#31
Ändern war so ein grosses Wort. Es ging vielleicht eher um Veränderung als um eine totale Umstruktuierung des Selbst. Man veränderte sich sowieso immer mal wieder im Leben- schliesslich war nicht mehr der junge Mann, der in den Tavernen Hochprozentiges ausschenkte. Er hatte sich entwickelt, seine Menschlichkeit vollends abgelegt. Wobei das wohl wirklich eine vollkommene Änderung war. Eine, mit der die anderen Lebewesen der Galaxis nicht fertigwürden, weil sie seine Andersartigkeit nicht begreifen konnten. Vermutlich konnte er das, zumindest gerade, auch nicht. Er suchte in sich Orte, die ihn retten könnten. Wenn man selbst sich keine Rettung war, wie sollten es die anderen sein? Man konnte sich auf niemanden verlassen, niemanden.. alle gingen, logen, verliessen einen, verleugneten, rammten das Messer im günstigen Moment in die Brust und alles, was sie dann noch im Gefühl hatten was das Gefühl ihres Triumpfs. Du, das Opfer, nichts mehr wert. Dein Profit vielleicht, sonst... nichts. Aber dieses Nichts war es, was Vesperum ausstrahlte. Ilara wollte flüchten, vor diesem miesen Gefühl des Nichts, was sie absolut deprivierte und beinahe Wahnsinnig machte. Er stand einfach nur da, regte sich nicht. Er lebte, irgendwie, zog aber alle Emotionen, sogar die miesen, an sich, liess einen leeren Kokon seines Gegenübers liegen. Sie musste sich dagegen stemmen, wenn sie überleben wollte. Er überlebte, wenn er den Platz in sich fand, sie, wenn sie sich von ihm fernhielt und doch in seiner Nähe blieb. Denn würde sie gehen wäre sie so gut wie tot. Er fand sie, so viel war klar. Seit dem Tag, wo sie ‚gefangen‘ wurde, wurde neben ihrem Körper auch ihre Seele zu einem grossen Teil zum Schleuderpreis verkauft. Verkauft worden von denen, sie sie prüften, vielleicht zum Spass, vielleicht um die eigene Macht zu manifestieren oder sich selbst zu zeigen, in einer besseren Situation zu sein als dieses Kanonenfutter, das ums nackte Überleben kämpfte, während es bei ihnen doch recht gesittet zuging.

Ilara stand ruhig da, schluckte und versuchte nicht wahnsinnig zu werden. Nicht so wahnsinnig, dass sie hier schreiend herumrannte- sie war wahnsinnig. Das waren sie alle. Aber eben so, dass sie noch leben konnten und wohl weiter kamen, als so manch andere. Ihr Blick lag auf Vesperum, als er zwei kleine Worte sagte. Gehen? Noch so gerne. Weg hier, von ihm, diesem Ort, der ihn vollends verdammt hatte. Sie hielt einem Verdammten die Stange. Waren es nicht die Anhänger, die zu verurteilen waren? Sie konnte nur erahnen, was er vorhatte. Das wie war egal- töten, morden, umbringen, drohen, verängstigen, das war lange kein Problem mehr für sie. Es waren die Ideen, die die eigenen Reigen so arg dezimierten. Sie nickte und wollte wieder zur Halle. Den ganzen Weg zurücklegen würde eine Tortur werden. Ihre Hände waren nun von diesen scheinbar wertvollen Artefakten besetzt, somit war sie unbewaffnet und konnte sich nirgends mehr halten. Ihre Hände begannen leicht zu kribbeln, da sie die Finger eng um die Kälte der Pyramiden schloss. Sie bemerkte aber bald, dass Vesperum einen anderen Weg bahnte. Das Geräusch der Säule auf dem Boden jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Es war irgendwie quietschend, fast organisch, wie wenn man etwas auseinanderriss. Langsam kam sie näher, wartete aber, bis Vesperum vorging. Wenn sie in neue Gefilde traten, sollte er vorgehen und die Untoten töten, die da sicher auf sie warteten. Sie würde draufgehen, würde es so werden, wie beim Eintritt in diese Totenhallen. Dann wars das mit dem Plan gewesen, zu überleben, irgendwie zu Ruhm und einem Platz in der Welt zu kommen, den man ihr nicht so leicht streitig machen konnte, einen Stand zu erreichen, auf dem sie nicht einfach so herumgeschubst werden konnte, wie es beliebte. So, dass sie doch irgendwo ihr Leben hatte, tun konnte, was sie wollte- in bescheidenem Rahmen. Sie erwünschte sich keine Freiheit. Es gab keine Freiheit, es gab sie noch nie. Freiheit war für wenige Glückliche bestimmt, nicht für sie. Sie war eine Gefangene des Systems, in das sie geraten war und dem sie auch zudiente. Das System nährte sich selbst. Das System, das alle unterjochte.

Seltsame Worte kamen aus Vesperums Mund. Worte, die so gar nicht zu der Situation passten, zu dem, was Vesperum wohl zu sein schien. War er doch nicht ganz gewandelt? Was genau passiert war konnte Ilara noch immer nicht benennen noch erahnen. Es war nur eine Transformation in Gange gesetzt worden, die mehr als nur sein eigenes Leben tangierte. Das, was isch alle Sith erkämpfen wollte hatte er auf seine Schulter genommen. Für was?! Die Frage drängte sich noch immer auf. Auf seine Worte ging sie besser nicht ein, sah nur in den dunklen Gang, der nach draussen zu führen schien. Da sie ihren Namen hörte, wand sie den Kopf zu dem Verwandelten. Es war wohl klar, dass sie hier hinauswollte, aber er fühlte das wohl stärker als jeder andere. Nun sollte sie vorgehen? Sie bemerkte, dass seine Haut sich pellte, er weiterhin blutete. Natürlich, sie, das Kanonenfutter, sollte vorgehen. Was blieb ihr auch anderes übrig? Ihre Augen wichen denen von Vesperum aus, der Blick auf ihr war unangenehm, so, als würde er wirklich in die Tiefen ihres Seins sehen können. Und das war ein Ort, an den niemanden gelangen durfte, nicht einmal sie. Dieser Ort machte schwach. So setzte sie einen zerschlissenen Stiefel auf die unterste Stufe des Aufgangs. Jedoch sah sie kurz zu ihm. Dämonisch… Sie wand den Kopf ab, zog sich mühsam die Stufen herauf. Ihre Beine schmerzten, die Muskeln zogen und ihr Kreislauf war im Keller.
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