Ord Mantell
Jeder kennt den mantellianischen Savrip aus den Dejarik-Holospielen, ein auf Ord Mantell beheimatetes, wildes Tier. Wenn man Glückspieler fragt, nennen sie einem Ord Mantell als „einen Besuch wert, wenn man gerade in der Nähe ist“. Es gibt wohl nur wenige andere Gründe außer Spielsucht oder Notsituationen, um diesen Planeten zu besuchen. Entsprechend blühen Glücksspiel und Handel auf diesem Planeten, ohne dabei aber für außergewöhnlichen Wohlstand zu sorgen. Aus militärischer Sicht ist Ord Mantell darüber hinaus ein wichtiges Nachschubdepot und Regierungssitz des Großmoffs des Glanzjuwel-Obersektors.
Lage
Im Glanzjuwel-Sekor im Mittleren Rand findet man unter Anderem den kleinen Planeten Ord Mantell. Die fehlende Nähe zu einer großen Handelsroute und den nicht immer ganz vertrauensvollen Besuchern hat man zu danken, dass selten jemand freiwillig hier landen will. Bis auf einige Ausnahmen wie die Hauptstadt Worlport gibt es daher nur relativ wenig Tourismus auf dem Planeten. Als Schnittstelle zwischen den Handelsrouten der Entralla-Route und der wichtigeren Celanon-Spur, die ein Einfallstor in den Kern der Galaxis sein kann, ist Ord Mantell jedoch aus strategischer Sicht durchaus von Relevanz.
Geografie und Klima
Die Oberfläche von Ord Mantell ist überzogen von zerklüfteten Gebirgen. Aus den relativ kleinen Ozeanen erheben sich zudem weite Vulkaninseln. Das schönste Leben auf diesem Fels gibt es noch an den Küstenregionen. Galaxisweit bekannt ist etwa die Hauptstadt Worlport, die in ihrer Blütezeit jedes Jahr über eine Milliarde Touristen anlockt. Das Klima ist generell gemäßigt und für Menschen daher angenehm.
Politik
Die planetare Regierung wie auch die Verwaltung von Ord Mantell ist in weiten Teilen korrupt und das ist auch allgemein bekannt. Nicht umsonst gilt Ord Mantell als Zentrum und als Sinnbild der sogenannten „Chaosgebiete“, wie der Glanzjuwel-Obersektor inzwischen spöttisch auch genannt wird. Nach der Schlacht von Endor fiel die imperiale Ordnung zusammen, als das Imperium sich auf bedeutendere Welten zurückzog und damit der Piraterie und der weiteren Kriminalität Tür und Tor öffnete. Seither versuchen die zuständigen Beamten, die Ordnung wiederherzustellen - bislang jedoch ein aussichtsloser Kampf.
Obersektor "Glanzjuwel.". Wer auch immer dem Sektor um Ord Mantell herum diesen prestigeträchtigen Namen gab, würde sich nun schwer wundern, welch desaströse Zustände herrschten. Es ist wahr, ein ungeschliffener Diamant wirkte kaum beeindruckender als ein gewöhnlicher Kiesel, nur, dass der einst stabile Obersektor sich selbst in seinen Rohzustand zurückversetzt hatte. Nein, nicht er selbst, nicht ganz. Ardus Kaine und seine Armada aus Verrätern und anderem raffgierigem Abschaum, hatten die Ordnung in diesem Teil der Galaxis zerrissen. Endgültig zerrissen. Denn auch der Tod des Imperators, des wahren Imperators Palpatine und nicht dieser Witzfigur Vesperum hatte einen entscheidenden Teil dazu beigetragen. Nun aber, schien auch jener selbsternannte Kaiser verschwunden und alle Zeichen deuteten darauf hin, dass Großwesir Pestage das Ruder übernehmen würde. Übernehmen vielleicht, aber nicht herumreißen. Es würde schwer sein, ihm die Treue zu halten, noch schwerer, als es ohnehin schon der Fall war. Es lag nur unwesentlich an der militärischen Unerfahrenheit des alten Mannes, als viel mehr daran, dass der eigennützige Großwesir sie vermutlich auch allesamt an die Republik verkaufen würde - nur um in einem ungünstigen Moment seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Gewissermaßen war der Mann das schlimmste, was dem Imperium passieren könnte - der einzig positive Aspekt war, dass die Tage dieser pseudo-religiösen Mörderbande unter Vesperum dann gezählt wären. Ein erstrebenswertes Ziel wenngleich es schwer zu erreichen sein würde. Nicht mit diesen Truppen. Nicht mit diesen Versagern von Endor und Eriadu, nicht mit ihr. Das Imperium war bereits tot, sie verteidigten nur eine modernde Leiche, die in nekrophiler Art begattet und in der Runde herumgereicht wurde - bis jeder seinen Spaß mit ihr hatte und sie endgültig bestattet werden konnte.
Vizeadmiral Daro Zen, Offizier des ersten galaktischen Imperiums, besuchte gerade eine der orbitalen Werftstationen, in der unzählige Schiffe gewartet und instand gesetzt wurden. Aus nächster Nähe, hinter den Scheiben aus Transparisstahl, wirkten die Sternenzerstörer der Victory - Klasse sogar noch größer und beeindruckender und die unweit davon entfernten Schiffe der Imperator - Klasse übertrafen diese noch bei weitem. Aber die riesigen Ausmaße waren nur der Spiegel für den tiefen Fall der imperialen Flotte. Eine unliebsame Erinnerung an bessere Tage, wie sie selbst auch. Ihre einst graugrüne Uniform musste auf letzteren Farbaspekt inzwischen beinahe zur Gänze verzichten, die Militärstiefel wirkten abgetragen und letztendlich könnte auch ihr Rangabzeichen etwas gerader hängen. Während die offene blonde Mähne auf den ersten Blick ordentlich gekämmt und glatt aussah, ließen sich beim genaueren Hinschauen diverse Anzeichen von Spliss erkennen und auch im Gesicht konnte Kosmetik nicht alles verbergen. Die Wangen wirkten nicht mehr so voll und rund wie früher, sondern ausgemergelt, während ihre Blick auf der einen Seite zwar entschlossen, zugleich aber auch müde wirkte. Im Gesamtbild schien Daro Zen eine Person zu sein, die mittlerweile am Krieg zerbrochen ist und ihre Aufgaben weniger aus Pflichtgefühl, sondern vielmehr aus Gewohnheit wahrnahm. Als der Transparisstahl für einen Moment ihr Abbild reflektierte, fühlte sie sich an ihr Flaggschiff erinnert. Alt und ausgedient, seit einer schier unendlichen Zeitspanne im Einsatz. Aber das war nicht korrekt. Fakt ist lediglich, dass die zahlreichen Umstürze und Umbrüche sie viel ihrer Kraft gekostet haben und die Hoffnung auf einen Sieg, auf irgendeinen Sieg, mit jedem Tag mehr schwanden. Und dennoch würde sie nicht aufgeben, sondern bis zum bitteren Ende kämpfen. Wenn vielleicht nicht für ein Imperium unter Vesperum oder Pestage, dann aber für sich selbst.
So verhielt es sich auch mit dem Obersektor "Glanzjuwel". Sie würde das Territorium nicht für Vanko zurückerobern, weniger weil sie nicht wollte, als viel mehr, weil es gar nicht möglich war. Der mangelnde Fortschritt beim ausmerzen der Unruhen war nicht auf die Inkompetenz des Militärs zurückzuführen oder weil es ihnen an Truppen fehlte, nein, Glanzjuwel war ein ideologisches Problem. Und Ideologien ließen sich nicht einfach eliminieren. Die Menschen glaubten nicht mehr an das Imperium, sie fühlten sich, durchaus zu Recht, im Stich gelassen als es der Justiz nicht mehr gelang Swoopbanden und andere Gangster einzudämmen. Ironischerweise waren die Verbrecherkartelle nun ihre einzige Option den Anschein von Kontrolle wiederherzustellen. Selbst Vankos Autorität reichte effektiv lediglich von Ord Mantell bis in den Orbit, aber nicht viel weiter. Es brachte nichts Piratenbanden zu zerschlagen, nur, damit sogleich andere ihren Platz einnahmen und die Köpfe, die Verbrecherbosse selbst, waren weit weg, außerhalb ihrer Reichweite und genossen im Huttenraum ihren unrühmlichen Luxus. So wenig es den scheinbar makellosen Lamettaträgern der imperialen Ordnung auch gefallen würde, sie brauchten einen Pakt, ein Bündnis mit den wichtigsten Gruppierungen dieses Abschaums. Ehre... war etwas für bessere Zeiten, für Feiglinge und Versager, die sich hinter einem derart kleinlichem Begriff verschanzten. Aber die Zeiten haben sich geändert und wie in einer Raumschlacht, mussten sie ihre Taktik den sich ständig ändernden Bedingungen anpassen.
Der Grund für die Reparatur ihres Kommandos jedoch, hatte nur wenig mit Piraten zu tun, als vielmehr mit einem Feind, der es sich erlauben konnte den desolaten Obersektor offen herauszufordern. Es war ein Grenzscharmützel zwischen ihren und den Truppen des abtrünnigen Großadmirals Josef Grunger. Ein gefährlicher Feind, feige und bedacht, aber hinterhältig und mächtig genug hart zuzuschlagen, nicht umsonst seines Supersternenzerstörers wegen. Aber er hatte eine Schwäche, der Kriegsherr war auf Siege angewiesen, jede territoriale Einbuße würde seine Einnahmen verringern, die seine Flotte unterhielten und proportional dazu, würde seine militärische Stärke schrumpfen und was noch wichtiger war: Grunger konnte verlorene Schiffe nur schlecht ersetzen. Jeder abgeschossene Sternenzerstörer war eine langfristige Schwächung, selbst wenn die Schlacht nicht mit einem klaren Sieg ausging. Eine einfache Zermürbungstaktik, die ein wenig Zeit benötigte, bsi sie ihre Wirkung zeigte. Doch eines Tages, so war sich Daro sicher, würde Grunger sich persönlich stellen und dann schnappt die Falle zu und die Tage des Kriegsherren wären gezählt. Und was noch wichtiger war: der Sieg über einen Großadmiral würde der Obrigkeit eindeutig zeigen, dass ihre Karriere nicht beim Rang eines Vizeadmiral endete. Neues Feuer schien ihr ausgehöhltes Inneres zu füllen, als ihr Blick wieder erwartungsvoll in den Tiefraum fiel.
Offizierskasino "Olaphis", imperiale Raumstation im Orbit von Ord Mantell
Am Ende landeten sie doch immer hier, in irgendwelchen Spielunken - ob man diese nun als Offizierskasino betitelte sei dahingestellt, denn hochgestochene Bezeichnungen machten nur im Kopf einen Unterschied. Hier wurde ebenso gesoffen, gezockt und geflucht wie in den versifften Cantinas unten auf Ord Mantell. und es gehörte einfach dazu, es war die kleine Portion Entspannung des Alltags, wenn es so oder so nichts zu tun gab. Außer zu warten, immerzu zu warten, darauf, dass irgendetwas geschah nur um zu begreifen, dass sich die Geschehnisse dem eigenen Einflussbereich entzogen. Es spielte auch keine Rolle. Wer einen angenehmen Platz in der Galaxis suchte musste sich einen schaffen oder ihn jemand anderen wegnehmen, was, vor allen Dingen auf die Kriegsherren zutraf, aber auch auf die innere Struktur des Kernimperiums. Hier draußen gestaltete sich das schwieriger, sie waren ein wenig dazwischen gefangen und niemand wusste eindeutig wohin mit sich. Die andere Seite, die so anders gar nicht war, denn der ausgeprägten Herrschsucht waren schließlich alle mächtigen Personen des Imperiums erlegen, war an manchen Tagen sehr verlockend, vermutlich, weil sie irgendwo näher lag, als das ferne imperiale Zentrum Coruscant. Aber sie waren auch nicht sonderlich beständig, nicht von Dauer, nicht unbedingt. Zusammenbrüche konnten plötzlich auftreten, das hatte das Imperium eindrucksvoll bewiesen und ein solcher Weg war eine Einbahnstraße: einmal ein Verräter, immer ein Verräter. Wenn man auf moralische Aspekte Wert legte, was Daro Zen ganz gewiss nicht tat. Aber noch nicht. Irgendetwas, das sie noch nicht genau definieren konnte, hielt sie noch im Imperium, selbst wenn sie die Methodik des Staates, der sie mit Nichtbeachtung strafte, eigentlich verabscheute. Aber das würde sich früher oder später rächen, der Zusammenbruch kam so oder so, ja, vielleicht war es das, worauf sie wartete, mit dabei sein, wenn alles unterging, denjenigen ins Gesicht lachen die sich der Idiotie verschrieben, das Reich langfristig stabilisieren zu können. Denn daran hatte niemand in der Galaxis mehr Interesse, es war vergeudete Liebesmüh. Es ging nur noch um Krieg, morden oder ermordet werden und je mehr man ermordete, umso für gefährlicher hielt die Galaxis einen am Ende. Mächtig und einflussreich, was im Umkehrschluss das Risiko verringerte plötzlich zu sterben oder man sich einer mordlustigen Übermacht gegenüber, die einem den Erfolg nicht gönnte. Ehrgeiz und Ambition waren schwierige Themen, da gab es keine universellen Erfolgsstrategien. Man musste eben testen und probieren, durfte nur nie zu weit gehen. Daro Zen verstand dies sicherlich. Sie war provokant und testete Grenzen aus, war aber nicht so dumm, sich öffentlich gegen irgendwen zu stellen geschweige denn, sich über die katastrophale Situation zu brüskieren. Nein, derlei tat man in kleinem Rahmen, wie in solchen Kasinos, mit Leuten, denen man vertraute. Kurzerhand fischte sie sich eine neue Zigarette aus der Schachtel und entflammte den Glimmstängel.
Es dauerte nicht lange, es dauerte nie lange, sie konnte die Sekunden praktisch abzählen, die Entfernung des Geräusches abschätzen, bis es neben ihr stand. Bis es sie anblickte, diese wichtigtuerische Moralistenmiene, es fehlte nur noch der altschulmeisterliche erhobene Zeigefinger, den man ihr unter die Nase hielt. Und das von einem Bürschchen, deren einzige Sorge war, dass er getrocknete Essensreste nicht vom Teller gekratzt bekam. "Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass sich einige Gäste durch das Rauchen gestört fühlen. Wir möchten Sie deswegen darum bitten dies zu unterlassen." Ja! Da kam sie! Die Selbstgerechtigkeit! Die kleine Illusion von Macht, von Einfluss, die sich in dem Knilch ausbreitete. Immerhin hatte sie es gewagt die gegenwärtigen Regularien seines Territoriums zu brechen, diese in stein gemeißelten heiligen Gebote und nun kam er, ganz der Köter der er war, und blaffte sie an um sein Gebiet zu verteidigen. Daros Reaktion ließ sich etwas Zeit, denn er musste die Wichtigkeit ihrer Lage begreifen, den Umstand verstehen, dass er gerade ihre wertvolle Freizeitbeschäftigung mit Belanglosigkeit zu torpedieren versuchte. Sie rieb sich die Stirn, als würde sie einem unermesslich wichtigen Gedanken folgen und ließ sich damit auch einige Augenblicke Zeit, ehe sie, noch einmal an der Zigarette zog und ihm den blauen Qualm genüsslich entgegenblies. Dann sah Daro ihn belustigt an, lächelte freundlich, als wäre die Unterbrechung nur ein Scherz. "Admiral.", ergänzte sie beiläufig und bemerkte, wie die Töle den Schwanz einzog und ihr ihr Gebiet widerstandslos überließ. Macht un Einfluss, wer höher in der Hierarchie stand, stand auch höher in der Nahrungskette. Und niemand warf einen Admiral heraus, weil er oder sie das Rauchverbot für überflüssig hielten. Zumindest nicht auf Ord Mantell. "Ich... äh.. oh. Ich... wusste nicht Ma'am. Verzeihen Sie.", stammelte der getretene Hund und verschwand schließlich. Gut so. Aber eigentlich nicht. Er wusste nicht. Natürlich, denn dies war der gängige Zustand im Obersektor Glanzjuwel. Unwissenheit. Sie waren in einem kleinen Reich des Vergessens gefangen und für das ferne Zentrum, für das Imperium, nicht mehr wirklich da. Die Elite, die Führungsriege wusste durchaus, dass sich jemand im Obersektor befand, dass das Problem, welches hier alles ins Chaos stürzte und letztendlich damit auch erfolgreich sein würde, bearbeitet wurde. Und damit hatte es sich. Niemand interessierte sich für die Männer die hier starben und niemand fragte sich nach dem Sinn dahinter. Es scherte das Imperium nicht was mit seinen Soldaten geschah oder wie lange sie überhaupt durchhalten konnten, bis sie den Glauben an das Imperium verloren, durch Enttäuschung, durch Nichtbeachtung, durch Gleichmacherei.
"Da sich die Sache dann wohl erledigt hat...", erklärte sie mit einem siegessicheren Grinsen, "...sonst noch irgendwas interessantes passiert?" Irgendetwas passierte immer, das war normal, gerade in solch chaotischen und unruhigen Sektoren wie "Glanzjuwel", aber irgendwann gewöhnte man sich daran - und das war das barbarische - war nicht mehr alles wichtig, nicht mehr jede Tote von Bedeutung, höchstens für die Statistik im Zentrum, die eigentlich auch niemanden interessierte außer den Stab, damit dieser wusste wie viele überschüssige Einheiten beim nächsten Einsatz verbraten werden konnten. Malon Terren eröffnete die neue Gesprächsrunde als erster indem er ein Datapad zupfte und es auf den Tisch knallte. "Sehen Sie mal.", meinte der Offizier mürrisch, als Daro nach dem Pad griff und es aktivierte. Die tatsächliche Überraschung schien auszubleiben. Stattdessen mischte sich ein Hauch der Enttäuschung in ihr Gesicht. "Noch einer?", fragte sie in die Runde, ohne eine großartige Antwort zu erhalten, Terren gab dennoch eine. "Ja, aber nicht irgendwer." Daro nickte, als sie das pad genauer studierte. "Ich seh's. Vizeadmiral Demetrius... tot." Sie schüttelte den Kopf, es war sinnlos, die ganze Unternehmung in diesem Sektor war sinnlos. Zahlenmäßige Überlegenheit konnte keinen Kampf gewinnen, wenn Kommandoschiffe samt Kommandant bei der Instandsetzung gesprengt wurden. Sabotage war ihr ärgster Feind und einer, gegen den sie nicht kämpfen konnte. Aber mehr als ein Kopfschütteln konnte sie sich auch nicht abringen. Sie hatte keine Zeit alle zu betrauern und am Ende wäre es ohnehin nur Heuchelei. "Warum haben Sie das eigentlich, Terren?", stellte Daro schließlich die viel gewichtigere Frage. "Ehrm...", machte der Kommodore. "Um Sie angemessen zu rezitieren:", fuhr Terren fort und verstellte seine Stimme, dass sie in etwa ein kleines unbeholfenes Mädchen nachäffte. "Ich hab Feierabend! ich will Duschen! Verschonen Sie mich mit dem belanglosen Scheiß, Mister Terren!" Gelächter am Tisch begleitete Daros zweifelnden Gesichtsausdruck.
"Das können Sie so nicht-"
"Ich tat es gerade."
"Das war aber-"
"Reden Sie's sich nur schön."
"Scheiße. Nächste Runde zahlen Sie."
"Das war's wert."
Vermutlich waren es solche Auflockerungen, die die Sache am Ende erträglich machten, das kleine Einmaleins des Miteinanders, auf einer persönlichen, freundschaftlichen Ebene. Etwas, dass ihr nicht mit vielen menschen im Imperium gelang, sondern zum Großteil nur mit jenen, die sie tatsächlich von Anfang an begleiteten. Immer Stützen waren, die ihr wieder aufhalfen, wenn sie stolperte. Und sie besaßen die Großzügigkeit der Gnade. Sie zu verschonen, nicht auf Dinge anzusprechen, auf die sie vielleicht weniger Stolz war, für die sie keine passende Erklärung außer "Krieg" parat hatte. "Um...", Daro kicherte noch ein paar male, "...um zum Ernst der Lage zurückzukommen: wenn es so weitergeht, versinkt die ganze Sektorgruppe bald ebenso im Chaos wie der ganze Obersektor. Die Struktur verkommt, da rücken schneller Leute nach, als das sie die nötige Erfahrung gewinnen können." Zustimmendes Nicken begleitete die Runde. Vanko mochte der Kopf der Sektorgruppe sein, aber Anschläge, ob beabsichtigt oder nicht, auf die Geschwaderführer stiftete nicht nur Angst und Verwirrung unter den anderen Admiralen, sondern schwächte in gewisser Weise auch die militärische Effizienz. So ersetzbar wie das Imperium glaubte waren Menschen nicht. "Und? Wie geht's weiter?", erkundigte sich Janus Plintor mit einer gewiss nicht ganz einfachen Frage. "Hm.", kommentierte Daro vorerst ausdruckslos. Im Prinzip gab es nicht viele Optionen, es wagte sich nur niemand die Wahrheit auszusprechen. Sie lehnte sich etwas zurück, hinüber zu einem Nachbartisch, an dem es sich einige Piloten gemütlich gemacht hatten und, ganz klassisch, ihr corellianisches Ale genossen. "Commander, ich brauche Ihren Bieruntersetzer. Es ist äußerst dringend.", säuselte sie hinüber und blinzelte den verdutzten Mann an, den sie wohl etwas auf dem kalten Fuß erwischt hatte. "Oh... äh... ja... natürlich. Hier, hier bitte, Frau Admiral.", stammelte es sich das Fliegerass schnell ab, ohne rot zu werden. "Meinen Verbindlichsten.", dankte sie und ließ noch eine lose Kusshand dahin flattern, ehe sie sich wieder nach vorn beugte und in verschwörerischem Tonfall fortfuhr: "Soooo...", begann sie und deutete auf den Untersetzer. "Nehmen wir einmal an, dieses hübsche schmucke Quadrat mit den abgerundeten Ecken sei Glanzjuwel vor vielleicht einem Jahr." Daro nahm das Blättchen in die Hand und setzte in der Mitte mit Daumen und Zeigefinger an und riss es entzwei. "Das geschah binnen eines Jahres, trotz voller militärischer Stärke. Meine Herren, Sie erinnern sich bestimmt daran, wie wir frisch vom Zentrum gestartet sind." Als nächstes Teilte sie das Blatt in Viertel, ein wenig ungleichmäßig waren sie, doch die Galaxis war eben nie ganz gerecht. "So könnte es in ein paar Wochen aussehen - je nach Intervention durch Abspalter oder neue Abspalter in unseren Reihen, die sich den Kriegsherren anschließen." Sie zerteilte die Viertel noch einmal, so, dass nur noch Fetzen übrig blieben, ein hübscher bunter Konfettiregen, wenn man so wollte. Nur, dass bunt eben auch nicht immer lustig war. "Mit diesem Szenario können Sie rechnen, sollte der Krieg noch einmal in einer entsprechenden Größenordnung aufflammen. Die Interventionen werden zunehmen, der Gedanke an einen Sieg versiegt, die Bevölkerung erkennt die Stärke unseres Feindes und jeder wird versuchen sich selbst zu retten. Ob Sie es nun wollen oder nicht, Sie wissen, dass es so kommt." Natürlich, jeder sollte es begreifen, selbst die Narren auf Coruscant, die es nicht interessierte, dass ihre Nordgrenze nur noch ein Scherbenhaufen war, Glanzjuwel war eine Miniaturausgabe der galaktischen Karte, zumindest in absehbarer Zukunft.
Für einige Momente herrschte Schweigen am Tisch, das erst durch das erneute klicken und aufflammen von Daros Feuerzeug unterbrochen wurde. "Was aus dem Zentrum?", fragte sie, obgleich sie wusste, dass die Antwort kaum zufriedenstellend wäre. "Nur das übliche.", brummte Delvin Haelstroem. "Pestage versucht Imperator zu sein und das war's. Sense." - "Nichts wegen der Sache mit Eriadu?", hakte Terren nach, doch Delvin schüttelte nur mit dem Kopf. "Nö, nur was im Netz steht." - "Aber die müssen doch irgendwas machen!", schaltete sich Plintor ein. Spekulationen. Raterei, sicherlich, irgendetwas musste getan werden, irgendetwas musste immer getan werden - besonders von Pestages Seite aus. Daro war keine Politikerin, aber sie verstand zumindest einen Teil des Prinzips dahinter. Nach Eriadu ist Pestage als de facto Herrscher dazu gezwungen Konsequenzen einzuleiten, er will auf den Thron, er muss der Bevölkerung den starken Mann vorspielen, selbst wenn er nur ein klappriges Fossil war. Er musste beweisen, dass er sich durchsetzen konnte und man ihm gehorchte, er brauchte so etwas wie ein wenig Respekt, obgleich es fraglich blieb, oder er wirklich je welchen bekommen würde. Ehrlichen Respekt. Und nicht nur weil er ein verschrumpelter Mann in einem lila Kostüm war. "Es wird Konsequenzen geben.", brachte sie es auf den Punkt. "Für die Versager im Stab und möglicherweise auch die in der Flotte." Versager. Die Offiziere spürten eine gewisse Kälte durch ihre Adern pulsieren, einen Anflug von Eis. Aber Zen konnte hart sein, wenn auch nicht immer gerecht. Aber konnten sie es ihr übermäßig übel nehmen? Auch sie war mehr als einmal Opfer des Unrechts und letztlich, so glaubten sie, fußte diese Aussage mehr darauf, dass männliche Offiziere eben nicht prinzipiell besser waren. Aber wer wusste es schon? Selbst ihre Freunde mochten sich manches Mal in der Frau täuschen. "Aber was genau geschieht - wir wissen es nicht und Rätselraten bringt uns ohnehin nichts. Warten wir noch ein paar Jahre, dann wird das Zentrum sicherlich so großzügig sein, es uns mitzuteilen. Bis dahin - eine neue Runde!" Die Offiziere nickten zustimmend, bis Terren den jungen Mann heran pfiff, den sie erst unlängst vertrieben hatte.
Offiziersquartiere, imperiale Raumstation im Orbit von Ord Mantell
Begin Again
War es nicht der geruhsame Schlaf, der das Leben erst erträglich machte? War es nicht er, der sie liebevoll vor all dem Grauen, all dem Schrecken, dem Leid und dem Tod bewahrte? Die friedliche Nacht kapselte ihr Bewusstsein von der zerstörerischen Galaxis ab und erlöste sie von allen Sorgen und Nöten, die Tag für Tag unbarmherzig auf sie einschlugen. Die Stunden der Erholung waren kostbar und kurz - im endlosen Krieg waren sie beinahe nur ein Blinzeln. Es war verrückt, denn man mochte meinen, der Traum begann erst mit dem Erwachen. Ein Alptraum, zweifellos. Aber nicht ihrer, nicht der der Flotte, nicht der, der imperialen Bürger, nicht einmal der Republik. Nein, es träumte nur eine Person, die sie in diesem verabscheuungswürdigen Wunderland gefangen hielt - der Monarch auf Coruscant. Und selbst jetzt, selbst wo er als verschollen galt, hielten dunkle Schatten an seinem Thron fest. Der Krieg ging weiter - es gab keinen Frieden, nur Auslöschung, Chaos und Verrat. Vor langer Zeit dachte die Frau, die nun eine imperiale Flotille befehligte, sie würde ein Held sein. Man würde sie feiern für ihren Mut, ihre Waghalsigkeit. Aber wenn Daro Zen ehrlich zu sich selbst war, trug sie nur wenig heldenhafte Eigenschaften in ihrem Herzen, viel mehr war das Gegenteil der Fall. Sie war grausam: an ihren Händen klebte das Blut von Zivilisten, Blut, dass sich nie würde abwaschen lassen, Blut, das für immer dafür Sorge tragen würde, dass ein Teil von ihr sich jeden Tag unrein, dreckig und verkommen fühlte. Ihr Mut war nur eine Illusion, eine billige Attrappe: sie blickte dem Feind nur selten direkt ins Auge, ihre Siege waren Konstrukte vorausschauenden Denkens und taktischer Finesse, keiner waghalsigen Manöver. Nein, Daro Zen war keine Heldin, sondern nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ein Mensch, der durch flapsige Antworten und ein lockeres Auftreten eine heile Fassade nach außen demonstrierte, aber innerlich bereits zerrissen war. Sie lebte für den Krieg, obwohl er ihr nichts als den Tod bescheren würde und ihre gebrochene Moral sah es inzwischen nur noch als eine Art Sport an. Sie maß sich an der Reputation geschlagener Gegner, und ihr Ego, die Gier nach Anerkennung, war das einzige, dass sie so verbissen weiterkämpfen ließ. Ideologien und Werte hatten im imperialen Raum keinen Platz mehr, doch ein Soldat blieb ein Soldat. Er würde kämpfen. Immer. Dafür hatte das Imperium gesorgt, dafür waren sie gemacht worden. Bilder durchzuckten ihren sonst so ruhigen Schlaf. Bilder von Martio Batch, wie sie sich gegen ihn stellte, sogar Zuspruch erhielt. Das erste Gefecht mit der Republik, das Bombardement und der Rückzug... hatte sie sich dort verloren? Nein, schon viel früher. Der Schatten der Tarkin kam vor ihre Augen. Das war es. Vielleicht hätte sie an diesem Tag sterben sollen, statt tatenlos zuzusehen, wie diese Monstrosität einer Waffe eine Welt auslöschte. Sie hatte Schuld. Sie und alle anderen Soldaten, die solche Verbrechen duldeten, eine Last, die ihr Gewissen zu erdrücken drohte. Doch spielte es eine Rolle? In einer Galaxis ohne moralische Instanzen waren Anstand und Ehre bedeutungslos. Das Credo der Flotte ist nur noch ein schwaches Echo, eine blasse Erinnerung an alte Tage. Bessere Tage.
Das Chrono an der Wand holte die Admiralin zurück in die Realität, in die Welt, in der das Leben nicht lohnte, wo es verschwendet und weggeworfen war, und doch sich niemand den Tod eingestand. Langsam und schwer nur, lösten sich die Lider voneinander und weigerten sich, das Antlitz der Galaxis anzuerkennen. Noch nicht, flüsterte ihre Stimme sanft in den Gedanken. Der ersehnte Wunsch nach etwas mehr Ruhe, etwas mehr Vergessen. Doch das penetrante Piepen kannte keine Gnade, war unbarmherzig und ließ nicht von ihr ab, ehe sie endlich funktionierte, aufstand und das tat, was das Imperium von ihr verlangte. Verschlafen räkelte sich ein Arm aus ihrer warmen Decke, die das Gefühl von Liebe, von Sicherheit so perfekt imitierte, dass es nur zu einladend wirkte, sich wieder darin zu verlieren. Unsanft stieß die Hand gegen das verhasste Chrono, dessen beißend-leuchtende Ziffernanzeige, sich in ihre Augen brannte. Dort stand es, thronte auf seinem heiligen Podest von einer Kommode. Es hätte genauso gut jemand vom Oberkommando selbst sein können, wie er in seinem selbstgefälligen Zimmer saß und sie immer und immer wieder an ihre nutz- und bedeutungslose Pflicht erinnerte. Aber nicht jetzt. Spontan entschied sich Daro eine Kleinigkeit, ein winziges Detail in ihrem Leben zu verändern. Ihre Hand erhöht stieß grob gegen das verhasste Ding und ließ es mit Nachdruck von der Kommode gleiten, bis es an der harten Kante ihres Schreibtisches zerbrach und die Ruhe zurückkehrte. Die Maschine war zerlegt weil ein Teil fehlte, weil sie niemand darum kümmerte sie zu reparieren, weil die einzige Person, die es konnte entschied, dass es die Maschine nicht wert war gerettet zu werden. Die Admiralin drehte sich auf die andere Seite und würdigte das sterbende Gerät keines weiteren Blickes.
Aber alle technischen Errungenschaften hatte ihre Backups, ihre Notfallreißleinen, die dafür sorgten, dass bei Ausfall eines Teils kein Stillstand in der Fabrik herrschte. Heute musste Malon Terren diese Rolle übernehmen, in Form eines unliebsamen Anrufers, der sich keine zehn Minuten später am Holokommunikator ihres Schreibtisches meldete. Erneut drang das unliebsame Geräusch in ihr Ohr, doch war sie diesmal machtlos. Die Maschine hatte dazu gelernt und malträtierte sie aus sicherer Entfernung. Erneut wälzte sich ihr Körper zur anderen Seite, so, dass der Blick nun wieder finster wie der Weltraum hinter dem Transparisstahl, auf dem Schreibtisch und dem blinkenden Kommunikator lag. Unliebsam und genervt schlug Daro die Decke zurück und die Kühle des Raumes nach der nackten Haut griff. Kälte durchströmte ihre Füße, als sie die blanken Fliesen und ihr berührten und sich ihr Lieb allmählich aufrichtete um den schweren Gang anzutreten. Barfüßig und wankend tapste die Admiralin hinüber, unachtsam und noch halb im Schlaf, als ein Überrest des Chronos, sich in den ungeschützten Fuß schnitt. "Au!", fluchte sie und stolperte vorwärts, wobei ihr Ellenbogen unsanft gegen den Schreibtisch stieß. "Verdammte...", nuschelte sie das Ding an und mühte sich gegen den Reflex ab, nicht gegenzutreten. Unwirsch und zerknirscht stand sie schließlich vor dem Kommunikator und nahm den Anruf entgegen. "Was wollen Sie... jetzt?", lautete ihre barsche Frage, ohne Begrüßungsfloskel oder sonstige Freundlichkeiten, als hätte der Mann sie bei etwas extrem wichtigem unterbrochen. "Guten Morgen Admiral!", flötete Terren munter, als hätte er die Übellaunigkeit seiner Vorgesetzten nicht realisiert - oder sie war ihm einfach egal. "Ich habe eine neue Strategie gegen Aufständische und Abspalter entwickelt, wollen Sie...?" Ohne einen weiteren Kommentar, ohne den Kommodore ausreden zu lassen hatte sich ihr Finger unbarmherzig auf den Knopf für den Verbindungsabbruch gelegt. Gehässig und zufrieden zugleich schaute sie den nervenden, nun ruhenden Kommunikator an. "Nein.", pampte sie das schweigende Gerät an. "Aber wenn Sie noch einmal zu solch einer Zeit anrufen, dann seien Sie so nett und fragen, ob Sie nicht von einer Klippe springen dürfen." Daro schnaubte missbilligend und gab dem Nervtöter noch eine lockere Triumphschelte. Dann drehte sie sich um und erblickte in freudiger Wonne ihr noch immer sehr einladendes Bett, das sie zu sich lockte, all die Unannehmlichkeiten noch für ein paar Stunden zu vergessen.
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