Seit 8 Monaten befand sich Evan im Imperium. 8 Monate in welchen er sich das Militärgehabe des Imperiums angewöhnt hatte, ihre Strukturen kennen lernte, wertvolle Freunde machte, und sich nach und nach die Erfolgsleiter hocharbeitete. Er füllte sich mittlerweile schon fast wie einer von ihnen, was zusammen mit seinem Alkoholkonsum zu einem morgendlichen Ritual des Erbrechens geführt hatte. Er hasste es hier zu sein, er hasste es - wenn auch nur zum Schein - für eine totalitäres System zu arbeiten dass die Freiheit und Rechte seiner Bürger mit Füßen trat, aber leider gehörten auch solche Aufträge zu seinem Job. Er hatte schon öfters im Rahmen seiner Aufträge, die Identität eines imperialen Soldaten oder kleinen Offiziers angenommen,und für einpaar Wochen oder Monate auf deren Seite gespitzelt. Manchmal war es auch nur für ein paar Stunden gewesen, je nachdem was der Auftrag von ihm verlangte.
Doch dies war sein erster Langzeit Undercover Auftrag ohne absehbares Ende in den Gefilden des Imperiums. Das Ziel war es soweit wie möglich in die inneren Strukturen des Imperiums hineinzuwachsen und alles an Informationen zu sammeln was es nur gab. Man wollte einen hochrangigen Mann auf der Seite des Imperiums wissen, einen Mann dem man voll und ganz vertrauen, und nach belieben einsätzen konnte. S.P.I.E.S. hatten dafür in Zusammenarbeit mit dem republikanischen Geheimdienst ganze Arbeit geleistet. Unbemerkt und heimlich hatte man ihn in einer bereits verantwortungsvollen, doch recht niederen Position eingesetzt, damit er sich von dort rasch hocharbeiten konnte. 8 Monate hatte man ihm gegegeben um die Position eines Lieutenant zu erreichen - das wahren die Erwartungen seiner Bosse gewesen - und länger hatte Ghost-31 auch nicht gebraucht. Auf dieser Position angekommen, hatte man ihm nun eine Stelle als Adjutant Tiberius Vaash zu gewiesen. Ein berühmter imperialer Kriegsheld, dessen glorreiche Vergangenheit noch heute im ehrfürchtigen Ton von Soldat zu Soldat weiter erzählt wurde. Er hatte schon früher, bei vergangen Aufträgen von ihm gehört, und er kam nicht umhin selbst ein wenig Respekt für den Mann zu empfinden, obwohl er für ein System stand, das Evan verabscheute. Immerhin hatte er einige großartige Dinge vollbracht, Aktionen auf die ein jeder General vermutlich neidisch war. So hatte er sich auch direkt nachdem er von seiner "Beförderung" erfahren hatte, auf den Weg gemacht Admiral Vaash aufzusuchen, um sich bei ihm offiziell zum Dienst zu melden. Zwar war dieser wahrscheinlich längst darüber informiert worden, doch so verlangte es die Tradition.
Es war ein Zeichen des Respekts, und so unnötig Evan dies auch empfand, würde es seinen Auftrag nur unnötig schwer machen, wenn er sich verweigern würde. Also nahm er es lieber auf sich. Zuerst hatte er natürlich das Quartier des Admirals angesteuert konnte ihn dort aber nicht finden, was ihn dann dazu trieb an anderen Orten sich nach ihm zu erkundigen. Irgendeine Wachperson in der Nähe der Admiralsquartiere berichtete schließlich, das sie gesehen hatte wie er sich in die Richtung der Messe begeben hatte. Etwas seltsam, dachte sich Evan, da um diese Tageszeit sich eigentlich kaum jemand dort aufhielt, aber vielleicht wollte der alte Mann auch einfach nur eine Weile allein sein, an einem Ort der nicht die raue stinkende Quartiersatmosphäre mit sich brachte. Zu Schade das Evan ihm dies leider nicht gönnen konnte. Ohne weiter zu überlegen, begab sich Evan sofort zu seinem Ziel, wo er auch wie erwartet Tiberius Vaash fand, aber bereits an der Eingangstür feststellen musste, das der gute Mann keines wegs allein war. Zwei Frauen standen dort mit ihm, und eine von ihnen sorgte mit ihrer reinen Präsenz dafür dass sich Evans Nackenhaare hochstellten. Er kannte sie zwar nicht, doch sie hatte eine Ausstrahlung die Evan schlicht hin einfach nur als "Böse" bezeichnen konnte.
Sie war aufjedenfall kein normales Mitglied der imperialischen Armee, und irgendetwas in Evans Unterbewusstsein erweckte ihn ihm den Gedanken "Dunkle Jedi". Er blieb an der Tür stehen, und versuchte die Situation einzuschätzen, aber nachdem er sich sicher war das er in keine größere Gefahr hinein gestolpert war, betrat er erhobenen Hauptes und mit zielgeraden Schritten die Messe, wenn auch etwas zögerliches in seiner Vorgehensweise lag. Er kam vor den drei Personen in einem angemessenen Abstand zum stehen, und nahm sofort die Grundstellung ein. "Bitte um die Erlaubnis mich nähern zu dürfen, Admiral." mit diesen Worten wandt er sich direkt an seinen neuen Vorgesetzten. Die beiden Frauen versuchte er so gut es ging auszublenden, so wie es die militärische Sitte verlangte, und mit direktem Blick gerade aus zu schauen. Im Grunde war dies die leichteste Übung für ihn, eine formalität die er ohne Probleme beherrschte. Doch die dunkle Präsenz der einen Frau, brachte ihn aus dem sonst so gewohnten Konzept.
Beinahe war der Mann Gefangener in seinen finsteren Gedanken, die ihn einkerkerten in eine eigenhändig errichtete Feste aus Schuld und Selbsthass. Das war entweder der direkte Weg in eine überfällige Läuterung – oder aber der in eine Geisteskrankheit. Es war nicht schön, Personen in solchem Zustand sehen und spüren zu müssen, aber es war wohl nur die logische Folge dieses aktuellen Systems, dem er sich offenbar innerlich verpflichtet fühlte, selbst wenn es sich diese Verpflichtung nie wirklich verdient hatte. Im Moment war es beinahe gleichgültig, was sie sagte – er war so zugemauert in seiner düsteren Festung, dass er ihre Worte vermutlich nur durch einen depressiven Schleier wahrnahm. Dennoch war es schwer, ihn einfach hier stehen zu lassen, dieses Elend, dieses Wrack eines vermutlich ehemals stolzen und vielleicht einmal sympathischen Menschen. Frustration konnte auch paralysieren und mochte daran hindern, diesen einen Gedanken zu denken, der sich unterschwellig längst im Gehirn des Mannes festgesetzt hatte. Und so sehr sie auch mit dem Finger darauf zeigte, dass es ein Problem gab, so sehr musste er selbst das alles erkennen, selbst zu dieser Überzeugung und diesen Gedanken reifen und nicht bloß halbherzig aufgrund einer Moralpredigt.
Sie wendete ihren Blick ab und schüttelte gut sichtbar ihren Kopf über die ihr gegebenen Antworten. Ja, sie hatte ihn aufgefordert, über sein Trauma zu sprechen – nicht zwangsläufig mit ihr und auch nicht jetzt. Aber er ergoss sich nur in allgemeiner Verbitterung, in einem destruktiven Weltschmerz, der in keiner Weise eine Erkenntnis geschweige denn eine Lösung für ihn oder für andere bringen würde, sondern immer weiter in diesen verheerenden Strudel aus Selbsthass und Geißelung treiben würde. Er war das Kind in einer klein scheinenden Welt, in die es sich zurückzog, und jede Störung von außen führte zu Resignation und Rückzug. Sedrael blickte kurz das Glas in ihrer Linken an, dann stellte sie es mit einem derartigen Knall auf dem Tresen ab, dass es beinahe ein Wunder war, dass es dabei nicht zu Bruch ging.
„Reißen Sie sich zusammen“, entgegnete sie zum ersten Mal ungewöhnlich scharf, fast als wäre sie der Selbstbemitleidung des Mannes kurzerhand überdrüssig geworden. Meinte er, er war der einzige, dem solches Leid widerfuhr in dieser Welt? Viel Leid? Zu viel? Nein, aber offenbar war er bislang einfach nie in diesem Maß damit konfrontiert gewesen und nun unfähig, damit fertig zu werden. Andere Schicksale waren mindestens vergleichbar schlimm und anstelle nur festzuhalten, in welch schwierigen Situationen sie waren, versuchten andere Leute jedoch, den Fehler zu erkennen, die Lage schließlich zu analysieren und im Anschluss auch etwas dagegen zu unternehmen. Ja, seine Situation war schwierig und er mochte viel erlebt haben, doch das Wehklagen allein würde ihm darin schlichtweg nicht helfen können. Es gibt keine Gefühle, nur Frieden. Die erste und vielleicht wichtigste Errungenschaft des Jedi-Daseins, die Außenstehende häufig dahingehend fehlinterpretiert hatten, indem sie die Aussage vollständig wörtlich nahmen und dadurch zu verstehen glaubten, dass ein Ideal der Jedi in völliger Gefühllosigkeit bestand. Kaum etwas schien ferner der Wahrheit, tatsächlich ein leicht erklärbarer Irrtum, sofern andere an der Ausräumung von Irrtümern jedoch überhaupt interessiert waren. Andere lasen nur die bloßen Buchstaben, ohne sie auf sich wirken zu lassen. Doch es ging lediglich darum, sich von Gefühlen nicht übermannen zu lassen, sie – wenn schon nicht beherrschbar – doch wenigstens kontrollieren zu können. Mäßigung und Kontrolle über den eigenen Körper, einen Zustand der inneren Ruhe und Ausgewogenheit zu erlangen – eben Frieden, Seelenfrieden. Etwas, von dem ein Mann wie Tiberius Vaash innerlich wie äußerlich kaum weiter entfernt erscheinen konnte. Die Herrschaft der Emotion über die Sozialisation war immer Verursacher von Leid, solches, das viele Täter später sogar massiv reute, wenn sie im Affekt etwas taten, wozu sie ansonsten nie in der Lage gewesen wären. Kleinigkeiten zumeist, aber auch weitaus dramatischere Dinge. Der Mensch hier vor ihr reute, verstand aber die Ursache und die Konsequenz nicht.
„Sie glauben, Ihre Situation ist besonders schlimm? Wachen Sie auf, Tiberius. Die Galaxis ist schon lange in diesem Strudel aus Gewalt und Hass, der noch viel schlimmere Schicksale hervorgebracht hat und weiterhin hervorbringen kann und wird. Jedes Wesen muss das Gute und das Schlechte gleichermaßen überstehen und seine Schlüsse daraus ziehen. Wer darüber nicht nachdenkt, wird keine Gnade erhalten, durch wen… oder durch was auch immer. Der, welcher sich nur zurücklehnt und das Schlimme in der Galaxis über sich ergehen lässt, wird immer dessen Opfer bleiben – und somit auch nie Gnade erhalten. Gnade, mein Freund, Gnade muss verdient werden.“
Und ja, vielleicht war gerade das auch ihr Problem gewesen. Oder jedenfalls eines von mehreren. Natürlich hatte sie versucht, an den Symptomen zu arbeiten, indem sie nach Firrerre gegangen war. Aber sie hatte nie das große Ganze im Blick gehabt, auch weil sie sich niemals dazu berufen gefühlt hatte. Sedrael war nie eine große Jedi gewesen und wäre im Orden auch nie eine geworden. In dieser Zeit war es aber weniger eine Frage der Berufung, sondern vielmehr Teil des natürlichen Überlebensinstinktes für den, der nicht zwangsläufig in den Abgrund des Strudels gerissen werden wollte. Was das nun für die Sephi ganz persönlich bedeutete, wusste sie selbst nicht. Noch nicht. Oder vielleicht würde sie es auch nie ganz verstehen. Aber die Macht hatte ihr eindeutig, auf grausame Weise aufgezeigt, dass ihr Weg auf Firrerre ein irrlichternder gewesen war. Sofern sich ein Ereignis wie dieses überhaupt auf so eine kleine, auf ihre eigene Person bezogene Betrachtungsweise reduzieren ließ. Ein kurzes Schaudern überkam sie. Nur ein Hauch davon, entfernt und doch irgendwie ganz nahe.
Sedrael trat erneut an den Tisch heran und legte dem alten Menschen eine Hand auf die Schulter, eine vergleichsweise persönliche Geste dafür, dass sie den Mann kaum kannte, vielleicht auch um zu demonstrieren, dass ihre Schelte von gerade ihn zwar aufrütteln, aber nicht beleidigen sollte.
„Denken Sie darüber nach, Tiberius, aber verlieren Sie sich nicht in Ihrer Frustration.“
Langsam hob die Sephi ihren Blick auf ihr Tablett an, das immer noch unbenutzt an der Theke stand, doch ihr war der Appetit vergangen, das mulmige Gefühl in ihrem Magen ignorierend. Erst als einen ein paar Momente später die ihr nur zu vertraute Stimme wie eine Schwertklinge durch den Raum schnitt, wurde der Jedi bewusster, dass ihre Sinne unterschwellig etwas aufgenommen hatten, das sie vielleicht hätte klarer bemerken müssen. Sie hob sich aus ihrer leicht nach vorne gebeugten Position und musterte die Hexe einen Augenblick lang. War etwas anders? Schwerlich. Ein Teil von Sedrael rechnete immer noch damit, dass die Frau sich ihrer irgendwann einfach entledigen würde, so sie sich dazu bemüßigt sah und ihres Spielzeugs überdrüssig wurde. Vielleicht ein ähnlich großer Teil wie der in Reah Nigidus, der genau das beabsichtigte. Der Mensch stotterte eine Antwort auf das an seinen Hals gehaltene Rasiermesser einer Frage heraus, die der Jedi ähnlich seltsam wie die dazu gestellte Frage vorkam. Natürlich gab es subjektive Formen von Gut und Böse, sie waren aber nur anhand eines vagen allgemeinen Konsenses annähernd zu bestimmen und jedenfalls nicht trennscharf objektivierbar. Zweifellos würde ihre Bewertung und die der Inquisitorin in diesem Punkt unterschiedlich ausfallen – es änderte jedoch nichts daran, dass jede einzelne Person ihren ganz eigenen Wertekanon besaß und Dinge in Gut und Böse einteilte. Eine völlig andere Frage war dagegen, nach welchen Maßstäben in welcher Situation zu handeln war und ob das eine Mittel dem anderen stets vorzuziehen geschweige denn das eine ohne das andere überhaupt denklogisch existieren konnte und es daher vielleicht wenig Sinn machte, das eine gegen das andere auszuspielen – was die ursprüngliche Intention der Befragung gewesen sein mochte. Sedrael entschloss sich jedoch, selbst nicht darauf zu reagieren, nicht zuletzt weil sie ein vergleichbares Thema bereits vor kurzem zusammen besprochen hatten und die Frage auch nicht an sie gerichtet war. Stattdessen zog sie es vor, den alten Menschen aus seiner bemitleidenswerten Situation der Rechenschaft vor den präzisen Klauen Reahs zu erlösen.
„Ist es Zeit zu gehen?“, fragte sie also schließlich die Inquisitorin direkt, ein paar Sekunden bereits nach der Antwort des Bärtigen. Natürlich wusste sie nicht, wohin es genau gehen würde, aber das inhaltliche Ziel war ihr seit dem Gespräch im Hangar nunmehr bekannt – auch wenn ihr noch nicht klar war, was die Hexe mit dem Ziel anzustellen gedachte, sobald sie es fand. Vorsicht war im Anblick alter Erzählungen angebracht, obwohl nicht wenige glaubten, dass die Katana-Flotte ohnehin nur ein Mythos war, ein Hirngespinst der Raumfahrer und Piraten, die schon seit endlosen Generationen von geheimnisvollen Schätzen und berüchtigten Ereignissen schwärmten. In diesem Mythos jedoch steckte ein Kern der Wahrheit. Die Flotte existierte tatsächlich, nur hatte niemand bisher verorten können wo. Bis jetzt. Doch wenn sie jemand hätte finden können, dann war es wohl nur ein hochgezüchteter Apparat mit eisernem Griff über einen offenbar gewaltigen Teil der Galaxis.
Nur kurz darauf kam bereits eine weitere Person in die Offiziersmesse hinein, ein deutlich jüngerer und weniger hünenhafterer Soldat als der, der hier gerade als geistiges Wrack auf dem Stuhl saß. Nach anfänglichem Zögern trat er schließlich in den Raum hinein, gab sich offenkundige Mühe darin, die beiden anderen Personen im Raum nach Möglichkeit außer Betracht zu lassen, obwohl er beim Vorantreten einige verstohlene Blicke auf die beiden warf. Erst als er mit etwas Abstand zum Stehen kam, sprang die Militärmaschine in seinem Kopf an und die so übliche rigorose Disziplin zeigte sich. Sedrael trat weitaus weniger formalistisch in Anbetracht ihrer weiß-schwarzen Uniform einfach nur ein Stück zur Seite, schob sich damit von dem alten Mann weg, um sich an die Seite der Inquisitorin zu stellen, beinahe als sei sie eine Schutzsuchende vor einer aufziehenden Gefahr oder ein Jungtier, das sich zu weit aus dem sicheren Hort des Muttertiers entfernt und zu weit in die Wildnis fortgewagt hatte, nun aber seinen Fehler erkannte und sogleich rasch in vermeintlich sicherere Gefilde zurückkehrte. So gab sie dem Neuankömmling ihren Platz vor dem alten Offizier frei, dessen Anwesenheit offenbar die Ursache für die Ankunft des Jüngeren zu sein schien. Die Sephi schob ihre Pupillen in Richtung ihres Augenwinkels, ein im Vergleich durchaus weniger verstohlener Blick auf die Hexe an ihrer Seite, andeutend, dass sie begann, sich unwohl zu fühlen, aber auch, um die Reaktion der Frau abzuschätzen und eine Antwort auf ihre vormals gestellte Frage einzufordern.
Richtig und falsch. Gut oder Böse. Es gab so viele entbehrliche Namen für einen so einfachen Sachverhalt. Interessen waren die Essenz dieser Worte, sie standen im Zentrum von allem und wurden von den primitiven Bewohnern der Galaxis in eine bestimmte Ecke gedrängt. Immer wieder maßten sich hier und da vernebelte Geister an, sich selbst zu erhöhen und einige Interessen als schlecht, andere wiederum als gut einzuordnen. Und der galaktische Pöbel folgte jubelnd und jauchzend solchen Anweisungen - so war es im Imperium und so war es auch in der Republik. Letztendlich war es ein Spiegel absoluter Armseligkeit, der nur das gigantische Unwissen projizierte. Hohle Köpfe für eine hohle Galaxis. Vaash war da keine Ausnahme. Einst eine Made im Speck gewesen, doch nun, kaum wankten die Säulen des Erfolges, kaum wurden die Kratzer auf der vergoldeten Büste des ehrenvollen Veteranen sichtbar, begann die niedere Kreatur zu verzweifeln. Abschaum. Ob er dabei etwas gelernt hatte konnte sie nicht sagen, die Hexe würde Sedrael fragen müssen und gewiss war die schneeweiße Agentin nicht ganz unschuldig an diesem Haufen Elend, der es sich anschickte als solcher zu präsentieren. Wie ein Bantha in der Schlammgrube suhlte sich das Wrack in seiner Agonie - und was brachte es ihm? Mitleid etwa? Aber Mitleid verdiente der Mann nicht. Vaash hatte in seiner Idiotie mehr zerstört als ganze Generationen errichtet hatte und besaß dabei die unfassbare Dreistigkeit sich hinter seinem Eid zu verstecken. Weil er Angst hatte? Mit Sicherheit. Er hatte Angst auszubrechen. Er hatte Angst davor, seine eigenen Interessen zu verfolgen. Die Gründe dafür mochten so banal wie einfach sein: seine Reputation würde erheblich leiden, seine vermeintliche historische Bedeutung würde schrumpfen, sein Ego würde zu einem Nichts verkommen. Doch Demut erwies sich schon immer als ein guter Lehrer. Demut brachte Einsicht, öffnete Augen udn Türen an stellen, wo vorher keine waren. Für den armen alten Narren aber war es dafür gewiss zu spät und selbst wenn nicht, es tangierte den Schatten nicht. Ihr Blick legte sich abfällig auf den alten Mann und implizierte, dass sie das sinnlose Gebrabbel, dass ihr Vaash als Antwort geboten hatte nicht als solche akzeptierte. "Wenn dem so ist, Admiral, warum ist dieser Raum dann mit einem beißenden Gestank aus Angst und Feigheit getränkt?" Sie könnte ihn zerdrücken, hier und jetzt und bräuchte dafür nicht einmal die Macht. Vaash schien entfallen zu sein, dass er hier in eine Dunkelheit getappt war und egal wie sehr sich jemand bemühen mochte, allein war die Dunkelheit nie zu besiegen. Die Einsamkeit gebar die Furcht an der sie sich labte. "Sie fürchten sich davor, das Richtige zu tun.", stellte die Hexe faktisch fest. Furcht vor dem eigenen Imperium, vor dem eigenen Eid, vor der eigenen Sternenflotte. Der Flottenadmiral war dem Tode weitaus näher als dem Leben, nur eingestanden hatte er es sich noch nicht.
Eine Präsenz näherte sich, weniger durch die Macht angekündigt, als viel mehr durch das typische Geräusch auf Durastahl treffender Militärstiefel. Eine bedauerliche Unterbrechung, wenn auch nicht gänzlich uninteressant. Es mochte ein Stück weit ein Genuss sein, wenn das gewöhnliche Fußvolk, der allgemeine Soldatenpöbel der untergehenden Legende von Tiberius Vaash beiwohnen konnte. Die Präsenz der Furcht verstärkte sich, gewiss würde der eintretende Mann es als vermeintlichen Respekt bezeichnen, tatsächlich aber entsprang dieser Respekt nur einer Quelle der Angst. Die gewöhnliche Art des Imperiums: das System musste strikt nach dem Protokoll ablaufen, eine Abweichung konnte ein Fehler bedeuten und Fehler wiederum mussten ausgemerzt werden. Ironischerweise befanden sich in dieser Cantina mindestens drei Fehler, die der Imperator vergessen hatte zu beseitigen. Der Mann erfasste zumindest zwei dieser im Raum präsenten Anomalien, er verstand es seine Neugierde recht professionell zu kaschieren, konnte sie aber durch seine Blicke nicht vollends verbergen. Dennoch machte er einen Fehler, man mochte es als gewöhnliche Unhöflichkeit abtun und Reah selbst brachte für den Moment nicht die Muße auf, den niederen Handlanger dafür zu maßregeln, ihr Gehirn aber, registrierte die Abweichung von der Norm. Der Tropf überging sie, indem er sich zuerst an den Admiral wandte und schien daher nicht im Bilde zu sein wer sie war und welche Position sie hier innehatte. Oder aber er versuchte sie auszublenden, diese ungemütliche Situation so schnell wie möglich zu einem Abschluss zu führen, bevor er in die unangenehme Position kam, sich austauschen zu müssen. Aber das konnte sie ihm leider nicht gönnen, nein. Auch er musste begreifen, musste verstehen, dass es gegenwärtig nur eine Person gab, welche die Regeln festsetzte, nach denen gespielt wurde. Immerhin schien Sedrael verstanden zu haben, zumindest schien sie Konflikte zu umschiffen und ließ sich eher in eine schwächere Position drängen, anstatt einen Disput zu riskieren. Wenn gleich auch das seinen Reiz gehabt hätte. Reah hob ihre Hand ein Stück weit, um der Sephi zu deuten, dass ihre Frage zwar vernommen wurde, ihre Antwort aber noch einen kleinen Augenblick auf sich warten lassen würde. Diese unwichtige Person, die sich dazwischen gedrängt hatte war das perfekte Instrument - ob Vaash der Sephi offenbart hatte was er getan hatte? Wie dem auch sei, hinter der Fassade des alten Großvaters saß auch nur ein anderes Monster.
Reah tat einen Schritt auf den Bittsteller zu und legte eine Hand auf seine rechte Schulter, geradewegs so, als wolle die Lieblingstante ihrem Neffen etwas Wunderschönes im Zoo zeigen. "Sie müssen sehr stolz darauf sein, dass Ihnen ein so direkter Kontakt zu Admiral Vaash ermöglicht wurde, Lieutenant.", begann die Hexe im netten Plauderton, wobei ihre Augen den alten Veteranen fixierten, als wäre er Beute auf dem Weg zur Schlachtbank. "Erinnern Sie sich nur, wie er voller Ehrfurcht Imperator Vesperum aus dem finsteren Verlies auf Byss befreit hatte. Wie er sich aufgemacht hatte ins imperiale Zentrum, Seite an Seite mit Größen wie Blitzer Harrsk, die ihn in seinem Kampf, dem Imperium Stärke und Stabilität zu geben unterstützt hatten." Reah schlug die Augen andachtsvoll nieder, als würde sie dem Alten tatsächlich Respekt zollen, als würde sie in dieser Verkettung des Irrsinn, in diesem Wahnsinn der die Galaxis in diesem galaktischen Konflikt festhielt, tatsächlich Heroismus erkennen. "Dieser Mann ist ein Held, Lieutenant, ein Held, der der Galaxis den gnädigen Frieden durch Imperator Vesperum bescherte - vergessen Sie das nie."
Ihre Hand löste sich von der Schulter, der Schatten ließ ab von seinem Opfer und zog sich wieder zurück, langsamen Schrittes zurück zu Sedrael, doch die Augen bissen sich fest in Tiberius Vaash, Augen die dem Alten sagten, dass er es war, der die Galaxis in diese Dunkelheit stürzen ließ und dass es Personen gab, gefährliche Personen, die das nicht vergessen hatten. "Wir gehen gleich.", murmelte sie gedämpft zur Sephi, "Sobald ich sicher bin, dass dieses Wrack in seinem Elend verrottet."
Ein Zuhause. Es fehlte. Der alte Mann erinnerte sich an die Zeit, an die Vergangenheit, welche immer mehr verblasste. Seine Zeit auf Carida, jenem Ort, welchen er Jahrzehnte nicht mehr gesehen hatte. Immer hatte er die Pflicht vorgeschoben, seine blinde Treue gegenüber einem Eid, welcher eine immer größere Kette wurde. SIch zusammenreißen. Wieder einmal. Immer wieder. Tiberius Vaash war dieser Welt so überdrüssig, dass man seinen Abgesang wirklich in der Luft schmecken konnte. Der Alte war fertig. Ein falsches Lächeln legte sich auf seine Lippen, welches böse Glück ins Gegenteil verkehrte. In einem stillen Moment, antwortete der Admiral: "Ich bin, was ich bin. Ich werde nachdenken." Vielsagend, an Sedreals Aussagen vorbei aber dennoch irgendwie treffend. Er hatte es verstanden. Gnade musste verdient werden. Sie konnte nur erbeten werden, wenn der Preis genug war. Irgendwann war die Truhe gefüllt und man konnte sie finden, diese Gnade. Warum wusste Vaash nur, dass seine Gnade ein Zuhause war? Ein Ort, wo der Alltag einfach war; eine Familie war. Nicht mehr gezeichnet von Gewalt und Verlust. "Ich verliere mich nicht. Ich denke, dass wir uns alle bereits verloren haben." Eine weitere Antwort, die viel von der zerstörten Seele des Alten offenbarte. Er war angetreten als ehrbarer Offizier voller Ideale, damals in der Republik, um deren Werte und Vorstellungen zu verteidigen. Im Eifer hatte er Karriere gemacht, geopfert und fand sich nun hier wieder. Umschlossen von dieser Dunkelheit, welche kalt war. Kalt genug, um jegliche Träume zu ertränken. Seine Augen waren immer noch glasig, als ob sich Tränen bildeten aber nicht herausgelangen konnten. Er war gefangen, wie seine Tränen. Es gab viele Wege, zu stürzen. Es gab viele Wege in den Abgrund. Doch Vaash nahm keine Abkürzung, sondern nahm den langen Weg hinab in diese Hölle, die von Vesperum und Maledice so wohlig bereitet worden war. Ob sie ahnten, dass sie die Geschwüre dieses Krieges waren? Pestbeulen einer Krankheit, welche schon lange existierte und sich ausbreitete. Krieg war hier. In den Herzen. Man konnte töten, immer wieder, und doch am Ende erkennen, dass man seine Verantwortung nicht töten konnte. Vielleicht gab es einen besseren Weg wieder zu erstrahlen für den alten Mann, welcher viel gesehen hatte. Doch etwas steckte in seinem Hals, verhinderte mutige Worte. Es war ein Gefühl, eine unnötige Wunde, welche nicht heilte. Turbolasersalven dröhnten, drückten, aus dem Hintergrund. Eine Illusion, ein Nachhall aus der Vergangenheit. Vaash hörte sie. Immer wieder, wie ein Klingeln in den Ohren. Er musste allein sein, um dies mit sich auszumachen. Wie gehabt. Das Messer Alkohol würde die Wunde herausschneiden, mit aller Gewalt die negativen Gedanken niederschießen. Dies war der Umweg. Doch sie wussten es nicht. Niemand wusste wirklich, was der Sinn des Ganzen war. Man machte weiter. Sedrael, Maledice und auch der hereintretende Offizier. Auf diesen blickte der Alte nun. Die Hand der elfischen Gestalt machte Hoffnung, fühlte sich gut an; sie unterbrach den Sturz des Mannes, welcher so große Hoffnungen gehabt hatte. Im Untergang zeigte sich die wahre Größe eines Menschen. Im Sturz, im freien Fall, war der wahre Krieger begraben. Es war Vaash klar, dass es kein Ende gab. Noch nicht. Die kristall-verwaschenen Augen des Flottenadmirals fixierten Evan Marinikar. "Kommen Sie ruhig näher und erblicken Sie uns alle," krauchte die Stimme des Alten, als er ängstlich zur dunklen Jedi blickte. Es war ihm genug, genug von diesen Geschöpfen. Er war Vesperum vorerst entkommen, nur um bei ihr, dieser Hexe, zu enden. Welche Ironie trieb das Schicksal? Er verabscheute sie bereits, für alles, was sie darstellte; ihre widerwertige Ausstrahlung, sogar ihr muffig-friedhoflastiger Geruch, der in seine Nase stieg. Vielleicht auch nur erdacht in seinen Albträumen vor diesen Sith. Es gab keine Trennung für ihn. Diese Dämonen aus der tiefsten Gruft der Galaxis waren fürchterlich. In allen Belangen fühlte er sich in ihrer Nähe falsch, nicht aufgehoben, so dass er flüchte wollte, wie einst vor Vesperum. Eine müde Handbewegung winkte den Offizier heran, wie als ob seine Hand von einem Faden gehalten wurde. Marionetten. Im Grunde waren sie das. Gespielt vom Schicksal, von Mächten, außerhalb ihrer Kraft. Tiberius Vaash atmete schwer aus. Die Narben schmerzten, abermals. Die Schmerzmittel halfen nicht mehr. Die Haut spannte, drückte auf dem Fleisch seines alten Körpers.
Er hätte alles nehmen sollen. Den Titel. Den Wohlstand und die Macht. Doch er hatte es nicht getan. Sein verkalkter Anstand stand ihm im Weg. Seine Ehre, welche sich in einem Schein verrauchte, vergiftete die vernünftige Entscheidung in diesem System, welches so krank war. Es krankte an der Gier, mit dem Hohepriester Vesperum. Aber Vaash war nicht krank genug, um Schall und Rauch nicht mehr zu halten. Auch wenn man ihn nie halten konnte, griff er stets danach. Wie Effekte in einem Theater spielte der Trugschluss Ehre eine große Rolle für ihn. Nicht existiert, doch real durch die Wünsche und Bewertungen der Nachwelt. Ehre - dieses eine Wort suchte Vaash in allen Konflikten. Und hatte sie dabei verloren, gerade zerschellte sie vor Reah Nigidus am Boden als sie mit zynischer Bösartigkeit die Wahrheit ausbreitete. Es war ihr ein Wohlgefallen, das spürte selbst der alte Mann als sein Blick in ihre giftigen Augen fiel. Er hasste sie. Wut und Zorn stiegen auf, gepaart aus der Verzweifelung und der Trauer nach Eriadu. Die scheinbare ISB-Agentin hatte versucht, ihn davor zu retten. Irgendwie wollte sie es aber scheiterte mit ihrer dezenten Wortwahl. Sie scheiterte an der kalten Bösartigkeit dieser niederträchtigen Hexe. Vaash zürnte, mit jedem Worte, welches die Hexe in dunkler Gesinnung schmiedete. Sie war Abschaum, das Geschmeiß, welches sich vom Leid anderer ernährte, wie Tuff-Fliegen von Banthascheiße. Auch wenn sie sich selbst sicherlich für etwas Besseres hielt, war sie genauso verloren, wie der gesamte Dreck, der hier versammelt war. Verdammt auf diesen Moment. Knöchernd knackte der alte Admiral mit den Händen als er versuchten seine Zorn hinfort zu lenken. Doch die Wahrheit traf. Sie hatte Recht - mit ihrer Zynik, welche genau dort detonierte, wo das Herz des Mannes lag.
Einerseits der Vorwurf der Feigheit, dann die höhnende Mahnung zu Vesperum und ein Verriss seiner Person. Nein, er würde nicht vor ihr feige sein. Er war es auch nicht vor Vesperum gewesen. Dämonen mussten mit Flammen bekämpft werden. Mühsam stand er auf, wankte mit seinem kranken Bein aufrecht auf Nigidus zu. "Sie spielen ein Spiel, welches sie verlieren werden, Nigidus. Ich durchschaue sie," zischte der alte Mann ihr direkt ins Gesicht. "Sie sind feige, weil sie sich hier verstecken. In ihrer Robe, hinter ihrer vermeindlichen Macht, die nichts weiter als falscher Zauber ist. Sie können mich nicht verletzen. Das haben andere schon längst getan. Sie sind nicht Vesperum, nicht mal annähernd." Eine Erklärung, welche betont höflich daherkommen wollte. Es gelang nicht.
"Die Zwölfte zieht vorerst ab," befahl er zum Lieutenant. Das Richtige lag immer im Auge des Betrachters und für Vaash war dies nun das vermeindlich wichtige. Seine Männer sollten niemals unter dieser Hexe dienen. Ihm war klar geworden, was er wollte. Zumindest weit weg von diesen Monstern. "Ich befürchte, dass wir noch nicht vollständig einsatzfähig sind und noch einen Monat bei Fondor aufrüsten müssen, Inquisitorin." Er nickte, deutete dann einen Salut an und ging dann - in schlechten Schritt - aus dem Raum. "Lieutenant, kommen Sie!" Ein Ruf aus dem Korridor davor. Er hatte sich seine Zeit mit dem Alten erworben, aber nicht mehr hier. Bald würde sich das Oberkommando melden, und der Papierkrieg begann. Er würde mit alten Veteranen sprechen müssen, Gefallen einfordern, um dieser Hexe zu entkommen aber irgendwie würde es gelingen. Denn in seiner Verantwortung lag die Kampftauglichkeit der Zwölften und wenn seine Einschätzung war, dass diese nicht gegeben war, würde er das tun, was er bereits vor Reah Nigidus erklärt hatte: zurück nach Fondor.
Kälte verseuchte den Raum, Eiseskälte, deren kristallines Zentrum um den Hohn und Spott der Frau errichtet wurde, welche keifte, knurrte wie ein bissiger Köter, dem es nicht gefiel, wenn ein Familienmitglied mit einem Fremden sprach. Eine harte Antwort, nicht nur dem Mann gegenüber, sondern auch ihr selbst. Nun hatte die Inquisitorin bereits gezeigt, dass sie eine brutale Ader besaß, die mächtig zu brodeln vermochte, doch wie die Frau den Offizier vorführte, war in der Tat eine neue Art von psychologischem Terror, von Sadismus, den sie so bislang noch nicht offenbart hatte. Das war eine relevante Erkenntnis, für Sedrael wohl weitaus relevanter als das, was die Frau dabei als historisches Faktum aufzeigte, dafür hatte die Sephi schlichtweg zu wenig konkrete Kenntnisse über den neuen Imperator, wohingegen ihr Reah weit vertrauter erschien. Oder vielleicht auch erschienen war. Sedrael sah dem alten Menschen hinterher, der von dem jungen Offizier nach draußen begleitet wurde. Aber das hiesige Unwetter drohte nicht geringer zu werden, im Gegenteil überzog der eisige Hauch den Boden, brannte sich in die Poren wie Feuer. Der Mann hatte die Hexe herausgefordert, ihr die Stirn geboten. Ein Normalsterblicher. Würde sie es akzeptieren? Fraglich. Die Hexe ließ sich von der Emotion tragen, verkannte dabei, dass sie das strafte, was sie ursprünglich erhoffte. Verkannte, dass die beiden Menschen hier trotz ihrer Differenzen weitaus mehr Verbündete denn Feinde waren. Der Offizier war angewidert von seiner Entscheidung, angewidert von dem, was er offenbar geworden war und eben gerade nicht die hirnlose Maschine, die Reah der Sephi als die Furcht vor der Zukunft in der Zelle aufgezeigt hatte. Doch Reahs Abscheu vor seiner Tat vernebelte ihren Blick. Persönlicher Stolz und Kränkung waren mächtige Gefühle, insbesondere wenn man Methoden der Stärke besaß, den anderen dafür bluten zu lassen, wenn man es wollte. Wenn Sedrael sich von Reahs abscheulicher Tat so treiben lassen würde wie die Hexe selbst, bliebe nichts von ihrem Arrangement übrig.
„Das ist Euer Problem, Reah“, sagte Sedrael halblaut, vermutlich so, dass es nur noch in diesem Raum, nicht aber im Korridor zu hören war. „Wo Ihr momentan ein Wrack seht, sehe ich Stärke in der Zukunft. Wo Ihr jetzige Feinde erblickt, erblicke ich künftige Verbündete.“
Eine Ironie. Die Hexe schien sich mit willentlichen Lakaien zu umgeben, mit duckmäuserischen Untergebenen und den Drohnen, die ihr so zuwider waren, gleichzeitig verachtete sie den alten Mann aber offenbar weitaus mehr, obwohl er ihrem geäußerten Ziel näher war als jeder andere, den Sedrael bisher hier auf dem Schiff getroffen hatte. Nun, er mochte etwas getan haben, wofür die Hexe ihn verabscheute. Wie es schien, hatte er einen entscheidenden Anteil darin besessen, eine Kreatur hervorzuholen, die sich nun als Blutsauger am Tod der Galaxis nährte und nun über jede Kontrolle erhaben war. Das war offenbar so und ohne Zweifel hatte er die Galaxis beschädigt, ihrer Heilung geschadet. Eine schlechte Wahl getroffen, wenn man es so wollte. Und dies schienen alle Beteiligten nun auch tatsächlich so zu verstehen, ihm mit eingeschlossen. Schlechte Entscheidungen traf jeder. Auch Reah hatte dies getan. Tiberius Vaash reute die seine. Etwas, das er Reah – soweit ersichtlich – voraushatte. Personen waren nicht nur das, was sie getan hatten, sondern auch das, wie sie dazu standen. Wandel begann im Denken, erst dem Denken folgten Taten. Der Mann trug den Zweifel an der Konformität bereits in sich, auch wenn er sich erst noch entwickeln musste.
Sedrael machte keinerlei Anstalten, dem Mann hinterherstürmen zu wollen, sondern blieb einfach nur mit gesenktem Kopf stehen. Natürlich spürte sie, dass die Frau den massiven Drang besaß, den Admiral für seine Reaktion zu geißeln und ihm aufzuzeigen, dass er zu weit gegangen war. Das mochte er sein. So wie sie eben auch. Darum begann die Sephi kurz zu seufzen, wirkte beinahe erschöpft in diesem Augenblick von jenem Konflikt, der künstlich heraufbeschworen worden war und am Ende doch nur wieder ablenkte, selbst wenn er eine lehrreiche Studie über den Charakter der Frau sein mochte.
„Verachtet Ihr jeden anderen, werdet Ihr nur sehr bald sehr einsam sterben“, fuhr sie schließlich noch etwas leiser fort und verschränkte die Arme locker vor der Brust, entließ die Frau in die unausweichliche Wahl, nun also hier bei ihr zu bleiben oder sie zurückzulassen, somit dem Zorn der Hexe nachzugeben und die so einfache Rache zu nehmen. Eine Frage der Prioritätensetzung, die ebenfalls mehr über den Stellenwert der beiden in Erfahrung bringen würde. Hier war der Weg der Emotion der vermeintlich schwierigere, die Inquisitorin würde dem Mann, den sie nicht ausstehen konnte, folgen, ihn zurechtweisen und maßregeln müssen. Der einfachere Weg war der, einfach hier zu bleiben, mit einer Person, die sie in irgendeiner Form jedenfalls schätzte und sich freiwillig mit ihr umgab und den Mann dafür ziehen zu lassen. Wie stark also mochte der Zwang der Emotion sein, des Bedürfnisses, dem Trieb nachzugeben und irrational zu handeln? Zu stark vielleicht, ihn zu kontrollieren und zu zähmen, auch wenn es vielleicht das war, was Sedrael sich von der Frau erhoffte. Nur einmal den Zorn verrauchen lassen, nur einmal zeigen, dass sie nicht bloß Sklavin dieser Aura war, die sie umgab. Dieses eine Zeichen, das nur einmal kurz auf Firrerre aufgeblinkt war, in diesem einen Moment, der für beide auf verstörende Weise offenbar viel geändert hatte. Aber das Laster eines ganzen Lebens war auch nicht binnen Wochen leicht zu besiegen, schon gar nicht wenn man längere Zeit getrennt gewesen war. Doch möglicherweise begann irgendwann in Zukunft auch die Zeit, dass die Frau realisierte, dass nicht Tiberius Vaash, nicht das Schiff, nicht die Inquisition und auch nicht die kurzfristige Welle mächtiger Emotionen die Konstante hier war, sondern eine junge Sephi, die noch immer trotz aller Widrigkeiten an ihrer Seite geblieben war.
Reah Nigidus versuchte ein befriedigendes Grinsen, als das gebrochene Fossil daherkroch. Es gelang nicht, die Finsternis konnte zahlreiche Fratzen schneiden, grausame Grimassen an die Wände schmieren, doch keine von ihnen wirkte auf eine sanfte Art und Weise belustigend oder humorvoll. Die dunkle Seite zeigte ihr hässliches Lächeln nur dann, wenn sie ein wehrloses Opfer gefunden hatte, das sie kaputtspielen konnte. Ganz wie ein junges Nexu auf seiner ersten Jagd. Es tötete nicht effizient und kalt, nicht so, wie man es von mörderischen Sith erwarten würde, sondern trieb seine Beute in eine ausweglose Situation, in der es zu einem bloßen Spielball verkam, wo es zu Tode gehetzt und gequält wurde, bis es sich nicht mehr rühren konnte. Tiberius Vaash wusste nicht wie sich das anfühlte, er konnte es nicht wissen, sonst stünde er nicht hier vor ihr, das klapprige Gestell, das vor den normalen, entbehrlichen Soldaten nicht einknicken wollte, der nichtige Tiberius Vaash, der sich an so etwas belangloses, etwas so weltliches wie Respekt klammerte und verkrampft an seiner Maske der Ehre festhielt. Doch dabei war er so schwach, setzte auf eine Hoffnung, die es nicht gab, nie gegeben hatte - der törichte Gedanke an Unantastbarkeit aufgrund seines Ranges und seiner Verdienste für dieses lächerliche Galaktische Imperium. Selbst Vesperum war ein nutzloser Trottel, wenn er sich an einen weltlichen Staat festkrallte, als gäbe es sonst nichts, als wäre die Macht dazu da, um über eine Galaxis voller Gewürm zu herrschen. Es war armselig, absurd und hochgradig peinlich - definitiv das schlechteste Theaterstück, dass sie je besucht hatte und sie konnte nicht einmal gehen. Aber dafür standen ihr andere Mittel zur Verfügung um... Missbehagen auszudrücken. Vaash hatte natürlich Recht wenn er sagte, dass sie nicht wie Vesperum war - wie könnte sie auch? Doch Reah Nigidus konnte nicht weniger furchteinflößend sein, war auf ihre Art sogar noch grausamer als der Imperator. Destruktiver und korrumpierender, als verdarb ihre bloße Anwesenheit alles in ein modriges Sumpfland, dass die belanglosen verkrüppelten Körper geistloser Narren verschlang. Vaash sah es natürlich mit den blinden Augen eines Militärs, betrachtete die Problematik aus der plumpen Sicht einer einfachen Hierarchie heraus ohne Wesen und Art der Kreaturen hinter den Rängen zu begreifen. Zweifellos dachte er, der Imperator wäre so unglaublich mächtig, weil er Imperator war. Die verbohrte Logik eines senilen Geistes, der nie das Wesen der Macht gekannt hatte, es auch nie verstehen könnte. Einst mochte Vesperum der mächtigste Machtnutzer gewesen sein, mittlerweile aber, war Reah immer weniger davon überzeugt. Er war nicht annähernd so stark, wie er angab zu sein und nicht halb so mächtig, wie er es sich wünschte - es mangelte nur an Herausforderern. Ein bedauerlicher Umstand, weitere Umruhen um den Thron würden die Krise des Reiches noch verschärfen und letztendlich zum Untergang verdammen. "Ein Feigling Vaash, ist wer vor einer Herausforderung flieht.", sprach Reah während der Alte seine plumpe Bemerkung wirken ließ und sich anschickte die Messe zu verlassen. "So wie Sie es immer taten. Sie flohen bei Eriadu. Sie fliehen vor mir. Ihr Herz ist so verseucht von Angst, ich staune, dass es noch schlägt." Und doch tat sie nichts um ihn aufzuhalten - noch nicht. Er konnte rennen, konnte sich totrennen und am Ende gab es kein entkommen. Der Schatten kroch in Ecken und Winkel von denen der alte Mann nicht einmal wusste, dass sie überhaupt existierten. Fakt war, weit würde er nicht kommen. Er würde sich hier stellen müssen.
Tiberius Vaash war verschwunden, für den Moment und nur Sedrael blieb. Sie war wie ein Gedanke, eine Art lästiges Gewissen, das sich zu denkbar ungünstigen Zeitpunkten einmischte und eine wie auch immer geartete Rechtfertigung von ihr verlangte. Selbst wenn Reah ihr tun ihr gegenüber noch nie begründet hatte, nie einen tieferen Sinn darin aufzeigte und es gab ihn auch nicht. Sie tat es, weil bestimmte Impulse, vielleicht die Macht, vielleicht einstudierte Verhaltensweisen sie dazu zwangen. Sie musste es nicht tun, aber die Hexe war davon überzeugt, dass es ihrem Wesen entsprach. Dennoch waren Sedraels Worte dieses eine Mal weitaus weniger erhellend als sonst üblich. Hier sprach ein naives Mädchen, das gar nicht wusste was vor sich ging, die diese Situation gar nicht einschätzen und beurteilen konnte, allein weil ihr die Erfahrung fehlte, der jahrelange Kontakt. Unter diesem Blickwinkel betrachtet war ihr Kommentar so substanzlos wie das sinnlose Gebrabbel des Alten mit dem hiesigen Unterschied, dass Sedrael sich verändern konnte und im Laufe der Zeit auch würde. Es mochte beinahe Schade sein, dass ihre Zeit im Imperium auf lange Sicht nur sehr begrenzt sein würde und sie den Staat, den Tiberius Vaash so sehr schätzte, so liebte, nie zur Gänze begreifen, gar leben würde. Ein bedauerlicher Umstand, doch Reah musste mit dem arbeiten, was sie hatte und befand, dass es genügte. Die Sephi begriff Dinge sehr schnell die Differenz zwischen ihnen lag nur vordergründig in der Auffassung, wie der Galaxis am besten zu Helfen sei - selbst wenn dieser Punkt noch in keiner Diskussion offen angesprochen wurde, konnte Reah die Verschiedenheit ihrer Wesenszüge gut genug einschätzen um Reibungspunkte zu erkennen. Aber es gab Mittel und Wege den Glauben an eine heilende Galaxis zu zersetzen - dafür hatte die Geschichte gesorgt. Es gab genügend Elend und Schrecken, die ein jedes Wesen in stiller Resignation zurücklassen würden, die die Sinnlosigkeit des eigenen Wunsches nur zu deutlich vor Augen führten. Sie musste Sedrael gar nicht beeinflussen, sie nicht lenken. Die Sephi trank ihr Gift bereitwillig selbst, indem sie hier blieb, das Spiel des Schattens bereitwillig mitspielte und sich von der bloßen Präsenz verseuchen ließ. Dunkelheit korrumpierte, den einen früher, den anderen später - doch jede Minute hier verdarb Körper und Geist mit dem dunklen Toxin. "Euer Problem...", begann Reah scharf, "...besteht in Eurer mangelnden Erfahrung. Mit Vaash würdet ihr einen Verbündeten gewinnen, der sich Eurer bei der ersten Gelegenheit entledigt - allein für das was Ihr seid und wofür Ihr steht." Reah drehte sich um und wollte den Raum verlassen, doch weitere, sehr viel leisere Worte Sedraels ließen sie einen kurzen Moment zögern. "Sehr bald? Wer soll mich denn aufhalten - Ihr vielleicht?" Die Hexe lachte auf und beschleunigte ihre Schritte, die sie hinaus in den Korridor führten.
Da schlurfte die hinkende Sau entlang, die ihrer Schlachtbank entkommen wollte und es doch nicht konnte. Alte verkrüppelte Füße konnten das Opfer nicht schnell genug forttragen. Nicht hier, nicht jetzt. Tiberius Vaash mochte beten oder auf ein Wunder hoffen, aber auch das würde ihm nichts mehr nützen. Der alte Mann hatte ausgespielt, verloren an dem Tag, als er es der Dunkelheit auf Byss gestattete sich in der Galaxis auszubreiten. Vesperum mochte eine Manifestation sein, einer der zahlreichen Dämonen, die sich nach dem Kontakt mit dem finsteren Dunst gebildet hatten - aber nicht annähernd der einzige. "Ich erinnere mich nicht daran, Sie zum gehen aufgefordert zu haben, Vaash." Reah sparte sich den Rang, spie die Worte beinahe wie einen Giftpfeil aus, der den Alten den Rücken durchbohren sollte. Er sollte es wissen, spüren, wie nichtig seine Existenz war, sein nutzloses Dasein als einfacher Mensch, höheren Wesenheiten wie ihrer selbst hoffnungslos unterlegen. Die blutrünstige Bestie schritt unaufhaltsam weiter auf den Mann zu - sie wollte Blut und es würde Blut geben, sollte der Korridor sich doch rot färben von diesem Krebsgeschwür namens Vaash. Reah streckte ihre Hand nach vorne und spürte, wie sich die Macht manifestierte, den finsteren Mahlstrom zwischen ihr und dem Admiral spann. Die Macht war wie eine Fessel, ungesehen und unsichtbar, ein ungreifbarer Faden, der sich im Tiberius Vaash herum schlang - solange, bis ihre Hand begann zuzudrücken und sich ruckartig zurückzuziehen. An dieser Stelle reagierte die Macht auf den Befehl des niederträchtigen Schattens, zurrte sich wie ein viel zu starker Druckverband um den Körper des Mannes, während der unsichtbare Faden ihn nach hinten riss. "Ich befürchte die zwölfte Flotte ist sehr wohl einsatzbereit. Die Frage, lieber Tiberius, ist, ob Sie es auch noch sein werden."
Einmal kam der Tag in jedem Leben. Einmal kam die Stunde Null. Eine einzige Entscheidung war gefragt, nicht mehr und nicht weniger. Eine Entscheidung von persönlicher Tragweite, welche darüber entschied, was man für ein Mensch war. Ob man sich der Zeit beugte oder sich gegen sie stellte. Eine einzige Entscheidung, welche bestimmte, mit welchem Vermächtnis man als Geist in dieser Welt verblieb. Als die grausame Macht ihn hielt, die Luft versiegen ließ, verging das Momentum um ihn herum langsamer. Etwas sagte ihm, dass es mehr gab als bloße Folgsamkeit. Mehr als bloßen Dienst. Zu oft hatte er zurückgestellt, wer er eigentlich sein wollte. Tiberius Vaash hatte immer Illusionen vorgezogen und nicht akzeptieren können, dass er Teil des Bösen war, welches er einst bekämpfen wollte. Es war dieser eine Traum, der nie vergessen wurde. Inzwischen zum Albtraum mutiert, war er immer noch da und hinderte den alten Narren daran, einfach die Unterwerfung zu suchen. Ehre - für einen Verräter, wie Vaash, ein schwieriges Wort aber gerade in dieser seltsamen Agonie, welche ihn lähmte, schmerzte und deutlich dem Tode näher führte, fand er sie. Ehre war nicht der militärische Mythos, sondern Entscheidung, im Moment das Richtige zu tun; auch gegen alle Gefahren, die damit verbunden waren. In trauriger Ironie tat der unholde Dämon ihm einen Gefallen. Tapferkeit lag in seinem sterbenden Blick. Sein Wille gehörte nicht ihr. Seine Entscheidung war nicht zu erzwingen, sondern ihm allein oblag sie. Eriadu kam in den Geist. Die Gesichter, die zerfallenden Wracks im Orbit und der Sturz seines Schiffes durch die Wolken der Welt. Ein Sturz, den er nicht vergessen konnte. Der Aufprall, welcher ihn eigentlich getötet hatte. Vielleicht war diese Nachwelt auch nur ein Traum eines Sterbenden. Vaash lachte den Dämon an. Er lachte immer lauter, voller Agonie in seinem Triumph. Blut fiel aus seinem Mundwinkel ab, als er Blut spuckte, denn seine Lungen waren bereits in Mitleidenschaft gezogen. In seinem Herzen lagen die Träume hunderttausender Gefallener. Die Wünsche und Hoffungen einer ganzen Flotte lagen auf Eriadu. Und dort lag auch Tiberius Vaash. Das Ende erschien ihm passender. Er wollte gehen. Wenn dann nun so, dann eben so. Agonie durchflutete seinen Körper, dessen Knochen langsam brachen. Doch der Schmerz erlöste seinen Verstand von dem Gefühl der Angst, sondern ersetzte ihn mit der schließenden Gewissheit, dass Reah Nigidus verloren hatte. Sein Wille gehörte ihm, ihm allein. Agonie war sein Triumph. Ein Soldat wusste, wann er zu sterben hatte. Ihm tat nur seine Familie leid, dass man ihnen sicherlich nicht die Wahrheit berichten würde. Sein Sohn war ein besserer Mann als er es je war. Aufrichtig und tapfer, wie sein Vater immer sein wollte und erst am Ende seines Lebens den wahren Mut fand, der Admiral zu sein, der auf Eriadu gefallen war.
"Nein," antwortete er schlicht.
In der grausamen Gewissheit, nun sein Leben verwirkt zu haben. Doch diese Gewissheit erleichterte. Endlich frei vom Eid zu sein. Endlich frei von diesem Dienst. Endlich frei von diesen beiden Dämonen: Vesperum und Nigidus. Der letzte Atemzug begann sich aus seinem Rachen zu lösen, wollte aufsteigen in jene fremde Macht, die er nie gekannt hatte aber die auch für ihn anwesend war. Mit dieser Entscheidung erlöste er seine Seele von der Dunkelheit, die ihn all die Jahre begleitet hatte. Eine Wärme umfing ihn als er seine Augen zuschlug, während die Knochen in seinem Körper ächzten. Sein Herz blieb stehen. Die Ärzte würden den Stress verantwortlich machen, den die Sith ihm bereitet hatte. Doch die Anwesenden würden die Wahrheit kennen, dass er sich entschieden hatte. Der Admiral hatte seine letzte Schlacht geschlagen. Der tapfere Tiberius Vaash war gegangen, wie er es gesagt hatte. Ein aufrechter Offizier stand zu seiner Aussage, auch in vielerlei Hinsicht. Dieser Moment gehörte ihm. Nicht Darth Maledice, welche auf eine unheilige Kraft setzte, welche sich entzog. Selbst Vesperum verstand sie nicht mal im Ansatz. Der kindliche Wunsch mit diesen Kräften zu spielen, war ihr persönliches Verhängnis. Tiberius Vaash hatte vieles überlebt, doch dabei seine Seele vergiftet. Doch jetzt, wo er sterben konnte, gewann er eine Zufriedenheit - in der letzten Sekunde seines Bewusstseins. Es war das stille Wunder, welches Sedreal spüren konnte. Die Macht war hier. Das Licht erhellte den Ort kurz, der ansonsten im Dunkeln lag. Schicksal erfüllte sich. Auch im Angesicht des eigenen Unterganges war Vaash standhaft geblieben, keine Drohne. Zynisch hatte Maledice auch das vernichtet, was sie eigentlich erreichen wollte: eine freie Galaxis. Der Mann, welcher sich frei gemacht hatte, war ihr zuwider. Sie selbst war zum Krebsgeschwür geworden, ohne selbst zu wissen, wozu. Es gab keine Heilung in einem Albtraum, nur einen endlosen Weg. Doch Tiberius Vaash hatte eine geheime Falltür gefunden, die ihm durch schlichte Erkenntnis geöffnet worden war. Die helle Seite verstrahlte die Agonie, bis die Überreste des leblosen Körpers auf den Boden fielen.
>>> Melodie des Augenblicks.
Der Tod des alten Mannes schmeckte schal, sehr schal. Wie bemitleidenswert eine Beute doch sein konnte, wenn sie selbst in die Enge getrieben nicht den Mut, nicht die Entschlossenheit aufbrachte sich gegen die Gewalt zu stemmen, sich ihrer zu erwehren, sondern sich sinnlos fallen zu lassen, nur um las vermeintlicher Märtyrer zu sterben. Hier fand sich auch der hiesige Unterschied: Vaash war an diesem Tag nicht etwa gestorben, weil die Inquisitorin es wollte, unter diesen Umständen wäre sein Ableben wohl weitaus schmerzvoller und langsamer vonstatten gegangen. Der Admiral hatte sich selbst dazu entschlossen zu sterben und die Inquisitorin nur als Katalysator missbraucht, sie zu einer Art Werkzeug gemacht. Zweifellos clever, aber ebenso feige und sinnlos. Im Freitod lag wenig Mut und der Nachhall des einsamen Protestes gegen diese grausame Galaxis war so still, dass kaum ein anderer Geist ihn hören würde.
Reah schritt auf den Leichnam des alten Soldaten zu, der den sonst so sterilen Korridor eine erfrischend neue Note gab. Einer der zahlreichen kleinen Droiden, hatte den Kadaver wohl bereits in die Kategorie "Dreck" eingeordnet und versuchte vergeblich ihn zu entfernen. Skurril und zugleich lächerlich. Die winzigen Mausdroiden fuhren weiträumige Ausweichkurven, als hätte die Leiche eine ansteckende Krankheit, bei der ein Kontakt besser vermieden werden sollte. Zweifellos war das nicht der Fall und es war pervers zu sehen, wie der plötzliche Tod eines Individuums die Maschinerie nicht stottern ließ. Alles würde flüssig weitergehen. Das zukünftige Ersatzteil würde nicht Tiberius Vaash heißen, wenn auch seine Funktion identisch wäre - der Tod war in einem Kollektiv wie dem Imperium so bedeutungslos wie die Zeit. Es überdauerte, weil es nicht aus Mensch, sondern aus Funktion bestand. Vaash hätte besser daran getan, dem Ungetüm einen Dolch ins Herz zu rammen - Gelegenheiten hatte er genug gehabt, da war sich Reah sicher, aber nie den Mut dazu gefunden die Wurzel allen Übels zu bekämpfen. Selbst jetzt am Ende nicht.
"Lieutenant!", spie die Hexe weiter ihr Gift in den Korridor und starrte hinüber zu dem Mann, der noch vor wenigen Minuten das vortreffliche Werkzeug gewesen war, das den alten Admiral schließlich in die Knie zwängen sollte. Ein Gefäß, ein Medium, ein Katalysator für ihre Finsternis, unter der Vaash zusammengebrochen war. Aber nun wo er die Flucht in den Tod angetreten hatte, benötigte es andere Drohnen, die ihren Willen vollstrecken mussten. Drohnen. Ihr Blick fiel herab und haftete sich erneut an den Kadaver. Der Mann war feige, doch musste die Sith zugeben, dass er eben das am Ende nicht mehr, er hatte einen eigenen Willen entwickelt, eigene Ziele, eine eigene Motivation und es war befremdlich. Paradoxerweise befremdlich. Sie dachte an Sedrael und... an Vader. Vaders Antlitz. Die Maschine, die sichtbare Verkörperung eben jener Mechanik, die im Herzen des Imperiums steckte. Das war nicht die Freiheit die sie wollte, es war ganz und gar nicht das, was in ihren Vorstellungen kursierte. Freiheit für alle? Nein, nicht für alle, nicht für jeden und selbst wenn, dann nicht jetzt. Ein Individuum musste sich zuerst selbst befreien, erst selbst lösen von all dem, bevor es andere auf diesem Pfad bringen konnte - wenn es denn wollte. Doch wenn Leute wie Vaash aus einem Kontrollsystem entkamen... wer sagte denn, dass es sich nicht wiederholen würde, wer konnte denn versichern, dass Vaash mit neu erlangter Freiheit nicht wieder Monstrositäten aus ihren Gruften emporsteigen ließ? "Da Admiral Vaash offenbar nicht daran interessiert war die Wünsche seiner Majestät umzusetzen, hoffe ich doch sehr, dass der Rest der zwölften Flotte diesen Zwischenfall... als zusätzliche Motivation aufnimmt. Sie werden daher persönlich dafür Sorge tragen, dass meine Befehle verstanden und umgesetzt werden." Sie machte eine Pause, wartete und lauerte, dass der Mann sie verstand, Begriff, dass er nun in der Rolle des Tiberius Vaash steckte mit all der Last auf den Schultern. Dieses... Ding vor ihm neigte nicht mehr zu Diskussionen, nicht zu Hinterfragungen, sondern wollte, dass ihre Wünschen von den kleinen Dienerdrohnen erhört wurden, dass man es ihr von den Lippen ablies. "Die Flotte wird unverzüglich ausschwärmen. Unser Ziel ist das Flaggschiff von Pentastar Zenital-InQuestor Jerec, die Vengeance. Jerec hat sich aus dem unmittelbaren Einflussgebiet Kaines entfernt und ist auf der Suche nach einem für den Imperator höchst bedeutsamen Artefakt und er hätte es gerne bevor sich die gierigen Hände dieses Abschaums darum legen. Aus diesem Grund erhält die zwölfte Flotte den Befehl mit sofortiger Wirkung die Randgebiete des imperialen Raumes zu durchsuchen. Vergessen Sie Orte mit großen Ballungszentren und starker imperialer Präsenz, konzentrieren Sie die Suche auf Grenzsysteme in der Nähe anderer Abspalter. Finden Sie ihn!" Es wirkte bizarr, fremdartig, mehr so, als versuchte die Hexe dem toten Vaash ihre Befehle noch nachträglich in den Geist zu ätzen, obwohl sie doch an den anderen Menschen adressiert waren. Erst nach einigen Sekunden blickte Reah wieder empor. "Ich erwarte wöchentliche Berichte und tragen Sie Sorge dafür, dass sich jemand um diese Leiche kümmert - augenblicklich." Der Lieutenant nickte starr, offenbar froh darüber sich endlich entfernen zu dürfen, eine Gelegenheit, die er auch unverzüglich wahrnahm und sich eiligen Schrittes auf den Weg machte.
Wieder allein. Allein mit dem Tod, ganz wie so oft, nur, dass dieser hier nicht befriedigend war. Er hatte sich nicht gewehrt, er wollte sterben und dies wiederum hinterließ eine Lücke, eine klaffende Wunde in ihr, nicht etwas weil sie versuchte die Gründe dafür zu verstehen, nein, sondern weil sich die Dunkelheit betrogen fühlte, betrogen vom Feigling der ihr die Genugtuung verwehrte ihn leiden zu lassen, für alles. Der es ihr verwehrt hatte, dass sich Hass und Wut, angestaute Energien sich an ihm entladen konnten, dass der Druck des finsteren Mahlstroms, der durch ihr Herz schoss, sich an diesem Ventil ausgleichen konnte. Doch was blieb war nur der Kadaver. Einer der sich nicht regte, der nicht schrie. Ein dumpfes Geräusch ertönte im Korridor, dann wieder, in immer kürzeren Intervallen. Wie verzweifelt war ein Wesen, dass sich am Tod selbst austoben musste? "Nutzlose Menschen!", kreischte der Schatten, während ihr Fuß die Rippenbögen des Kadavers malträtierte. Die Hände der irren Finsternis, packten den Toten im Genick und holten ihn zurück auf die Füße, doch das Herz schlug nicht mehr, wollte, konnte nicht geben was die Dunkelheit verlangte. Aus Tiberius Vaash floss nicht mehr der süße Nektar des Schmerzes, den sie sich so ersehnte. Totes Blut spritzte, als sie den alten im Genick packte, den Schädel gegen die Durastahlwand hämmerte und auf ein Geräusch lauerte. Auf etwas. Irgendetwas. "Schwache Geister, zerbrechliche Körper."
23.12.2015, 01:00
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2020, 19:19 von CA-5510.)
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„Es ist eine unidentifizierte Lambda-Fähre, Sir. Sie reagiert nicht auf unsere Rufe.“
Die imposante, wenn auch kuriose Gestalt von Captain Veron Horington betrachtete die Sensoranzeige des zuständigen Brückenoffiziers. Das Shuttle war soeben aus dem Hyperraum gesprungen. Die übrigen Schiffe der 12. Flotte ließen den kleinen Transporter jedoch unbehelligt passieren, so dass er immer näher in Richtung des größten Schiffes heranflog.
„Seltsam. Rufen Sie die Zwölfte und bringen Sie verdammt nochmal in Erfahrung, wieso man dieses Schiff einfach durch unsere Reihen fliegen lässt.“
Der Sensoroffizier betätigte einige Knöpfe. Dann legte er seine Stirn in Falten. Er wiederholte die Bewegung noch einmal vollständig. Anschließend versuchte er eine andere Kombination. Schließlich erneut eine andere. Verwirrt blinzelte er ein paar Mal und schüttelte den Kopf.
„Sir, die Schiffe der Zwölften reagieren ebenfalls nicht. Niemand nimmt die Kom-Anfrage von uns an.“
Horington knurrte ungeduldig. Seine rechte Hand ballte sich zur Faust, bereit, dem Offizier vor ihm das Genick zu brechen. „Dann versuchen Sie es eben bei Donnovan und Haraam. Vielleicht…“
Plötzlich gleichmäßiges Klappern gepanzerter Einheiten auf den Korridoren. Weiße Schatten liefen nahezu im Gleichschritt lautstark um die letzte Biegung und bestiegen die wenigen Stufen zur Kommandobrücke. Blitzartig glitt die Türe vor ihnen auf. Horington fuhr herum. Die Abteilung Sturmtruppen preschte mit gezogenen Waffen hinein. Vor der Tür hatten die Wachen der Flotteninfanterie in Begleitung eines schwarz uniformierten Agenten des Geheimdienstes die Hände an ihren weiten Helm gelegt und knieten dort, die Waffen außer Reichweite auf dem Boden, und so ließen sie die weiß gepanzerten Schrecken unbehelligt in das Gehirn des Zerstörers vordringen. Binnen Sekunden hatten die Sturmtruppen Positionen eingenommen, um alle Teile der Brücke im Sichtbereich zu haben. Ungläubig zischte Horingtons Atemgerät, als der schwarz uniformierte Geheimdienstoffizier langsam mit hinter dem Rücken verschränkten Armen eintrat und betrachtete, wie die Sturmtruppen die überraschte Besatzung der Brücke des Zerstörers in Schach hielten.
„Was geht hier vor, Traggis? Verrat?“, knurrte die Maske des Captains dem Neuankömmling entgegen. Der blonde Offizier mit strengem Seitenscheitel verzog sein junges Gesicht jedoch zu einem dünnen Lächeln.
„In der Tat, Captain. Verrat.“
„Mir scheint, es ist also berechtigt, dass niemand dem Geheimdienst traut. Seien Sie nicht naiv. Das hier ist ein Supersternenzerstörer. Niemals kommen Sie mit diesen paar Soldaten hier lebend wieder raus und ich freue mich schon darauf, jedem Verräter persönlich die Haut abzuziehen.“
Der Geheimdienstoffizier schien kurz nachzudenken, ohne dass ihm das Lächeln aus dem Gesicht wich. „Interessanter Gedanke. Doch Sie missverstehen. Ich übernehme nur das Kommando hier. Aber nicht ich bin der Verräter.“
Die Maske des Kommandanten der Abaddon schien sich keinen Millimeter zu regen, doch der Agent war sich sicher, dass der Captain die Sturmtruppen sondierte. „Und doch stehen Sie hier mit einer bewaffneten Einheit auf meiner Brücke. Einem jämmerlichen Agenten wie Ihnen gäbe ich niemals die Befugnis, diese Brücke überhaupt zu betreten.“
„Ich denke, ich brauche Ihre Befugnis auch gar nicht. Ich habe weitaus mehr“, antwortete der Agent knapp, nahm seine Waffe aus dem Holster und betrachtete sie kurz mit beinahe penibler Neugier in seiner Hand. Dann hob er seinen Blick zu Horington an. Einen Augenblick später schoss er dem Captain der Abaddon in den Kopf. Wie ein Sack schlug der rote Viska knallhart auf dem Boden auf. Blastergeräusche aus zahlreichen E-11 überdeckten die überraschten Schreie der Brückencrew. Nach einigen Sekunden trat der Agent an das dampfende, zuckende Wrack des kommandierenden Offiziers, dessen mechanische Geräte noch gespenstisch knackten, drehte diesen mit der Fußspitze so herum, dass er auf dem Rücken lag und begutachtete die Monstrosität einen Moment lang mit zusammengekniffenen Brauen. Es wäre kaum möglich gewesen herauszufinden, wer wirklich in diese Verschwörung involviert gewesen war, darum waren etwaige Kollateralschäden naturgemäß unvermeidlich, wenn man die Verschwörung als Ganze sicher beseitigen wollte. So oder so war die Kommandobesatzung ohnehin gleichermaßen schuldig, wenn ihr entgangen oder gleichgültig gewesen war, was hier an Bord passierte. Ignoranz vor dem Verrat anderer war nicht weniger strafwürdig als der Verrat selbst.
„Starthangar sauber.“ „Reaktor sauber.“ „Antrieb sauber. Manuelle Abschaltung beginnt.“ – tönte es schließlich verzerrt aus dem Earset des Agenten. Bereits wenige Augenblicke später erklang das surrende Geräusch des Antriebs in einem immer dumpfer und leiser werdenden Ton ab, bis es komplett verschwunden war.
„Brücke sauber“, bestätigte der Agent daraufhin in sein Earset und wandte sich von der Leiche ab. Er beugte sich daraufhin über ein leicht angesengtes Display, vor dem gerade eben noch der Kopf des Überwachungsoffiziers gewesen war, tippte seinen weitreichenden Freigabecode ein und studierte die Aufnahmen der Bordkameras. Überall an den neuralen Punkten waren Abteilungen an Sturmtruppen in Begleitung von Geheimdienstoffizieren zu sehen. Die Bereiche leerten sich schnell. Im Starthangar driftete gerade die neu angekommene Lambda-Fähre mit rot gestreiften Flügeln durch das Abschirmfeld und landete in der Nähe des Turbolifts. Einige Personen stiegen aus, zu klein, um sie auf dem Monitor erkennen zu können. Dennoch begann der Agent zufrieden zu nicken, als die Turbolifttüre die Personen verschlang. „Lieutenant, an die Arbeit.“
„Sir.“
Einer der untergebenen Geheimdienstoffiziere in schwarz begann auf dem großen Hauptterminal auf der Brücke zu tippen. Er rief die Lebenserhaltung und künstliche Schwerkraft ab, bis er sie in der Reaktor- und Antriebssektion auf Null pegelte und alle Panzertüren verriegelte. Anschließend deaktivierte er die sichernden Abschirmfelder innerhalb des Starthangars. Der blonde Agent verfolgte über die Kameras, wie einige der kleineren technischen Geräte, die nirgends festgemacht waren, sofort ins All gezogen wurden. Die am Boden magnetisierten Fähren und ein einzelner an der Decke arretierter TIE-Raumjäger begannen unter dem Zug von draußen leicht zu wackeln, als der Lockruf des Vakuums an ihnen zerrte. Auf dem Schiff erklang sofort der dumpfe imperiale Alarm. Korridore wurden in rotes Licht getaucht. Wer auch immer an Bord jetzt für sich Anlass sah, das Schiff zu verlassen, würde mit Öffnen der Hangartüre schlichtweg in die gnadenlose Kälte des Alls gerissen werden. Nur zwei Sorten von Personen kamen dafür in Betracht: Feiglinge und Verschwörer. Beide verdienten ihr Schicksal. Der Geheimdienstoffizier gestattete sich ein weiteres Nicken.
„Achtung an alle Stationen: Hüllenbruch auf Ebene TFA-15“, log der Agent eiskalt, nachdem er den Knopf für den Schiffslautsprecher betätigt hatte. „Alle Mann auf Ihre Posten. Sämtliches Kommandopersonal sofort auf die Brücke.“
Das sollte genügen, um die Inquisitorin auf die Brücke zu bekommen. Wenn nicht, gab es… Alternativen. Der Agent wandte sich wieder von der Konsole ab und machte ein paar Schritte über den Kommandogangway, in dessen Gräben ein unidentifizierbarer Haufen rauchender grauer Uniformen lag. Ein weiteres Dutzend der weißen Soldaten stapfte lautstark in Formation über den Metallboden hinein durch die große Kommandotüre auf die Brücke, angeführt von drei schwarzgepanzerten Sturmtruppen, von denen der Ranghöchste mit Schulterklappe an den Agenten herantrat.
„Das Schiff ist vollständig abgeriegelt. Niemand geht hier mehr rein oder raus, wenn wir es nicht wollen“, sagte die Sturmtruppe mit vom Vocoder verzerrter Stimme.
„Willkommen an Bord. Wenn das hier reibungslos über die Bühne geht, wird man Blackholes Einheit sicherlich als Erfolg werten.“
Die Schattensturmtruppe antwortete nicht, schien nicht einmal darauf zu reagieren, sondern wandte sich nach einem Moment ab und bezog mit den anderen Position in der Nähe der einzigen Tür zum Rest des Schiffes. Schulterzuckend blickte der Agent dem eindrucksvollen Panzer kurz hinterher.
„Alle Abteilungen: Standby. Code Chevron abgeschlossen. Erwarte Zielperson“, bestätigte der Agent schließlich in sein Earset und setzte sich ungezielt an eins der vielen leeren Terminals in der Nähe von Horingtons Körper, legte die Beine hoch und schlug sie übereinander. Der blonde Mensch zog den noch warmen Blaster erneut aus dem Holster und platzierte ihn auf dem Tippfeld des Terminals. Nun hieß es also warten. Zwei weiße Sturmtruppen nahmen die Plätze der Flotteninfanteristen vor der schweren Brückentüre ein, bevor diese hinter ihnen zuglitt, während der Rest der Abteilung sich in zwei Reihen zu jeder Seite der Türe wie für ein Spalier aufstellte, das am Ende in den drei Schattensturmtruppen und dem blonden Geheimdienstoffizier an dem Terminal mündete. Nun hieß es warten, bis die Frau, deretwegen sie alle hier waren, auch auf der Brücke auftauchte und ihre neue Brückenbesatzung kennenlernte.
Die Macht der Rache, die Befriedigung der niedersten Gelüste, wog also weiter schwerer. Sedrael entschied sich, dass es keinen Sinn ergeben würde, die Äußerungen der Inquisitorin an dieser Stelle auszudiskutieren und ließ sie daher schlichtweg im Raum stehen. Sie waren erneut anmaßend und herabsetzend, doch Sedraels Ego konnten die Aussagen einer verwirrten Frau letztlich nicht verletzen. Dafür waren sie zu substanzlos, zu bemüht, hier eine Antwort herauszukratzen, die angreifen und niederdrücken sollte. Erfahrung? Nicht minder naiv war es, die Ermangelung dieser bar jeder Kenntnisse anzunehmen. In Anbetracht der Erscheinung der Inquisitorin zweifelte Sedrael nicht daran, etwa doppelt so lang diese Galaxis durchlebt zu haben wie die so erfahrene stürmische Frau, die sie wohl für ein kleines Mädchen hielt – aber hatte nicht die Hexe selbst vor kurzem erst erwähnt, sich von der Optik nicht blenden zu lassen? Nun, offenbar tat sie es mehr als sie zugab, wenn sie sich selbst als Herrin und die Sephi als ihren kleinen Welpen betrachtete. Sedrael kannte diese Phase. Es war – alles in allem – normal. Nahezu jeder Jedi-Jüngling ging irgendwann einmal durch sie, glaubte, selbst ganz besonders und zu mehr als jeder andere auserkoren zu sein, meinte, alte Weisheiten besser und genauer verstehen zu können als der alte Lehrmeister, einfach weil es so sein musste. Wer die Macht erst einmal spürte und lernte, in dem wuchs auch das Verlangen zu mehr – und ohne eine stetige Selbstkontrolle kam am Ende das heraus, als das sich Reah Nigidus hier zeigte: Als rebellierendes Kind, als pubertierender Machtnutzer, der eigentlich nie erwachsen geworden war und sich nur aufgrund der Änderungen und Abweichungen seines Körpers berauschen wollte. Auch im Tempel war das hin und wieder geschehen. Jünglinge mit mehr Potential fingen an, solche mit weniger daran aufzuziehen. Die Abgrenzung vom Anderen, vom Schwächeren war eine problematische, jedoch keineswegs kritische Phase der Jedi-Ausbildung gewesen, denn in aller Regel legte sich ein solches Verhalten irgendwann. Denn irgendwann wurde offenkundig, dass Synergieeffekte durch Kooperation weitaus mehr Macht bargen als das eigenständige Durchforsten der Macht. So sehr sich der Jedi-Orden im Verlauf seiner jüngeren Geschichte ins Negative verkehrt hatte, so sinnvoll waren andere seiner Lehren, die über jahrtausendealte Erfahrungen im Großen wie im Kleinen gemacht und gesammelt werden konnten. Das Einzige, was Sedrael aus den Aussagen der Inquisitorin hier also mitnehmen konnte, war eigentlich, dass diese überhaupt keine Erfahrung hatte – sondern eben nur Macht. Zu schnell, zu viel, als dass ein physischer Körper darüber Kontrolle hätte erlangen können und daher auch die üblichen Symptome zeigte, wie ein junger Padawan, der mit seiner Rolle und Position unzufrieden wurde oder von seinen Mächten schlichtweg übermannt wurde. Sedrael konnte sich nur schwer vorstellen, wie jemand ohne den unterstützenden Einfluss weiser Meister und verantwortungsvoller Lehrer diese Phase gesund überstehen würde. Insbesondere noch, falls das, was man der anderen Seite nachsagte auch wirklich zutraf – dass sie nämlich gezielt dies forcierte und die Meister nicht kontrollierend, sondern enthemmend einwirkten. Das war sehr gefährlich für die geistige Gesundheit jedes Lebewesens, da man mit Mächten hantierte, die einfach zu divers waren.
Und vielleicht war es noch immer dieser Gedanke, der sie hier hielt. Sie wollte der Frau, diesem mitleidigen Geschöpf einfach helfen. Nicht vereinnahmen, nicht konsumieren, nicht bekehren. Einfach nur dabei helfen, wieder zu dem zurückzufinden, was einmal gewesen, zurück in die Phase der Kontrolle über die eigene Identität, zurück in das Kindsein, bevor der Einfluss der endlosen Rage und Launenhaftigkeit nur noch Umrisse dieser Identität erkennen ließ. Dieser Punkt wiederum mochte naiv sein, war es vermutlich sogar. Aber es gab eigentlich auch keine ernste Alternative dazu. Die Frau richtete Leid an, sehr viel davon. Und es würde noch mehr werden, letztlich immer mehr, immer grausamer, da sie immer tiefer in die Spirale der Emotion herabfiel, bis sie irgendwann davon verzerrt würde. Denn jeder, der annähernd in der Historie bewandert war, musste wissen, worin dies am Schluss enden würde. Vielleicht nicht jetzt, vielleicht nicht morgen. Es spielte also keine Rolle, welche Macht die Inquisitorin glaubte zu haben. Er spielte nicht einmal eine Rolle, ob sie die Macht, die sie glaubte zu haben, auch tatsächlich besaß. Seufzend blickte sie der lachenden Frau hinterher, hinein in den Schlund, hinein in das mahlende Maul der Finsternis, das nicht nur Tiberius Vaash, sondern viel mehr die Inquisitorin selbst verschlang. Sedrael blieb in der Kantine. Was auch immer die Inquisitorin nun tun würde, es war deren Sache – und nicht ihre. Das sollte sie wissen. Sie konnte nur hoffen, dass der Wutanfall nicht zu schlimm ausfiel.
„An alle 35-12 an Bord: Code Chevron; an alle 35-12 an Bord: Code Chevron“, drang eine monotone Stimme aus den Lautsprechern des Schiffes. Wieder einmal eine von vielen Durchsagen, eine der vielen kryptischen Nachrichten, welche nur von denen verstanden würden, welche sie auch verstehen sollten. Der Sprecher gehörte offenkundig nicht dazu. Nichts auf den Fluren der Abaddon schien sich zu ändern, niemand schien sich angesprochen zu fühlen. Niemand verlangsamte seine Schritte, nur ein paar verstohlene Blicke, welche sich alsbald wieder trennten. Sedrael ignorierte die Durchsage, verstand sie vermutlich ohnehin weniger als jeder andere an Bord. Verlassen setzte sie sich wieder auf den Stuhl, den sie vorhin gegenüber von Admiral Vaash beansprucht hatte und wartete also ab. Kopfschmerzen nagten an ihr, länger schon, aber es schien nicht besser zu werden. Langsam schloss sie die Augen, legte ihr Gesicht in beide auf dem Tisch platzierten Hände und atmete ein paar Mal durch. Doch anstelle von Ruhe blitzte es vor ihren Augen wie in einem Gewitter, Dunkelheit umgarnt mit präzisem Kalkül, eine Liebschaft aus Machtbegabtheit und rationaler, analytischer weltlicher Stärke. Blendend rote Farbe verbaute ihr die Sicht wie ein flammend roter Stofffetzen, der immer mehr wie ihre Uniform und doch fremd aussah. In Sedraels Kopf pochte es wild, aber selbst massierende Bewegungen ihrer Hände an der Stirn schienen zu brennen. Ein Gefühl der Bedrohung, eine Mahnung der Vorsicht. Aber vor wem?
Irgendwann schreckte Sedrael auf. In ihrer Nähe passierte etwas. Sie fuhr hoch, plötzlich hellwach, so rasch, dass sie den Stuhl beim Aufstehen umriss und dieser lautstark auf dem Boden polterte. War es möglich? Die Macht hatte gerufen, gezielt ein Tor geöffnet und aufgezeigt. Irgendein Zeichen, was auch immer es bedeuten sollte. Langsam trat die Sephi an die Türe der Offiziersmesse heran, blickte vorsichtig hindurch und betrachtete die unwirkliche Welt vor ihr, die nur aus dumpfen Tönen zu bestehen schien. Tiberius Vaash lag regungslos am Boden, ihr Blick blieb stur auf den leblosen Offizier gerichtet. Irgendetwas war soeben geschehen. Sie realisierte gar nicht, dass die Inquisitorin ebenfalls noch dort stand, bis sie den Körper des alten Mannes anhob und ein Mal unvermittelt gegen die Durastahlwand hämmerte. Doch ihre morbide Spielpuppe fiel nur zu Boden, gab keine Regung von sich. Aus dem Gesicht des Mannes quoll sofort Blut hervor und rann über den Korridor. Mit geöffnetem Mund starrte Sedrael die Szenerie an, wie ihre eigenartige Gefährtin den Tod des Mannes in dieser Form schlichtweg nicht akzeptierte. Undeutliche Wörter der Inquisitorin drangen in die spitzen Ohren, kaum jedoch zu verstehen in all dem dumpfen Echo. Alles war surreal, dieser helle, blendende Schein, der den Korridor aus dem Nichts beschien, der jedoch immer schwächer wurde. Sedrael hob ihre Hand kurz, griff danach, griff nach der Hoffnung und der Stärke, die geschlummert hatte, doch es war nicht ihre. Sie ließ die Macht wirken, sog das Gefühl in sich auf, das wie eine angenehme Sonne ihre Haut wärmte. Nur kurz blieb dieser Augenblick, dieses Gefühl, doch genug, um davon zu kosten und sich daran zu erinnern, welch wohlige Brise es mit sich führte. Irgendein Mensch nahm den alten Offizier schließlich und warf ihn auf eine schwebende Trage. Binnen Sekunden waren zwei Sanitäter mit dem geschändeten Kadaver unterwegs und sprinteten damit um die nächste Ecke. Eine Einheit Sturmtruppen lief in klappernder Gefechtsausrüstung hinter einem schwarzgekleideten Offizier her, verlangsamte ihren Schritt kurz, als die Trage vorbeirauschte, dann setzten sie ihren unbestimmbaren Weg fort. Sedrael machte ein paar Schritte hinter der Tage her, blieb dann jedoch neben der Inquisitorin zunächst stehen, durchaus aber auf Abstand, distanzierter als sonst und doch nicht so abweisend, wie es nach der verrückten, brutalen Handlung gerade eben vielleicht sinnvoll gewesen wäre.
„Reah…“, sagte sie leise. Mehr nicht. Enttäuschung? Ja, vielleicht. Aber auch einfach ein Stück weit Fassungslosigkeit und Entsetzen, Verstehen und Erkennen einer Seite dieser Frau, die sich so noch nie offenbart hatte. Sie hatte Firrerre auslöschen lassen, ein Verbrechen, ein übler Genozid, für den sie sich eines Tages verantworten würde – und doch war Firrerre am Sterben gewesen, krank, unheilbar und dem Tode geweiht. Aber im reinen physischen Akt der Schändung eines bereits toten Körpers, ein Akt, der aus der unmittelbaren Nähe noch so viel brutaler wirkte als ein brennender Planet aus der Ferne tatsächlich jemals konnte, lag eine ungekannte Barbarei und ein völliges Zurücklassen jeder nur denkbaren Zivilisiertheit, dass es Sedrael in diesem Moment eiskalt den Rücken herunterlief. Sie machte einige weitere Schritte, betrachtete das Blutrinnsal auf dem Boden und wie es allmählich in einzelnen Tropfen verschwand, als der Körper auf die Trage gehievt worden war. Aber was änderte sich dadurch? Die Frau benötigte Hilfe, jetzt mehr denn je, und niemand hier an Bord, niemand, der an ihrer Ausbildung je mitgeholfen hatte, war hier, ihr beizustehen und diesen Anfall der finstersten und schwärzesten Abgründe menschlicher Seele einzuordnen. Was konnte sie dazu noch sagen? Jedes Wort schien in diesem Moment falsch zu sein. Jede Geste schien falsch zu sein.
Sie machte einen leichten Bogen um die versteinert wirkende Frau an der Wand, nicht mehr wie das Jungtier, das beim Muttertier Schutz suchte, sondern jetzt wie das, das vor dem Fremden auf Abstand ging. Ein paar Schritte vor dem kreuzenden Korridor blieb sie stehen, den Rücken zur einige Meter entfernten Inquisitorin gerichtet.
„Ich möchte bei Euch bleiben, doch ich weiß nicht, wie lange ich es aushalte, ohne daran zu scheitern, Reah“, sagte sie schließlich noch, ohne sich umzudrehen, und verschwand schließlich einige Sekunden später auch selbst um die Ecke. So folgte sie dem Gang weiter, fast so als wisse sie genau, wohin sie ging, vorbei an rasch laufenden Ärzten. Sie ignorierte, wie der gesamte Korridor plötzlich in rotes Licht getaucht wurde und eine Alarmsirene auf dem Schiff zu tönen begann. Sie ignorierte die Lautsprecherdurchsage, folgte dem Gang, bis sie durch eine doppelte Gleittüre in die Medi-Station eintrat.
„Blutung gestoppt.“
Der zerschundene Körper von Tiberius Vaash lag im Operationssaal der Station im Brückenturm der Abaddon. Über ihm waren mehrere Ärzte in hellen, ehemals weißen, aber inzwischen rotbefleckten Kitteln gebeugt. Gerade war der gespaltene Schädel des Mannes mithilfe einer Richtschiene in Position gerückt worden und der Blutausfluss an der schweren Kopfwunde gestoppt worden, doch das war kein echter Erfolg. Alle Blicke kamen zum gleichen Ergebnis. Der Offizier war nicht mehr wiederherzustellen. Das Herz hatte ausgesetzt und die Hirnaktivität brachte kaum Hoffnung darauf, dass der Körper noch einmal anspringen konnte. Es war fast als wollte der Körper einfach nicht mehr. Dennoch gaben die Mediziner ihr Möglichstes.
„Und los“, sagte die Chefärztin, drückte zwei moderne Defibrillatoren an seine nackte Brust und jagte einen Impuls durch den leblosen Körper des Admirals. Keine Reaktion. Der Körper zuckte lediglich durch den Stoß kurzzeitig nach oben. Die Ärztin atmete lautstark aus, als sammelte sie ihre eigene Kraft.
„Erhöhte Ladung. Los.“
Erneuter Schock, dieses Mal sichtbar stärker. Der Körper des Admirals sprang einige Zentimeter nach oben durch den Schlag. Keine Reaktion. Die Ärztin schüttelte den Kopf, während sie sich Blut aus der Vergrößerungsbrille wischte, das sich um den Operationstisch verteilt hatte. Sedrael betrachtete das Ganze still aus der Nähe, auf der anderen Seite des Tisches, nur ein paar Schritte von dem Körper entfernt. Die medizinische Einheit war erstaunlich gut ausgestattet. Und die Ausbildung stand dem Med-Korps im Jedi-Tempel tatsächlich in nichts nach, befand Sedrael. Niemand hatte die Sephi kontrolliert, als sie der Trage hier hinein gefolgt war. Niemand schien sich überhaupt für sie zu interessieren. Entweder verschaffte ihr diese bestimmte Uniform auf dem Schiff ungeahnte Möglichkeiten oder das gesamte Medi-Zentrum war derzeit so unter Stress durch das plötzliche Ableben des Offiziers, dass diesem sämtliche Aufmerksamkeit gewidmet wurde, selbst wenn es noch so aussichtslos schien.
„Noch einmal.“
Weitere Tropfen fielen auf den weißen Uniformstoff, saugten sich binnen weniger Sekunde jedoch hinein. Sedrael reagierte nicht, sondern betrachtete regungslos die gespenstischen Versuche der Menschen, auch wenn der alte Körper des Mannes ihnen nicht den Gefallen tat, auf ihre Versuche zu reagieren. Resignation machte sich breit.
„Hm“, machte Sedrael, etwas lauter als vielleicht beabsichtigt. „Ist es vorbei?“
Die Chefärztin sah nur kurz zu ihr hoch, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen.
„Wer zur Hölle ist das überhaupt?“, fragte sie währenddessen einen ihrer Assistenten. Schulterzucken. Der Grund ihrer Anwesenheit schien der Ärztin ebenso unerklärlich zu sein wie die Tatsache, dass sie überhaupt in diesen Operationssaal gelangen konnte.
„Antworten Sie einfach“, brummte Sedrael etwas energischer. Nach einem längeren Seufzen, das gezielt hörbar sein sollte, begann die Chefärztin die Situation zusammenzufassen.
„Das Herz bekämen wir mit genug Zeit wieder in Gang, aber eben nur mit genug Zeit, die wir nicht haben. Das Gehirn baut zu rasch ab. Selbst wenn wir den Körper maschinell stabilisieren, wird das Gehirn nicht mehr anspringen. Wir werden noch höhere Ladungen versuchen, aber…“
„Nein“, sagte Sedrael, während sie den scheinbar blasser werdenden Körper ansah.
„Nein? Was nein?“
„Höhere Ladungen verursachen jetzt nur noch katastrophale Aussetzer im Gehirn. Selbst wenn das irgendetwas bringt, trägt er massivste Dauerschäden davon. Und es wird nichts bringen.“
„Was Sie nicht sagen, Lady. Wollen Sie mir gerade Medizin erklären? Ich kenne mein Aurebesh. Es ist nur nicht so, dass wir eine Wahl haben. Lieber einen geistig Behinderten als einen Toten. Ich werde jede noch so geringe Chance nutzen.“
„Sie bleiben bei den ungefährlichen Ladungen.“
Fassungslos blickte die Ärztin ihre unterstellten Assistenten an. Allgemeine Verwirrung breitete sich aus. Einer der Männer fasste sich ratlos an die Stirn und preschte um den Tisch direkt neben Sedrael.
„Sind Sie eine Idiotin? Warum mischen Sie sich überhaupt in unsere Zuständigkeit ein? Ich muss protestieren.“
„Tun Sie einfach, was man Ihnen sagt. Ich glaube nicht, dass Sie das ISB verärgern wollen“, entgegnete Sedrael und erntete dafür kurz geweitete Augen der Ärzte. Der Mann schluckte. Die Sephi überkam ein sehr schlechtes Gefühl dabei, diese durchaus begabten und völlig vernünftig handelnden Menschen zu befehligen und ihnen den Glauben zu vermitteln, dass sie ihnen schaden könnte, wenn sie es wollte, aber es erschien ihr als die einzige Möglichkeit, zeitraubende Diskussionen für den Moment zu kappen. Und in all den schlechten Gefühlen derzeit ging dieses jetzt gerade beinahe unter. Was jedoch auch immer das ISB konkret sein mochte, es verbreitete offensichtlich Schrecken unter den eigenen Leuten.
„Wie Sie meinen. Ich werde bei der Autopsie vermerken, dass ihr ISB ihn auf dem Gewissen hat.“
„Bringen Sie das Herz extern zum Laufen. Was haben Sie denn dafür – einen HB-36G?“
Die Chefärztin schüttelte erneut den Kopf, schnaubte amüsiert. „In welcher Zeit lebt die denn?“, murmelte sie, während ihr ein chirurgisches Messer gereicht wurde, mit dem sie die Brust des Admirals teilte.
„Schmerzmitteldosis erhöhen“, fuhr die Ärztin fort, nur für den Fall, dass noch irgendein Schmerzrezeptor im Inneren funktionierte. Einer der Männer tupfte ihr den Schweiß von der Stirn. Leise knackte es, als die Frau den Brustkorb mit einem Laser durchstach. Es dauerte eine Weile, bis zwei Schläuche in das Innere des Körpers eingeführt wurden und zu vibrieren begannen, um das Herz künstlich zu stimulieren und schlagen zu lassen. Der Herzschlagmesser sprang an und deutete den einzig von der Maschine erzeugten Herzschlag im Körper des Admirals an.
„Und nun haben wir einen Hirntoten am Gerät. Haben Sie etwas anderes erwartet?“
„Eigentlich nicht“, entgegnete die Sephi und ignorierte den herablassenden Unterton in der Stimme, während sie das Gesicht des Admirals betrachtete, das zum Teil bandagiert war. Entstellt, verzerrt von der sterbenden Emotion, aber doch irgendwie noch immer erhaben. „Was macht der Schädel?“
„Fraktur. Eine Quetschung des Gehirns durch einen sehr harten Aufprall, aber das allein wäre kein Grund zur Sorge.“
Sedrael sammelte sich kurz und fasste mit Zeige- und Mittelfinger ihrer linken Hand an die blutige Stirn von Admiral Vaash. Sie ignorierte die Flüssigkeit menschlichen Bluts an ihren Fingern und konzentrierte sich auf den Kopf des alten Offiziers. Das Wallen des Bluts im Kopf des Mannes tobte durch ihre Gedanken, der zerbrochene Schädel kreischte im Zuge seiner Spaltung durch die brutale Kraft, mit der er gegen die Durastahlwand geschmettert worden war, klagte seinen Schmerz in einem wehklagenden Lied hinaus. Doch das Eigentliche, das Wertvolle lag erst dahinter, verborgen unter dem festen, zertrümmerten Knochenwerk. Die endlose Zahl an Synapsen, die zunehmend abstarben und auf den Körper nicht mehr reagierten. Sedrael begann zu keuchen. Das menschliche Gehirn war komplex, differenziert und wenn auch inzwischen gut erforscht, so dennoch in manchen Dingen immer noch ein Geheimnis. Hier jedoch war die Resonanz im Kopf des Mannes rasch zu interpretieren. Das Gehirn des Tiberius Vaash war am Sterben und keine Medizin hätte an diesem raschen Prozess noch etwas ändern können. Doch solange noch Regung dort war, war auch die Macht noch vorhanden, war der Pfeiler allen Lebens. Sedrael erinnerte sich an das Gefühl der Hoffnung und der Stärke, das sie vorhin wahrgenommen hatte. Es war das Aufflackern gewesen, das sie gegriffen hatte, das sie hatte greifen sollen. Einen Moment lang rutschte Sedraels Finger durch das glitschige Blut von der Stirn ab, doch griff sie erneut danach. Konzentriert gruben sich die weißen Finger in die Haut, ließen diese röten. Nur ein Impuls. Nur ein Mal an die Präsenz erinnern, die die Macht zeigte. Nur ein Mal gedankenlos, führungslos, frei sein. Das finden, das noch da war, das jedoch keine Maschine sehen oder messen konnte. Die Macht. Sie hatte es nicht gewollt, selbst wenn der Offizier sich danach gesehnt hatte. Nur die Macht diktierte Leben und Tod. Eine endlose Welle überschüttete die Jedi mit mannigfachen Emotionen, die über sie hereinbrachen, fremde, eigene, gegenwärtige, vergangene. Plötzlich bekam Sedrael keine Luft mehr. Vor ihrem inneren Auge explodierte etwas und ließ sie die endlose Sternenwand betrachten. Einen Moment lang glaubte Sedrael, tot zu sein, doch gedämpfte Stimmen erinnerten sie nach einem Augenblick an das Gegenteil. In ihren Ohren fiepte es lautstark und sie spürte unbeschreibliche Schmerzen in ihrem Brustkorb. Ihr Atem hallte in ihrem Inneren wider, Keuchen. Orientierungslos wankte sie in irgendeine Richtung und übergab sich beinahe bei dem Versuch, wieder Luft in ihre Lunge zu pumpen. Sie bemerkte, wie ihr ein stetiges Rinnsal an Schweiß über das Gesicht floss und die gesamte Uniform schweißgetränkt war. Immer noch sah sie nur helle Flecken vor ihren Augen und sackte vor dem Schmerz in ihrer Brust auf die Knie. Jemand packte ihre Arme, aber noch immer war alles unscharf. Schwarze Panzergestalten zogen sie auf ihre wackeligen Beine, jemand tastete ihren Körper auf der Suche nach Waffen ab. Rechts neben ihr schien ein rundes, schwarzes Objekt zu schweben, das näher zu kommen begann und bedrohliche Geräusche absonderte. Irgendetwas pikste in ihren Hals und Sedrael spürte das Toxin sofort.
„Wie amüsant“, sagte eine Frau mit tiefer Stimme zu einer anderen Person und die Sephi versuchte, ihren Kopf in die entsprechende Richtung zu drehen. Ein roter Stofffetzen baute sich in Sedraels Sicht auf. Flammend rot, die gesamte Uniform. Erbarmungslos empfing sie die Müdigkeit und ihr Kopf glitt wieder langsam nach unten. Auch ihre eigene Uniform war rot, blutrot jedoch, getränkt vom Blute des Tiberius Vaash und unklar ob aller Konsequenzen. Hatte es genügt? Sie versuchte noch den Namen des Mannes auf die Lippen zu bekommen, doch ihr Körper erschlaffte und es begann die Umarmung der Dunkelheit.
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