aufhalten, den Sith, sie hatte die Macht es zu beenden. Alles zu beenden... Aber die Worte kamen nicht heraus. Waren sie Lügen? Vielleicht. Versprechen, die sie mitunter nicht würde einhalten können. Denn was geschah, wenn ihn niemand aufhalten würde? Würden die Dinge aufhören zu existieren? Würde der Fluss der zeit einfrieren? Die Galaxis? Sie konnten im Dunkeln nicht überleben. Sie brauchten das Licht, die Flammen, die erst die Kontraste schufen, Gut und Böse, Recht und Unrecht. Es wäre eine finstere Zeit, eine Galaxis der Toten. Wollte Reah das? Sie lauschte vergebens in ihr Herz, es kannte die Antwort nicht. Das Gift der Unsicherheit floss dieser Minuten durch ihr Blut, sie realisierte wieder den Druck unter ihrem Stiefel, das Lichtschwert der Sephi.

Langsam rollte sie den Griff nach vorn - sollte sie es noch einmal berühren? Tatsächlich berühren? Sie entschied sich dafür, las es vorsichtig auf, als wäre es ein besonders kostbarer und zerbrechlicher Schatz. Sie wog es in ihrer Hand und befand die Waffe gleichsam als vertraut und fremd. Es war nicht ihres, ihr Schwert wurde geschaffen um Leben zu nehmen, um die Auslöschung voranzutreiben. Doch dieses hier gehörte einer anderen Person. Spitze Fingernägel fuhren die Rillen entlang, als begutachtete sie sorgsam wie eine Meisterin, das Werk eines Schülers. In der Tat, die Sephi war anders. Sie strebte einen Frieden durch Heilung an... aber war das möglich? Der Wurm biss ins Herz, drängte sie dazu sich umzusehen, das tote Firrerre zu begutachten. Nein. Man konnte nichts heilen, das nicht geheilt werden wollte. Am Ende brachte nur der Tod eine Erlösung, einen Neuanfang. Die Entbindung aller Pflicht und aller Schrecken. Ihr Blick hob sich, es wurde Zeit, eine Entscheidung zu fällen.

"Wenn Ihr den Schatten im Imperium aufhalten wollt, müsst Ihr mit mir kommen." Das war es, die endgültige Antwort, die endgültige Wahrheit, die unumstößlich war. Und doch beinhaltete es so viel mehr - denn es bedeutete den Verlust und das Versagen zu akzeptieren, sich einzugestehen, dass Firrerre an diesem Tage aufhören würde zu existieren, zu erkennen, dass mehr sterben mussten, um das wahre Übel aufzuhalten. Und all das zu ertragen. Es war ein größeres Schicksal, eine größere Bürde, als dass sie ein Jedi, ein gewöhnlicher Jedi tragen könnte. "Und wenn Ihr das tut, dürft Ihr Euch nicht verändern.", das war ihre Bürde, ihre Last: Licht und Schatten vereint, sie mussten sich aushalten, ohne sich zu verlieren. Es war ein seltenes Geschenk, vielleicht ein Wunsch, der direkt dem Willen der Macht entsprang: die Koexistenz von Leid und Hoffnung, Zuversicht und Niedertracht. Schwarz und weiß vereint, doch es war nicht grau. Es war pures Chaos, vielleicht stark genug eine falsche Illusion der Ordnung hinfort zu fegen. Licht war stets eine Waffe der Dunkelheit gewesen, doch nur wenige Anhänger hatten es geschafft diese sinnvoll einzusetzen. Ihre Hand streckte sich vor und löste die Umklammerung des Lichtschwertes. Sie würde sich entscheiden müssen, hier und jetzt. Wenn Jedi eine Sache wussten, dann, dass die richtige Entscheidung nur selten die leichte war. Doch nur wenige waren bereit sie zu fällen.


Orbit von Firrerre - Schlachtkreuzer Abaddon

Roman Stratis blickte finster drein. Die republikanische Fregatte ließ sich mit ihrer Antwort Zeit, natürlich, denn sie hatten die Zeit, die ihm fehlte. Aber ein Mann wie er war kein Idiot. Man konnte ihn überrumpeln, kurzfristig aus der Bahn werfen, wie es diesem Abschaum mit ihrem plötzlichen Eintreffen gelungen ist. Aber Stratis kannte die Konsequenzen seines Versagens, er wusste, was ihm blühen würde und deshalb würde er nicht versagen. Sein unbeugsamer Wille zu leben, gepaart mit der Gewissenlosigkeit andere dafür leichtfertig zu opfern, machte den Kapitän zu einer gefährlichen und unberechenbaren Person. Er hatte Pläne, oder besser den Plan. Eine letzte Idee, gerade waghalsig genug, dass es funktionieren konnte. "Sir? Kommandant Neretim meldet, dass er den Schwerkraftkegel Firrerres soeben hinter sich gelassen hat." Ja. Das war es, sein großartiger Plan, es diesen republikanischen Anfängern zu zeigen. Er würde die Fregatte mit normalen Mitteln nie schnell genug erreichen, vielleicht die TIE-Jäger. Dennoch, Laserkanonenfeuer würde das Schiff nur wenig beeindrucken, es benötigte einen Treffer - nur einen - von enormer Durchschlagskraft und die Hoffnungen des Kapitäns würden sich in Luft auflösen. und Neretim dieser Wurm hatte es soeben möglich gemacht - das einzige, was er benötigte, waren präzise Koordinaten, Daten, die die Jäger in diesem Moment sendeten.

Muutal meldete sich. Aber nun war es sein Gegenüber, der sich zeit erkaufte, bis der Sprung berechnet war. Stratis würde die Sache schnell beenden. "Ich verstehe.", antwortete der Kapitän grimmig. Er konnte Lügen, sich verstellen, Stratis war vortrefflich darin anderen etwas vorzumachen, wenn er nur wollte. "Wir werden Ihren Wunsch respektieren, Lazarettfregatte Descryer. Stratis Ende." Leichter Groll lag in der Stimme. Er wollte als Kämpfer wahrgenommen werden, als Mann, der gerne Schlachten austrug und es nicht gern sah, wenn seine Feinde sich zurückzogen. Aber auch als Mann der Ehre, der begriff, dass ein Sieg über eine wehrlose Fregatte alles andere als ein Kunststück darstellte. "Koordinaten der Desrcyer an Kommandant Neretim übermittelt, Sir." Er nickte. Nur noch Augenblicke und der Moment der Wahrheit würde sich offenbaren. "Sehr gut, alle anderen Schiffe abdrehen." Es würde Muutal zeigen, dass er beinahe aufrichtig war oder noch gerissener als angenommen. Die TIE's drehten ab, bevor sie auch nur eine Lasersalve auf die Fregatte abgeben konnten.


Orbit von Firrerre - Modular-Kreuzer Earthen Peak

Der Plan war wahnsinnig, Neretim wusste es, aber er hielt dennoch daran fest und nicht etwa, weil er Mitgefühl mit Stratis hatte. Er war kein dummer Mann, ihm war vollkommen klar, was mit Stratis geschah, wenn er versagte und noch weit klarer war ihm, dass er das Ende des Kapitäns nicht mehr miterleben würde, wenn er sich sträubte. Gemessen an diesen Faktoren war es zwar immer noch ein Akt der Verzweiflung, aber nicht völlig bescheuert und mit etwas Glück, würden sie mit einem blauen Auge davonkommen. Sein strenger Blick behielt die Kontrollanzeigen genau im Auge. Die Earthen Peak hatte sämtliche Energie in Antrieb und Bugschilde geleitet, während sich die Spitze des Schiffes präzise wie eine Kompassnadel, auf die medizinische Fregatte ausrichtete.

Die Sekunden bis zum Sprung zählten herunter, sie waren Stratis Geschoss, der Pfeil, der den Panzer des Gegners durchschlug. Die Peak würde ihrem Namen an diesem Tag alle Ehre machen - ihr Sprung war direkt, kein Umweg, keine Hindernisse, er würde sie direkt durch die Fregatte führen, sie würden das Schiff mit vollem Hyperraumpotenzial rammen und es bersten lassen. Obgleich Neretim zugeben musste, dass er mit derartigen Kamikaze-Taktiken nicht vertraut war und nur Mutmaßen konnte, ob ihre Schilde dem Aufprall standhalten würden. Er würde es in wenigen Sekunden wissen, für einen Abbruch der Aktion war es nun zu spät. Er bemerkte, wie sich seine Hände verkrampften und sich festklammerten. Mehrere Schweißperlen liefen die Stirn des Kommandanten herunter, als die Peak in den Hyperraum beschleunigte.
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#32
Das Ende der elektrisierenden Berührung machte Sedrael nachdenklich. Optisch hatte sie sich einen Schritt von der Frau entfernt, aber gefühlsmäßig spürte sie, dass das innerlich keineswegs der Fall war. Das Eintauchen in etwas Neues, Unbekanntes war letztlich immer lehrreich, erweiterte den Horizont und konnte dabei helfen, dem Ungewissen auf den Grund zu gehen. Konnte diese Frau ihr Antworten liefern über Dinge, die Sedrael selbst nicht verstand? Ein Teil der Sephi vermutete das, stark sogar. Alles war eine Sache der Perspektive und sie konnte nicht abstreiten, dass die ihre eingeschränkt und eindimensional war. Und doch war das Ganze gefährlich. Man konnte sich verlieren in der starken Strömung, den Anschluss an die Realität verpassen. Ganz gleich, welche Antworten ihr geliefert werden konnten, das konnte das Risiko letztlich nicht wert sein. Oder etwa doch? Sedrael blinzelte einige Male, doch die Macht schien in diesem Moment verstummt zu sein. Keine Anleitung, fast als hätte sie in diesem Moment aufgehört zu existieren und forderte ein, dass Sedrael hier und jetzt eine freie Entscheidung traf. Etwas, das die Sephi – wenn sie darüber nachdachte – eigentlich nur selten bewusst getan hatte. Sie war eben zurückgewichen, als es ihr zu viel geworden war, zu viel, um es in so kurzer Zeit verarbeiten oder begreifen zu können. Plötzlich spürte sie, wie sich ihr Brustkorb immer noch hektisch anhob und wieder senkte. Fast schien sie außer Atem zu sein, mehr als zuvor. Doch nun war ihr direkt warm, als die Kälte in ihrem Inneren erstickt war, von ihrem inneren Bedürfnis, diese Kälte zu sezieren und im Kleinen zu erforschen. Sedraels Haut normalisierte sich in schleichender Weise wieder zu ihrer üblichen hellgrauen Farbe.

Die Frau wollte Hilfe? Sie war mit Soldaten gekommen, hatte zweifelsohne gemordet, Sedrael mit dem Schwert und mit Arrest gedroht. Sie hatte Soldaten auf Quel-Tuus gehetzt. Ihr konnte nicht an einer üblichen Art von Hilfe gelegen sein. Diese Art der Hilfe, die Sedrael hätte anbieten können, konnte man nicht erzwingen. Man bat um sie – und sie wurde gewährt. Doch diese Frau bat nicht, jedenfalls nicht direkt. Das Wort war zwar nur ein Hauch von der Kraft und der Dominanz, die ihre Gegenüber zu Beginn des Gesprächs ausgestrahlt hatte, aber ein Volk in Geiselhaft zu nehmen, um Hilfe zu erlangen, entbehrte Sedraels Verständnis. Trotzdem, letztlich war es nur kohärent zu dem, was sie eben im Kontakt mit dieser Frau erlebt hatte. Es war die pervertierte Form des Rufs nach Aufmerksamkeit. Vielleicht nicht unbedingt nach Zuneigung, das war zu weit gegriffen, aber doch ein Verlangen danach, nicht ignoriert zu werden. Irgendeinen Teil ihres Menschseins hatte die Person noch nicht verloren, vielleicht würde es auf ewig bei ihr sein und an ihr nagen, in manchen Momenten. Die Frage war, ob das aber überhaupt eine Rolle spielte. Die Gier, die ausgestreckte, sterbende Hand, die nach ihr griff, um noch einmal zu kosten, bot nicht unbedingt das Bild einer Suchenden, sondern einer Fordernden. Nach einer Weile brachte die dunkle Frau Sedraels Schwert in ihren Besitz. Interessiert betrachtete sie es, berührte die feinen Formen des Griffs. Schließlich streckte sie Sedrael das Schwert entgegen. Eine… Einladung? Mit großen Augen sah die Sephi ihr Schwert an. Sie könnte den Schatten im Imperium besiegen, wurde ihr verkündet. Welche Art von Schatten mochte das überhaupt sein? Wovon ging er wohl aus, das sie es würde eindämmen können? Ein Gefühl durchströmte plötzlich ihren Körper, eine Art Warnung. Womöglich ein Warnung, nicht das Falsche zu tun. Doch es war nur schwerlich feststellbar, was nun das Richtige und was das Falsche war.

Sedrael sah noch immer auf den Griff des Schwerts, das ihr als Akzeptieren des Schicksals dargeboten wurde. Ihr Blick hob sich schließlich einen Moment lang in die Fratze der dunklen Seite, die zu ihr herabblickte, Hilfe fordernd. Vielleicht konnte sie wirklich im Kleinen etwas tun und vielleicht war es an der Zeit, wieder hervorzutreten und die Jahre des Exils hinter sich zu lassen. Die entbehrungsreichen Jahre, die Abgeschiedenheit und Isoliertheit hatten genagt, hatten sie bereits verändert. Es war keine schöne Zeit gewesen, die ihr ihre Bestimmung als Jedi in diesen letzten Jahren beschert hatte und nicht selten hatte sie sich in den Jahren gewünscht, niemals von diesen entdeckt worden zu sein und lediglich ein einfacheres Leben hier auf Firrerre gelebt zu haben. Doch wenn sie sich umsah, hätte ihr das vermutlich nur mehr Tod und Verderben beschert. Ironischerweise war es wohl doch ein persönlicher Glücksfall gewesen, dass die Jedi sie vor der Seuche fortgeschafft hatten, so dass sie die Chance erlangt hatte zu überleben. Ja, irgendwie würde ihr Schicksal doch immer mit den Jedi verwoben bleiben, auch nach ihrer Abkehr von dem Orden. Sedrael blickte kurz über die trostlose, dunkle, tote Oberfläche ihrer Heimatwelt. Der Schatten war nicht nur im Imperium, er war hier. Allgegenwärtig. Sie sah es eigentlich nicht als ihre Aufgabe an, den Schatten zu bekämpfen. Die Macht war es, die solche Aufgaben vergab und letztlich Zeit und Ort festlegte, wann und wo der Schatten wieder eingedämmt wurde, der derzeit die Galaxis heimsuchte. Licht und Dunkelheit waren die Essenz des Lebens. Doch die Reinigung durfte nicht zu früh einsetzen, so dass die Läuterung der Galaxis nicht zu schwach ausfiel. Erst wenn die Macht das Unrecht lange Zeit mit dem Schatten gesühnt und der Bevölkerung den Spiegel vorgehalten hatte, war es wieder Zeit für das Licht im Großen. Erst dann konnte man es wieder wertschätzen, sich daran erfreuen. Nur wenn das Gute ausreichend über das Schlechte definiert war, würde es zu dem breiten Konsens gelangen, der notwendig war. Und wenn dafür ein mörderisches Terrorregime in der Galaxis wüten musste, um dieses eine Ziel zu erreichen, dann war das tragisch, zweifellos bedauerlich, aber notwendig. Diese Entscheidung würde nicht sie treffen, auch nicht ihre Gegenüber. Nur die säuselnde Stimme der Macht konnte dieses Schicksal bestimmen.

„Ich brauche den Schatten nicht aufhalten. Sein Einfluss wird schwinden, früher oder später. Aber erst, wenn er seine Aufgabe erfüllt hat, erst, wenn die Zeit reif ist“, widersprach Sedraels melodische Stimme ohne Arroganz oder Tadel. Nein, es war einfach wie ein Fakt, der von jedem allgemein akzeptiert wurde. Überraschend hob sich dennoch ihre Hand, umfasste die ihr entgegengestreckte untere Hälfte ihres Schwertes, wobei sie jedoch sorgsam darauf achtete, die Hand der Frau dabei nicht zu berühren.
„Doch vielleicht können wir voneinander profitieren. Vielleicht können wir die Siegel brechen, an denen wir zerren.“
Im ersten Moment überraschte Sedrael selbst, dass das in ihren eigenen spitzen Ohren relativ egoistisch klang. Es ging ihr dabei nicht um die Galaxis, es ging ihr nur um die Philosophie der Macht, um Antworten, nach denen sie suchte. Sie beide hatten ihre eigenen Vorstellungen, ihren ganz eigenen Bezug zur Macht und konnten dem Anderen solche Perspektiven eröffnen, die sie vorher nicht gehabt hatten. Fortschritt durch Vielfalt. Sedrael hatte lange Jahre erfolglos versucht, die Stimme der Macht alleine zu interpretieren. Sie war schlichtweg nicht gut genug ausgebildet gewesen, um darin Erfolg zu haben. Wenn Quel-Tuus ihr diese Perspektive nicht bieten konnte, so musste es vielleicht doch etwas anderes sein, etwas Neues. Nichts, in das sie so weit eintauchen würde, um den Raben auch an ihren Schultern fressen zu lassen, nur so weit, wie es ihre Kontrolle zuließ. Sie brauchte irgendeinen Schritt, der sie weiterbrachte, egal, in welcher Richtung er lag. Wer sonst hätte ihr den nächsten Schritt zeigen können? Die Jedi waren ausgelöscht, vergessen. Womöglich war sie inzwischen die Letzte ihrer Art. Die Sephi zog leicht an ihrem Schwert und die Frau gab es frei, so dass sich das Gewicht des Metallgriffs bald vollständig in Sedraels Hand legte. Sie wog es kurz in ihrer Hand. Nein, es war wirklich noch nicht an der Zeit, es zurückzulassen.
„Werdet Ihr mein Volk leben lassen?“, fragte sie schließlich ernst, vielleicht aber sogar ein Stück traurig, so als kenne sie die Antwort bereits. Der finstere Wunsch nach Auslöschung, den sie in der Berührung erfühlt hatte, konnte einerseits das allgemeine blutige Mahl sein, das die Dunkelheit immer wieder von ihrem Wirt einforderte, ließ sich aber auch als ein speziell gehegter Wunsch, als konkret gefasster Plan begreifen.
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#33
Wo war das Licht, wenn nicht hier? Es war bitter, wie ein schlechter Witz, dass diese Krypta einer Welt, der modernde Sumpf aus Angst und Leid, Pein und Resignation, den schwachen Funken Hoffnung gebar. Sie wühlte in der Asche eines Phönix nach seinen geschändeten Knochen um sich daran zu ergötzen, sich einzureden, dass es etwas half - doch wogegen? Vielleicht war es nicht genug, vielleicht wäre es nie genug. Konnte ein gefallener Jedi die nahende Dunkelheit aufhalten? Sie eindämmen? Mehr gab es nicht, an mehr konnte sich kein Wesen der Galaxis klammern, das sich wünschte, die finstere Ausgeburt des Tiefkerns würde für immer gebannt werden, der Imperator selbst, der weit mehr war, als ein schrecklicher Herrscher. Am Ende musste man ihn aufhalten, irgendwann, aber eine gewöhnliche Kreatur der hellen Seite genügte für eine solche Aufgabe nicht. Sith waren anders, sie veränderten sich im Laufe der Jahrtausende. Vor Millennien mochte es ausreichen sie mit der Macht zu blenden, mit dem Lichtschwert zu verbrennen - den heißen Flammen, die sie so sehr fürchteten. Das genügte nicht mehr, die dunkle Seite der Macht hatte sich verselbstständigt, sie war ein eigenes Wesen, dass ihre Drohnen fallen ließ, sie nach Belieben ersetzte und austauschte. Ein gebündelter Energieimpuls der Aspekte tausender Lords, der durch das Mysterium dahinglitt. Eine immerwährende Sonnenfinsternis, die mit jedem toten Sith wuchs und wuchs, für jeden gefallenen Darth, würden sich neue erheben, die noch grausamer, noch gnadenloser waren als sein Vorgänger. Am Ende würde die Galaxis in einem Strudel der Schwärze versinken, der selbst die Sterne verschlang. Es würde nichts mehr geben, nichts, außer dem Energiefeld, dass die dunkle Seite war. Vielleicht implodierte am jüngsten Tag sogar dieses. Vielleicht würde es zusammenfallen, weil es keine Verkörperung mehr gab, die es zu tragen vermochte. Und doch war die Verlockung süß, den Tag zu erleben, an dem alles endete. An dem die Leere den Frieden schaffte und es wäre denkbar einfach dieses Ereignis herbeizuführen. Es bedurfte eines Schwertstreiches, ein Stoß ins Herz der Sephi und das Szenario wäre komplettiert.

Doch warum gerade dieses Wesen vor ihr? Es strahlte keine übermäßig starke Präsenz in der Macht aus und es fürchtete sich. Die hektische Atmung, die Panik versprach. Es wirkte sogar schwach, entbehrlich und war kaum Wert beachtet zu werden, ein lästiges Insekt unter einem Stiefel - all das war die Sephi, aber auch mehr. Ihr Geist zeugte von einer gewissen Stärke, sogar sturer Entschlossenheit - wie sonst, ließe sich das Exil auf einem solchen Planeten erklären? Und sie machte weiter, obwohl es keinen Grund dazu gab. Das Wesen hätte sich das Leben nehmen können, hätte ihr Herz in gelbes Feuer tränken können und am Schicksal dieser Welt hätte sich nichts verändert. Aber sie hatte es nicht getan, obwohl ihr Leben so sinnlos, ihre Existenz so ungerechtfertigt war. Aber jetzt? Die Wege der Macht waren nur schwer zu deuten und das große Mysterium war mit klaren Antworten sparsam. Es schenkte dem Individuum nur instinktive Eindrücke, Tendenzen von richtig und falsch - Gabelungen, an denen sich die Kanäle des Energiefeldes teilten und noch war der Tod der Sephi nicht nötig, noch gab es etwas zu tun, eine Aufgabe, noch nicht fassbar, lag vor ihnen.
Oder war es doch nur der unangebrachte Anflug von Sentimentalität, der sich in ihr Herz drängte? Der Schatten kannte die Antwort nicht. Erinnerungen mochten den Wurm quälen, von einem anderen Leben. Einen Leben, in dem sie hätte ein Jedi sein können. Aber hätte es einen Unterschied gemacht? Es war nur die Spiegelseite, ein anderes Ufer, doch nur allzu vertraut. Doch was sie auch zurückhielt, war kaum von Bedeutung, die Macht kannte die Antworten, in ihr lag der Grund, warum die Sephi verschont werden musste, warum sie leben musste, während alles um sie herum starb. Sie war kein gewöhnlicher Jedi, sie war etwas Besonderes.

Das Bild bekam Risse. Das Glas sprang während die Sephi sprach, machte den hübschen Spiegel zu einem Fragmentgitter. Die Worte kamen aus der Dunkelheit, als wäre ihr finsteres Miasma auf das unschuldige Wesen übergesprungen, hätte Hoffnung und Leben heraus gefressen und nur noch bedingungslose Gleichgültigkeit zurückgelassen. Sie lag falsch. Die Worte waren nicht richtig. Dunkelheit entstand, weil das Wesen der Dunkelheit es wollte, weil sie bewusst gemehrt wurde, immer und immer wieder. Es hörte nicht auf, weil die Macht entschied, es wäre Zeit für eine neue Ära des Lichts. Veränderung begann in den Herzen und wurde nur von der Macht begleitet, aber nie herbeigeführt. Sie passte sich der Harmonie des Lebens an - nie umgekehrt. Schlussendlich aber, mochte diese Einstellung die Erklärung für das hier sein, für Firrerre, der Grund warum die Sephi hier war. Vielleicht dachte sie, die Macht würde das Schicksal des Planeten eines Tages in die Hand nehmen und war es falsch gewesen derlei zu glauben? Vielleicht war die Inquisitorin die Antwort auf diese Frage, vielleicht entschied die Macht, dass es ein Engel der Auslöschung sein musste, der die Firrrerreo in die Erlösung führte. Das eine zu beschreien, bedeutete das andere zu akzeptieren. Aber der Schatten widersprach nicht, doch versperrte sich auch einer Erwiderung. Die Sephi würde die Wahrheit hinter ihren Worten selbst begreifen, ihre volle Bedeutung.
Das Lichtschwert verließ ihre Hand, wurde sorgsam genommen, als fürchtete sie sich vor einer erneuten Berührung. Und Reah hätte zupacken können, den Arm des Geschöpfes ergreifen, nur um noch einmal das Licht zu sehen. Aber sie tat es nicht und ließ sie gewähren, als gäbe es nichts zu fürchten.

Der Handel überraschte den Schatten, die innere Finsternis frohlockte, ihres einfachen Sieges wegen, während andere Teile ihrer selbst das Gesagte skeptischer betrachteten. Machte es sich die Sephi zu leicht? Oder wusste sie einfach nicht worauf sie sich einließ? Worauf ihr egoistischer Wunsch hinauslaufen würde? Es war leicht vor den erdrückenden Strahlen der Sonne in eine dunkle Höhle zu fliehen, doch nur zu viele hatten sich schon in diesen Gängen verirrt. Eine Reise ohne Wiederkehr. Sie hatte ihr Gesicht gesehen. Ihren Körper und ihren Geist, die Jedi hatte gesehen, was mit der Person geschehen ist, die vor ihr stand. Eine Person, die denselben Weg beschritten hat, den sie vorschlägt zu gehen - unter anderen Umständen, doch mit demselben fatalen Ergebnis. "Vielleicht.", war ihre knappe Antwort. Eine Chance bestand, aber nicht mehr. Die Risiken waren deutlich, aber es gab ohnehin keine Wahl - sie würde mitkommen, so oder so. Es gab keinen Verhandlungsspielraum, keine Bedingungen, die festgelegt werden mussten. Aber sie verstand das Bedürfnis und akzeptierte es, denn es gab letztendlich nur eine Macht. Und deswegen gab es auch keinen Grund für zwei Orden, zwei Philosophien, zwei Aspekte, deswegen gab es keinen Grund, dass eine Galaxis in der Dunkelheit der Sith untergehen musste. Dort lag die Gefahr, eine Gefahr, der sich die Sephi gewiss nicht bewusst war. Was, wenn die Sith sie beanspruchen würden? Dann würde es so sein, denn die einzige Alternative, die Reah anzubieten vermochte war letzten Endes der Tod. Sie hatten keine Wahl mehr, die Weiches des Schicksals waren gestellt und nun war es an ihnen, diesem Pfad zu folgen.

Dann kam sie schlussendlich heraus, die Frage, die wohl das Herz der Sephi verzerrte, die sie quälte und innerlich verbrannte. Der Schatten zog die Hand zurück und kehrte der traurigen Jedi den Rücken zu. Toten Augen blickten auf ein totes Firrerre. Es wäre falsch sie leben zu lassen, darin lag keine Gnade. Es würde kein Heilmittel geben, keine Möglichkeit, das Sterben zu beenden. Sie konnten nur erlöst werden, schnell und ohne Grausamkeit. Sie würden es nicht einmal spüren, bis ihre Leben in der Macht aufgingen. War es nicht das, was der Orden der Jedi so gern propagierte?

Es gibt keinen Tod, es gibt nur die Macht

"Nein.", lautete ihre nüchterne Antwort. Sie rechtfertigte sich nicht, versuchte sich nicht zu erklären, sondern speiste die Sephi mit diesem einen Wort ab. Es musste genügen. Es war der Abschluss eines Kapitels, das für die Jedi schon zu lange offen stand. Vielleicht würde sie sie dafür hassen, doch irgendwann würde es ihr Frieden schenken. Am Ende wäre sie daran zerbrochen zu sehen, wie ihre Liebsten dem Siechtum erlagen. "Ihr habt Euch verabschiedet?", bohrte sie schließlich nach und machte deutlich, dass sie hier nichts mehr hielt. Firrerre war nur ein Wegstein, nicht das Ziel.
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#34
Die Wahrheit konnte schmerzhaft sein, aber sie war keine Überraschung. Ja, Sedrael hatte damit gerechnet. Die Finsternis, die in schwarzgeflügeltem Nebel die dunkle Frau umhüllte, hatte ihre Entscheidung getroffen. Trotz allem fiel Sedrael es schwer, dies zu akzeptieren. Sie hatte jahrelang auf diesem Planeten gelebt, es war ihre Heimat. Sie hatte ihr Bestes getan, um den Firrerreo den Weg in den unaufhaltsamen Tod angenehmer werden zu lassen. Das war nicht viel, im Grunde genommen nichts. Es hatte das Schicksal nicht geändert, es hatte es lediglich erträglicher gemacht. Doch vielleicht war es doch ein Fehler gewesen. Vielleicht war genau das etwas gewesen, das sie nicht hätte tun sollen. Ja, vielleicht die Macht Firrerre als Mahnmal auserkoren, als Mahnmal des Bösen. Doch musste es ausgerechnet Firrerre sein? Der Planet, der ohnehin schon so gelitten hatte. Dahingerafft von der todbringenden Seuche, reduziert auf die Ärmsten der Armen. Aber dann wurde Sedrael bewusst, dass es vermutlich genau daran liegen musste.
Nur wenn das Gute ausreichend über das Schlechte definiert war, würde es zu dem breiten Konsens gelangen, der notwendig war. Und wenn dafür ein mörderisches Terrorregime in der Galaxis wüten musste, um dieses eine Ziel zu erreichen, dann war das tragisch, zweifellos bedauerlich, aber notwendig.
Sedraels Blick senkte sich, als sie sich ihre eigenen Gedanken von eben in Erinnerung rief. Tragisch und bedauerlich empfand sie in diesem Kontext zwar als weit untertrieben. Es zerrte vielmehr an ihrem Herzen und drohte es zu zerreißen. Aber ja, es war wohl notwendig. Wenn die Macht es nicht als notwendig ansah, würde sie es zu verhindern wissen. Vielleicht tat sie das noch? Irgendwie? Schwache Hoffnung keimte auf, aber wenn sie ehrlich war, glaube sie selbst nicht daran. Firrerre war schon vor Jahren gestorben. Und sie hatte am toten Patienten operiert. Wahrscheinlich war sie deshalb einfach nicht in der Lage gewesen, sichtliche Besserung zu bringen. Firrerre sollte untergehen. Es war schon vor Jahren entschieden worden, auch wenn Sedrael das bis jetzt nicht wahrhaben wollte. Es musste sein. Sie durfte und würde nicht an der Weitsicht der Macht zweifeln.

Angestrengt presste die Sephi ihre Lippen aufeinander und betrachtete ihr ausgeschaltetes Schwert, dessen Griff immer noch auf die Frau gerichtet war. Mit einem einfachen Drücken des Aktivierungsknopfs hätte ihre gelbe Klinge die Frau womöglich durchbohrt und den ganzen Schrecken hier und jetzt beendet. Möglicherweise hätte Firrerre so eine Überlebenschance. Konnte sie das? Wollte sie das? Es wäre so leicht, nur ein kleiner Kraftaufwand, den Knopf zu betätigen. Die Frau achtete nicht einmal auf sie, hatte ihr den Rücken zugewandt. Verführerisch krähte ein Rabe hinter ihr, flatterte, aber sträubte sich. Sedrael blickte hinter sich, als suche sie nach der Ursache des Geräuschs. Nichts. Einbildung? Vielleicht, aber es spielte keine Rolle. Der kurze Moment des Aasfressers hatte sich aufgelöst. Nein. Sedrael senkte den Griff ihres Schwertes und machte ihn wieder an ihrer Hüfte fest. Es war vorüber. Die Macht war ihr Verbündeter, ihr Mentor. Nicht ihr Feind und nicht ihr Herausforderer. Sie würde dem Weg folgen, der ihr gezeigt worden war und nicht einen völlig Neuen einschlagen, der mit einer Leiche gepflastert war, so abstoßend und widerwärtig diese Person auch sein mochte. Und doch war sie auch auf eine Weise anziehend, wenn auch weniger die Person selber. Magnetisch zog die Machtaura an Sedrael, so neu, so anders. Verstörend anders. Innerlich hoffte sie bereits, dass sie ihre Entscheidung nicht bereuen würde und dass sie irgendwann auch wieder in der Lage sein würde, sobald die Zeit gekommen war, sich auch wieder von dieser Frau zu lösen. Doch aktuell schien es sich auf eine merkwürdige Art richtig anzufühlen, nicht mehr so wie noch zu Beginn des Gesprächs. Hatte sich eine neue Weggabelung aufgetan? Quel-Tuus hatte von Jedi gesprochen, doch war das sehr vage und bruchstückhaft gewesen. Sie konnte ihre Zukunft aber nicht in Hoffnungen und Gerüchte setzen und dafür die Gelegenheit, die sich heute auftat, ausschlagen – denn vielleicht kehrte sie nie wieder. Ohne Zweifel war es das, was sie tun musste, was die Macht von ihr verlangte.
„Ja“, entgegnete sie der Frau und reihte sich in die knappen Antworten ein. Es war alles gesagt. Abschied? Von wem? Die meisten derer, mit denen sie zu tun hatte, waren tot. Wenn dieser Planet dem Untergang geweiht war, dann gab es an dieser Stelle nichts mehr zu sagen. Keine ihrer Worte hätten jemandem jetzt noch helfen, geschweige denn ihn retten können. Die Inquisitorin würde es nicht erlauben. Quel-Tuus mochte zumindest einige der Gesunden aus dem Medi-Lager evakuieren können, da war sich Sedrael sicher. Zumindest wenn er fortkam, bevor das große Morden begann. Es würde zwar an der Katastrophe nichts ändern, die dem firrerrischen Volk anheimfiel, doch es würde vielleicht immerhin nicht zu seiner vollständigen physischen Vernichtung führen. Das Verbrechen würde bestehen bleiben und die Fratze genug offenbaren, um die Galaxis wieder einen Schritt in die richtige Richtung machen zu lassen. Es gab für sie zudem nichts zu holen, keinen Besitz. Das Weltliche war längst wertlos. Firrerre war abgeschlossen, nach außen wie nach innen.
„Wo werdet Ihr mich hinführen?“
Sedrael machte ein paar vorsichtige Schritte vorwärts, bis sie neben ihrer neuen… nun, was war diese jetzt für sie? Zweifellos blieb die Frau auch weiterhin eine Gegenspielerin, eine tödliche sogar. Und doch auch eine Art Gefährtin. Sie bedeutete das Ende eines alten, langen Kapitels und den Beginn eines neuen. Sie bedeutete den finstersten aller Tode und gleichzeitig die Sehnsucht, nicht vollständig verloren zu sein. Ja, sie war das Enigma, das es zu entschlüsseln galt. In ihrer neuen Bekanntschaft schimmerte der Zustand der Galaxis. Nur ein einzelner Stoß konnte bedeuten, dass die Galaxis in eine neue Sonne getaucht wurde – doch ein Stoß in die falsche konnte ebenso gut alles noch viel schlimmer machen.
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#35
„Sie geben auf! Die Jäger brechen die Verfolgung ab und kehren zu ihren Trägerschiffen zurück“, verkündete Muutals Sensoroffizier feierlich. Der Calamari nickte lediglich. Zufrieden verfolgte er auf dem Monitor, wie die kleinen Symbole nun wieder an Abstand gewannen. Die Anspannung auf der Brücke löste sich spürbar in Wohlgefallen auf. Die einzigen Schiffe, die ihnen hätten gefährlich werden können, zogen sich zurück. Offenbar waren sie dem Imperium doch noch einmal entkommen.
„Überlicht in vierzig Sekunden. Aber unser Funksignal kommt nicht bis nach Annaj durch. Von diesem Schiff hier geht ein Störsignal aus“, sagte der Sensoroffizier und klopfte mit dem rechten Zeige- und Mittelfinger gegen eins der Symbole auf seinem Monitor.
„Sie blockieren uns immer noch? Obwohl sie abdrehen?“
„Ja, schon.“
„Das ist… ungewöhnlich.“
Muutal hob seinen Blick kurz in Richtung des Weltalls und verengte die runden Fischaugen, so als könne er etwas über die Distanz endloser Kilometer tun.
„Sprung in dreißig Sekunden“ , berichtete der Offizier am Navigationsterminal neben Muutal.
„Was macht der Schlachtkreuzer?“
„Wendet sich ab. Sehen Sie, seine Geleitschiffe formieren sich zudem hier und hier neu.“
„Und was ist hiermit?“ , fragte Muutal und deutete mit der Flossenhand auf das einzige der symbolisierten imperialen Dreiecke, dessen längste Spitze deutlich sichtbar weiterhin die Fregatte direkt im Fokus hatte. Im Gegensatz zu den übrigen Schiffen machte er keine Anstalten, sich in die Formation einzugliedern, sondern beließ seinen Bug auf der Fregatte.
„Ein Modular-Kreuzer“ , entgegnete der Sensoroffizier. „Er hat derzeit nur wenig Fahrt und keine Chance, uns einzuholen.“
Brütend sah Muutal das Schiff an. Das war kein Standardmanöver, so viel war sofort klar. Es handelte sich auch um keine Verzögerung, selbst zehn Sekunden später folgte der Bug des Schiffes immer noch dem Positionssignal der Fregatte. Irgendetwas stimmte nicht. Hatten sie irgendwo Schwerkraftfelder versteckt? Nein, dann hätte der Kommandant die Jäger nicht abgezogen, sondern sie weiter verfolgt. Das ergab alles keinen Sinn. Es sei denn…
„Überlicht in Zehn. Neun…“
Plötzlich weiteten sich die Augen des Captains. Hektisch fuhr er herum und sah den Navigator fassungslos an.
„Wir fliegen einen geraden Kurs?“
„Natürlich?“, entgegnete der Offizier langsam, aber hörbar skeptisch ob der eigentümlichen Frage.
„Berechenbar?“
Verwirrt blickte der Navigator nach hinten und musterte seinen Offizier, der über ihm stand. Muutal gab keinen Kommentar mehr von sich, war für einen Moment zur regungslosen Säule erstarrt. Das war unmöglich. Es war tollkühn. Er senkte seinen Blick ruckartig nach unten auf die Konsole. Sofort riss er seine Flossenhand hervor und drosch selbst gegen den Lichtsprungschalter, obwohl der Countdown noch nicht beendet war. Doch keiner kam dazu, diese plötzliche Handlung zu hinterfragen.
„Kollisio…!“, kreischte der Sensoroffizier plötzlich, wurde jedoch jäh unterbrochen. Die Sterne hatten sich bereits zu hellen Streifen gezogen, als der Antrieb der Fregatte beschleunigte und das Schiff nach vorne katapultierte. Doch ehe das Schiff den Realraum verließ, prallte ein riesiger schwarzer Schatten gegen die hinteren Schilde des Schiffes und warf die Fregatte aus ihrem Kurs. In einem enorm lauten Knall zerplatzten die Schilde binnen einer Sekunde. Das Schiff wirbelte, selbst auf nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, trudelnd durch den Raum. Wie ein fehlerhafter Feuerwerkskörper rauschte die Descryer in einem wirren Kurs davon und überschlug sich dabei. Die enormen Kräfte, die am Schiff zerrten, überstiegen die Trägheitskompensatoren und rissen die gesamte Brückenbesatzung von ihren Stühlen. Durcheinander flogen Personen und lose Gegenstände gegen die Steuerbordwand der Brücke. Als das Schiff erneut seitwärts trudelte, wurden sie in die andere Richtung gerissen. Gespenstisch dröhnte der Stahl unter der gewaltigen Belastung. Erst nach mehreren Umdrehungen gelang es dem Schiffscomputer schließlich, die automatischen Anpassungen vorzunehmen, so dass die hin und her gerissenen Soldaten schließlich durch die künstliche Schwerkraft erneut hart auf den Boden aufprallten.
„Sofort zurück auf die Stationen! Statusbericht!“, keuchte Captain Muutal, als er wieder genügend Blut im Gehirn hatte, um klare Gedanken fassen zu können, erst dann raffte er sich vom Boden auf. Er wankte durch den gestörten Gleichgewichtssinn zur Seite, bis sein Körperschwerpunkt zu sehr auf der Seite lag und er erneut zu Boden fiel. Einigen seiner Brückenbesatzung erging es ähnlich. Mit Schwindel und hellen Flecken vor den Augen schob er sich allmählich zurück zum Sensorikterminal. Erst jetzt realisierte er, dass die Brücke in rotes Licht getaucht war. Der Planet Firrerre war von den Sensoren verschwunden, aber die Sterne kreisten immer noch wild durch das Brückenfenster.
„Transmitter sind hinüber. Schiffscomputer beschädigt, Schildprojektoren ausgefallen, Waffen ausgefallen, interne und externe Kommunikation ausgefallen.“
„Wunderbar“, seufzte Muutal sarkastisch. „Und wo sind wir jetzt?“
„Keine Ahnung“, entgegnete der Sensoroffizier lax, der sich mit einer Hand eine Platzwunde am Hinterkopf hielt. „Wenn ich das wüsste…“
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#36
Firrerre - Alte Stadtmauer

Wind wehte sanft, ließ das Haar flattern, eine Brise, ein Hauch, das letzte Flüstern des sterbenden Planeten, bevor der todbringende Sturm aufzog. Dann würde er in der Macht aufgehen, bis er, in zahlreichen Äonen, anderen Bewohnern ein neues Zuhause bot. Im Tod lag keine Unendlichkeit. Viele Dinge starben erst, wenn sich niemand mehr an sie erinnerte. Vergessen war die Nemesis der Lebenden und Verursacher der Apokalypse. Denn wenn Lebewesen etwas fürchteten, dann, dass sich niemand mehr ihrer Taten und Worte erinnerte, dass sie für die Galaxis nie existierten. Daraus entstanden Schrecken und Edelmut. Würde man Firrerre vergessen? Mit Sicherheit nicht sofort, nicht solange die Jedi lebte, die dies als ihre Heimat im Herzen behielt. Obgleich sie sich sträubte dieses Schicksal zu akzeptieren. Und sie hatte ihr die Chance eingeräumt sich zu erwehren, hatte sich in diesem Moment verwundbar gegeben, einen Angriff nahezu provozierend. Vielleicht hätte es sogar gereicht, vielleicht hätte man sie hier töten können. Dann wäre die Inquisitorin gescheitert und mit ihr die Jedi. Letzten Endes war es wichtig, dass die Sephi sich in schwachen Momenten nicht an die Dunkelheit verlor, ihren Instinkten und Impulsen nicht plötzlich nachgab. Nur dann war sie von Wert. Reah hatte keinen Bedarf an einer leeren Hülle, etwas, dass schon verzehrt worden war - derlei gab es zur Genüge auf Onderon, Byss. Hoffnungslos gescheiterte Existenzen, denen die Gnade des Todes verwehrt blieb. Und der Imperator förderte sie bewusst, sie waren die willenlosen Fußsoldaten, stark und grausam, aber auf seltsame Weise auch Unbeholfen, von ihm abhängig, als wäre er ihre Ziehmutter, als müsste er sie erst mit Nahrung versorgen, damit sie funktionierten. Das war die Wahrheit hinter den Sith. Sie hörten nicht auf, denn sie brauchten immer mehr um ihre korrumpierten Leiber am Leben zu halten und selbst Reah unterschied sich in diesem Punkt kaum von ihnen. Doch irgendwann gab es in der Galaxis nichts mehr, irgendwann mussten die Dinge enden, musste das Licht das Dunkel wieder zurücktreiben. Und wenn die Schatten dieses Licht erst erschaffen mussten, dann sollte es eben so sein.

Doch war es der Plan der Macht? Oder war es ihr persönlicher? Eine Frage, die sie nicht beantworten konnte, sie folgte dieser Idee stur und unbeugsam, wie eine Schachfigur in einem Spiel der Götter. Vielleicht ein wenig von beiden, denn letzten Endes musste die Macht mir ihr sein, musste die Macht zu ihr deuten, wenn selbst ein Jedi, ob nun ein Ehemaliger oder Gefallener spielte dabei kaum eine Rolle, bereit war ihr zu Folgen. Nun lag es an ihr diesen Jedi durch die Schatten zu führen und ihn zu schützen, ohne, dass sie hinab driftete, ohne, dass die Sephi sich auf den Pfad Elends verirrte. Selbst wenn es bedeutete sich gegen den Imperator zu stellen, gegen das Imperium, denn sie wusste, dass eine Konfrontation unvermeidlich war - sie würde kommen, mochte es eine Ewigkeit dauern, am Ende, gab es kein Entkommen und kein Verstecken. Dies war das Schicksal, dass sich hier formte, gegen das kein Aufbegehren, sondern nur Akzeptanz half.

Der Schatten gestatte sich ein Nicken. Ja. Das war es also, das letzte Wort in dieser Angelegenheit, das Eingeständnis, des Unvermeidbaren. Die Zustimmung ihrer Schülerin - denn nichts anderes war die Sephi nun. Sie gefierte nach dem Wissen und Reah würde es ihr Lehren, ihr die neuen Wege zeigen, das Wesen der Dunkelheit näher bringen. Darin würde ihr großer Verrat liegen. Nicht, weil sie den Imperator hinterrücks ermorden würde oder sie sich ein dramatisches Lichtschwertduell liefern würden - auf solchem Wege konnte die Inquisitorin nicht gewinnen. Ihr Verrat bestand darin dem Licht zu erklären, wie es die Herzen der Finsternis traf. Die dunklen Wolken würden schwinden, so, dass sich die Galaxis in Glanz und Gloria baden konnte. Doch würde es dadurch besser werden? Oder war die Tyrannei der Sonne in ihrer Essenz nicht weniger grausam als die Umarmung der Schatten? Dies blieb abzuwarten, denn so sehr und schnell, wie sich die Galaxis in den letzten Jahren wandelte, war es schier unmöglich eine genaue Abschätzung vorzunehmen. Sie wussten nicht, was der nächste Tag brachte, niemand wusste es. Und wie sollten sie auch? Der Krieg hat die Individuen geblendet. Nur wenige konnten sich noch daran erinnern, wofür sie überhaupt kämpfen. Dies war das Vermächtnis Palpatines, die war die real gewordene Hölle der Sith, ein ewiges Blutfest, das nie enden sollte.

Irgendwo war dies auch die Antwort auf die Frage der Sephi: dorthin würden sie gehen, in die Arena des Blutes. Dieser Weg war unvermeidlich, er war endgültig. Aber nicht der einzige. Vor ihnen lag ein Labyrinth, eine unbekannte Landschaft, die sie erst erkunden und entdecken mussten. Es spielte kaum eine Rolle wohin sie gingen, denn es würde die Macht sein, die ihnen den Weg vorgab. Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. Der Schatten ließ sich Zeit mit der Antwort, schritt voran und folgte dem Pfad zum Shuttle, dass sie zum Beginn ihrer Odyssee bringen würde. "Wohin Ihr wollt.", erbarmte sie sich halben Weges zu einer Antwort, die unpräziser nicht hätte sein können. Dennoch entsprach es der Wahrheit, denn es war an der Jedi sich zu entscheiden, sich festzulegen, wohin es sie führen sollte. "Nur Ihr kennt Euer Ziel. Ich kann Euch nur den Weg zeigen." Ein finsterer Weg, der erst mit Licht erleuchtet werden musste.
Das Shuttle kam näher, der Raumhafen, indem noch immer der ermordete Firrerreo lag. Ermordet von ihr. Mit Absicht. Wie ein Mahnmal hatte sich die Sonne auf den toten Leib fixiert, die kauterisierte Wunde, als Abschiedsgruß an die Sephi. Die Inquisitorin indes, schenkte ihm keinerlei Beachtung, die finstere Schwinge verwies nur Stumm auf die Transportfähre, die sie fortbringen würde. Nur sie zwei. Die Sturmtruppen, die Firrerreo, alle, würden im Fegefeuer verbrennen.


Orbit von Firrerre - Schlachtkreuzer Abaddon

Stratis Blick hing wie gebannt an den Monitoren - wie lange dauerte es noch? Was musste geschehen, damit der leblose Leib des Calamari im All trieb? Für Neretim hingegen, interessierte sich der grausame Kapitän des Schlachtkreuzers nicht. Er war praktisch aus seinen Gedanken getilgt worden. In einem einzigen Moment hatte er entschieden, dass der Mann entbehrlich war, dass sein Leben weitaus weniger wert war, als sein eigenes und dass er nun, im Namen des glorreichen Imperiums sein Leben gab. Er und sie gesamte Mannschaft seines Schiffes. Diese unpopuläre Entscheidung zu treffen, überhaupt in Erwägung zu ziehen, fiel dem Mann im imperialen Staatsapparat mehr als leicht. Sie alle waren austauschbar, keine Individuen mit echten Werten oder echter Moral, nein, da alles war nicht von Belang. Gefragt waren Ergebnisse und Stratis lieferte - koste es, was es wolle. Sein Blick verengte sich, als die Earthen Peak beschleunigte und ihr waghalsiges Manöver unumkehrbar durchführte. Würde es reichen? Sein Blick verlagerte sich auf die Markierung der republikanischen Fregatte, die zu seinem entsetzen plötzlich ebenfalls an Fahrt aufnahm. Konnte es sein? Im Moment des Triumphs geschlagen? Nein, das durfte nicht sein! Es konnte nicht sein! Wut verzerrte sein Gesicht, eine zornige Faust schlug hart auf den Monitor.
"Sir!" Stratis hörte nicht. Jähzorn hatte die Kontrolle übernommen, Jähzorn und Angst - wäre er nun das nächste Teil, das ausgewechselt wurde? Er hatte getan was möglich war.
"Sir!" Die Stimme kam näher und wurde lauter, unangenehm und penetrant, als wolle jemand den wütenden Rancor noch weiter anstacheln. "Was?", blaffte der Kapitän den Mann unwirsch an, während sein Gesicht so aussah, als würde er ihn gleich niederschlagen. "Die Fregatte...", stammelte der Offizier unsicher, fasste sich dann aber, "Peak hat getroffen!" Stratis runzelte die Stirn. "Aber sie konnten springen?", hakte er nicht weniger bissig nach. "Nun... ja. Aber die Fregatte wurde von ihrem Kurs abgebracht. Bei der Aufschlagskraft hat ein Treffer verheerende Folgen. Vermutlich wurde das Schiff inzwischen zerrissen.", sprach der Mann und nickte bestätigend. Tatsächlich war es unwahrscheinlich, dass die Fregatte die kinetische Krafteinwirkung überstand. Falls doch, wäre sie wohl in einem Zustand, der sich in etwa als funktionsuntüchtig beschreiben ließe. "Vermutlich... Prüfen Sie das nach! Bringen Sie mir Beweise!", bellte der Kapitän und musste sich zusammenreißen den Mann nicht am Schlaffittchen zu packen. "Aber Sir, wie soll ich...?" - "Prüfen Sie!"


Unbekanntes System - Modular-Kreuzer Earthen Peak

Neretims Kopf fühlte sich an, als wäre er betäubt. Sein Blick war unklar und die zahlreichen, bunt aufleuchtenden Kontrolllämpchen machten es nicht besser. Sie hatten getroffen und lebten noch. Die unangenehme Stimme des Bordcomputers bohrte sich in sein Gehirn und ließ ihn wieder in sich zusammensacken. Wo war er? Eine alte, faltige Hand glitt hilflos über die Kontrollen - seine Hand. Vor seinem Auge sah er das Lichtspiel von Farben, wie in einer Röhre. War das der Hyperraum? Der Kommandant versuchte aufzustehen und sackte wieder in seinen Stuhl. Vor ihm bewegten sich Menschen. Der Mann stöhnte leidvoll auf und spürte etwas warmes sein Gesicht herunterlaufen - war das Blut? "Der Kommandant ist verletzt!", schrie jemand. Seine Hände wehrten sich, als ihn jemand aus seinem Stuhl holen wollte nicht. "Nicht jetzt...", murmelte er und blickte benommen durch das Sichtfenster der Brücke. Etwas stimmte mit dem Schiff nicht. Es dauerte eine Zeit lang, mehrere Minuten, bis er bemerkte, dass die Spitze des Kreuzers nicht mehr vorhanden war. Er musste sich erinnern - was war nach dem Aufprall passiert? "Sanitäter!", rief noch jemand, ehe Neretim in eine bequemere Position rutschte, immer noch halb bewusstlos, aber doch wach genug um einschätzen zu können, was um ihn herum geschah. Es war der Sprung, sie hatten die republikanische Fregatte getroffen und offenbar die Folgen des Aufpralls unterschätzt. Etwas kühles bedeckte seine Stirn und der Mann sah unbeholfen auf und blickte in das Gesicht des Navigationsoffiziers. "Was...?" mühte er sich heraus und sah den Mann müde an. "Der Zusammenstoß hat die Fregatte aus ihrem Sprungvektor katapultiert - uns aber auch.", erklärte er kurz und ohne ausschmückende Details. "Unsere Systeme konnten die freigesetzte Energie nicht zur Gänze ableiten. Es kam zur Rückkopplung und einige unserer Systeme arbeiten Fehlerhaft.", setzte der Mann fort und war sich bewusst, dass dies eine sehr schöne Darstellung der Situation war. "Der Antrieb...", murmelte Neretim und raffte sich wieder ein Stück weit hoch. Die Kühlung tat ihren Zweck, die Sinne des Kommandanten wurden schärfer, als er sich interessierter auf der Brücke umsah. "Überlastet. Wir können ihn vielleicht abschalten, aber vermutlich wird er danach nicht mehr anspringen." Er nickte langsam und holte tief Luft. "Ich verstehe." Zumindest für den Moment. Sie waren gefangen im Hyperraum, so lange, bis ein Stern dazu entschied sie wieder hinauszuziehen.

Wie lange er weggetreten war, konnte Neretim später nicht mehr sagen. Stunden? Tage? Es spielte keine Rolle, denn als ihre endlose Reise durch den Tiefenraum endete, war er wieder Herr seiner Sinne. "Gravitationsanomalie vor uns! Bereitmachen für Rückkehr in Realraum!", rief ein Offizier. Ruckelnd und unkontrolliert fiel die Earthen Peak aus dem Hyperraum und befand sich auf erneutem Kollisionskurs mit einen Objekt. "Ausweichmanöver!", brüllte Neretim als das große Stück Durastahl immer näher kam. Der beschädigte Kreuzer neigte sich zur Seite um dem Aufprall zu entgehen. Kreischend schabte Durastahl an Durastahl, als das Schiff erneut durchgerüttelt wurde. "Noch mehr Hindernisse vor uns!" - "Bringen sie uns hier raus verdammt!" Am Ende war es Glück und das Geschick des Navigators, dass die Peak die Begegnung überlebte. Weiterer Schrott driftete ins All, als sie ein weiteres Hindernis streiften und das Schiff mit jeder weiteren Minute die verging mehr bockte und sich aufbäumte -bis der Höllentrip sich dem Ende näherte. "Was war das?", fragte schließlich einder der Offiziere. "Schiffe, Wracks vermutlich. Ein Raumschifffriedhof - draußen im Rand gibt es so etwas oft.", mutmaßte ein anderer. Nur Neretim schwieg und rief sich das Szenario noch einmal vor Augen, wie er entsetzt das Schiff in der Größe eines Kreuzers auf sich zu kommen sah und die unzähligen anderen die ihm folgten. "Wenden.", befahl er ruhig. "Das ist kein Friedhof, das ist eine Flotte." - "Sir?" Der Kommandant blickte starr aus dem Fenster und nickte langsam sich selbst zu. "Wir fliegen noch einmal langsam daran vorbei." - "Der Antrieb..." - "Sei's drum." Zitternd berührte seine faltige Hand den Schirm seiner Offiziersmütze und nahm sie unsicher in die Hände, als würde er, zum verwundern seiner Offiziere, vor etwas Ehrfurcht demonstrieren. "Was Sie hier sehen, ist eine Legende.", sprach er bedacht. Die Lippen zeigten das glückliche Lächeln eines alternden Mannes, vielleicht das erste, dass ihm gelang seit er im Imperium diente und nun würde es vermutlich auch das Letzte sein. Sorgsam legte er die Mütze vor sich ab und setzte zum Salut an, als die Peak an den unzähligen Schiffen, die wie Tod zwischen den Sternen lagen, vorbeiflog. , echote die Stimme des Bordcomputers ein letztes Mal.
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#37
Zitat:
- Höchste Dringlichkeit-

Imperialer Sternenzerstörer Intrepid
Kommandierender Offizier / Captain Skasi Telleron

Persönliche Nachricht

Inquisitorin Nigidus,

der Imperator des galaktischen Imperiums, Darth Vesperum, wünscht auf höchster Dringlichkeitsstufe eine Unterredung über den Holofunk. Über die Rücksendefrequenzen dieser Nachricht werden sie unmittelbar mit seiner Hoheit Verbunden.

Skasi Telleron
Captain
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#38
Mit dem einsetzenden Wind bekam die Veränderung von Sedraels Leben ihr Symbol. Die Luft blies das Alte davon, forschte nach den Überresten der Exilantenzeit, um diese auszutreiben. Staub und tote Erde wog unkontrolliert in der Brise, die der Sephi den Weg aufzeigte. Sie blickte nach oben, als das Flugobjekt über ihre Köpfe rauschte und ein Stück weit hinter der Stadtmauer schließlich stehenblieb, um danach elegant unten hinabzugleiten. In merkwürdiger Hinsicht erinnerte Sedrael das Gefährt an ein Schiff aus der Alten Republik, vielleicht etwas moderner und pragmatischer, aber der Stil war zweifellos ähnlich. Es mochte der Fingerzeig der Macht sein, dass dies eine Rückkehr in eine Zeit war, in der es der Jedi nicht nur um das Verstecken und Warten gegangen war, nicht nur um das Sterben und die Unfähigkeit zu helfen, sondern an die Zeit, als sie sich kümmern konnte, als ihre Handlungen einen spürbaren Effekt hatten und einen Unterschied machen konnten. Es war… lange her. Eigentlich bereits gefühlte zwei Leben entfernt, vielleicht würde das Neue mehr eine Rückkehr zum Alten sein, als ihr im Moment recht war. Der Wind zerrte an Sedraels Kapuze. Einen Moment lang ließ sie es gewähren, dann hob sie mit einer Hand den Stoff an und gab so ihren Kopf dem Wind preis. Es gab keinen Grund mehr, sich zu verstecken. Sie hatte der finsteren Frau mit ihrem Innersten schon mehr offenbart als es ihr Äußeres jemals hätte tun können. Ein Stück weit war es befreiend, den Luftzug ungestört durch ihre Haare und ihren Nacken strömen zu lassen, kühl, entspannend.

Man gab sich schon mit wenig zufrieden in diesen Tagen. Bescheidenheit und das Wissen, oder vielleicht besser der feste Glaube daran, dass alles irgendwann einen Sinn durch die Macht bekommen würde, hatte Sedrael am Leben erhalten. Und nun war jemand gekommen, der gedachte, ihr alles zu nehmen, wofür sie sich die letzten Jahre eingesetzt hatte, und gleichzeitig etwas gab, wonach sie eigentlich gar nicht mehr gesucht hatte. Freiheit. Auch wenn es eine zischende Schlange war, aufgerichtet und jederzeit bereit zuzuschlagen. Doch auch eine Schlange, so verschlagen und hinterlistig sie sein mochte, konnte die Wahrheit sprechen. Sedrael hatte kein Kriseln, keine sanften Widerworte in der Macht gehört, woraus sie schloss, dass die Frau die Wahrheit gesagt hatte, obwohl es ihr ein Leichtes gewesen wäre, der Sephi eine weitaus bequemere Lüge vorzusetzen, um sie mehr zur Kooperation zu bringen. Doch nein, so wie es aktuell schien, war sie ehrlich. Ja, es war natürlich brutal ehrlich, äußerst brutal sogar, wenn sie eingestand, dass das Volk der Firrerreo dem Untergang geweiht war. Und dennoch lag genau hierin der entscheidende Punkt. Obwohl es ihrer Sicht, den Versuch, die Jedi widerstandslos mitzunehmen, in Gefahr brachte, war sie nichtsdestotrotz ehrlich gewesen. Das war vielleicht ein Stück weit eine Überraschung, mit der Sedrael vermutlich nicht unbedingt gerechnet hatte, andererseits aber spiegelte es doch sehr klar die Erfahrung wieder, die sie gerade mit dieser Frau geteilt hatte. Das Licht war wie mit einem Prisma geteilt worden und manche Strahlen mochten sich in der Dunkelheit der Hexe verlieren, andere jedoch waren sichtbar. Schwerlich zwar, aber dennoch. Auch wenn sie selbst es wohl nicht eingestehen würde. Früher oder später jedoch, wenn die Zeit der Dunkelheit vorüber war und das Licht generell wieder heller in der Galaxis strahlte, würden diese Strahlen des Prismas besser sichtbar werden, klarer zu Tage treten. Das würde ein steiniger Weg sein, auch für Sedrael. Alles andere wäre naiv und dumm gewesen. Wo würde dieser Weg nun also hingehen? Die Frau, deren Namen Sedrael noch immer nicht kannte und der letztlich auch in keiner Weise etwas zur Sache tat, ließ der Jedi selbst die Entscheidung. Das hatte sie nicht erwartet, schließlich wollte die Dame sie ursprünglich namens einer sogenannten Inquisition in Arrest nehmen – daher war sie davon ausgegangen, dass die Frau ihr den Willen aufzwingen und nicht sie gewähren lassen würde. Es war eine ganz neue Erfahrung, nach so langer Zeit, wieder selbst darüber bestimmen zu können, was man tat. Zumindest so weit darüber bestimmen konnte, wie es nicht ohnehin schon die Macht selbst einem bewusst oder unbewusst vorgab. Nachdenklich hob Sedrael ihren Blick und sah die Frau wieder an.
„Tut Ihr, was Ihr tun müsst“, entgegnete sie zunächst und spielte damit auf das wohl Unvermeidliche an, das die Person neben ihr schon lange beschlossen hatte. Die Sephi hatte keinen Zweifel daran, dass sie diese Erschütterung der Macht durch ihre Heimatwelt noch in Tagen spüren konnte und es lange andauern würde, ehe diese offene Wunde zu einer notdürftig verheilten Narbe wurde, die sie immer mit sich tragen würde. Erst wenn das vorüber war, würde Sedrael die Gedanken finden können, die notwendig waren, um den neuen Weg bestimmen zu können. Nun, das war das Leben und das Schicksal eines jeden Machtbegabten. Er nahm auf die eine oder andere Art teil am großen Ganzen, innerlich wie äußerlich, gefühlt wie gezeigt. Nicht zuletzt deshalb war es nicht immer ein leichtes Los, und nicht selten hätte Sedrael es vorgezogen, nur ein normales Kind gewesen zu sein. Doch die Macht suchte sich diejenigen, durch die sie sprach, nicht umgekehrt. Und wer was sie nun, die allumfassende Existenz, die Leben und Tod, Gut und Schlecht, Freude und Leid ununterbrochen in die gesamte Galaxis trug, in Frage zu stellen und sich ihr zu verweigern? Es wäre sowohl töricht als auch auf lange Sicht ohnehin unmöglich. Wenn die Macht durch einen sprechen wollte und diese Person dazu erkoren hatte, konnte diese sich auf kurz oder lang nicht dagegen wenden. Ebenso wenig wie Sedrael sich jetzt dagegen wenden konnte und auch nicht würde, mit der finsteren Frau mitzugehen.
„Nur Antworten auf Fragen werden schließlich das Ziel benennen können. Wir werden sehen, welcher Weg uns darin gewiesen wird“, fügte sie dann hinzu. Sedrael würde darüber meditieren müssen, was der nächste Schritt werden sollte, ja und sie würde sich darüber informieren müssen, wie überhaupt der Zustand in der Galaxis war. Sie war unwissend, uninformiert und ahnungslos wie ein Kind, das man an die Hand nehmen musste, um es durch die komplizierten Straßen und Gabelungen eines Stadtplaneten zu führen. Diese weltliche Unwissenheit musste sie ausräumen, ehe sie sich spirituellen Fragen dieser Galaxis zuwenden konnte. Fragen über die Inquisition, über das Imperium, die Jedi. Ja über so vieles der letzten, endlosen Jahre. Und auch Fragen über ihre neue Begleiterin, die ihr zeigten, wer diese Person war und was ihre Stellung innerhalb ihrer… Organisation war. Das alles war entscheidend, vielleicht nicht entscheidender als die Gefühle, die in der Frau strömten, doch ohne das Verständnis der weltlichen Person war auch das Verständnis der geistigen Persönlichkeit nur schwer möglich, selbst mithilfe der Macht. Erst wenn dies einigermaßen klar war, würde auch klar werden, welches Ziel die beiden einschlagen würden.

Als die Fähre einige Meter entfernt mit nach oben gezogenen Flügeln am Boden zum Stillstand kam, war es Zeit zu gehen. Neben ihr zeigte die Finsternis den Weg in den Abgrund, einen mit Leichen gepflasterten Weg. Der Weg in eine trostlose, tote Wüste, die nur durch genügend Stärke und Fürsorge fruchtbar gemacht werden konnte. Wem das nicht gelang, der würde enden wie der am Boden liegende Firrerreo, der sie anstarrte. Sedrael starrte zurück. Ja, sie würde dem Tod ins Auge sehen, nicht nur hier, nicht nur dem ihren, sondern dem anderer. Doch sie hatte Erfahrung mit dem Tod, Jahre lang hatte sie hier nichts anderes erlebt und sie hatte sich nicht darin verloren. Das war vielleicht ihr Hoffnungsschimmer, auch wenn ihr jede Pore ihres Körpers sagte, dass diese der Vergangenheit nur eine kleine Etappe dessen gewesen war, was ihr jetzt bevorstand und das auf sie wartete. Wenn sie sich darin verlor, war sie auf vielerlei Art toter als der bald verwesende Körper des Mannes zu ihren Füßen. Sich dessen bewusst wandte sie ihren Blick ab und trat auf das Shuttle zu. Nur ein Mal blieb sie noch stehen, als sie einen ein paar Zentimeter langen, aschfarbenen Stein vom Boden an sich nahm und einsteckte. Vielleicht das Letzte, das sie jemals von ihrer Heimat berühren würde. Sedraels Gesicht schien blasser und farbloser zu sein als normalerweise schon, sie blinzelte die Feuchtigkeit in ihren Augen weg und stieg schließlich in das ihr bereits jetzt unangenehme Gefährt, ohne sich noch einmal umzusehen.
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#39
Da war sie nun und beobachtete still den Landeanflug der Fähre, der Dämon, Teufel, das Monster. Ein fürchterlicher Cockatrice, deren versteinernder Blick der Welt das Leben entriss und doch mutete das samtene Gefieder so anmutig, so einladend an, als wäre sie eine Mutter, welche die geschundenen Seelen unter ihre weichen Fittiche nahm, versteckt in tiefen Daunen vor dem Bösen der Galaxis. Und doch mehr Illusion als Wirklichkeit: die großen Flügel waren lahm, von giftigen Öl durchtränkt und wurden von der Flamme der Finsternis verbrannt, im Ofen von Hass und Verzweiflung. Wie lange noch? Sie kam zurück. Die stetige Frage nach der Endlichkeit aller Dinge, der stumme Aufschrei, das Verlangen nach einem Ausbruch aus den gängigen Strukturen, doch wie immer blieb der Wunsch unbeantwortet. Unbeachtet. Es gab nicht das Gute, dass der Hexe die Erlösung brachte, nein. Der Schatten musste seine eigene Fee sein, eine weitere Rolle, eine weitere Last, die ihr zerrütteter Geist schultern musste. Denn sie war viele. Da gab es die brutale Inquisitorin, die den Planeten verbrennen wollte, die so viele gequält und hingerichtet hat und noch mehr folgen würden, die ihren Imperator bis nach Korriban gefolgt ist, nur um den Leichnam eines Reiches zu retten. Und doch war da die Verräterin, die Dunkelheit, die sich gegen die Dunkelheit wandte, eil sie erkannte, dass alles enden musste, die Darth Traya, die den Zirkel der Auslöschung eine Zeit lang zu unterdrücken versuchte und der Galaxis die wertvolle Zeit erkaufte, die sie benötigte um aufzuatmen, sich ans Herz zu fassen und sich zu erholen, bevor die nächste Sintflut sie versuchen würde dahinzuraffen. Und nun war sie noch Mentorin für ein Geschöpf, das unbedeutender in seiner Art nicht hätte sein können, das so vernachlässigbar erschien, dass die Sterne es beinahe vor ihrem Auge verbogen hatten. Und sie hatte sich dieses Wesens angenommen, während sie ihre Heimat in die Verdammung schickte. Sie nahm die Sephi mit und würde das stumpfe Metall zu einer scharfen Klinge schmieden, eine Klinge, die den Kreislauf durchbrach, scharf genug das Herz des Vesperum und ihr eigenes zu durchbohren. Durchaus, an letzter Stelle stand stets der eigene Tod und Reah wusste, dass er unvermeidlich war, er musste kommen weil sie Teil dessen war, von dem sich die Galaxis entsagen musste und noch bewusster war ihr, dass sie dieses Schicksal nicht einfach akzeptieren würde. Man musste sie zwingen - bezwingen. Auch der letzte Schatten würde seinen Weg zurück in die Untiefen der Unterwelt antreten müssen.

Der Wind der Veränderung trieb die Sephi am Ende aus ihrem Versteck und offenbarte ihr Gesicht, für das sich die Inquisitorin so wenig, so gar nicht, interessiert hatte. In der Tat, sie hätte jeder sein können. Alles. Ihre Aura war entscheidend, ihre Eindrücke, beinahe heiße Brandmale, die sie im Geiste der Hexe hinterlassen hatte. Doch nun stand sie da. Schneeweiß. Bleich. Und die Kreatur des Abgrunds labte sich am Bild des heiligen Engels, dass sie nie sein konnte. Einen treffenderen Avatar hätte die Macht sich für das reinigende Licht gewiss nicht suchen können - doch würde es reichen? Wie viel Heiligkeit blieb am Ende des Weges übrig? Wie viel Dunkelheit konnte der schöne Engel ertragen, bis auch sie zu einer Monstrosität der Leere wurde? Sie wusste es nicht. Ein Stein fand die Hand der Sephi, ein Herzsplitter, der letzte, der von Firrrerre übrig bleiben würde, das einzige Überbleibsel das berührt werden konnte. Dann stieg Trauer in ihrem Engel auf, Traurigkeit über das Ende, über ihre Entscheidung, doch kalt wandte sich der Schatten ab, als half nichts und als sie die Rampe betraten, war es zu spät darüber nachzudenken. Die Dinge waren in Bewegung gesetzt worden - sie konnten nur noch siegen oder würden ein für allemal scheitern.

Die Schatten verschlangen die Inquisitorin, als sie durch den kargen Militärshuttle schritt. Leer war es, penibel sauber und doch so tot. So anonym und fremd. Das Gerät hätte stellvertretend für das gesamte Imperium sein können, in jenen Strukturen verlor das selbst zu schnell an Bedeutung, das Ich. Ein schleichender Prozess der Auslöschung, unsichtbar und kaum zu bemerken. Die imperialen Soldaten waren nur noch ein Schwarm, der gemeine Bürger indes noch weniger: nur noch der Nährboden, dem neue Drohnen entwuchsen, Spielzeuge eines bösartigen Gottes, Spielzeuge der bösartigen Halbgötter unter ihm. Ihre Spielzeuge. Das letzte Licht wurde verdrängt, als sich die schwere Luke schloss. Hier war sie nun wieder. Ganz allein im Dunkeln -nein, nicht ganz, irgendwo saß ihr Jedi. Aber das spielte für den Moment keine Rolle, dies war ihre Dunkelheit, ihre persönliche Einsamkeit, eine frostige Ödnis, beinahe ausreichend um das Innenleben des Raumschiffes mit Raureif zu überziehen. Ein finsteres Grinsen zog sich über Gesicht, als das Schiff den Planeten hinter sich ließ und in den Orbit startete. Ja, ganz recht, dies hier war ihr Reich. Hier konnte sie Lächeln, verborgen im Schatten, wo sie niemand sah. Denn wie alle Wesen der Dunkelheit war auch ihr Herz von Angst verzehrt. Reah hatte Angst vor Entdeckung, Angst davor, dass jemand sah, was sie einmal war und nie wieder sein konnte.
Unbarmherzig schnell fegte der Transporter ins ferne Sternenall, als könnte er es gar nicht erwarten, das furiose Ende des Planeten zu erleben. Als wäre es ein außergewöhnliches Spektakel, so selten und rar, das Tickets für das dramatische Event schon weit im Voraus gekauft werden mussten. Es war pervers, Reah wusste das, aber es gehörte dazu. Zum Imperium, zur Dunkelheit. So abstrus der Vergleich anmuten mochte, blieb vielen doch nichts anderes übrig als es als solches abzutun: ein Spektakel. Jeder Anflug von Moral würde das Gewissen der Soldaten bersten lassen - sie hatten sich selbst versklavt, sich ihren Herren selbst zum Fraß vorgeworfen und ihre ewige Folter bestand im endlosen Leid, dass sie verursachten, sie ertragen mussten. Am Ende standen Personen wie Stratis, die alles opferten, alles gaben, nur um ihr eigenes unbedeutendes Leben noch ein wenig verlängern zu können. Im Imperium gab es davon viele - Varpasi und Cadera - wie ihr gerade einfielen, austauchbare Marionetten, getrieben von ein wenig Ehrgeiz, ein wenig Gefallsucht, wie sie selbst in schwächeren Momenten, aber letzten Endes waren sie keine Menschen mehr. Es ging ihnen nur um das Morden und darum wie viel Mord nötig war, um das eigene Leben noch ein wenig... annehmlicher zu gestalten. Ihr Blick fiel verträumt, beinahe kummervoll, doch sicher von den Schatten geschützt, aus einem Fenster. Nein, dies war kein Imperium der Menschen mehr. Sie waren die Legion der Toten, fleischgewordene Alpträume, dazu gemacht die Galaxis endlos zu plagen.

Dann kam der große Tod in Sicht, der Erlöser, die Fabrik des Fegefeuers. Abaddon, Engel des Abgrunds erhob sich vor ihnen. Kalte Durastahlplatten schützten die gewaltige Maschine, deren Turbolasergeschütze, jedes einzelne mächtig genug ganze Städte zu vernichten, auf den schutzlosen Planeten zielten. Zwei Kreuzer hingen versetzt an den Flanken des Monstrums, ein Dritter fehlte. Sanft bog das Shuttle in eine enge kurve, die sie in die Eingeweide brachte, die Innereien des Werkzeugs der Auslöschung, das, wie alles imperiale, pervertierte Reinheit ausstrahlte. Ächzend öffnete sich die Rampe und gab den Blick auf den Hangarboden frei, sauber war er, poliert beinahe wie ein Spiegel und ebenso perfekt standen die Soldaten in ihrer weißen Rüstung, eine kleine Ehrengarde - aber Ehre wofür? Niemand hier, besaß auch nur noch einen Anflug von Ehre, niemand, außer die Sephi vielleicht. Im Prinzip war sie unnötig, denn die Hexe schenkte den Männern keinerlei Beachtung, sondern schritt unaufhaltsam auf den kommandierenden Offizier Stratis zu. Ja. Er wartete. Er lauerte. Wie er kaum sichtbar mit einem Bein hin und her wippte. Totschlagen! Nicht jetzt. "Willkommen zurück Inquisitorin Nigidus.", flötete der Kapitän ungewöhnlich munter und... keine Verbeugung? Eine Spur von Häme legte sich in den Blick des Offiziers, er war mutig, todesmutig sogar - testete er eine neue Grenze aus oder war er sich siegesgewiss? Erwartete sie eine Niederlage von der sie noch nichts ahnte? "Der Imperator wünscht eine unverzügliche Unterredung mit Euch." Überraschung legte sich in ihren Blick. So bald? Die Augen senkten sich, bis der Dämon erwachte und den Kapitän blutlüsternd anstarrte. Furchen der Finsternis trieben das Lächeln weit auseinander, kalt genug, das Magma Mustafars erstarren zu lassen. "Natürlich tut er das.", entgegnete die Inquisitorin selbstsicher und wenig verwundert. "Und ich gedenke nicht ihn warten zu lassen."
Verdutzt sah Stratis zu, wie das Weib unbeeindruckt an ihm vorbeirauschte, ehe etwas anderes in sein Blickfeld geriet. Etwas weitaus Geringeres, Schwächlicheres. "Und was ist mit dem Ding?", quakte der Kapitän und deutete mit seinem Finger abfällig auf die Sephi. Der Hall ihrer Schritte verstummte, als der Schatten sich umdrehte.. ja.. was war mit ihr? Irrelevant, sie hatte keine Zeit, nicht jetzt, nicht, wo Vesperum zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt störte. "Mitbringen.", antwortete sie knapp, ehe die Hexe ein weiteres zartes Lächeln probierte. "Ah.. noch eines Stratis... beginnen Sie unverzüglich mit dem Bombardement." Sie wandte sich ab und rauschte weiter durch die Gänge, wie ein finsterer Schemen. Ein Sturmsoldat indes stieß der Sephi den Kolben seines Gewehrs unsanft in den Rücken. "Abmarsch, Alien!", schnauzte er die Jedi unwirsch an und machte deutlich, dass sie sich in Bewegung setzen sollte.

Da waren sie. Der Turbolift brachte sie alle zur Brücke, zur Kanzel der Zerstörung, der Loge mit der besten Sicht. Die Vorbereitungen liefen, beinahe konnte man es spüren, das Rumoren des Schiffsreaktors der Energie von Schilden und Antrieb in die Waffensysteme umleitete. Die Tür öffnete sich und vor ihnen zeigte ein riesiges Sichtfenster den Planeten Firrerre - ein letztes Mal, bevor er zu Asche verbrannt werden würde. Geschäftig gingen die Brückenoffiziere ihren Aufgaben nach, als wäre nichts, gäbe es keine Veränderung, als gehöre all dies zu ihrem täglichen Job, den sie stillschweigend akzeptiert hatten. Stillschweigend schlug die Inquisitorin ihren Weg zum Holokommunikator ein, während der Sturmsoldat in eine Ecke abseits des Sichtfeldes drängte - möge der Imperator vor dem Anblick der Minderwertigkeit verschont bleiben. Als das gerät die Verbindung herstellte, ließ sich Reah in einer flüssigen Bewegung auf die Knie fallen, ganz die untertänige Dienerin, die sie stets war. Den Kopf abgesenkt, mit finsterem Grinsen, das so typisch für die Inquisitorin war, die Fratze des Monsters. "Wie kann ich Euch dienen, mein Imperator?" Entgegnete sie dem bläulichen Geist, dessen schauriges Licht der Projektor in den Raum warf. Simultan zu ihren Worten begannen die Kanonen der Abaddon, das alles versengende Feuer zu speien. Der Drache Nimmersatt war gekommen, eine weitere Welt zu verschlingen.
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#40
In sich allein, geplagt von seiner Verantwortung, kauerte der dunkle Schatten auf seinem Thron. Niemand setzte ihn frei und so fiel das perlweiße Licht der Beleuchtung auf ihn, umrandete ihn mit einem sanften Kegel. Die schwarze Kutte fiel in weiten seidigen Falten hinab, zersetzte das sonst so angenehme Licht mit ihrem dunklen Angesicht. In wenigen Sekunden begann die Kommunikation mit Inquisitorin Nigidus; nur noch wenige Sekunden der eigenen Verachtung. Der Blick kalt, zerflossen von jeder Hoffnung, wie ein stiller Brief an die antike Macht, die ihn aufzehrte und verbrauchte. Jede Bewegung seiner Lungen erinnerte ihn daran, wie frostig leer seine Existenz war. Es war dieses elegangte Keuchen, das Atmen der Last, welches den Raum füllte. Nur er war hier. Nur dieser Dämon, welcher sein eigenes Spiegelbild mied; nicht mehr gesehen hatte. Vermochte ein Spiegel überhaupt noch die Fratze zu ertragen und nicht zerspringen? Diese gelbschimmernden, blutig-schwarzen Augen, umwoben von diesem Frost; diese finstere Schneidigkeit. Was wollte man noch denken, wenn selbst das Licht einem auswich. Kein Tag ohne Kette, die man nicht mehr spürte. Immer wieder aufraffen, weiter machen. Gegen das Licht. Unter der Kutte, dem fauligen Fleisch, war der Rest eines Wesens, welches in die Zeit selbst blutete. Keine Unterscheidung mehr zwischen Leben und Tod, sondern einfach nur Dasein. Hier sein. In diesem Augenblick. Nur die Atmung sprach. Kein Wort hatte er gesagt, seit dem er hier saß. Es war nicht notwendig gewesen. Die Schatten verstanden sein Spiel von Verlust und Hass auch ohne Gesagtes. Man brauchte hier keine Masken aus verlogener Höflichkeit. Hier gab es nur falsche Wahrheiten, die so unehrlich ehrlich daherkamen, dass Vesperum allein erkennen konnte. Gnade war fern. Von ihm für die Galaxis und von der Galaxis für ihn. Das war die Last, die unspürbar war aber zog. Hinab in dieses Schwärze, die das schwarze Meer war. Jeglicher Blick hinaus ins All erinnerte ihn daran, was er verloren hatte. Doch benennen, nein, das gelang nicht. - Und so wagte der Imperator keinen Blick hinaus und starrte ungebräuchlich schlicht in den Raum hinein, der eine kleine Halle darstellte. Nur Metall und steriles Licht waren hier seine Begleiter. Er war sich seiner selbst leid aber der Sith verweigerte sich selbst eine aufrichtige Entschuldigung.

Doch dann gesellte sich ein anderes Geräusch in die Stille seiner Atmung. Der Holoprojektor sprang an, wie befohlen. Die Linse begann sein Gesicht zu erfassen, zu digitalisieren und weit durch die Galaxis zu werfen. Vor ihm fuhr eine kleine runde Plattform aus dem Boden, flackerte kurz und es erschien in blassem Blau Reah Nigidus. Die Verbindung ruckelte noch ein wenig, surrte bemüht, bis alles installiert war. Nur sie war vorerst zu sehen. Die schwarze Kapuze erhob sich, gab den Blick auf das Angesicht frei. Es war eine langsame Bewegung, so dass noch ein Augenblick verstrich, bis Nigidus sein porzellanartiges Gesicht erkennen konnte. Die großen Augen bohrten durch das Universum hindurch, durch den Projektor, bis zur dunklen Jedi. Der Fokus war gesetzt. Alle Aufmerksamkeit des Monsters, des ewigen Dämons, lag auf ihr. Es war willkommene Ablenkung für den einsamen Geist, der Vesperum war. Urplötzlich zuckten seine Gedanken, von Schmerz und Leid getragen, umher. Nichts was real geschah, war spürbar. Doch dieser gedankliche Schmerz trieb, gierte auf, beschmutzte das sterile Umgebungslicht. Es war eine dunkle Ahnung. Nicht definiert. Keine Macht offenbarte sich, doch etwas kündigte sich an. Unbestimmt grausam. Seine Sinne schmerzten, wankten in der dunklen Seite. Der Schmerz verschwand so schnell, wie er gekommen war. Es war nur eine sinnliche Veirrung des Geistes, wie sie immer öfters geschah. Visionen kamen, ging und verdrängten Wahrheiten. Es war die antike Sicherheit der Dunkelheit.

Der große Totenschädel mit seinem seidigen Schwarz umrandet, erleuchtete den Raum in Pseudo-Blau. Das Bild ruckelte gelegentlich, flackerte aber war dennoch stabil. Reah Nigidus war unterwürfig, gespielt oder ehrlich: es kümmerte ihn nicht. Sie war in ihrer Rolle und der Imperator in seiner. Es war ihr Schicksal, welches sie teilten. Die Jedi, ja, das war sein Interesse. Der Sith erinnerte sich, warum er hier war und handelte. Die Gestalt im Hologramm eröffnete mit trockenen, fast kriechenden Worten: "Reah Nigidus." Ihr Name fiel durch Raum und Zeit, echote umher, wie die grausame Gewissheit dieser Stimme. Es erklärte, warum er keinen Spiegel mehr brauchte. Er selbst, dieser Lord, war der Spiegel der dunklen Seite. Die schreckliche Verantwortung und der Richter für dieses Imperium.

"Habt ihr die Jedi gefunden?" - war dann die Frage, ohne weitere Umschweife. Direkt gesprochen und direkt fordernd glitten die Augen des riesigen Geistes zu ihr hinab, drückten auf sie und verbanden sie mit dem Dämon. Damit konnte sie ihm dienen. Mit einer Antwort. Das war es war er wollte und was er bekommen sollte.
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