Es war ein ereignisarmer Flug. Cassio hatte sein neues Geschwader, das 441. Kampfgeschwader, studiert – oder besser gesagt zu studieren versucht. Die Konzentration war ihm schwer gefallen, zu viele Gedanken waren ihm in den Kopf geschossen. Auch wenn er bereits seit längerem wusste, dass dieser Auftrag wohl kein gutes Ende nehmen konnte, so war dieser dennoch bislang nur eine Abstrakte gewesen – etwas in der Zukunft. Nur war das, was letztens noch Zukunft war, nun in der Tat zur Gegenwart geworden. Dadurch waren die Buchstaben immer wieder verschwommen und erst nach einiger Zeit hatte Cassio realisiert, dass er bereits seit einiger Zeit durch das Flimsi gestarrt hatte. Die Vorstellung, das Haus auf Anaxes nie wieder selbst sehen zu können, war nur schwer zu ertragen. Nicht dass er besonders oft dort gewesen war in den letzten Jahren. Aber darum ging es nicht. Es war schlichtweg die Unausweichlichkeit und das Wissen, dass es einfach nicht mehr passieren würde. Vermutlich war es feige gewesen, seine Tochter Chalya nicht in die Details dieser Unternehmung einzuweihen und sich stattdessen nur relativ normal von ihr zu verabschieden. Doch im Endeffekt würde das den Abschied nur erleichtern. Für beide. Cassio wusste, dass er für sie seit Jahren schon kaum so etwas wie ein guter Vater gewesen sein dürfte, vermutete aber, dass diese letzte Entscheidung von ihm dem wohl noch am nächsten kommen würde. Erstaunlicherweise war ihm der Moment des Abschiedes von ihr sogar leichter gefallen als erwartet. Sicherlich auch wegen eben dieser Feigheit, doch war dieser Moment so schnell vorüber gewesen, dass er kaum Zeit gehabt hatte, ihn wirklich zu umfassen. Er später, gerade jetzt in der Fähre, hatte er mehr Zeit dazu gehabt, was es weitaus schwerer gemacht hatte als in dem Moment selbst.
Dabei konnte Cassio nicht sagen, dass er wegen all dem wütend war, in irgendeiner Form. Tatsächlich war da mehr Leere und Resignation vor dem, was offenbar geschehen würde – jedenfalls erkennbar für jeden, der die erwartete militärische Ausgangslage kannte. Er hatte nicht erwartet, jetzt bereits über sein Leben resümieren zu müssen, sondern sich darüber schlussendlich nie konkrete Gedanken gemacht. Es schien nie ein relevantes Thema in seinen Gedanken gewesen zu sein. Wozu auch? Coruscant war alles in allem wohl der im Moment sicherste Planet der Galaxis. Mittlerweile. Aber selbst während der Schlacht über dem Planeten gegen die Schiffe des Vesperum hatte Cassio sich weitaus weniger als Zielscheibe gefühlt, sondern wie üblich als ein relativ passiver Teilnehmer dessen, was passiert war. Nun war das in gewisser Weise auch jetzt wieder der Fall. Doch der Unterschied war, dass es schlussendlich bisher immer schien als würde es im Anschluss eben auf die eine oder andere Weise weitergehen. Das würde nicht voraussichtlich aber nicht der Fall sein. Beziehungsweise, es ging sicherlich weiter, aber nun einmal nicht für ihn. Cassio war kein gläubiger Mensch, vielleicht auch weil er sich nie damit befasst oder damit konkret konfrontiert gewesen war – ein Heilsversprechen im Nachleben erschien zwar eine angenehme Vorstellung, ihm jedoch als rationalem Zahlenmenschen mehr Wunschvorstellung denn zu erwartende Realität.
Cassio wusste, dass er nicht gut aussah. Sein Spiegelbild hatte er in den letzten Tagen mehr als Abzug seiner selbst betrachtet, auch wenn er nicht wusste, woran es konkret lag. Er hatte den Eindruck, sein Gesicht erschien ihm eingefallener als sonst, vielleicht auch waren die Augenringe stärker ausgeprägt als gewöhnlich. Andererseits war vieles davon vielleicht auch bloße Einbildung und sein Blick war vernebelt von den unangenehmen Gedanken, die ihm jetzt – und umso mehr, je näher er dem Schiff kam – bewusster und bewusster wurden. Trotzdem hatte Cassio sich die Mühe gemacht und sich so penibel wie stets rasiert, auch die Frisur so sitzen zu lassen wie eh und je. Doch im Endeffekt fühlte er sich matt und energielos und sah wohl einfach auch entsprechend aus. Der sonst eher klare, analytische Blick wirkte trüb, vielleicht etwas ziellos.
Mit der Schirmmütze zwischen Arm und Körper geklemmt trat er in das Arbeitszimmer des Flottenadmirals, nachdem man ihn durch die Sicherheitsbereiche hatte passieren lassen. Mit den lauten Schritten der Stiefel trat er nur ein paar Schritte in den Raum hinein, blieb aber in angemessenem Abstand vor dem Tisch, an dem er den Flottenadmiral sitzen saß, stehen, blickte sich kurz, nur für ein, zwei Sekunden übersprungshaft in dem Raum um, ehe er seinen Blick wieder auf seinen Vorgesetzten zurückzwang.
„Ich grüße Sie, Admiral“, sagte er mit etwas leiserer Stimme als man sie sonst von ihm kannte und deutete mit seiner Hand einen Salut vor seinem Kommandeur an.
„Mein Geschwader meldete mir während des Fluges, dass es sich an der vorgegebenen Gemarkung nahe der Nav-Boje positioniert hat. Mein Stellvertreter erwartet meine Ankunft vor Ort für weitere Instruktionen.“
Es war Cassio nicht mitgeteilt worden, weshalb Vaash Wert darauf gelegt hatte, ihn vor seiner Ankunft persönlich zu sprechen, aber es war auch nichts, was dem Vizeadmiral unangenehm war. Seit der Feier im Imperialen Palast hatte Cassio mit dem Flottenadmiral keinen Kontakt mehr gehabt, aber zumindest konnte er über Vaash sagen, dass er sich um einen guten Umgang mit seinen Untergebenen bemühte und es sicherlich weitaus üblere Befehlshaber gab, unter denen er hätte dienen können. Insofern empfand er es durchaus als nicht unglückliche Fügung. Ein Teil von Cassio war aber überrascht gewesen, dass Tiberius Vaash als Befehlshaber mit der Verteidigung des Grenzgebietes zu Grunger beauftragt worden war. Aber andererseits ergab die Wahl des Oberkommandos dann wiederum Sinn, wenn man sich vor Augen führte, dass es zwischen den beiden jedenfalls eine gewisse Vorgeschichte gab. Das Oberkommando musste dann aber wirklich großes Vertrauen in Vaash setzen und von dessen Loyalität wohl geradezu restlos überzeugt sein, ansonsten hätte diese Wahl auch potentiell gefährliches Potential für eine Fraternisierung. Oder war genau das schlussendlich der abschließende Test für den Flottenadmiral?
Cassio kannte Grunger wiederum noch aus den Besprechungen im Oberkommando – eigentlich ein vernünftiger Mann, hatte er zumindest stets gedacht. Von all den Abspaltungen war die von Grunger vermutlich die überraschendste und vielleicht auch die bitterste für das Imperium gewesen. Denn Grunger hatte letztlich nie wie ein Mann mit übermäßigen politischen Ambitionen gewirkt, war enorm angesehen innerhalb der Streitkräfte – selbst jetzt noch. Die Abspaltung Grungers war eine offene Wunde, die für viele noch immer unerklärlich war. Und nicht zuletzt galt er auch als einer der fähigsten Schlachtenlenker des Imperiums. Zweifellos hatte auch Vaash einen guten Ruf, was seine Kapazitäten und Kompetenzen anging, doch würde Cassio selbst in einem gleichwertigen Aufeinandertreffen der beiden gleichwohl seine Wette auf Grunger abschließen. Vermutlich hatte Grungers Ansehen innerhalb des Imperiums noch nicht übermäßig stark gelitten, weil dieser eingefrorene Konflikt noch keine imperialen Leben gekostet hatte – oder zumindest nichts, was dem Imperium bekannt geworden wäre. Es mochte sein, dass sich Grunger mit kleineren imperialen Verrätern aufhielt, aber zwischen dem Imperium selbst und Grunger hatte es bislang noch keine kriegerischen Handlungen gegeben – gelegentlich Grenzübertritte, Spähposten, was sich gerade in letzter Zeit deutlich verstärkt hatte. Das war immer ein gefährliches Anzeichen dafür, dass irgendetwas in der Luft lag. Doch Cassio zweifelte nicht daran, dass ein großer Teil der Sternenflottenoffiziere noch immer der Hoffnung anheim hing, dass Grunger nicht auf seine Brüder feuern lassen und er stattdessen irgendwie wieder ins Reich zurückkehren würde. Das waren sicherlich Wunschvorstellungen – aber unmöglich schien in diesen Zeiten wohl ohnehin nicht mehr viel. Cassio konnte sich indes nicht vorstellen, dass eine Person wie Grunger vor einer Regierung von Vesperum und Pestage das Knie beugte. Und in gewisser Weise war die Frage von Ursache und Wirkung wohl noch ungeklärt – ob also die Umwälzungen innerhalb des Imperiums nach Endor der Auslöser für Grungers Abspaltung waren oder ob nicht umgekehrt die Abspaltung Mitauslöser für die Umwälzungen war. Vermutlich überschnitt sich beides und am Ende würden die Geschichtsschreiber niederlegen, welche Version Bestand hatte.
Vermutlich wäre ein Herrscher Grunger aus Cassios Sicht sogar ein besserer Herrscher als alle, die zuvor auf dem imperialen Thron gesessen hatten – stolz, sicherlich, doch alles in allem umsichtig und rationalen Argumenten zugänglich. Streng, doch keine Neigung zu übermäßiger Grausamkeit. Doch schlussendlich war Verrat etwas, das kein Reich akzeptieren und unbestraft lassen konnte und eine Person für den Rest ihres Lebens bemakelte. Und doch saß in gewisser Weise auch in diesem Moment ein Verräter auf dem imperialen Thron, weil andere Verräter es ihm ermöglicht hatten. Cassio blickte auf den alten Vaash hinab, einer derer, die den Umsturz unterstützt hatten. Die Trennlinie zwischen Loyalität und Verrat am Imperium schien nicht mehr immer eindeutig zu sein.
Dabei konnte Cassio nicht sagen, dass er wegen all dem wütend war, in irgendeiner Form. Tatsächlich war da mehr Leere und Resignation vor dem, was offenbar geschehen würde – jedenfalls erkennbar für jeden, der die erwartete militärische Ausgangslage kannte. Er hatte nicht erwartet, jetzt bereits über sein Leben resümieren zu müssen, sondern sich darüber schlussendlich nie konkrete Gedanken gemacht. Es schien nie ein relevantes Thema in seinen Gedanken gewesen zu sein. Wozu auch? Coruscant war alles in allem wohl der im Moment sicherste Planet der Galaxis. Mittlerweile. Aber selbst während der Schlacht über dem Planeten gegen die Schiffe des Vesperum hatte Cassio sich weitaus weniger als Zielscheibe gefühlt, sondern wie üblich als ein relativ passiver Teilnehmer dessen, was passiert war. Nun war das in gewisser Weise auch jetzt wieder der Fall. Doch der Unterschied war, dass es schlussendlich bisher immer schien als würde es im Anschluss eben auf die eine oder andere Weise weitergehen. Das würde nicht voraussichtlich aber nicht der Fall sein. Beziehungsweise, es ging sicherlich weiter, aber nun einmal nicht für ihn. Cassio war kein gläubiger Mensch, vielleicht auch weil er sich nie damit befasst oder damit konkret konfrontiert gewesen war – ein Heilsversprechen im Nachleben erschien zwar eine angenehme Vorstellung, ihm jedoch als rationalem Zahlenmenschen mehr Wunschvorstellung denn zu erwartende Realität.
Cassio wusste, dass er nicht gut aussah. Sein Spiegelbild hatte er in den letzten Tagen mehr als Abzug seiner selbst betrachtet, auch wenn er nicht wusste, woran es konkret lag. Er hatte den Eindruck, sein Gesicht erschien ihm eingefallener als sonst, vielleicht auch waren die Augenringe stärker ausgeprägt als gewöhnlich. Andererseits war vieles davon vielleicht auch bloße Einbildung und sein Blick war vernebelt von den unangenehmen Gedanken, die ihm jetzt – und umso mehr, je näher er dem Schiff kam – bewusster und bewusster wurden. Trotzdem hatte Cassio sich die Mühe gemacht und sich so penibel wie stets rasiert, auch die Frisur so sitzen zu lassen wie eh und je. Doch im Endeffekt fühlte er sich matt und energielos und sah wohl einfach auch entsprechend aus. Der sonst eher klare, analytische Blick wirkte trüb, vielleicht etwas ziellos.
Mit der Schirmmütze zwischen Arm und Körper geklemmt trat er in das Arbeitszimmer des Flottenadmirals, nachdem man ihn durch die Sicherheitsbereiche hatte passieren lassen. Mit den lauten Schritten der Stiefel trat er nur ein paar Schritte in den Raum hinein, blieb aber in angemessenem Abstand vor dem Tisch, an dem er den Flottenadmiral sitzen saß, stehen, blickte sich kurz, nur für ein, zwei Sekunden übersprungshaft in dem Raum um, ehe er seinen Blick wieder auf seinen Vorgesetzten zurückzwang.
„Ich grüße Sie, Admiral“, sagte er mit etwas leiserer Stimme als man sie sonst von ihm kannte und deutete mit seiner Hand einen Salut vor seinem Kommandeur an.
„Mein Geschwader meldete mir während des Fluges, dass es sich an der vorgegebenen Gemarkung nahe der Nav-Boje positioniert hat. Mein Stellvertreter erwartet meine Ankunft vor Ort für weitere Instruktionen.“
Es war Cassio nicht mitgeteilt worden, weshalb Vaash Wert darauf gelegt hatte, ihn vor seiner Ankunft persönlich zu sprechen, aber es war auch nichts, was dem Vizeadmiral unangenehm war. Seit der Feier im Imperialen Palast hatte Cassio mit dem Flottenadmiral keinen Kontakt mehr gehabt, aber zumindest konnte er über Vaash sagen, dass er sich um einen guten Umgang mit seinen Untergebenen bemühte und es sicherlich weitaus üblere Befehlshaber gab, unter denen er hätte dienen können. Insofern empfand er es durchaus als nicht unglückliche Fügung. Ein Teil von Cassio war aber überrascht gewesen, dass Tiberius Vaash als Befehlshaber mit der Verteidigung des Grenzgebietes zu Grunger beauftragt worden war. Aber andererseits ergab die Wahl des Oberkommandos dann wiederum Sinn, wenn man sich vor Augen führte, dass es zwischen den beiden jedenfalls eine gewisse Vorgeschichte gab. Das Oberkommando musste dann aber wirklich großes Vertrauen in Vaash setzen und von dessen Loyalität wohl geradezu restlos überzeugt sein, ansonsten hätte diese Wahl auch potentiell gefährliches Potential für eine Fraternisierung. Oder war genau das schlussendlich der abschließende Test für den Flottenadmiral?
Cassio kannte Grunger wiederum noch aus den Besprechungen im Oberkommando – eigentlich ein vernünftiger Mann, hatte er zumindest stets gedacht. Von all den Abspaltungen war die von Grunger vermutlich die überraschendste und vielleicht auch die bitterste für das Imperium gewesen. Denn Grunger hatte letztlich nie wie ein Mann mit übermäßigen politischen Ambitionen gewirkt, war enorm angesehen innerhalb der Streitkräfte – selbst jetzt noch. Die Abspaltung Grungers war eine offene Wunde, die für viele noch immer unerklärlich war. Und nicht zuletzt galt er auch als einer der fähigsten Schlachtenlenker des Imperiums. Zweifellos hatte auch Vaash einen guten Ruf, was seine Kapazitäten und Kompetenzen anging, doch würde Cassio selbst in einem gleichwertigen Aufeinandertreffen der beiden gleichwohl seine Wette auf Grunger abschließen. Vermutlich hatte Grungers Ansehen innerhalb des Imperiums noch nicht übermäßig stark gelitten, weil dieser eingefrorene Konflikt noch keine imperialen Leben gekostet hatte – oder zumindest nichts, was dem Imperium bekannt geworden wäre. Es mochte sein, dass sich Grunger mit kleineren imperialen Verrätern aufhielt, aber zwischen dem Imperium selbst und Grunger hatte es bislang noch keine kriegerischen Handlungen gegeben – gelegentlich Grenzübertritte, Spähposten, was sich gerade in letzter Zeit deutlich verstärkt hatte. Das war immer ein gefährliches Anzeichen dafür, dass irgendetwas in der Luft lag. Doch Cassio zweifelte nicht daran, dass ein großer Teil der Sternenflottenoffiziere noch immer der Hoffnung anheim hing, dass Grunger nicht auf seine Brüder feuern lassen und er stattdessen irgendwie wieder ins Reich zurückkehren würde. Das waren sicherlich Wunschvorstellungen – aber unmöglich schien in diesen Zeiten wohl ohnehin nicht mehr viel. Cassio konnte sich indes nicht vorstellen, dass eine Person wie Grunger vor einer Regierung von Vesperum und Pestage das Knie beugte. Und in gewisser Weise war die Frage von Ursache und Wirkung wohl noch ungeklärt – ob also die Umwälzungen innerhalb des Imperiums nach Endor der Auslöser für Grungers Abspaltung waren oder ob nicht umgekehrt die Abspaltung Mitauslöser für die Umwälzungen war. Vermutlich überschnitt sich beides und am Ende würden die Geschichtsschreiber niederlegen, welche Version Bestand hatte.
Vermutlich wäre ein Herrscher Grunger aus Cassios Sicht sogar ein besserer Herrscher als alle, die zuvor auf dem imperialen Thron gesessen hatten – stolz, sicherlich, doch alles in allem umsichtig und rationalen Argumenten zugänglich. Streng, doch keine Neigung zu übermäßiger Grausamkeit. Doch schlussendlich war Verrat etwas, das kein Reich akzeptieren und unbestraft lassen konnte und eine Person für den Rest ihres Lebens bemakelte. Und doch saß in gewisser Weise auch in diesem Moment ein Verräter auf dem imperialen Thron, weil andere Verräter es ihm ermöglicht hatten. Cassio blickte auf den alten Vaash hinab, einer derer, die den Umsturz unterstützt hatten. Die Trennlinie zwischen Loyalität und Verrat am Imperium schien nicht mehr immer eindeutig zu sein.