#14
Musik


Wie ein Kometenhagel schlugen die Worte des Alten herunter, grobschlächtige Steine, die ihre fragile Welt aus Glas zerspringen ließen. All diese Selbstgerechtigkeit. All diese Selbstherrlichkeit. Der Mann war eine Zumutung, jemand, der dieses Schicksal verdient hatte, jemand, der in diesen Stuhl gehörte. Und doch bewirkten die Worte etwas, sie zerschlugen den lethargischen Mantel unter dem sich Daro verkrochen hatte, sie erinnerten sie in aller Deutlichkeit daran, warum ihr dieser Mann zuwider war und sein Schuldbekenntnis war letztlich nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Dieselbe Leier hätte auch die Admrialin jemanden vortragen können. Aber dadurch wurde es nicht besser, nein, dadurch gestand man sich nur ein, bereits mit einem Bein im Grabe zu stehen. So düster die Zukunft auch aussehen mochte, nach wie vor lautete ihr Primärziel überleben, sie würde sich nicht ins Fegefeuer werfen wie Vaash, nicht für ein hohles Ideal sterben, dass sich selbst Überlebt hatte. Es gab immer eine Zeit danach, immer eine Zeit nach dem Sturm und auf diesen Tag musste man hinarbeiten. Nicht durch Aktionismus, sondern sorgfältige Überlegungen. Würde Vaash der Königsmacher das begreifen? Vermutlich nicht. Er war wie ein unreifes Kleinkind gewesen, dass im Dunkeln panisch um sich schlug, weil es keinen Pfad, keine Möglichkeiten mehr erkennen konnte. Doch was hatte er erreicht? Misstrauen und eine schlechte Moral, ein Imperium, das so weit weg vom Sieg war, wie nie zuvor. Ein Imperium, dass keines mehr war, sondern nur ein besonders großer Brocken Rest, angeführt von einen machthungrigen und einflussreichen Warlord. Selbst die Bestätigung durch den Senat änderte nichts an den Begleitumständen. Was für eine Wahl bestand? Vaash hatte den leichten Weg gewählt. Den egoistischen, er dachte sein Ideal, wäre das Ideal eines jeden Militärs und täuschte sich damit fatal.

Pestage wäre eine leidvolle aber richtige Wahl gewesen. Es wäre richtig gewesen den imperialen Bürokratieapparat unangetastet walten zu lassen - der Tatsache zum Trotz, dass sich Probleme kurzfristig noch verstärken würden, der Tatsache zum Trotz, dass Pestage für das Amt des Imperators nicht die beste Wahl darstellte. Und doch lautete das oberste Gebot Ordnung. Dafür stand das Imperium. Ordnung. Ein strukturierter Apparat, der nach Protokoll arbeitete. Und Vaash hatte das Protokoll zerstör. Instabilität und Unsicherheit hineingetragen. Vielleicht war es eine gute Leistung, vielleicht desillusionierte es einige Militärs, zu sehen, wie das Kartenhaus ins Wanken geriet. Aber er hatte verloren. Das war das Problem. Seine Schuld. Er hatte verloren. Er hatte es nicht geschafft, sein angestrebtes Ziel zur Gänze zu erreichen und als Resultat präsentierte sich nun Wankelmut. Wankelmut, der selbst in den Worten des alten Admirals wiederzufinden war. Ihr Blick fiel in den Saal zurück. Irgendwo dort würde Il-Raz sitzen, sich Honig ums Maul schmieren lassen. Sie müsste nur dort hingehen, nur aufstehen und diese schreckliche Gesellschaft betreten und Vaash wäre erledigt. Endgültig und für alle Zeit. Aber lag darin Befriedigung? War das ihr Weg? Nein, denn sie war kein Teil von diesem Gebilde. Mehr eine Adaption, etwas, dass nachträglich hinzugefügt worden war, das man aber eigentlich nicht wollte. So war es damals auf Fondor, so war es bei Batch und so war es auch jetzt. Was Vaash anging, so war der Mann bereits gescheitert, ihn endgültig ans Messer zu liefen wäre nur ein sadistischer Akt, eine handlungsweise, die ihr fremd war.

Stattdessen erhob sich die Admiralin, sie würde nicht vor einem Krüppel kuschen, ihn nicht in der überlegenen Position lassen, auf sie herabzublicken und belehren zu können. Nein, Daro entschied sich den Spieß umzudrehen und nun war sie es, die auf den Alten herabblickte, den Mann, der sich augenscheinlich so viel auf seine Erfolge, seine Erfahrung, seine Ideale einbildete.
"Ihr Selbstmitleid ist jämmerlich, Vaash.", warf sie es dem gebrochenen Admiral frostig entgegen. Was sollte sie sagen? Dachte er etwa, er wäre der einzige, der verloren hatte? Der Einzige, der an etwas bedeutungsvollen gescheitert war? "Wie Sie sagten: Sie haben verloren.", Abscheu mischte sich in ihren Blick, als musterte sie einen Schwerverbrecher - eine Annahme, die in mancherlei Hinsicht sogar zutraf. "Aber als Sie um Ihren Preis rangen, Ihr geliebtes Ideal, waren Sie egoistisch genug auszublenden, dass wir alle den Preis zahlen mussten. Und erkennen Sie Ihren eigenen Widerspruch, Vaash? Sehen Sie, dass es auch vorher Ordnung gab? Oder definieren Sie 'Ordnung' nach Ihrer Zufriedenheit? Ihrer Laune?" Sie richtete mahnend einen Finger auf den Admiral, blickte finster auf den Mann herab, der einmal Vorbild so vieler sein wollte, das Musterbeispiel von Soldat. "Ich sagen Ihnen etwas. Von Soldat zu Soldat. Für Ihre ehrgeizigen Ziele waren Sie ohne zu zögern bereit Kamerad gegen Kamerad kämpfen zu lassen, Imperium gegen Imperium." Zusammen mit Harrsk, dem Abspalter, zusammen mit illoyalem Abschaum, wie es fanatische Imperiale ausdrücken würden. Tat das ein guter Soldat? Nein. Vaash war keine moralische Instanz mehr, er war zu einer Karikatur seines früheren selbst verkommen. Durch seine Taten. Es war seine Schuld. Er hatte die Wahl und hat sich auf diesen Pfad begeben. Und nun wollte er ihr Glauben machen, sie müssten nun sein Verderben bis in alle Ewigkeit durchstehen? Nein, das mussten sie nicht. Das musste sie nicht. Daro hatte eine Wahl. Sie hatte Optionen. "Bilden Sie sich nicht ein, Sie könnten auch nur im Ansatz für mich sprechen, Vaash. Ich bin nicht wie Sie, ich setze nicht alles auf eine Karte und ertrinke beim ersten Versagen in Selbstmitleid." Sie schritt voran, forscher und aggressiver als gedacht, vorbei am Hoverstuhl. "Ich habe Optionen."
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