#2
[Bild: massa.png]
Admiral Voon Massa, Kommandeur der Vierten Flotte der Neuen Republik, schritt in gemächlichem Tempo durch einen grünen Laubwald, irgendwo mitten im unbedeutenden Hinterland, das wenige Kilometer vom letzten Kampfort entfernt lag. Baroli, die Hauptwelt des gleichnamigen Sektors, hatte Widerstand geleistet, etwas zumindest. Nicht die Bevölkerung, die das Ganze lange Zeit eher passiv verfolgt hatte, aber die imperiale Okkupation. Zunächst hatte Massas Flotte im Orbit mit imperialen Verbänden gekämpft, die sich zwischen den beiden Monden und dem Planeten selbst strategisch platziert hatten, um einen Teil der Feuerrichtung abzusperren – eine Verzögerungstaktik, die dann aber letztlich auch nur Zeit gekostet, aber mangels weiterer Verstärkung oder Unterstützung des Imperiums das Unvermeidliche nur hinausgezögert hatte. Die Kämpfe auf der Oberfläche hatten sich als das erwiesen, was man als das notwendige Minimum vermutlich hätte bezeichnen können. Der imperiale Versuch, die Bevölkerung zwangszurekrutieren, war kaum aufgegangen – sobald die dünn gesäten imperialen Truppen die bestenfalls provisorisch ausgestatteten Milizen unbeobachtet ließen, hatten die Leute sofort ihre zugewiesenen Positionen verlassen und waren davongelaufen. An anderer Stelle hätte dies in Massakern enden können, aber soweit die Meldungen zutrafen, hatten die wenigen imperialen Bodentruppen darauf nur vereinzelt mit Sanktionen reagiert. Angeblich habe es sogar Sturmtruppen gegeben, die nur zugesehen hatten, als Hunderte Dorfbewohner ihre Waffen weggeworfen und zurück in ihre Häuser geflohen waren, als eine X-Wing-Staffel im Tiefflug über ihre Köpfe brauste, kurz bevor die republikanischen Bodentruppen eintrafen. Die kleine Gruppe an Sturmtruppen sei daraufhin selbst abgezogen und hatten sich mit dem größeren Armeeverband hinter ihnen vereinigt. Ordnung, Disziplin, Aufopferung – das waren früher Tugenden, die man dem imperialen Militär zugeschrieben hatte. Nur wenig davon schien dieser Tage noch zuzutreffen. Aus Massas Sicht schienen die Imperialen inzwischen mehr zu improvisieren, waren sich selbst über ihre eigenen Kapazitäten und Möglichkeiten nicht mehr im Klaren und das hemmte jede Kampfkraft, die theoretisch noch da gewesen wäre. Sie hatten weitaus früher kapituliert als notwendig gewesen und früher, in der Zeit vor Endor, jemals geschehen wäre. Das war zumindest der Eindruck, den Massa in den Vorstößen im Kira-, Majoor- und Baroli-Sektor erlangt hatte. Operation Turbine, die Massa mit der Einnahme dieser Sektoren betraut hatte, war heute, mit dem Zusammenbruch von Barolis Verteidigung selbst, erfolgreich beendet. Nach der Einnahme von Druckenwell war somit auch der zweite Weg in Richtung Denon endgültig in republikanischer Hand.

Auf dem Waldweg, ein paar Meter neben Massa feierten republikanische Soldaten tanzend, während ein paar der Einheimischen mit ihren auffälligen blauen Haaren auf exotisch wirkenden Instrumenten seltsame Töne musizierten, von denen Massa nicht klar war, dass sie überhaupt möglich waren. Die instektoide Stimme eines Rodianers sang schief zur dargebotenen Musik, eine Antenne auf seinem Kopf wirr zur Seite abstehend. Ein paar Schritte weiter lagen sich Einheimische vor Glück weinend in den Armen, minutenlang. Nur wenige Meter von den Republikanern entfernt saßen mehrere imperiale Soldaten in ihren grauen, abgetragenen Overalls eng beieinander auf dem Boden, jeder von ihnen mit seinem Scandoc an einer dünnen Kette um den Hals wie eine Hundemarke. Einige von ihnen starrten entgeistert auf den grünbraunen Waldboden, einer zupfte wie ein Roboter abwesend im Gras herum. Andere dagegen betrachteten das feierliche Spektakel vor ihnen mit versteinerter Miene, seltener als üblich blinzelnd, als beobachteten sie das Ganze wie aus einem Traum, oder vielleicht Albtraum heraus. Massa stellte aber fest, dass er nicht in hasserfüllte Mienen blickte, die das, was sie sahen, Aliens, Terroristen, Anarchisten, verabscheuten, sondern die im Augenblick nur noch innerlich tot wirkten und scheinbar zur keiner Emotion mehr fähig waren, weil ihre innere Resignation alles blockierte. Selbst die republikanischen Wachen, die die Gefangenen hatten bewachen sollen, feierten mit – niemand schien mehr auf die Imperialen zu achten. Es war unnötig. Wer sie sah, wusste sofort, dass sie genug hatten, von allem. Neben ihnen lag ein Stapel zerstörter E-11 Gewehre, grauer Panzerplatten und Armeehelme, auch ein paar Rangabzeichen von Offizieren lagen daneben. Militaria, die vermutlich irgendwann später entweder einer der Republiksoldaten oder Dorfbewohner einsammeln würde. Die Imperialen schienen nichts davon mehr haben zu wollen.

Die großen Augen des Duros beobachteten die Szenerie selbst eine Zeit lang, während der Geruch von Alkohol in seine Nase stieg. Sei es so. Für das, was jetzt bevorstand, hatte die Truppe es schon vorbeugend verdient, sie einfach machen lassen. Nach ein paar Minuten kam ein einzelner republikanischer Soldat den Waldweg entlang und eilte zu Admiral Massa herüber.
„Phrrik ist da“, flüsterte der Soldat in sein Ohr. Massas Augen zuckten kurz, dann nickte er und wandte sich ab. Die beiden ließen die offene Waldstelle hinter sich, wobei Massa spürte, dass ihm einige nervöse Blicke der Imperialen folgten. Ein paar hundert Meter weiter erreichten die zwei eine Lichtung mit weiteren Republikanern, die kreisum um einen am Boden knienden imperialen Offizier in grauer Uniform standen. Der ältere Mann blickte auf, als er die Neuankömmlinge sah und seinen Kontrahenten erkannte. Er seufzte unterdrückt.
„Wenigstens nicht durch einen niederen Freischärler“, sagte der imperiale Admiral dann leise. Der Duros blickte den Menschen wortlos an, nach einem erneuten kurzen Zucken der ovalen Augen. Dieser sah mit resignierter Miene zurück, harrte dessen, was ihn erwartete. Der Imperiale, Vizeadmiral Zendarc Phrrik war ihm im Orbit gegenübergestanden, hatte sich durchaus clever abschirmend mit seiner Flotte taktisch aufgestellt und es der zahlenmäßig überlegenen Formation von Massa daher schwer gemacht, diese Überlegenheit voll auszuspielen. Irgendwann war dann das Unvermeidliche aber doch geschehen und als das Flaggschiff seines Gegenspielers beschädigt war, hatten die Monitore angezeigt, dass sämtliche Rettungskapseln abgeschossen und auf den Planeten gelenkt wurden. Am Ende erneut nur eine Hinauszögerung des Unvermeidlichen. Der Blick zwischen den beiden hielt länger als angenehm Stand, während im Hintergrund das Laubwerk der Bäume zu rascheln begann und dadurch einige Vögel in den Wipfeln verschreckte. Irgendwann nickte Massa knapp, öffnete seinen Holster und zog seine Waffe daraus. Einige der republikanischen Soldaten blickten sich irritiert an. Nach einem kurzen Moment, in dem die beherrschte Fassade des Imperialen bröckelte, als seine Unterlippe bebte, schloss dieser die Augen und senkte seinen Kopf hinab.
„Für das Imperium“, presste Phrrik hervor. Die Dunkelheit vor seinen Augen malte sich das kommende Ende aus. Das logische Ende nach einem harten Kampf mit einem unerbittlichen Gegner, einem ideologischen Gegner, der die Zerstörung und als seinter Unterstützer als Ziel seines Handelns auserkoren hatte. Es konnte keinen Frieden ohne Auslöschung einer der beiden Seiten geben. Aber abseits des Windhauchs und des gelegentlichen Zwitschern aus den Bäumen drang kein Geräusch auf die Lichtung. Nach schier endlosen Momenten hob sich der Kopf des Mannes unsicher wieder an und blutunterlaufene Augen starrten den Duros an, dessen Waffe wieder im Holster ruhte.
„Halten Sie uns wirklich für solche Monster?“, entgegnete Massa in passablem Basic, während er den kahlen Kopf schüttelte. Der trockene Mund des Imperialen stand eine Zeit lang geöffnet, ehe er einige konsternierte Worte zu bilden vermochte.
„Es ist nur das, was wir auch tun würden.“
„Richtig“, fuhr der Duros fort und ließ sein Raubtierlächeln aufblitzen. „Zu Ihrem Glück kämpfen wir für etwas Anderes.“
Massa nickte den republikanischen Soldaten knapp zu und wies sie an, den verstörten Admiral mitzunehmen und zu den restlichen Gefangenen auf dem Waldweg zu führen.
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