#8

Auron lauschte den Worten der jungen Jedi nachdenklich und versuchte den – etwas auswendig gelernt wirkenden – Monolog aufzuarbeiten. “Ein Energiefeld“, wiederholte er in seinen Gedanken. Es gab eine Reihe von physikalischen Phänomenen, die auf Feldtheorien rückführbar waren, doch irgendwie schien sich diese Kraft vom Elektromagnetismus oder der Gravitation fundamental zu unterscheiden. “Es klingt als sprächen Sie von einer Art... Gottheit“, erwiderte der Abenteurer skeptisch. “Es wird mir langsam klar, warum Begrifflichkeiten wie Jedi-Religion und Jedi-Orden zur Anwendung kamen“, legte Auron seine Gedanken leise murmelnd offen.
Seltano war ein kritischer Geist und hatte schon einige Wunder der Galaxis mit eigenen Augen erblickt. Nichtsdestotrotz konnte er den Erklärungen der Jedi nur wenig abgewinnen. Sie klangen letztlich kaum überzeugender als die Kodizes der Schlangenpriester von Odun oder die Lehren dutzender anderer obskurer Kulte. Alle schienen sie gemein zu haben, dass sie auf der Suche nach einer universellen Wahrheit waren. Auron hatte kein Interesse an irgendwelchen Religionen, Gottheiten und übernatürlichen Wesen. So funktionierte das Universum aus seiner Erfahrung nicht: Stochastische und chaotische Prozesse alleine dominierten das, was allgemein als Realität bezeichnet wird.
Kopfschüttelnd setzte der Abenteurer einen Schritt vor den anderen, bevor er plötzlich stehen blieb. Der Untergrund fühlte sich beim Auftreten auf einmal fremd an. “Ich glaube... hier ist irgendetwas.“

Mytria zögerte, denn der Einwand von Seltano war durchaus - in gewisser Betrachtung und Perspektive - wahr. Doch hatte sie selbst die Macht nie als Gottheit betrachtet, sondern viel mehr als etwas Göttliches aber die Jedi hatten der Macht nie eine Persönlichkeit zugeordnet. Sie war einfach die Macht, die sich einer genauen Beschreibung entzog. Die junge Jedi dachte nach, denn es fiel noch immer schwer, alle Lehren in einen Einklang zu bringen. Auch für sie war jede Erfahrung mit und in der Macht völlig neu. Ein Teil von ihr wollte sich der Meinung des Seltano anschließen aber ein anderer Teil, wollte die Macht nicht bewerten oder beurteilen. Mytria war zerrissen und inzwischen wuchs der Zweifel daran, dass sie die richtige Frau für diese Mission war. Die Macht hatte sich ihr zwar offenbart aber konnte sie diese Offenbarung richtig deuten? Mytria blieb mit Seltano stehen, blickte sich überrascht um. “Wo?” Die Jedi hatte nicht sofort erfasst, dass der Abenteurer den Boden meinte.

Auron biss sich nachdenklich auf die Unterlippe und beäugte den umliegenden Hain konzentriert, ohne sich zu bewegen. “Unser Weg war mit Erde, Sand oder Schotter unterfüllt. Ab hier etwa..., er machte einige Schritte zurück und strich mit seiner Fußspitze etwas roten Sand zur Seite. Hierdurch offenbarte sich ein glatter, steinerner Untergrund. “Bewegten wir uns auf festem, geschliffenem Gestein. Mitten in einem solch seltsamen Waldstück.“ Der Abenteurer sank auf seine Knie nieder und begann unmittelbar mit den Handflächen Teile einer großen Steinplatte vom Sand zu befreien. “Helfen Sie mir bitte kurz, das alles wirkt... verdächtig“, forderte Auron seine Begleiterin auf, ihn bei der Freilegung zu unterstützen. Seine Neugierde war wieder geweckt und zweifellos musste das auf Mytria irgendwie eigenartig wirken. Doch so war er; stets einer plötzlichen Eingebung oder einem guten Gefühl folgend und auch heute würde es ihn nicht in Stich lassen: Die Steinplatte war nicht natürlichen Ursprungs.

Mytria wich überrascht einen Schritt zurück. “Wirklich?” In der Tat hatte sich der Untergrund verändert. Die Jedi folgte der Fußbewegung des Mannes, der etwas roten Sand zur Seite schob. “Wirklich!” Mytria zeigte sich neugierig und war sichtlich angespannt. Denn dieser Fund bedeutete möglicherweise, dass die Macht sie bewusst an diesen Ort geleitet hatte. Hier musste etwas von Bedeutung sein. Etwas, was sie finden sollte. Dieses Gefühl verfolgte sie bereits den ganzen Weg. Mytria sank jedoch nicht auf ihre Knie, um die gute (und immer noch modisch-ansehnliche) Hose nicht zu verschmutzen. Ganz konnte sie nicht von ihrer Rolle lassen und dieser rote Sand würde tatsächlich furchterregende Flecken auf dem weißen Stoff hervorrufen. Immerhin wollte sie dem Schicksal gutaussehend gegenübertreten. “Ich… möchte…,” versuchte sich die Frau ihre Eitelkeit und Schmutzvermeidungsstrategie zu erklären aber scheiterte, als die Forderung nach Hilfe tatsächlich zu ihrem Bewusstsein vordrang. Manchmal gab es Wichtigeres als eine saubere und modische Hose. “Ja,” antwortete sie und kniete sich zur Platte hinab. Mytrias filigrane Hand strich über die Platte, wobei sich einer ihrer Fingernägel an einem größeren Stein verfing. Sie grummelte leise als dieser den Nagellack abplatzen ließ. Während Mytria dies angewidert beäugte, offenbarte sich tatsächlich etwas. Als beide die Platte gemeinsam berührten, begann diese in einem sanften Violett zu glimmen. Das Jedi-Zeichen schien sich einem Hologramm gleich ab zu zeichnen. Mytria war perplex, zog ihre Hand schlagartig zurück und vergaß den beschädigten Fingernägel sofort. Dies war auch wichtiger. “Ich denke…,” wollte sie etwas sagen aber brach dann ab, als ihre großen Augen auf Seltano fielen. Sie wollte seine Reaktion abwarten.

Ein sanftes Grinsen formte sich auf den Lippen des Abenteurers, während er die Jedi-Schülerin aus den Augenwinkeln beim Arbeiten beobachtete. Sie stelle sich nicht sonderlich geschickt an, aber irgendwie fand er ihre quirlige und mädchenhafte Art doch sympathisch. Vielleicht gab es bei den Jedi nicht so viel praktische Arbeit, die erledigt werden musste. Das Lächeln erstarb aber auf seinen Lippen, als die Platte plötzlich zu glimmen begann; sofort stieß er sich mit beiden Händen ab und rettete sich auf die Beine. “Was zum...“, zischte er und konnte mitansehen, wie das Licht langsam wieder erlosch. Lumineszenz? Irgendeine versteckte Energiequelle, die bei Hautkontakt reagierte? Warum hatte der Tiefenscan sie nicht im Vorfeld feststellen können? Auron suchte Augenkontakt mit Mytria, war mit seinem sprichwörtlichen Latein vorerst am Ende. “Diese Symbole und Runen. Sie ähneln denen am anderen Monument. Haben Sie so etwas schon einmal gesehen? Was könnten sie bedeuten?“, stellte der Abenteuer nicht die Frage, die ihm eigentlich auf der Seele brannte. Aus Angst vor einer Antwort, die ihm möglicherweise nicht gefallen würde.

Etwas war merkwürdig. Mytria kannte dieses Gefühl. Dieses seltsame Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit, welches sie nicht immer fand aber immer dann auftrat, wenn sich etwas ereignete. Wenn sich etwas ereignete was von Bedeutung für sie oder andere war. Die junge Jedi verlor den Blick für Seltano, diesen neugierigen Schatzsucher, sondern konzentrierte sich ganz auf dieses Gefühl. Das Licht mochte erloschen sein und doch war dessen Wärme immer noch hier. Bei Mytria und Seltano zog einer warmer Wind auf, der sanft und nicht ruckartig die Präsenz von etwas ankündigte. Etwas, was nicht gesehen oder gehört werden konnte. Mytria erhob sich aus ihrer knienden Position, schloss im Stand die Augen und gab sich der Macht hin, die sich so bewusst selten zeigte. Die Jedi-Schülerin verstand die Runen nicht. Noch verstand sie viel von der Historie dieses Ortes aber dies war eigentlich auch nicht wichtig, denn die Jedi, die einst hier waren, sprachen durch die Macht an diesem Ort zu ihr. Ihr Unwissen war kein Frevel, sondern eher eine Gnade. Sie war offen für jede Wahrnehmung dieses Ortes, nicht fälschlich durch erlerntes Wissen geblendet. Mytria fühlte die Vergangenheit dieses Ortes. “Jedi,” sagte sie leise aber deutlich genug, dass Seltano es hören konnte. “Sie alle waren hier. Einst vor langer Zeit,” führte sie aus und schien ganz diesem Ort entschwunden, da sie ihre Augen nicht mehr öffnete und wie eine Säule auf dem roten Staub stand. Emotionen, Gedankenfetzen längst vergangener Zeiten, hagelten auf sie ein, die endlich sah; etwas in der Macht sah. Dieser Ort war umkämpft. Schemen zeichneten sich im Echo der Zeit ab. Kämpfe von ihr fremden Personen, die mit ihren alten Schwertern gegeneinander kämpften. Die Einwirkung schwächte sie, da die Gedankenfetzen und Emotionen schwerlich zu ordnen waren. Mytria wankte im Stand, hielt aber Position im Angesicht dieser Offenbarung. “Ein Kampf,” versuchte sie ihre Bilder zu beschreiben. “Die Jedi haben hier eine Gruppierung bekämpft,” versuchte sie ohne das nötige Wissen zu vermitteln. “Uralte Zeit und doch so neu, als ob es immer so gewesen wäre…,” sagte die junge Jedi mit Unverständnis und gleichsam Dankbarkeit. So schnell die Eindrücke gekommen waren, so schnell waren sie auch wieder entschwunden. Mytria riss ihre Augen auf und holte tief Luft. “Helft mir,” befahl sie selbstsicher; einmal in ihrem Leben war sie sich einer Sache so sicher. Das Gefühl blieb. Hier war etwas, was sie finden sollte. “Helft mir, bitte,” klagte sie und warf sich auf ihre Knie, um mit beiden Händen unter die Platte zu greifen. “Wir müssen die Tafel anheben…,” sagte sie und mit ihren glasig-schimmernden Augen flehte sie Seltano fast an.

Auron beobachtete Mytria, während sie – vergleichbar einem Medium aus alten Legenden – mit verschlossenen Augen vor ihm stand. Er hatte keinen Grund, ihr das alles zu glauben, es könnte sich genauso gut um ein kleines Schauspiel handeln. Eine theatralische Vorstellung um zu kaschieren, dass sie nicht in der Lage war die Runen zu deuten. Doch der Abenteurer fühlte tief in seinem Herzen, dass sie die Wahrheit sagte. Ihre Euphorie war beinahe greifbar. Er lauschte jeden ihrer Worte gespannt, hätte diese Eindrücke so gerne selbst wahrgenommen. Sein ganzes Leben war er von Geschichten fasziniert gewesen und diese junge Jedi verfügte scheinbar über die Fähigkeit, sich Teile der Vergangenheit vor Augen führen zu können.
Nichtsdestotrotz vermochte er einige Aspekte der Erzählung nicht zu erklären. Wenn es hier große Schlachten gegeben hatte, wo waren dann die Relikte des Kampfes? Es gab weder Raumschifftrümmer noch zurückgebliebene Gerätschaften. Was für Armeen standen sich hier gegenüber und vor allem wann?
Mytria erwischte den Abenteurer bei ihrer Bitte nach Unterstützung tief in seinen Gedanken, weshalb er sie zuerst für einen kurzen Augenblick nur überrascht anstarrte. “Mhm? Oh. Ja. Natürlich, tut mir Leid“, entgegnete er dann und schüttelte leicht verlegen seinen Kopf, bevor er sich auf die Knie sinken ließ. Es war bemerkenswert, wie sich das Verhalten der Jedi verändert hatte. Ihr Angriff auf die Steinplatte enthielt keine Spur von Zimperlichkeit mehr. Auron entfernte mit seinen Fingerspitzen und -nägeln noch Teile von Sand und Erde an der Kante der schweren Tafel, um sich feste, zugängliche Punkte für das Anheben zu schaffen. “Drei, zwei, eins“, zählte Seltano hinab, um die gemeinsame Kraftaufbringung zu koordinieren. Sein Gesicht verfärbte sich passend rötlich zur Umgebung, als er versuchte, möglichst viel Stärke aus seinen Beinen und Rücken für den Kraftakt abzurufen. Die Steinplatte begann sich spürbar zu lockern, doch saß noch zu fest, um sie zur Seite zu schieben oder gar zu kippen. Auron und Mytria pausierten kurz, keuchten und sahen sich tief in die Augen. “Bevor der Droide da ist, müssen wir es geschafft haben“, witzelte er und legte seine Finger wieder an die Platte. Nach einem weiteren Anlauf gelang es ihnen die Tafel einige Millimeter anzuheben und mit viel Mühe zur Seite zu drehen. Nun galt es sich die Finger nicht einzuklemmen. Mit einem dumpfen Geräusch landete die Platte am Boden. Auron wischte sich die Schweißperlen von der Stirn und strich sich tief ausatmend durch das Haar. Sein Blick fiel auf einen freigelegten, etwa zwei Meter langen Metallbehälter. Er enthielt keinerlei Runen, war eher spartanisch konstruiert. “Ein Sarg?“, mutmaßte der Abenteurer und ließ seine Hand sanft über das glänzende Material gleiten.
Offline
Zitieren
 


Nachrichten in diesem Thema
Irkalla - von Protokolldroide - 12.01.2020, 02:40
RE: Irkalla - von Auron Seltano - 12.01.2020, 20:30
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 12.01.2020, 23:20
RE: Irkalla - von Auron Seltano - 13.01.2020, 22:50
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 13.01.2020, 23:24
RE: Irkalla - von Auron Seltano - 19.01.2020, 03:08
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 22.01.2020, 20:07
RE: Irkalla - von Auron Seltano - 25.01.2020, 00:48
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 25.02.2020, 23:32
RE: Irkalla - von Feenare Abarai - 08.03.2020, 13:29
RE: Irkalla - von Nashira Kilvaari - 10.03.2020, 00:36
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 14.03.2020, 20:27
RE: Irkalla - von Feenare Abarai - 15.03.2020, 12:37
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 15.03.2020, 23:28
RE: Irkalla - von Feenare Abarai - 19.03.2020, 12:11
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 22.03.2020, 19:55
RE: Irkalla - von Nashira Kilvaari - 05.04.2020, 17:40
RE: Irkalla - von Auron Seltano - 08.04.2020, 21:35
RE: Irkalla - von Feenare Abarai - 10.04.2020, 11:51
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 11.04.2020, 00:00
RE: Irkalla - von Nashira Kilvaari - 18.04.2020, 19:44
RE: Irkalla - von Feenare Abarai - 12.06.2020, 22:26
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 14.06.2020, 22:46
RE: Irkalla - von Nashira Kilvaari - 17.06.2020, 22:30
RE: Irkalla - von Feenare Abarai - 18.07.2020, 09:04
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 25.07.2020, 22:57
RE: Irkalla - von Nashira Kilvaari - 01.10.2020, 22:29
RE: Irkalla - von Feenare Abarai - 18.10.2020, 15:12
RE: Irkalla - von Mytria Shanlo - 25.10.2020, 21:54
RE: Irkalla - von Nashira Kilvaari - 26.10.2020, 01:58
RE: Irkalla - von Nashira Kilvaari - 13.12.2020, 05:51